Gedser -> Heiligenhafen / Ortmühle Start: 8:40 Ende: 16:00 Distanz: 36,3 sm Gesamtdistanz: 226 sm
Wetter freundlich, Wind nix -> 4 Bft aus allen Richtungen
Gegen 8:00 werden wir wach, der Hafenmeister telefoniert draußen. Wir kennen ihn schon von Anfang Mai und quatschen etwas. Bezahlt haben wir letzte Nacht nicht mehr, deswegen hatte er schon sein gelbes Schild gezückt und wollte es gerade antüddeln. Eine Chipkarte für die Toiletten und Duschen haben wir an Bord, also nur noch bezahlen… und dann los.
Draußen sollen uns passable 2 bis 3 Bft aus Ost erwarten. Das passt für die Überfahrt. Genauso schnell, wie wir draußen sind und die Segel gesetzt haben, wechseln allerdings auch die Windrichtungen und Windstärken. Und genauso schnell fällt meine Laune in den Keller bzw. versinkt auf den Meeresboden.
SCHEI….EEE!!!! Wie kann das sein? In den Segeln ist Westwind und die Windräder gucken nach Osten. Dann veralbert mich der Wind aus Süden. Ich zerre und ziehe dem blöden Wind die Segel hinterher. Astrid schaut aus den Pantry nach draußen und sagt: “Wir drehen uns, liegt der Kurs an?” Verzweifelt trage ich das Vorsegel auf backbord, um es anschließend lustlos mittschiffs flattern zu sehen. Es riecht nach Aufbackbrötchen, als ich den Motor anwerfe. Es ist zum Verzweifeln. Während ich die Brötchen über der Reling aufschneide, dreht sich der Wind in seinem Todeskampf noch mehrmals im Kreis, um dann sein letztes Leben aus Nordwest auszuhauchen. Grrrh… es fällt mir schwer, meine Entspannung wiederzufinden. Hinter einem ganzen Haufen von unerfüllten Segelerwartungen liegt sie rum und schmollt vor sich hin.
Wenigstens die Sonne läßt sich nun blicken. Das Frühstück in der Sonne versöhnt etwas. In der Sonne ist es angenehm warm, der Motor tuckert uns in Richtung Fehmarn und der Autopilot hält Kurs. Astrid hat schon ihre Hotpants rausgekramt, da werde ich wohl mal nachsehen müssen, ob ich meine Badehose unter dem Faserpelz der letzten Nacht finde.
Martin kämpft weiter mit seiner Laune und beschließt dann ein Nickerchen zu machen. Erst versucht es Martin im Cockpit, dann verdrückt er sich mit seinem Kissen in die Bugkoje. Ich halte die Stellung und motore uns über den Kiel-Ostsee-Weg. Trotz des permanenten Gebrumms vom Motor setzt nun nach drei Tagen endlich die Entspannung ein. Ich beginne ein Buch zu lesen und halte natürlich dann und wann brav Ausschau. Bei einem meiner Rundumblicke stelle ich verdutzt fest, dass sich doch ein paar Wellen im Wind aufgekräuselt haben. Super! Ich hatte über meinem Buch fast vergessen, dass wir ja auch segeln könnten… Also wird flugs der Motor ausgestellt, das Groß geöffnet und das Vorsegel ausgerollt. Wir schaffen direkt 4kn. Was will man mehr? Als ich den Motor ausstelle, springt Martin natürlich gleich auf, um zu sehen, was passiert ist. Ich erkläre ihm kurz, dass wir nun wieder ein Segelschiff sind und den Rest des Weges artgerecht zurücklegen werden. Martins Laune bessert sich zusehends und sein Tatendrang erwacht wieder. Schnell ist die Rückwand des Innensteuerstands aufgeschraubt und die Ursache für die Unterbrechung der iPad-Stromversorgung gefunden. Der 12V-USB-Adapter hat den Dauerbetrieb nicht überlebt. Zu schwach und unter Last durchgebrannt. Es hat schon Vorteile, wenn man alles selbst zusammengebaut hat, dann findet man schneller den Störenfried.
Die Welt ist nun wieder in Ordnung, zumal sich die Sonne weiterhin tapfer durch die dünnen Wolkenfelder kämpft und uns im Cockpit wärmt.
Bis kurz vor die Fehmarnsundbrücke kommen wir flott voran. Dann ist wieder Schluss. Auf den letzten Meilen unter Motor machen wir das Schiff schon mal hafenklar. Wir wollen schnell fertig werden und noch mal auf Fehmarn bei Weilandt vorbeischauen, um unseren Winterplatz für kommenden Winter klar zu machen.
Etwas stolz setzen wir uns dann ins Auto und brechen auf. 226 sm, in 3 1/2 Tagen einmal Schweden und zurück. Insgesamt haben wir diese Saison schon über 530 sm gesegelt. Soviel haben wir außerhalb des Sommerurlaubs noch nie zusammenbekommen. Ein toller Saisonauftakt. Nächstes Wochenende geht’s dann mit dem Auto ans IJsselmeer. Mal sehen, ob wir einen Hafen finden, um uns vielleicht für ein, zwei Jahre weiter nach Westen zu verholen.