Nun wird sich unsere Abfahrt doch verschieben


Als wir Gründonnerstag ankommen, liegt noch Schnee auf der PINCOYA und es ist wirklich a…kalt. Die Woche nach Ostern ist unsere letzte Arbeitswoche und dann soll es losgehen. Die Begeisterung hält sich bei diesen Temperaturen in Grenzen. Unser Badeentchen zeigt 1°C Lufttemperatur, aber immerhin hat das Wasser schon 2°C.

„Obwohl ja der Sommer kommen wird, solch ein Anblick frustriert schon irgendwie.“

„Obwohl ja der Sommer kommen wird, solch ein Anblick frustriert schon irgendwie.“

Nun gibt es ja nur noch zwei technische Dinge, die wir in den letzten 8 Jahren noch nicht zerlegt, gewartet oder ausgetauscht haben. Den Motor und die Dieselheizung. Beim Testlauf am Kranwochenende hatte ich entdeckt, dass die Dosierpumpe der Dieselheizung undicht ist und etwas Diesel spuckt. Und das mag die Heizung auch gar nicht und geht gleich mal nach 3 Minuten wieder aus… Ein denkbar schlechter Zeitpunkt bei diesen Temperaturen in diesem Frühjahr. So können wir nicht los und Nächte durchfahren. Aber…. Gott sei Dank ist es nicht der Motor, der uns nun an der Abfahrt hindert, sondern “nur” die Dieselheizung.

„Gründonnerstag sitzen wir tiefgefrostet auf der PINCOYA.“

„Gründonnerstag sitzen wir tiefgefrostet auf der PINCOYA.“

Etwas Recherche im Internet fördert 2 Informationen zu Tage. Wir sind nicht die Einzigen mit diesem Problem und unsere Ardic-42 D wird schon seit mehr als 10 Jahren nicht mehr hergestellt. Ersatzteile gibt es kaum noch und wenn, dann nur über Herr Kelpsch von yachtheizung.de. Er wartet auch noch die alten Ardics und kann die meisten wohl sogar wieder zum Leben erwecken. Eigentlich sind die Ardics robuste Dieselheizungen, sonst hätte unsere ja auch nicht ohne jegliche Fürsorge 23 Jahre lang klaglos funktioniert. Also eigentlich ein tolles Teil, das nun aber eben doch mit einem dicken „…ja aber“ belastet ist.

Der Versuch, die Pumpe abzudichten, scheitert und Karfreitag ist klar, dass wir ganz schön in der Klemme sitzen. Trotz Karfreitag kann ich unser Problem mehrfach mit Herrn Klepsch diskutieren und in der Summe sieht es wir wirklich nicht gut aus.

Die Dosierpumpe ist undicht und macht Pippi in den Motorraum. Wir können zwar eine neue Pumpe kaufen, die kostet aber 180€. Ok, 180€ würden wir ja für einen pünktlichen Start zahlen, aber es gibt höchstwahrscheinlich auch einen Grund, warum unsere Pumpe nun Pippi in den Motorraum macht. Dieser Grund könnte in einem verkokten Düsensystem der Heizung selbst liegen. Das ist unter Umständen etwas zugekokt und dadurch stiegt der Druck in der Dosierpumpe so sehr, das diese nun undicht wurde. Bei einer 23 Jahre lang nicht gereinigten Heizung ist das nicht gerade unwahrscheinlich. D.h. eine neue Pumpe bringt vielleicht kurze Besserung, stirbt dann aber denselben Tod wie ihre Schwester. Dann sind 180 € weg und uns ist immer noch nicht wärmer ?.

Also Heizung reinigen und warten lassen. Dazu muss die aber ausgebaut und zu Herrn Klepsch gebracht werden. Die Grundreinigung und der Austausch der Düsen soll dann nochmal 500€ Kosten ?. Also mit Pumpe schon fast 700€ ??. Eine nagelneue Russen-Heizung mit 4 kW, die Planar 44D, kostet neu genauso viel. Neue Heizungen wie die Planar, die Eberspächer oder auch die Webasto haben aber alle ein weiteres gemeinsames Problem für uns parat ?. Die haben ein 75er- oder ein 90er-Schlauchsystem, die Ardic hat aber ein 65er-Schlauchsystem. Passt also nicht und geht auch nicht, denn die neuen Heizungen müssen ihre warme Luft auch loswerden können, und wenn sie das durch einen 65er Schlauch nicht schaffen, sterben sie den Hitzetod. D.h. für eine neue Heizung müssten wir alle Schläuche austauschen. Wer irgendwann schon einmal nur ganz kurz auf einem Schiff gebastelt hat, verdreht genau in diesem Moment die Augen und sagt leise „Ach du Sch..ß.!“ Das ist auch der Grund, warum so viele Segler ihre Ardic reparieren lassen.

Und dann ist da noch die Zeit, wann soll das alles noch bis zum 10ten passieren. Ausbau, Reinigung, Einbau!
Wir stecken also in einem Tripple-Deadlock aus Zeit, Geld und Technik. 
Schöne Sch…ß.!!!!

Karfreitag geht es also heizungstechnisch erstmal nicht weiter, aber mit den normalen Vorbereitungen kommen wir voran. Bei kaltem Wind, aber phantastischem Sonnenschein binden wir nun die Reffleinen ein und pumpen das Schlauchboot auf.

„Hinter der Halle sind es in der Sonne satte SIEBEN Grad! Fast schon sommerlich.“

„Hinter der Halle sind es in der Sonne satte SIEBEN Grad! Fast schon sommerlich.“

„Caribic-Feeling, bei Wassertemperaturen, die nur Eisbären grinsen lassen.“

„Caribic-Feeling, bei Wassertemperaturen, die nur Eisbären grinsen lassen.“

In einem Gemisch aus Frust, keine Ahnung, was wir nun machen, und langsam aufgärendem Ärger schaue ich mir Karfreitagnachmittag aus blanker Verzweiflung unser Luftrohrsystem an, um abzuschätzen, was man alles so für eine neue Heizung machen müsste. 700 € für eine 23 Jahre alte Heizung, die eigentlich für den nächsten oder übernächsten Winter eh für den Austausch vorgesehen war, weil sie es uns zwar warm, aber nie mollig gemacht hat und für unsere nordischen Ambitionen eh nicht ausgereicht hätte, ist echt viel Geld.

Dabei stolpere ich über ein Detail, das ich zwar wahrgenommen habe, das es aber nie bis in den Erkenntnisbereich meines Kopfes geschafft hat. Da ich kopfüber feststecke, rufe ich „Schnell schnell… Schieblehre!“ Vor 8 Jahre hätte ich von Astrid ein „Häh“ mit drei Fragezeichen bekommen, nun spüre ich nach wenigen Sekunden in meiner blind nach hinten ausgestreckten Hand die Schieblehre. Ich messe, kann aber nichts erkennen. Astrid leuchtet von oben mit der Taschenlampe. Tatsächlich 90mm. Wir haben einen 90er-Warmluftrohr-Backbone! Vor Freude springe ich auf und krache mit dem Kopf unter eine echt scharfe und vor allem unnachgiebige Kante. Das wirft definitiv mich, aber meine Freude über die 90mm nur etwas zurück. Während ich mit einem Stück Küchenpapier auf dem Kopf in die nächste Ecke krieche, sprüht Astrid mir in einem für sie günstigen Moment irgendsoein Desinfektionszeug auf die Wunde. Dieser Schlag kommt ebenso überraschend, wie der erste, es brennt höllisch, aber ich kann mich nicht wehren. Inzwischen bin ich mit zweitem Küchentuch auf dem Kopf auf dem Weg in den Motorraum und dort sehe ich dann wieder so eine Werftdeppeneinbaulösung und dieses Mal bin ich das erste Mal heilfroh über diese Oberwerftdeppeneinbaulösung.

Aus der Ardic kommt in der Tat ein 65er Rohr. Das geht in einen Warmluftschalldämpfer und der entläßt seine Luft dann auch wieder durch einen 65er Stutzen. Dieser 65er Luftstrom wird dann aber über eine Muffe in ein 90er Rohr geführt. Der komplette Backbone unseres Luftsystems hat 90mm. Nur zu den Auslässen geht es dann mit 65 oder 75mm. Kein Wunder, dass unsere Heizung uns nie das Toupet vom Kopf blasen konnte und nur eher zart gesäuselt hat. Wenn man einen Feuerwehrschlauch an einen Gartenschlauch anschließt, dann kann man ja damit auch keine Häuser löschen. Das hatte im 18ten Jahrhundert ja auch schon Herr Bernoulli festgestellt und seine Erkenntnis auch sogleich seiner Nachwelt und zur Freude aller Schüler einer 9ten Klasse in einer Gleichung hinterlassen. Aber nun, im heutigen Hier und Jetzt, ein dreifaches Hoch auf diese Werftdeppenoberleistung!
Und nun ist auch klar, was wir machen. So kommen wir zwar immer noch etwas später los, aber egal, dann wenigstens mit nagelneuer Heizung.

„Auf der Rückfahrt ist der Winter zurück. Will es eigentlich gar nicht mehr Frühling werden?“

„Auf der Rückfahrt ist der Winter zurück. Will es eigentlich gar nicht mehr Frühling werden?“

unterkühlt in Heiligenhafen / Ortmühle
54° 22′ 20,4″ N, 11° 00′ 15,7″ E