Wir sind aufgeregt! Die Schiffsübernahme ist gerade erfolgt und unsere erste Fahrt mit der PINCOYA steht bevor. Eigentlich hört die Dame immer noch auf den schrecklichen Namen “Godewind”, der zudem noch in altdeutscher Schrift an Bug und Heck prangt. Das ist grausig und das hat dieses Schiff nun wirklich nicht verdient. In unseren Köpfen heißt sie aber schon “PINCOYA” und wir werden sie nach der Überführung als allererstes von diesem schrecklichen Namen befreien.
Das Wetter zeigt sich von seiner unfreundlichen Seite. Es ist bitterkalt und regnerisch als wir starten. Zum ersten Mal werden wir nicht auf offener See oder auf einem Binnensee unterwegs sein, sondern auf Flüssen und Kanälen mit etlichen Schleusen. Für uns ist das eine ganz neue Erfahrung, die wir im Nachhinein aber nicht missen möchten. Doch jetzt sind wir nervös. Nicht alles wird klappen und ohne Schrammen wird die PINCOYA auch nicht davonkommen. Aber das sind die Dinge, die wohl dazugehören, wenn man etwas Neues wagt.
Kurz vorm Mittag geht es in Wiesbaden / Schierstein (1) los. Diesig und grau empfängt uns der Rhein. Uns erwischen im Laufe des Tages immer wieder Regenschauer. Ein kalter, ungemütlicher Märztag. Der Rhein führt Hochwasser und wir haben Sorge, zu dicht unter Land zu fahren, denn die Buhnen und Untiefen am Uferrand sieht man nicht. Der normale Flusslauf ist nur zu erahnen. Wir kommen schnell voran, das GPS zeigt teilweise bis zu 18 km/h. Seemeilen gibt es hier nicht, am Ufer stehen Tafeln mit den Flusskilometern. Bergab und mit Strom haben wir die erste Tagesetappe von 86 km, dies sind immerhin runde 46 sm, schnell geschafft. Das war ein Schnitt von 14 km/h bzw. 7,5 kn. Nicht schlecht für eine “normale Marschfahrt”!
Der mitfahrende und entgegenkommende Schiffsverkehr ist allerdings auch ziemlich schnell! Wir haben gehörigen Respekt. Die Binnenschiffe sind nicht nur schnell, sondern auch bemerkenswert groß. Das hätten wir nicht gedacht. Richtige Containerschiffe sind darunter. Sog und Wellenschlag können sich sehen lassen. Eilig kramen wir noch weitere Leinen und Schoten heraus und zurren den liegenden Mast nochmal extra fest.
Außerdem dürfen stromaufwärtsfahrende Binnenschiffe in den Kurven “schnippeln”, d.h. die Fluss-Seite wechseln. Die fahren dann auf der Kurveninnenseite, weil dort der Gegenstrom geringer ist. Angezeigt wird dies durch eine blaue Tafel mit weißem Blinklicht, die an Steuerbord gesetzt wird. Dann muss dieses bergfahrende Schiff von talfahrenden Schiffen an der Steuerbord-Seite passiert werden. Also nicht Bb – Bb, sondern Stb – Stb. Man wechselt also die Fahrbahnseite und hat kurzzeitig quasi englische Verkehrsverhältnisse. Die Regel ist einfach und wir kommen nach kurzer Eingewöhnung auch gut klar. Der erste Tag verläuft ohne Probleme. In der Marina Ehrenbreitstein (2) genießen wir unser allererstes Anlegebier auf unserem neuen Schiff. Ein gutes Gefühl macht sich breit.