Die Rückreise geht weiter


Mittwoch 05.07.
Norreborg auf Ven hat einen sehr gewissenhaften Hafenmeister, der auch genau weiß, wie es in seinem Hafen zugehen soll und wie nicht. Und er sorgt auch dafür, dass dies so geschieht. Man kann hier nicht einfach irgendwie und irgendwo festmachen, denn für die richtige Art und Weise und für den richtigen Ort und Abstand gibt es Pläne, die an jeder Strom- und Wassersäule hängen und die im Bedarfsfall auch mehrfach erklärt werden. Und da dieser Bedarfsfall eigentlich immer und sofort mit dem Einlaufen eines neuen Schiffs entsteht, wird der Hafenmeister nicht müde, dies immer wieder auf’s Neue zu erklären.

 

„Der Hafen von Norreborg auf Ven “

„Der Hafen von Norreborg auf Ven “

Nach ca. 30 Minuten sind wir uns sicher, dass dieser schwedische Hafenmeister wenigstens deutsche Vorfahren haben muss, wenn er nicht selbst deutscher Emigrant ist und nur so tut, dass er keine Deutsch versteht.
Dafür spricht eindeutig nicht nur seine Liebe zu Regeln jeglicher Art, sondern das bezeugt auch der Rasen, der selbstverständlich nicht durch Fussballspielen strapaziert werden darf und wohl der ordentlichste und auch kürzeste Rasen in ganz Schweden ist. Auch der Heckenschnitt läßt keinen Zweifel aufkommen, denn kein einziges Blättchen traut sich, sich regelwidrig aus der Heck an die frische Luft zu strecken.

 

„Langsam füllt es sich. Aber hier ist es wirklich gemütlich.“

„Langsam füllt es sich. Aber hier ist es wirklich gemütlich.“

Außerdem scheint der Hafenmeister eine multiple Person zu sein, denn überall dort, wo Regeln verletzt werden, ist er im Handumdrehen zu sehen, egal wie groß die Entfernungen zwischen den Verstößen auch sind. Einen Zwillingsbruder konnten wir nicht ausmachen, deswegen muss er über ganz besondere Fähigkeiten der spontanen Präsenzverlagerung verfügen.

Die absolute Krönung sind dann aber doch die hölzernen Grillunterlagen, die den Rasen oder auch alle anderen Untergründe unter einem Grill schützen sollen. Die stehen in ausreichender Zahl neben den Duschen zur Verfügung. Es sind nicht nur bloße Holzbretter, sondern zwei Leisten unter den Brettern sorgen für eine ausreichende Belüftung des zu schützenden Untergrundes unter der Grillunterlage selbst auch während des Grillens. Selbstverständlich sind Einmalgrills vollständig verboten, denn die haben ja bekanntlich keine Beine und überhitzen den Platz auf dem sie stehen derartig, dass in solchen Extremfällen auch die Grillunterlage selbst geschädigt werden würde.

 

„Ven ist größer, als wir dachten. Das merken wir auf unserem Spaziergang.“

„Ven ist größer, als wir dachten. Das merken wir auf unserem Spaziergang.“

Wir können uns aber am Ende nicht recht entscheiden, ob das Duschreglement oder die Grillunterlagen oder die Einparkstriche an der Pier, die genau, und nicht mal so irgendwie, sondern genau 12 m messen, das Highlight dieses Hafen sind. Die Duschen sind grundsätzlich frei und in der Hafengebühr enthalten, aber das Energiespar-Reglement ist einzigartig!
Sofern das weiße Licht Bereitschaft der Dusche zum Duschen signalisiert, kann man diese für 3 Minuten starten. Schwarzer Knopf. Die 3 Minuten laufen dann unerbittlich und werden durch ein grünes Licht begleitet. Sind die 3 Minuten vorbei, verfällt die Dusche automatisch in eine dreiminütige Freizeitphase, während der der evtl. noch nicht fertige Duscher nur noch Gelegenheit hat, an das kalte Wasser des Handwaschbeckens oder der Klospülung zu kommen. Die Freizeitphase der Dusche wird durch ein gelbes Licht begleitet. Ist die Phase der Nicht-Bereitschaft der Dusche vorbei, erleuchtet wieder das weiße Licht und der Duschvorgang kann durch Drücken des schwarzen Knopfes wieder aufgenommen werden.
Als Verbesserungsvorschlag hätten wir nur noch, dass in der Freizeitphase der Dusche vielleicht auch noch die Tür der kombinierten Dusch- und Toilettenkabine entriegelt wird, das würde das Duschverhalten besonders hartnäckiger Dauerabwarteduscher beschleunigen und die von der Freizeitphase der Dusche nicht betroffenen Einrichtungen sofort der öffentlichen Nutzung wieder zuführen.

Ansonsten ist der Hafen aber sehr nett, auch wenn die Gebräuche hier etwas »speziell« anmuten. Außerdem ist der Hafen, obwohl er der größte der drei Häfen auf Ven sein soll, recht klein. Da wir vor unseren normalen Auslaufzeiten hier eingelaufen sind, haben wir direkt an der Pier einen freien Platz bekommen. Ab Mittag läuft dann ein Schiff nach dem nächsten ein und schon wenig später begraben wir unseren Plan, noch heute wieder auszulaufen. Dies würde dann nämlich bedeuten, dass wir als innerstes Schiff des vordersten Päckchens -anders liegen durften wir nicht, denn so ist es vorgeschrieben – den ganzen Hafen einmal komplett umgraben würden. Also bleiben wir!

 

„Feiner weißer Sandstrand säumt die Küsten von Ven. Leider ist der feine weiße Sand nach der letzten Eiszeit fast überall zwischen die Steine gerutscht und nicht wieder rausgekommen.“

„Feiner weißer Sandstrand säumt die Küsten von Ven. Leider ist der feine weiße Sand nach der letzten Eiszeit fast überall zwischen die Steine gerutscht und nicht wieder rausgekommen.“

Als der Wind merkt, dass wir gar nicht los wollen, hat auch er ein Einsehen und beginnt abends nicht von Neuem zu blasen. Das gibt uns das gute Gefühl, uns an einer Stelle richtig entschieden zu haben, wo es gar keine Entscheidungsmöglichkeit gab.

Also machen wir einen großen Inselspaziergang und gehen danach schwimmen. Kaltes Wasser sind wir ja nun gewohnt, aber das Wasser des Öresunds stellt alles bisher Erlebte in den Schatten. Leider haben wir unser Badeentchen nicht dabei, aber besonders zweistellig ist die Temperatur gefühlt ganz bestimmt nicht. Wir vermuten, dass dies daran liegt, dass der Kopenhagener Zoo seit letztem Jahr als Besonderheit ein Eisbären-Freischwimmbecken hat, wobei die überschüssige Energie der vielen Windräder hier sinnvoll zum Kühlen des Meerwassers im Öresund genutzt wird. Ein bemerkenswerter Beitrag, der globalen Erwärmung die Stirn zu bieten.

 

„Vens - Sundowner-Stimmung.“

„Vens – Sundowner-Stimmung.“

 


Ven (Öresund) -> Gedser (A) Start: 8:45 (06.07.) Ende: 14:15 (07.07.) Wind: alles von S über E bis NE 5 -> 15 kn Distanz: 121,5 sm Gesamtdistanz: 1310,5 sm

 

„von Ven (Öresund) -> nach Gedser (A)“

„von Ven (Öresund) -> nach Gedser (A)“

Donnerstag 06.07.
Gleich morgens löst sich unser vorderstes Päckchen auf und wir können raus. Ein zartes Lüftchen aus West bringt uns auch gut in den Osten von Ven, übergibt uns dort dem nordsetzenden Strom und verdrückt sich. So stehen wir direkt vor dem östlichen Hafen Bäckviken, dort wo die Fähre nach Ven anlegt, und beobachten ihr Gehen und ihr Kommen, ohne ihrem Fahrwasser zu nahe zu rücken.

 

„Bäckviken, der östliche Hafen von Ven…. mit Fähre ?, diesmal kommt sie gerade wieder.“

„Bäckviken, der östliche Hafen von Ven…. mit Fähre ?, diesmal kommt sie gerade wieder.“

Irgendwann reicht es auch uns und wir werfen etwas mürrisch den Motor an. Der Öresund liegt tranig träge zwischen Dänemark und Schweden herum und nur die rege Berufsschiffahrt quirlt ihn heute etwas durch. So brummen wir gegen den Strom Kopenhagen entgegen. Vor Kopenhagen erwacht ein leichter Ost, der schnell etwas kräftiger, und immer südlicher wird.

 

„Der bleiernde Öresund“

„Der bleiernde Öresund“

Da uns das Motorengebrumm immer ganz gehörig auf die Nerven geht, setzen wir Segel und versuchen es. So kreuzen wir uns Stunde um Stunde gegen den Strom, den Wind und die Berufsschiffahrt nach Süden voran.

 

„Zicke Zacke vor Kopenhagen und Dragør.“

„Zicke Zacke vor Kopenhagen und Dragør.“

Das ist echt mühselig, denn manchmal will es gar nicht passen und wir müssen Schlenker um Tonnen oder blöde Frachter fahren, die uns echt wieder nach hinten werfen. Erst als unsere Schläge länger werden und wir das enge Fahrwasser vor Dragør verlassen, wird unser Vorwärtskommen effektiver.

 

„Au backe, das war knapp ?!“

„Au backe, das war knapp ?!“

„Glitzerwasser mit Windrädern.“

„Glitzerwasser mit Windrädern.“

„Die Öresundbrücke.“

„Die Öresundbrücke.“

Die Kreuz begleitet uns aber noch die ganze Nacht, bis direkt vor Møns Klint. Schnell sind wir in dieser Nacht nicht und so fahren wir bis zum nächsten Morgen nur ein Etmal von 98,4 sm zusammen. Aber die Nacht ist ruhig, der Wind kommt sehr konstant mit gut 12 Knoten rein und die Welle ist angenehm. So schön kann eine Nachtfahrt auch sein, nur etwas wärmer könnte es nun wirklich sein. Aus dem Decksalon kommen wir auf unseren Wachen nur für gelegentliche Rundumblicke heraus und gegen 7:00 mache ich dann tatsächlich die Heizung an. Etwas Wärme braucht man dann doch mal, auch nach einen Norwegen-Urlaub.

 

„Regennavigation im Decksalon. In dieser Nacht lassen sich auch gut Blogs schreiben und Bilder sortieren.“

„Regennavigation im Decksalon. In dieser Nacht lassen sich auch gut Blogs schreiben und Bilder sortieren.“

„Möns Klint bei Sonnenaufgang. Oben links ist allerdings der Sundowner einige Stunden vorher.“

„Möns Klint bei Sonnenaufgang. Oben links ist allerdings der Sundowner einige Stunden vorher.“

Vor Møn Klint schläft der Wind wie vorhergesagt ein. Also beschließen wir irgendwo hinter Klintholm vor der Küste den Anker zu werfen und auf den Samstagswind zu warten. Aber schon nach 3 sm unter Motor meldet sich der Wind aus ESE zurück. Was für eine Überraschung, die wir gleich mal nutzen, um bis Gedser weiter nach Süden zu fahren.

Kurz vor dem Fährenfahrwasser Gedser ist dann wirklich Schluss und wir werfen kurz darauf den Anker westlich von Gedser, wo wir schon so oft vor Anker gelegen haben.

 

„Ausgesetzt mit nur einer Dose Bier ? und ohne (!) Ruder.“

„Ausgesetzt mit nur einer Dose Bier ? und ohne (!) Ruder.“

„Auch ausgesetzt, aber ohne Bier, dafür aber mit Rudern.“

„Auch ausgesetzt, aber ohne Bier, dafür aber mit Rudern.“

„Ein dunstiger Sundowner ...“

„Ein dunstiger Sundowner …“

„… über absolut ruhigem Wasser.“

„… über absolut ruhigem Wasser.“

neben Gedser vor Anker
54° 35′ 8,7″ N, 11° 55′ 4,5″ E