voll krass nass


Als wir vor 14 Tagen die PINCOYA von Großenbrode zurück nach Heiligenhafen brachten, war das Wetter für einen entspannten Segeltestbetrieb ja nicht ganz so gut geeignet. Unter gerefftem Groß und Starkwindfock lief unsere Dame zwar prima, aber wir hätten ja so gerne auch mal die Genua und das ganze Groß in Ruhe auf verschiedenen Kursen ausprobiert. Und nun regnet es dieses Wochenende, und ehrlich gesagt, es regnet nicht nur einfach mal so, sondern es schüttet.

Mit etwas Oktoberkälte könnten wir ja gut leben, aber dieser Regen ersäuft sogar unsere eigentlich unbändige Lust, die neuen Segel auszuprobieren. Die ganze Nacht über tropft, platscht und pladdert es an Deck. Mit unserem Morgenkaffee verkriechen wir uns wieder in der Mittelkoje. Nach dem Wetter müssen wir gar nicht sehen, die aktuelle Wetterlage ist nicht zu überhören. Dummerweise war der Weg zu unserem Morgenkaffee nicht ganz so gradlinig. Wenn man sich bei solch einem Wetter mit seinem Morgenkaffee wieder in die Koje verdrücken will, ist entweder die Gasflasche oder der Wassertank leer. Diesmal war es die Gasflasche. So etwas passiert nie bei gutem Wetter und Sonnenschein, Gasflaschen warten immer auf den maximal ungünstigsten Zeitpunkt, um ihr letztes Gas auszuhauchen. In Segelrevieren jenseits der Nord- und Ostsee müssen Gasflaschen mangels Gelegenheit wohl schier endlos halten. Und weil die Capitana so tut, als ob sie doch wieder eingeschlafen ist, muss der Schiffsjunge raus. Immerhin steckt der Schiffsjunge noch schnell den Adenauer in die Halterung, nachdem die neue Gasflasche angeschlossen ist und er wieder unter Deck ins Trockene darf.

Das mit dem Adenauer haben sich die Segler von Elsbeth, der Queen of England, abgeguckt, auch unsere Bundespräsidenten fanden das toll und machen es seitdem auch so. Immer wenn Segler, Bundespräsidenten oder eben die Queen zuhause sind, dann weht die Nationale am Heck, auf Schloss Bellevue oder eben auf dem Buckingham Palace. Deswegen kommt dann auch kurz nach 10 eine „Na?-Versteckt-ihr-Euch-unter-Deck?-SMS“ von der Raija. Kurz drauf sitzen wir bei heißem Tee mit Kerstin und Olaf auf der Raija zusammen und verquatschen den verregneten Vormittag.

Bevor wir die neue Rollgenua richtig ausprobieren können, muss die ebenfalls neue Facnor-Rollanlage noch eingestellt werden. Der Reffgurt soll an Steuerbord laufen und in einem optimalen Winkel an der Rolle zerren. Außerdem fehlen noch einige Leitösen für den Reffgurt und die ganze Gurt- und Tampengeschichte muss noch auf die richtige, für die PINCOYA passende Länge gebracht werden. Gegen Mittag kommt es unversehens zu kurzen Regenunterbrechungen. In der Montageanleitung der Facnor-Rollanlage stolpere ich über den Satz: „Achten Sie bei der Rollrichtung auf den UV-Schutz ihrer Genua!“ Nachdenklich lege ich mein Frühstücksbrötchen zur Seite. Der Regen hat gerade wieder eingesetzt und ist zielstrebig dabei, ein neues Maximum zu erreichen, als ich aufstehe und wortlos den trockenen Decksalon verlasse. Am Bug finde ich dann genau das vor, was ich befürchtet habe, vorzufinden. Vor 14 Tagen haben wir all unsere Intelligenz dafür aufgewendet, diese blöde Rollgenua genau so falsch herum aufzurollen, wie sie mich jetzt noch falsch herum angrinst. Wir sind echt die Oberdeppen zur See.

Da der Regen nicht wirklich aufhören möchte, widmen wir uns in den Dröppelphasen dem Genuathema und verquatschen den Pladderregen mit Christian von der My Solution. Irgendwie haben sich alle im Hafen dieses Wochenende anders vorgestellt. Kalter Regen ohne Hoffnung auf Besserung ist wirklich ganz dicht vor der Höchststrafe an der Ostseeküste. Da könnten nur noch ein paar weiße Flöckchen das Ganze schlimmer machen. So gehen wir alle, Kerstin, Olaf, Christian und wir schon um 18:00 essen und sind recht lange wohl der lauteste Tisch im Alten Salzspeicher. Sorry dafür, aber so viel Seemannsgarn läßt sich einfach nicht leiser abrollen.

„Und dann kommt doch noch ein schöner Herbsttag.“

„Und dann kommt doch noch ein schöner Herbsttag.“

Am Sonntag schimmert dann etwas Hoffnung am Horizont. Der Regen hat aufgehört und es zeigen sich tatsächlich einige verschüchterte Wolkenlücken. Gegen Mittag ist die neue Rollgenua so startklar, wie wir es haben wollten. Also los!

„Unser neues Kutterrigg in Aktion.“

„Unser neues Kutterrigg in Aktion.“

Fast alleine drehen wir einige Runden vor der Haustür. Die Segel stehen gut und alles funktioniert grundsätzlich, aber einiges muss noch optimiert werden. Aber so ist das eben, vielleicht haben wir einfach schon zu viel Erfahrung, um zu schnell zufrieden zu sein. Speziell an der Riggabstimmung werden wir noch etwas arbeiten müssen.

„Drei neue Segel stehen im Wind. Schade, eigentlich könnte es jetzt einfach weitergehen.“

„Drei neue Segel stehen im Wind. Schade, eigentlich könnte es jetzt einfach weitergehen.“

Inzwischen ist es Sonntagnachmittag und es ist Ende Oktober. Eigentlich ist jetzt gerade alles so schön fertig und die Saison könnte losgehen. Das Wetter ist an diesem Oktobersonntag auch eher nach Frühling als nach Spätherbst. Etwas wehmütig fahren wir zurück und beginnen, alles abzuschlagen, was wir gerade erst fertig bekommen haben. ?

„Und weil es trocken bleibt, nutzen wir die Gelegenheit, um alles auch trocken zusammenzupacken.“

„Und weil es trocken bleibt, nutzen wir die Gelegenheit, um alles auch trocken zusammenzupacken.“

in Heiligenhafen / Ortmühle in unserer Heimatbox
54° 22′ 20,4″ N, 11° 00′ 15,7″ E