Da haben wir Norddeutschen dank Luther endlich einmal einen Feiertag mehr und dann so was!
Aber ich will lieber mal ganz von vorn beginnen.
Eigentlich hatten wir uns das lange Brückentagswochenende so vorgestellt. – Während unser Biorhythmus meint, dass es nun Zeit zum Aufstehen ist, versuchen wir, in der ersten Dämmerung durch das Lüftungsgitter der Mittelkoje einen Blick auf die Borduhr zu erhaschen. Nur schemenhaft können wir die Zeiger der Uhr erkennen. Draußen ist es noch ziemlich dunkel. Ein zartes Morgenrot versucht, von Osten her die kühle Nachtluft des Spätherbstes zu verdrängen. Das kann aber noch dauern. Am Heck der PINCOYA plätschern sich einige kleine Wellen lustlos in den spätherbstlichen Morgen hinein. Wir drehen uns noch einmal um. Die langen Nächte kommen unserer morgendlichen Dynamik sehr entgegen. Doch irgendwann zieht auch auf der PINCOYA ein munterer Espresso-Duft durch den Salon. Mit dem zweiten Espresso stecken wir den Kopf aus dem Schiff und beobachten, wie die spätherbstliche Morgensonne die letzten Reste des zarten Frühnebels sanft verspeist.
Astrid steht neben mir und der Espresso dampft leise vor sich hin. Der warme Dampf steigt fast senkrecht in der kalten, doch ruhigen Seeluft auf, während wir diesen magisch romantischen Morgen in uns aufsaugen. Wie schön kann eine Segelsaison doch ausklingen. Was haben wir für ein unverschämtes Glück! –
Und nun so etwas!
Aus West brüllt es mit 40 Knoten und mehr. Selbst in dem kleinen Hafenbecken der Yachtwerft können die Wellen so viel Anlauf nehmen, dass ihre Einschläge am Heck den Rumpf immer wieder erzittern lassen. Auf den Heckleinen erklingt das hohe A. Der Wasserstand ist fast historisch hoch, es fehlen nur noch 15 cm bis aus dem trockenen Fuß auf dem Steg ein feuchter wird. Es hämmert ohne Unterlaß aus West. Samstagnachmittag soll es eine kurze Pause mit „nur 6 Beaufort“ geben und in der Nacht zum Sonntag sollen wir dann richtig einen auf Mütze bekommen. Herwart soll kommen, das dritte Orkantief dieser Saison. Samstagfrüh pendelt es sich dann erstmal bei knapp unter 30 kn ein. Und der Wasserstand fällt soweit, dass wir am Ende nicht mehr hoch, sondern runterklettern müssen.
Während es draußen hämmert, verpasse ich unserem neuen Kühli einen externen Ein-/Ausschalter mit Kontrolleuchte und eine blaue LED, die anzeigt, wenn er kühlt. So gut und zufrieden wir auch mit dem Kühlschrank von Allpa sind, ich will außen (!) einen echten Ein-/Ausschalter haben und auch eine Leuchte, die anzeigt, wenn er arbeitet. Verschroben? Vielleicht, aber so ist es eben.
Draußen hämmert es weiter ohne Ende. Mal mit und mal ohne waagerechten Regen. Astrid holt in einer Regenpause schnell Gulasch. In der letzten Woche hat Astrid ihren Schnellkochtopf reaktiviert und die Testkartoffeln sind schon mal gut und schnell etwas geworden. Nun kommt der echte Praxistest mit Gulasch zu Penne auf der PINCOYA. Inzwischen haben wir zwar 5 blaue Campingaz-Flaschen, aber sparen ist trotzdem angesagt. In Skandinavien ist die weltweit üppige Verfügbarkeit von Campingaz nicht mehr ganz so weltweit üppig, wie es in der Werbung für Campingaz steht. Der Schnellkochtopf soll sparen helfen, denn wir kochen gerne selbst.
Doch in den Campingaz-Flaschen ist Butan. Und das passt an diesem langen spätherbstlichen Brückentagswochende zu Ehren Luthers so gar nicht zu dem Wetter. 9 °C Mittagstemperatur und der Windchill macht es gefühlt für das Butan noch viel schlechter. Ich verstehe das Butan ja, ich hätte jetzt auch keine Lust mehr zu vergasen. Blöd ist das trotzdem, denn auch der Schnellkochtopf bräuchte ein wahrnehmbares Flämmchen unter seinem Hintern. Lustlos stolpern einige der restlichen Gasmoleküle aus der Campingaz-Flasche zum Brenner am Herd. So wird das aber nichts! Es regnet, während ich eine neue Gasflasche anschließe. Das bring immerhin etwas Erfolg, denn nun schiebt sich wenigstens der grüne Nippel aus dem Griff des Schnellkochtopfs ganz langsam und träge nach oben. Vom Anbraten des Gulasch kann keine Rede sein, heute gibt es Kochgulasch. Ein sehr langsames Kochgulasch aus einem Schnellkochtopf. Das Butan hat hier und heute schon einen Grad der Tiefenentspannung erreicht, den wir noch nicht einmal mit tagelangem Daueryoga erreichen würden.
Eins ist jetzt in jedem Fall klar, für unseren frühen Aufbruch im nächsten Jahr, müssen wir uns noch eine Propangas-Lösung ausdenken. Wenigstens für die ersten und letzten kalten Wochen des Jahres. Butan soll ja eigentlich noch bis knapp über 0 °C vergasen, in der Praxis ist es aber ab gut 8 °C unbrauchbar zum Kochen. Also muss für diese Temperaturen noch eine Propangas-Flasche her, damit wir an kalten Tagen auch ein warmes Süppchen kochen können.
Und draußen hämmert es weiter… Inzwischen geht es nicht mehr unter 30 kn und knabbert verdächtig oft an der 40. Der Siri von Wiebke und Martin haben wir in Luv vorsorglich schon mal je einen Festmacher an Bug und Heck mehr spendiert. Christian hat seine My Solution schon mal selbst vorsorglich in eine Spinnennetz aus Festmachern gelegt. Alles gedoppelt und getrippelt… Mal sehen, was das noch wird.
in Heiligenhafen / Ortmühle in unserer Heimatbox
54° 22′ 20,4″ N, 11° 00′ 15,7″ E