Hesnæs -> Heiligenhafen / Ortmühle Start: 06.06. 11:25 Ende: 07.06. 5:30 Distanz: 80,9 sm Gesamtdistanz: 503,9 sm
Die Strecke von Hesnæs bis Heiligenhafen ist schon bei passendem Segelwetter recht ordentlich, aber heute wird’s richtig lang. Der Südwest kommt genau aus der Richtung, wo wir hin wollen. Da wir im besten Fall sowieso erst nachts ankommen, lassen wir es ruhig angehen. Nicht nur, weil es unser letzter Segeltag ist, brechen wir nur ungern aus Hesnæs auf. Hier könnten wir gut noch 2 oder 3 Tage entspannen.
Die Hoffnung, dass das tolle Hochdruckgebiet aus Deutschland mit den sagenhaften Sommertemperaturen auch zu uns kommt, haben wir aufgegeben. Von Norden aus drängelt ein dickes Tief. Das kommt mit seinen Fronten zwar nicht zu uns herunter, quetscht sich aber am Rand des Hochs so entlang, dass es weiterhin kräftig bläst. Der dänische Wetterdienst hat speziell für uns einige Starkwindfelder in unseren Weg gelegt.
Als wir mittags aufbrechen, ist es immer noch diesig. Die schöne weiße Strandküste von Falster wirkt grau, aber die Sonne tut ihr Bestes und nach und nach beginnt das helle weiß der Sandstrände wieder zu strahlen. Wenn man auf geradem Weg zwischen Gedser und Klintholm unterwegs ist, dann bekommt man davon gar nichts mit, denn die Küste springt in einem weiten Bogen zurück nach Westen außer Sichtweite.
Als wir, um noch in der Abdeckung von Falster möglichst viel Höhe zu machen, einen Kreuzschlag einlegen, beginnt es aufzufrischen. Das erste Reff haben wir ja ohnehin schon lange eingebunden, da schon die ganze Zeit die 5 an der 6 herumknabbert. Aber nun geht’s schnell, die 5 und die 6 sind schnell vergessen und schon knabbert die 7 an der 8 herum. Ok, der Däne hatte schon etwas von mehr Wind gesagt, aber muss das immer gleich so viel mehr sein. Die Sonne strahlt derweil weiterhin aus allen Knopplöchern und macht einen auf unschuldig. Mehr als 30 Knoten Wind machen aber auch bei Sonne keinen rechten Spass, wenn man hart gegenan muss. Jetzt sind wir zudem noch in der Abdeckung von Falster, 8 Meilen weiter ziehen die 30 Knoten ungebremst über den Fehmarn Belt und machen dort richtig Alarm.
Astrid und ich sehen uns um und ich spreche das aus, was Astrid gerade denkt. Warum nicht einfach vor der Küste den Anker werfen und abwarten? Die Nacht ist sowieso schon für die Rückfahrt gebucht, dann dauert es eben noch etwas länger und wird vielleicht schon wieder hell, wenn wir durch den Fehmarnsund fahren. Auch nicht schlecht.
Es ist gut, wenn man Alternativen hat und wenn die Alternativen zudem noch so angenehm sind, dann ist das fantastisch. Wenn wir Montag nicht wieder in Hannover am Schreibtisch sitzen müssten, dann wären wir einfach hier vor Falster geblieben. Es ist traumhaft schön und so richtig einsam und menschenleer. Wir kommen bestimmt wieder.
Nach fast 4 Stunden Starkwindpause machen wir uns wieder auf den Weg, als wir merken, dass es ruhiger wird. Aber kaum sind wir aus der Abdeckung von Falster raus, wird es ruppig. Gut, dass wir das nicht vor 4 Stunden gewagt haben, das wäre kein Spass gewesen.
Inzwischen ist alles für die Nachtfahrt vorbereitet und so laufen wir Stunde um Stunde in Richtung Süden in die Lübecker Bucht hinein. Die Ansteuerung der Fehmarnsund Brücke können wir erst kurz vor Kellenhusen anhalten und von dort trennen uns noch 22 Meilen.
Die erste Wache geht an mich und Astrid schläft. Als Astrid gerade in der Koje verschwinden will, sehe ich ganz weit hinten am Horizont ein Feuerwerk. Lübeck? Grömitz? Wer weiß? Das sieht schon toll aus, die höchsten Raketen sind klar zu sehen, der Rest ist nur ein Schimmer. Als Astrid dann zu ihrer Wache aus der warmen Koje krabbelt, geht gerade der Mond auf. Rotbraun und dick wie eine Melone. Ein toller Anblick, der leider nur sehr individuell zu photographieren war.
Zusammen mit Astrid fahre ich noch die Wende, dann habe ich wachfrei und Astrid steuert uns in Richtung Sund. Kurz vor der Fehmarnsundbrücke dämmert es und ganz im Nordosten wird es wieder heller. Astrid weckt mich. Wir haben es geschafft und sind (leider) schon gleich wieder zuhause. Die letzte Strecke sitzen wir zusammen im Cockpit, ein Kaffee wärmt nicht nur die Hände. Wir denken an unsere Tour und sind glücklich und zufrieden.
Norwegen haben wir nicht geschafft und wenn wir es geschafft hätten, dann wären wir jetzt nicht hier und Montag auch noch nicht wieder in Hannover bei der Arbeit. Manchmal ist so eine Magen-und-Darm-Grippe (wenigstens im Nachhinein) doch gar nicht so schlecht. Unser Frühjahrstörn sollte ja schon etwas anders und vor allem extremer werden als normale Urlaubstörns. Das haben wir wohl auch ohne Norwegen ganz gut hinbekommen. Insgesamt haben wir nur 2x ausgerefft und fast 14 Tage lang beständig einen auf die Mütze bekommen. Das ist ja auch schon mal was! Und wir haben viel gelernt und wieder etwas mehr Routine bekommen und keine echten Fehler gemacht und alles heile gelassen, auch wenn das mit der Kamera nur reines Glück war. Sieht man von den beiden Ankerplatzwechseln im Mariager Fjord mal ab, dann haben wir in 6 Etappen runde 500 sm zurückgelegt, wobei die kürzeste Etappe „nur“ 41 sm hatte.
in Heiligenhafen / Ortmühle in unserer Heimatbox
54° 22′ 20,4″ N, 11° 00′ 15,7″ E