Der Leserbrief

In unserem letzten Blog hatte ich so lapidar geschrieben: „Vielleicht sollte ich diesen Tipp mal an die Yacht schreiben, dann bekommen wir sicher auch diese 50€ als Dankeschön.“

Wer mich kennt, der weiß, dass solche Gedanken in meinem Kopf vor sich hin gären und irgendwie nicht verschwinden wollen. Ab und zu rufen sie sich immer mal wieder mit einem Gedankenbild in Erinnerung, was Eingeweihte wie Astrid daran erkennen, dass ich etwas unmotiviert grinse oder sogar lachen muss. Außenstehende können das eigentlich nur für eine besondere Art eines beginnenden Wahnsinn halten, aber wer kann ihnen das schon wirklich verübeln. Aber Astrid weiß spätestens jetzt, dass es nun zu spät ist und dass das, was da gärt, auch raus muss.
Ansonsten sind diese Gedanken aber ebenso friedlich wie hartnäckig. Sie sind zählebig und verschwinden in der Regel erst wieder, wenn sie die ihnen gebührende Aufmerksamkeit bekommen haben. Und Gabi, ja Du Gabi, genau Du, Du kannst ab dieser Stelle wirklich alles glauben, denn es ist nichts erfunden und alles ist die reine Wahrheit, nichts als die Wahrheit, so wahr ich hier schreibe.

Seitdem wir das erste Mal das Segelmagazin Yacht aufgeschlagen haben, sind wir fasziniert von dem Ideenreichtum der gesammelten Leserschaft der Yacht. Unter der Rubrik Tipps & Tricks jagt schlicht eine Innovation die nächste. Diese dichte Fülle von unverzichtbaren Erfindungen wirft uns beständig nur eine Frage entgegen: „Wie um Himmels Willen konnte es vorher überhaupt ohne gehen?“
Aber die Leserschaft der Yacht ist nicht allein. Seit Jahren arbeitet auch das Tchibo-Erfinderteam aus der Konzernzentrale in Hamburg wie besessen daran, unser aller Alltagsleben erträglicher und vor allem leichter zu machen. Die ursprüngliche Tchibo-Mission, das Verwöhnaroma von Frau Sommer ins Abseits zu drängen, geriet dabei nach und nach ins Hintertreffen und wurde schlussendlich 1984 auch aus den Unternehmenszielen gestrichen. So verlor der Tchibo-Mann schon Mitte der 80ziger Jahre seinen Job und musste seine Melone an den Nagel hängen. Seitdem tobt dieses bisher weitgehend unbeachtete Kopf-an-Kopf-Rennen der Tchibo-Erfinder und der Yacht-Leser. Die Voraussetzungen können hierbei nicht ungleicher sein. Auf der einen Seite kämpft ein etabliertes, hauptberufliches Erfinderteam gegen eine enorme Menge von Hobby-Erfindern, die das Credo der Schwarmintelligenz auf das Banner ihrer Mission geschrieben haben. Hier kämpfen alt bewährte Unternehmensstrukturen gegen neumodisches Crowdsourcing. Allan McCinsay, dessen weltweit agierende Unternehmensberater das ein oder andere Husaren-Stückchen der letzten US-amerikanischen Regierungen einfädelten, bekannten in einer viel beachteten Studie der „Gobal Award Scientists“, dass dieser Wettbewerb noch lange nicht entschieden sei. So steht das Open-Source-Projekt der Yacht-Erfindungen den Tchibo-Erfindungsprofis gegenüber. Nur gut, dass es bisher noch nicht zu einem offenen Schlagabtausch gekommen ist, was bisher nur dem Umstand zu verdanken ist, dass das Erfindungsterrain noch zu unterschiedlich ist, obwohl sich erste Parallelen für Eingeweihte abzeichnen.

oBdA … (für den nicht eingeweihten Nicht-Akademiker sei angemerkt, dass dies soviel bedeutet wie: „ohne Beschränkung der Allgemeinheit“. Dies ist besonders wichtig und muss immer vor allgemein gültigen Allgemeinheiten gesagt werden, auch wenn die Allgemeinheit des allgemein gültigen Allgemeinsinns im Allgemeinen nur verallgemeinert und auch im Speziellen nicht beschränkt wird) … also oBdA möchten wir hier beispielhaft einige besonders herausragende Erfindungen vorstellen:

>Tchibo:
– Kiwi-Aufbewahrungsbox
Diese Erfindung zielt ausschließlich auf die normale Kiwi-Frucht ab und es handelt sich hierbei definitiv nicht um einen Käfig für den durchaus formähnlichen Laufvogel gleichen Namens oder gar ein Gefängnis für Neuseeländer. Die Kiwi-Aufbewahrungsbox ermöglicht es endlich, Kiwis einfach so für unterwegs mitzunehmen. Sie ähnelt zwar in ihrer Form, aber eben nur in ihrer Form und nicht in ihrer Kiwi-grünen Farbe, einer Madarinen-Aufbewahrungsbox, aber diese Ähnlichkeit scheint rein zufällig zu sein.

– Kräutergefriertstick
Ein Plastikröhrchen in das feuchte Kräuter gefüllt werden, um diese dann stabförmig im Gefrierfach tiefzufrosten. Die runde Stabform der gefrorenen Kräuter macht einen besonders appetitlichen Blubbs, wenn der gefrorene Kräuterzylinder in die kochende Suppe gleitet.

– Dressingmixer
Viele werden so etwas ähnliches schon aus einer Cocktail-Bar kennen, aber hier spielt die Musik eben nicht im Nachtleben, sondern in der Küche. Mutti oder auch der moderne, weltoffene, nicht AfD-wählende Vatti mixt damit mal flugs ein Dressing für den Salat.

– Bommel-Maker
Früher schnitt Omi diese Dinger aus Pappe, aber damit ist nun Schluß, denn es gibt nun den Bommel-Maker aus Plastik. Zwei kreisrunde Kunststoffscheiben mit ebenso kreisrundem Loch in der Mitte sorgen für höchste Bommelqualität, die in jeder Bommellunder-Heimwerkerrunde die ungeteilte Aufmerksamkeit und Bewunderung garantiert.

>Yacht-Leser:
– Messer an Bootshaken getapt
Darauf muss man erst einmal kommen! Irgendwelche Segel-Nerds haben zwar schon ihre GoPros an einen Bootshaken getapt, um Delphine zu filmen, aber ein Messer, um dort rumzuschnippeln, wo man sonst nicht drankommt, das ist schon wirklich der helle Wahnsinn. Schnipp schnapp tief unten ab! Toll!

– Bändsel an Unterhose und Handtüchern
Wo Klammern an der Seereling nicht halten, dort halten Bändsel. Flugs näht der geschickte Seemann die Endstücken seiner Takelage an das Unterhöschen und schon fliegt auch bei Windstärke 12 nichts mehr ins Hafenbecken, sofern der richtige Seemannsknoten gelingt. Als freudiger Nebeneffekt gucken nun die Bändsel auch aus der Designer-Jeans der Liebsten und sehen von weiten wie echt scharfe Spitze aus. Hammer!

– 2-stufiger Softschäkel
Es ist unfassbar, was ein kleines Knötchen alles so bewirken kann! Hat man einen viel zu großen Dyneema-Schäkel gekauft und möchte den dann aber doch kleiner haben, dann kann man einfach einen weiteren Knoten weiter vorn reinmachen. Das ist nicht nur nachhaltig und schont die Umwelt, dass ist auch pfiffig, denn der alte Knoten bleibt für spätere Nutzung ja auch noch erhalten.
 Absolut sensationell!

– offenes Yachtheck mit Plexiglas-Scheibe verschließen
Zugegeben, dies ist mein echter und unumstößlicher Favorit. Es gibt nichts Besseres, Innovativeres und Durchdachteres. Da wurde auf der boot in Düsseldorf unter dem professionellen Einfluss eines windigen Yacht-Brokers eine echte Rennziege nebst Racing Kit gekauft. Im Prospekt rekeln sich im Cockpit einige viel zu dürre Damen in verdammt engen Bikinis, deren Einzelteile anscheinend nur von Angelschnüren zusammengehalten werden. Von oben brüllt die karibische Sonne.
Nun ist es Mitte April, der leichte Nieselregen erschwert die Sicht, die Rennziege ist ausgeliefert und der Kaufpreis bezahlt. Aber schon beim ersten Probeschlag kullert Waldi bei 3 Beaufort aus dem offenen Rennheck in die tosende See. Trotz versauter Patenthalse ist nichts mehr zu holen. Die Gattin kreischt und trommelt so sehr auf dem Skipper herum, dass auch noch die 1 Liter Dose Faxe unversehens Waldi folgt. Auch die DGzRS kann trotz sofort eingeleiteter Rasterfahndnung nichts mehr machen. Die See hat Waldi und das Faxe auf immer verschlungen. Zutiefst betrübt grübelt der Skipper Tage um Abhilfe und bekommt unversehens am dritten Tag die Erleuchtung, so wie damals Cervezas beim Anblick des Andechs. Eine Plexiglas-Platte soll nun fortan das vermaledeite Racing-Heck verschließen, auf dass Waldi in Frieden ruhet und niemals mehr eine Dose Bier verloren geht. Zu klein soll der Spalt für Dosen sein, aber racingmäßig soll das überkommende Wasser ungehemmt abfließen können. Wären Astrid und ich in der Redaktion der Yacht für die Vergabe der Innovationspreise gewesen, so hätten wir dieser Idee neben dem 50€ Ideenhonorar auch noch den Design-Oskar spendiert, den wir mit weiteren 5 € größzügig subventioniert hätten. Diese Idee ist der absolute, real-existierende Oberhammer!

Tief in unserem Inneren haben nun auch wir das Bedürfnis, all unsere Erfahrung und unser Wissen in die Welt zu tragen. Und deswegen haben wir diesen Leserbrief geschrieben und hoffen auf Anerkennung und eben auf die 50€.

Hier unser Brief an die Yacht:

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Liebe Yacht-Redaktion,

seit geraumer Zeit sind wir begeisterte Leser der Rubrik Tipps und Tricks. Auf die Idee, dass man sich nach einem harten Segeltag in Richtung Flensburger Förde auch mit einem handelsüblichen Navigationsbleistift am Kopf kratzen kann, wenn dann doch steuerbords der Leuchtturm Kiel vorbeizieht, muss man erst einmal kommen. Oder dass man sich mit Bier nicht nur die verkorksteste Navigation wieder schön trinken, sondern auch noch gleich der Nachschub holenden Gattin eine Einstiegshilfe basteln kann, indem der clevere Skipper die leere Bierkiste geschickt als Trittstufe vor den Bugkorb fallen läßt, zeugt von einer Dimension praktischen Erfindungsreichtums, die wahrlich nicht offen auf der Hand liegt. Es sind die kleinen Dinge und Helferchen, die den harten Segelalltag erträglicher machen.
Nun sind wir während unserer diesjährigen Winterarbeiten zufällig auf eine recht simple Lösung für eines der letzten ungelösten Probleme des Fahrtensegelns gestoßen. Speziell alle segelnden Ehepaare, aber auch Partnerschaften ohne Trauschein werden davon profitieren!
Es heißt ja immer: „An Bord kann man sich nicht aus dem Weg gehen!“
Damit ist nun Schluss. Meine Frau und ich haben dazu während des Einbaus eines neuen Ankerkastenverschlusses eine ganze naheliegende Lösung gefunden. Es ist doch möglich, sich selbst auf wenigen Metern effektiv und nachhaltig aus dem Weg zu gehen! Hierzu verschwindet meine Frau im Ankerkasten und ich verdrücke mich in die Backskiste.
Bisher konnten wir die Lösung allerdings nur unter Laborbedingungen testen, denn einen echten, ausgewachsenen Streit haben wir bislang noch nicht hinbekommen. Die Ergebnisse bestätigen aber in jeder Hinsicht den theoretischen Ansatz. Selbst zornigste verbale Testbeschimpfungen verhallen ungehört mittschiffs, so dass wir davon ausgehen, dass auch echtes Gebrülle und Gekeife tatsächlich nicht bis zu dem jeweiligen Gegenüber durchdringt. Zudem unterstreicht der Sichtschutz bei geschlossen Lukendeckeln den privaten Charakter inniger Selbstreflexion und führt rasch zu Einkehr und Besinnung, was sich spürbar entspannend auf die Gesamtsituation auswirkt.
Wir hoffen, dass dieser Trick möglichst vielen Paaren hilft, das bisher Unmögliche möglich zu machen und so der harte Segelalltag wieder ein kleines Stückchen leichter wird.

Liebe Grüße
Martin & Astrid

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