Esbjerg -> Hvide Sande Start: 6:50 Ende: 17:00 Distanz: 49,5 sm Gesamtdistanz: 344,8 sm
Der Wetterbericht verspricht uns für die letzten beiden Nordsee-Etappen leichte Winde aus Nordwest bis West. Nicht die optimale Richtung, aber ok.
Wieder hat Astrid einen frühen Abfahrtzeitpunkt festgelegt. Das ist aber auch nicht besonders verwunderlich, denn wenn wir etwas Unterstützung von den Gezeitenströmen haben wollen, dann müssen wir uns auch nach den Gezeiten richten. Und die rücken pro Tag eben immer nur so runde 35 bis 45 Minuten nach vorn. D.h. das Hochwasser läuft jeden Tag etwas später auf. Als wir am 26.07. in Cuxhaven unsere Nordsee-Runde starteten, war Nachthochwasser in Helgoland um 0:19. Heute, am 05.08. ist daraus schon ein Morgenhochwasser um 6:18 geworden. Helgoland ist für die Gezeitenberechnung in der Deutschen Bucht der Dreh- und Angelpunkt. Für alle übrigen Orte und für alle Stromangaben werden immer nur Minus- oder Pluszeiten (Vor- oder Nachzeiten) zum Hoch- / Niedrigwasser in Helgoland angegeben. Deswegen auch diese Rechnerei. Denn je weiter der Ort von Helgoland entfernt ist und je tiefer der Ort im Wattenmeer oder einer Flussmündung liegt, desto größer ist die Verschiebung zu Helgoland. Dies ist nicht nur für die Orte so, sondern auch für Barren und Gats, die man über- oder durchfahren möchte. Es gibt also immer einiges auszurechnen.
Also 7:00 und wir legen auch pünktlich ab. Viel Ruhe ist um diese Zeit im Hafen von Esbjerg ohnehin nicht mehr zu finden, wir sind nicht die einzigen, die unterwegs sind. Um 6:00 startet der Schichtwechsel der Offshore-Windpark-Truppe. 10 bis 15 Katamaran-Traveller liegen hier im Hafen. Leider nicht irgendwo, sondern genau in dem Becken, wo auch die Sportboote ihr Eckchen bekommen haben. Es ist ein ständiges Kommen und Gehen, nur in der Nacht ist mal für einige Stunden Ruhe. Diese Katamaran-Arbeitsschiffe scheinen sich für die Windparkarbeiten auf hoher See bewährt zu haben, aber im Hafen sind die schlicht eine Katastrophe! Die lassen sich ganz offensichtlich nur sehr schlecht manövrieren und drehen, so dass sie besonders starke und besonders laute Bug- und Heckstrahlruder haben. Das donnert dann immer so durch unser Schiff, dass wir jedes Mal glauben, die fahren uns gleich das Heck ab. Mit denen fahren wir also raus. Allerdings donnern die mit mehr als 20 kn rechts und links an uns vorbei und sind ein klein wenig schneller als wir. Sie legen die Strecke bis zum Windpark vorm Horns Rev in deutlich unter einer Stunde zurück.
Die Einfahrt von Esbjerg wird auf beiden Seiten von trockenfallenden Flachs gesäumt. Dort liegen heute morgen gut 50 Robben und dösen vor sich hin. Nur einige Halbstarke planschen im Wasser. Das Fahrwasser führt sehr nah an der Sandbank entlang, aber das stört die Robben ganz offensichtlich nicht besonders. Ein toller Anblick!
Nach gut 2 1/2 Stunden sind auch wir am Horns Rev und können Segel setzen. Endlich ist Ruhe im Schiff und endlich haben wir auch die lange Nordseedünung, die uns sanft auf und ab schaukelt. Auf unserer ersten Nordseestrecke von Schottland nach Norwegen hatten wir diese Dünung auch. In der Deutschen Bucht habe ich sie etwas vermisst, dort waren die Wellen fast genauso zappelig, wie in der Ostsee bei etwas mehr Wind. Heute hält sich der Wind leider auch wieder nicht so recht an die Vorhersage und schläft am späten Vormittag vollends ein. So müssen wir von den 50 sm notgedrungen fast 40 sm motoren. Schade, aber wenn gar kein Wind ist, dann geht auch mit Segeln nicht viel.
Hvide Sande -> Thyborøn Start: 7:00 Ende: 18:00 Distanz: 51,9 sm Gesamtdistanz: 396,7 sm
Wäre der Yachthafen von Hvide Sand nur etwas einladender, wären wir bestimmt noch einen Tag geblieben. Der Strand südlich von Hvide Sande macht dem Stadtnamen alle Ehre und der Sand braucht keinen Vergleich mit berühmten Sandstränden zu scheuen. Aber Hvide Sande ist einer der 5 großen Fischereihäfen Dänemarks und darum eben auch genauso gemütlich wie eine Industriehalle. Deswegen brechen wir gleich morgens wieder auf. Vor uns liegen noch runde 50 sm bis Thyborøn. Dort werden wir die Nordsee verlassen und in den Limfjord fahren.
Es schüttet wie aus Eimern, als wir den Hafen verlassen. Das zweite Mal nach der Überführung der PINCOYA von Wiesbaden in die Ostsee, nutzen wir den Innensteuerstand wirklich zum Steuern. Unglaubliche Wassermassen ergießen sich in der nächsten halben Stunde über uns.
Aber mit dem nachlassenden Regen kommt auch etwas Wind und so können wir Segel setzen. Wir können so die ganze Strecke bis zum Eingang des Limfjordes mal schneller und mal langsamer segeln. Es ist herrlich, denn etwas zögerlich kommt auch langsam die Sonne durch und wir sehen im Süden die dicken Regenwolken vorüberziehen. Unsere Richtung stimmt also. Auch so etwas wie Bordroutine stellt sich ein. Normalerweise hat ja das Segeln immer die ganze Aufmerksamkeit, jetzt tritt die “Handlung Segeln” etwas zur Seite und jeder von uns beschäftigt sich mit dem, wozu er gerade Lust hat. Lin traut sich nur zaghaft wieder an’s Lesen heran, zu frisch sind die blöden Erinnerungen an den ersten Tag. Aber inzwischen sind auch ihre Seebeine gewachsen und auch die Nordsee-Dünung dreht ihren Magen nicht mehr gleich total um. Zwischendurch gibt es auch ein paar Runden Uno, während wir einfach so geradeaus über die Nordsee schippern. Ganz vorsichtig kommt so ein Gefühl vom “großen” Fahrtensegeln auf. Wenn das dann nicht nur für 10 oder 12 Stunden so weitergeht, sondern für einige Tage, dann sind wir da, wo wir eigentlich mal hinwollen.
Thyborøn empfängt uns im Sonnenschein und erst direkt vor der Hafeneinfahrt fallen die Segel. Das war ein wunderbarer Tag und ein wunderbarer Hafen erwartet uns. Hier werden wir nun mal ein paar Tage bleiben und Badeurlaub machen.