Am nächsten Tag strahlt die Sonne aus allen Knopflöchern. Ein wunderschöner Tag, auch wenn die Kanalfahrerei hier etwas eintönig ist. Mittags biegen wir vom Mittellandkanal in den Elbeseitenkanal ab. Den ganzen Tag über geht es in gemütlicher Fahrt hinter einem Frachter her, der uns eigentlich einen Tick zu langsam fährt. Doch das Überholen würde uns nicht viel bringen, da wir wahrscheinlich an der Schleuse Uelzen (8) wieder auf ihn warten müssten. Die großen Schleusen schleusen ungern nur ein einzelnes Sportboot.
Unsere Rechnung geht allerdings nicht auf, der Frachter beendet sein Tagwerk schon weit vor der Schleuse und somit kommen wir doch allein in Uelzen an. Es ist bereits 17:30 und wir fragen beim Schleusenwärter an, wann es losgehen kann. Der hat aber offensichtlich einen schlechten Tag und mault uns an, dass er nur für Berufsschiffer schleust. Darauf müssten wir warten, was noch 2 bis 5 Stunden dauern kann. Na dann, wir sind etwas genervt und befürchten, an der Spundwand vor der Schleuse die Nacht verbringen zu müssen. Nach Einbruch der Nacht können wir nicht weiter, selbst wenn der angepeilte Yachthafen von Uelzen nur ein kurzes Stück hinter der Schleuse liegt.
Nach einer halben Stunde kommt aber überraschend die Durchsage: „Das Sportboot kann in Kammer I einfahren!“ Offensichtlich kommt von unten einer. Unser Glück, wunderbar! Wir starten sofort und legen uns an die Schwimmpoller. Es geht los und immer weiter abwärts. Langsam macht sich ein mulmiges Gefühl breit: Wie weit geht es eigentlich noch runter? Bisher sind wir immer nur hochgefahren, jetzt zum ersten mal runter. Es wird langsam dunkel in der Schleuse und der Himmel ist nur noch als ein kleines Rechteck über uns zu sehen. Gewaltige 23 m (!) geht es runter. Die Schleuse macht jetzt einen gigantischen Eindruck. Wir fühlen uns unendlich klein und haben gehörigen Respekt vor den gewaltigen Wassermassen, die hinter uns nur darauf warten, auf uns herabzustürzen. Das tun sie natürlich nicht, stattdessen öffnet sich das Schleusentor vor uns und wir werden in die Freiheit entlassen.
Das Tageslicht hat uns wieder, der Blick kann wieder frei umherschweifen. Tatsächlich haben wir das Gefühl, aus einer Art Gefängnis entkommen zu sein. Für diesen Tag ist es nun auch genug. Kurz hinter der Schleuse machen wir im Yachtclub Uelzen (8) fest. Wir verbringen hier als einziges Schiff die Nacht. Die Saison hat auch hier offensichtlich noch gar nicht begonnen. Aber sie hätte schon beginnen können, denn es gibt warme Duschen!