Auch in der Yachtwerft stehen alle Zeichen auf Wintersaison. Nur wenige Schiffe sind noch im Wasser und die Hallen sind schon gut gefüllt.
Im Hafen sind wir allein. Solang die Sonne scheint, ist es auch noch angenehm warm. Nachts wird es empfindlich kalt.
Heiligenhafen / Ortmühle -> Burgstaaken Start: 11:20 Ende: 13:15 Distanz: 10,2 sm
Für das Kranen ist alles schon gut vorbereitet. So schlafen wir am Sonntag aus und machen uns nur langsam fertig. Mittags verabschieden wir uns von Klaus, dem Hafenmeister, und werfen die Leinen los. Das grandiose Herbstwetter ist etwas in die Tage gekommen, man merkt deutlich, dass es Winter werden möchte. Trüb und schwer liegt morgens der späte Herbstdunst auf dem glatten Wasser herum.
Zusammen mit uns fährt auch der Holzschärenkreuzer raus, der bei uns in Ortmühle am Steg liegt. Ein wunderschönes, klassisches Schiff, dass mehr als zwei Jahre in der Yachtwerft restauriert wurde und in dieser Saison nun wieder in sein Element dürfte. Unter Segeln gleitet er anmutig auch Richtung Fehmarnsundbrücke. Wir müssen leider motoren, da wir schon am letzten Wochenende die Segel heruntergenommen haben.
Für unseren GPS-Tracker, die böse Elfe, wollen wir eigentlich ein “letztes Muster” in die Ostsee fahren. Wir hatten sogar an eine “2014” als Tracklinie gedacht. Aber wenigstens wollten wir um die westliche und um die östliche Brückenansteuerung einen ordentlich großen Freudenkringel fahren. Aber….. so einfach scheint das nicht zu sein, denn nicht nur eine Küstenwache kreuzt vor der Brücke, sondern gleich zwei. Irgendwie scheinen die uns zu verfolgen!
Vor zwei Jahren begann es damit, dass wir deren Aufmerksamkeit wohl mit unserem Parasailor erregten, so dass sie längsseits kamen, um uns mal zu kontrollieren. So konnte ganz nebenbei das komische Segel mal ganz aus der Nähe betrachtet werden. Zugegeben haben sie das besondere Interesse natürlich nicht, aber es war offensichtlich. 😉
In den letzten Jahren sieht man den Zoll und die Wasserschutzpolizei immer öfter. Entweder zu Wasser vor Fehmarn oder aber auch an Land im Werfthafen. Das liegt höchstwahrscheinlich an der gefährlichen und von Schmugglern und Bootsflüchtlingen stark heimgesuchten EU-Außengrenze in der dänischen Südsee. Hier ist große Aufmerksamkeit gefordert.
Es kann aber auch an dem längst durch das Finanzministerium kassierten Verbringungsverbot von “rotem Diesel” liegen, was eine verschärfte Wachsamkeit erfordert. Als wir im letzten Jahr in der Yachtwerft unter dem Kran lagen und ins Winterlager wollten, wurden wir noch in unserer letzten schwimmenden Minute kontrolliert. Gerade als wir die PINCOYA an den Festmachern unter den Kran ziehen wollten, der Motor war schon eingewintert und die Wanden schon gelöst, da schob sich blitzschnell ein Schlauchboot des Zolls und der Wasserschutzpolizei noch dazwischen und blockierte gerade noch rechtzeitig den Kran. In strömendem Pladderregen prasselten die amtlichen Fragen auf uns ein:
“Woher kommen Sie und wohin wollen sie?” Und wahrheitsgemäß antworteten wir: “Aus der Box da und in diese Halle da!”
Um die Frage: “Wo haben sie das letzte Mal getankt?” korrekt beantworten zu können, musste ich dann doch etwas nachfragen. “Meinen sie >wo< im örtlichen Sinne oder meinen Sie woher der Diesel kommt?" ... fragende Gesichter... "Na ja, getankt haben wir gestern hier, denn die Tankstelle in Heiligenhafen hat seit dem 01. November geschlossen, und der Diesel stammt von der Avia dort oben neben Aldi." “Aha, haben sie denn roten Diesel getankt?” “Wenn die Avia dort oben roten Diesel verkauft, dann haben wir roten Diesen getankt.” Es schüttete immer noch aus Eimern und aus meiner Orthese, die ich wegen der gerissenen Achillessehne noch tragen musste, lief der norddeutsche Dauerregen fast ebenso stark wieder heraus. Aber solche Kleinigkeiten können das Pflichtbewusstsein eines deutschen Beamten im Gefahrenbereich der ungesicherten Grenze zu Dänemark schon gar nicht erschüttern. “Haben sie dieses Jahr im Ausland getankt, — und unter Umständen dort roten Diesel getankt?” “Ja, wir haben in Gislövsläge, in Schweden getankt, aber ob das roter Diesel war, können wir nicht sagen. Diese Dieseltanks sind aus Stahl, reinsehen kann man da nicht. Und dann kommt der Hafenmeister und dann wird getankt. Da haben wir ehrlich gesagt nichts kontrolliert. Aber sie können jetzt gerne kontrollieren, wenn sie aufpassen, dass kein Regenwasser in den Tank kommt.” “Äh, — nee….” sagte der Zollbeamte, während aus seiner Famila-Jutetasche das Endstück des Prüfschlauchs vorwitzig herausschaute. Während dieser eingehenden Befragung durch den Zoll hatte die Wasserschutzpolizei festgestellt, dass wir nicht mit Haftbefehl gesucht werden und wohl auch aufgrund meiner Behinderung mit der Unterschenkelorthese keine direkte Fluchtgefahr bestand, die nicht sofort durch die beiden Beamten hätte vereitelt werden können. So durften wir dann kranen.
Kaum waren wir in dieser Saison wieder im Wasser, standen auch schon gleich wieder zwei Beamte zur Kontrolle am Steg. Der ersten Kontrolle entgingen wir durch geschicktes Abtauchen unter Deck. Zur zweiten Kontrolle wurde Astrid in einem unachtsamen Moment an Deck erwischt.
Auf die Frage “Ist das Ihr Schiff?” hörte ich Astrid antworten: “Ja, das ist unser Schiff.” … und ich stecke den Kopf aus der Luke des Vorschiffs. Auf dem Steg standen zwei neue Beamte des Küstenschutzes.
“Liegen sie immer hier?” “Ja, das ist unsere Heimatbox. Nur im Winter sind wir dann dort in der Halle und im Sommer machen wir einen längeren Urlaubstörn.”
Danach konnte ich es mir nicht mehr verkneifen und sagte: “Na los, fragen Sie schon nach dem roten Diesel! Es ist übrigens immer noch derselbe, den ihr Kollegen schon im letzten Herbst kontrolliert haben.” Pause… “Ach ja?”
Danach drehte sich das Gespräch in eine allgemeine Richtung und wir wünschten uns gegenseitig noch einen schönen Tag und eine schöne Saison.
Und nun kreuzen gleich zwei Küstenwachboote vor unserer Nase herum und weit und breit sind nur wir und der Holzschärenkreuzer als potentielle Kontrollobjekte zu sehen. Wir sind zu feige und verkneifen uns die Kringel um die Ansteuerungstonnen und erst recht die “2014er”-GPS-Tracklinie. Eigentlich ist das ja nichts Verwerfliches und eigentlich ja vielleicht sogar etwas lustig. Einfach so aus Freude am Segeln und an der Seefahrt. Vielleicht würde ja auch das strenge Auge des Gesetzes das verstehen, aber wir sind trotzdem zu feige und verdrücken uns lieber ordnungsgemäß auf der richtigen Seite des Fahrwassers durch den Fehmarnsund. Wer weiß, was das alles noch für Folgen gehabt hätte und in welchen Verhören wir dann gelandet wäre. Im nächsten Jahr werden wir in dänischen Gewässern eine 2015 fahren und falls uns dann die königliche Küstenwache aufbringt, dann ist sicher alles schnell erklärt und alles ganz normal.
Auf der Ostseite der Fehmarnsundbrücke sind wir nicht mehr in der Abdeckung. Ein kalter Südost macht dem Altweiberherbst schnell den Garaus und wir finden uns in echten Novemberwetter wieder. So schnell kann das gehen. So sind wir nicht böse, dass es nur noch wenige Meilen bis Burgstaaken sind.
vor unserem Winterlager in Burgstaaken
54° 25′ 17.6″ N 11° 11′ 25.7″ E