Kaum macht man’s richtig, schon funktioniert’s!
Zwischen dem Osterwochenende und dem nächsten hydraulischen BVW (Bastel-Versuchs-Wochenende) liegen nur 4 Werktage. Das ist nicht eben viel Zeit, um den neuen hydraulischen Plan in die Tat umzusetzen. Besonders wenn die Teile erst bestellt werden müssen, die wir für die Verwirklichung dieses neuen Plans brauchen. Also donnern wir noch am Ostersonntagabend die Bestellungen raus. Und Gott sei Dank trudelt dann auch schon am Donnerstag die Wichtigere der beiden Bestellungen ein. Die Bestellung mit dem neuen Ensemble von Schneidringverbindern, Flanschen, Doppelnippeln und einem weiteren Kugelhahn. Zum Zusammenbau bleibt allerdings keine Zeit mehr und so fahren wir am Freitag mit einer großen Tüte von Einzelteilen, 2,5 m Kupferrohr und der felsenfesten Hoffnung nach HHafen, dass nun alles gut wird.
Das Wetter ist einfach nur furchtbar und fast maximal schlecht! Ein a….kalter Wind bläst ununterbrochen mit 5 bis 8 Beaufort aus West genau hinten ins Cockpit der PINCOYA. Es fehlt eigentlich nur noch der Schneeregen! Obwohl die Sonne scheint, machen die Temperaturen der Tiefkühltruhe alle Ehre. Nach 1 1/2 Stunden im Wind bin ich so durchgefroren, dass ich kaum noch die kleinen Verbinderteile greifen kann, um das neue und nun sicherlich genial passende Bypass-Ensemble zusammenzubauen. Wieder krame ich die Notfall-Regenschutzplane raus, diesmal aber nicht gegen den Regen, sondern gegen die Kälte. Ich brauche im Cockpit Windschutz, sonst bin ich bald Väterchen Frost und kann zusammen mit Captain Iglo „Winter Wonderland“ anstimmen, um kurz darauf in den ewigen Jagdgründen der Königspinguine Sir Franklin und seine Mannen zu treffen.
Im Windschatten der Plane verbreiten die schüchternen Strahlen der Winter… äh Frühlingssonne ebenso schüchterne wie wohlige 7°C. Das ist schon ganz dicht an zweistellig und damit schon fast Ostseesommerferientemperatur. Also wird jetzt nicht mehr weiter geklagt!
Gut dass wir nicht schon zuhause alles vormontiert haben, denn so wie ausgedacht, passt es dann doch nicht richtig in die Ecke der Backskiste, wo es hin soll. Astrid versucht, mich mit heißem Tee immer wieder mal etwas aufzutauen, aber von Zeit zu Zeit muss ich auch rein, weil es im kalten Wind einfach so nicht mehr geht. Mit der ganzen Hydraulikschmiererei muss ich aber draußen bleiben, es reicht wenn ich dort alles voll saue.
Am Nachmittag ist endlich alles montiert und sitzt so, wie wir es haben wollen. Die Schläuche sind verlegt und jede Verbindung nochmals doppelt geprüft. Nun sitzt der Bypass zwischen Pumpe und Zylinder. Und es gibt nun sogar zwei Bypass-Zweige, einen mit einem elektrisch getriebenen Ventil und einen rein mechanischen. Elektrisch ist schön und bequem, das wird nämlich aus dem Autopiloten gesteuert, aber eine mechanische Fallback-Lösung zu haben, ist auch nicht schlecht. 😉
Die Entlüftung des Ganzen ist dann noch einmal etwas Schmiererei, aber …. plötzlich geht es einfach so. Unglaublich …. was soll ich sagen …. kaum macht man’s richtig, schon funktioniert’s!
Endlich! Uns und besonders mir fällt ein Stein vom Herzen. Noch eine weitere Idee hätte ich auch nicht mehr gehabt. Und noch mehr Nerven, um noch einmal weiterzumachen, hätte ich mir auch erst einmal irgendwo besorgen müssen. Meine eigenen sind nämlich inzwischen vollkommen runter. Das blöde bei solchen Sachen ist, dass man erst hinterher schlauer ist. Ganz zu Beginn, als ich mir zum ersten Mal nach dem ersten Problem der Entlüftung die ganze Geschichte noch während der Rückfahrt aufgezeichnet habe, habe ich zwei Zeichnungen gemacht. Und in der Variante 1, die nie richtig funktioniert hat, habe ich genau an der Problemstelle einen Pfeil der Entlüftung mit Fragezeichen gemacht. Hätte ich an dieser Stelle die Möglichkeit zugelassen, dass die Hydraulikexperten von damals schlicht Mist gebaut haben, dann hätte ich mir vier oberfrustige Bastelwochenenden ersparen können. Aber wie gesagt, hinterher liegt immer alles irgendwie superklar auf der Hand und eigentlich hat man es ja sowieso alles schon vorher gewußt. Aber da es ein Hinterher leider immer nur nach einem Vorher gibt, kann man das Vorher mit all seinem Frust ganz wunderbar in der Gewissheit genießen, dass man Hinterher viel schlauer ist.
Der Sonntag vergeht dann mit Putzen und dem Zusammenbau des Drumherums. Wobei das Putzen unendlich viel Zeit braucht, denn schließlich habe ich ja auch unendlich viel mit dem Hydrauliköl rumgesaut. Und so beschließen wir das hydraulische Wunderwochenende mit einem kleinen Loblied auf den Schweizer Erfinder Heribert Spüli, der das gleichnamige Zeug wohl tatsächlich einige Jahre vor den Kräuterbonbons erfunden hat.