Nyborg:
Nervös liegt Astrid in der Koje und muss dort auch bleiben. Lin und ich sind mit den Geburtstagvorbereitungen beschäftigt. Gestern war uns allen nicht mehr danach, deswegen muss Astrid nun noch ein Weilchen die Mittelkoje hüten.
Dann ist es soweit und wir befreien sie aus ihrer Verbannung.
HAPPY BIRTHDAY!
Das Wetter ist nicht gerade geburtstagstauglich, aber mir gelingt es die original dänischen Brötchen der weltbesten Nyborger Bageri trocken auf’s Schiff zu bringen. Und dann gibt es erst einmal ein ausgiebiges Geburtstagsfrühstück.
Wir überlegen hin und her. Wenn wir heute hier bleiben, dann können wir auch gleich bei der Arbeit anrufen und sagen, dass mit uns am Donnerstag niemand zu rechnen braucht. Hier im Hafen geht es eigentlich mit dem Wind. Es ziehen zwar immer wieder schwere Regenschauer durch, aber wir liegen hier sehr geschützt. Mit dem Fernglas sind draußen aber nur weiße Schaumkronen zu sehen. So machen wir erstmal einen Spaziergang zum Nyborger Schloss.
Auf dem Rückweg beschließen wir einen Versuch zu wagen. Vielleicht können wir uns durch den Sund zwischen Langeland und Fünen bis nach Marstal vorarbeiten. Wenn das nicht klappt, dann kehren wir halt wieder um oder gehen in Rudkøbing rein. Aber versuchen wollen wir es wenigstens.
Nyborg -> Marstal Start: 13:10 Ende: 20:30 Distanz: 39,0 sm Gesamtdistanz: 738,4 sm
Wir lassen noch einen dicken Schauer durch und werfen dann die Leinen los. Direkt vor der Einfahrt erwartet uns schon der Wind. Wir nehmen das 2 Reff aus dem Groß und setzen es nur einfach gerefft. Das war natürlich auch Blödsinn, aber eins nach dem anderen. Die ersten Böen werfen uns schon ordentlich auf die Seite. Der Hafen liegt wirklich geschützt, da kann man nichts sagen. Dann noch etwas Genua und los geht die Rauschefahrt. Kaum steht die Genua halbwegs, sehen wir die Bescherung. Die eine Naht ist gestern gut einen Meter aufgerissen. Die Böen zerren so sehr an dem Segel, dass ich jeden Augenblick den großen “Ratsch” erwarte. Sch… SCH… SCHEISSE! So geht das gar nicht. Wir haben noch eine Fock dabei. Die Genua muss runter und die Fock rauf. Die Windanzeige pendelt sich bei 25 kn Wind ein. Schnell überlegt, was machen. Zurück in den Hafen und an einen Dalben hängen und die Segel wechseln oder… Ha! Gestern habe ich beim Einfahren eine Mooring des Dänischen Seglerverbandes gesehen. Gleich in der ersten Bucht vorm Hafen. Die nehmen wir. Ruck zuck sind wir da und machen ein langes Gesicht. So’n Mist, da liegt schon einer dran. Unter Motor die Dame im Wind halten würde schon gehen, aber hier gehen 30er Böen über das Wasser und da wäre es gut, wenn nicht 2 von 6 Händen mit steuern beschäftigt sind. Also geben wir eben der alten Ankerwinsch den Todesstoß. Raus geht der Anker immer, rein könnte unangenehm werden. Egal!
Der Anker hält und pünktlich zum Segelwechsel gehen einige schwere Böen über uns hinweg. Lin und ich zerren das wie wild schlagende Segel runter. Jeden Quadratmeter runtergezogene Segelfläche sichern wir mit unserem Köpergewicht. Einfach oben drauf werfen ist die Devise. Am Ende gewinnen wir und der Wind verliert. Unter ohrenbetäubenden Geknalle setzen wir nun die Fock. Nach 20 Minuten sind wir fertig. Uff….
In homöopathischen Dosen ziehen wir mit der alten Winsch den Anker wieder hoch. Die qualmt und stinkt zwar, hält aber mit einigen Abkühlpausen durch. Dann geht es los. Die kleine Fock zieht gut. Im Sund gehen wir auf Süd. Ganz können wir den Kurs nicht anhalten und kommen immer weiter auf die Seite von Langeland. Schon früh binden wir wieder das zweite Reff in Groß. In der Mitte des Sundes steht eine erstaunlich hässliche Welle genau gegenan. So kreuzen wir immer wieder ganz dicht an Fünen heran unter Land, denn hier sind die Wellen wesentlich kleiner. Man kann das auch ganz prima sehen, immer wenn die Wellen kleine weiße Krönchen bekommen, dann machen wir wieder einen Schlag rein.
So kommen flott voran, wer hätte das gedacht. Da wir die kleine Fock als Selbstwendefock angeschlagen haben und der Traveller vom Groß in der Mitte steht, können wir ganz faul die Wenden mit dem Autopiloten fahren. Das geht so gut, dass wir mehr Wenden fahren, als eigentlich nötig sind.
Das Fahrwasser von Rudkøbing können wir gerade noch so segeln und donnern mit 8 kn bei 30 kn Wind unter der Brücke durch. Dies aber dann doch nicht mit dem Autopiloten, sondern ordentlich per Hand.
Glücklich, erleichtert und durchgepustet kommen wir um halb neun in Marstal an. Der Wind hat hier den Wasserstand so sehr sinken lassen, dass die roten Spieren im Hafenbecken fast auf dem Trockenen stehen. Es fehlt gut 1,20m Wasser. Am Steg 9 glitschen wir mehr in eine freie Box, als das wir schwimmen. Einige Stegnachbarn hängen seit 2 Tagen fest. Manchmal ist es eben auch gut, wenn man nicht so viel Tiefgang hat. Aber das Wetter ist ja eh nicht so toll, da macht es ja auch nichts, wenn man zusätzlich im Modder steht.