Rønne / Bornholm -> Leba Start: 9:20 (18.04.) Ende: 13:50 (19.04.) Wind: SSW – W 14 – 2 kn kn Distanz: 119,7 sm Gesamtdistanz: 274,3 sm
Nachdem wir uns am Montag ja schon damit schwer getan haben, können wir uns auch heute kaum von Bornholm zu lösen. Allerdings ist es diesmal nicht der Nebel, sondern der Wind. Erst gut 3 sm vor Bornholm bekommen wir ein Lüftchen, das den Namen „leichte Brise“ auch verdient. Mit ihr geht es mehr oder weniger gradlinig, aber eben auch sehr langsam in Richtung Osten voran.
Wir wollen bzw. müssen unbedingt dieses Windfeld bekommen, das uns zwar schwächlichen, aber wenigsten etwas Wind über Nacht bis zur Danziger Bucht verspricht. Wenn wir uns bei diesem Windfeld nicht einklinken können, dann ist erst einmal für die nächsten Tage Schluss mit Wind. Von Südwesten soll sich dann nämlich das Hoch breit machen, das Deutschland schon die ersten sommerlichen Temperaturen beschert hat.
Sommerliche Temperaturen wären hier auch gut, denn von den 25 °C, die gestern über Hannover hergefallen sein sollen, fehlen uns hier noch 20.
Am östlichen Ende von Bornholm denken wir allerdings schon wieder ans Aufgeben. Nexø ist ja auch ganz schön und wir könnten dort dann doch noch schnell den dänischen Yoghurt kaufen, den wir in Rønne nicht kaufen konnten, weil wir die königlichen Krönchen auf der PINCOYA vergessen hatten. Aber der Wind hat ein Einsehen und aus der leichten wird sogar eine mäßige Brise. So geht es erst einmal mit 5 bis 6 Knoten weiter nach Osten. Bis Hel liegen insgesamt rund 170 sm vor uns. Da ist Geduld gefragt. Die Entschleunigung meint es wirklich ernst mit uns.
Immerhin herrscht inzwischen strahlendster Sonnenschein und es sieht tatsächlich wesentlich wärmer aus, als es wirklich ist. Muntere 10° umkuscheln uns im Cockpit und durch die großen Scheiben hat der Salon sogar gute 15°. Da brauchen wir die Heizung gar nicht mehr und können im Sweatshirt schon mal Gesicht und Hände bräunen lassen. Mehr guckt ja auch eh nicht raus. Der Wind bzw. unser Brischen ist aber lausig kalt. Das Brischen kommt ja auch über die rund 4° kalte Ostsee, da soll es ihm und uns ja auch schon frösteln. So ein Seewasserthermometer, das mit der neuen Logge zu uns kam, ist schon praktisch. Manche fragen sich ja, wozu man ein Seewasserthermometer überhaupt braucht. Und manch einer meint ja auch, dass das dazu da ist, um die Badetemperatur festzustellen. Aber weit gefehlt! So ein Seewasserthermometer ist ein wichtiges navigatorisches Hilfsmittel, denn wenn die Bootsgeschwindigkeit eines Fahrtenseglers über der Wassertemperatur liegt, weiß man definitiv sofort, dass man entweder sehr weit im Norden oder eben sehr weit im Süden ist. Und dann muss man nur noch herausfinden wo, aber die Karibik oder das Mittelmeer scheiden so schon mal sofort aus. Bei uns steht es gerade 5:4 für die Logge.
Über die Nacht ist viel viel Geduld gefragt. Wir werden nicht wirklich schneller. Aber der Wind schläft auch nicht ganz ein und so dümpeln wir mit 3 bis 4 kn weiter in Richtung Osten. Etwas langsam für die noch anstehenden 110 sm, aber was soll’s? Es geht voran, die Segel schlagen geradeso eben nicht, beste Voraussetzungen für eine ruhige Nacht. Die wird gegen 2:00 nur von einigen Fischern unterbrochen. Erstens fahren viele polnische Fischer wohl gerne ohne AIS und zweitens ist die Stolpe Bank vor Ustka und Rowy wohl auch ein beliebter Fischgrund. So funken wir alle gemeinsam etwas und am Ende fahren wir zickezacke, um den Schleppnetzen auszuweichen. Mit Sonnenaufgang haben wir auch die Stolpe Bank hinter uns gelassen, aber vor uns liegen immer noch gut 70 sm. Und Astrid strickt Strümpfe. Bei der Geschwindigkeit sind da bis Hel sicher auch noch für mich welche drin.
11 sm nördlich von Leba schläft der Wind ganz ein. Das Windfeld ist ohne uns weitergezogen, aber es hat uns ja wenigstens durch die Nacht bis auf Höhe von Leba gebracht. Das waren immerhin auch schon mal 110 sm unter Segeln. So wird kurz vor 12:00 aus Hel dann Leba. Eigentlich wollten wir Leba ja wegen unserer Verzögerungen auslassen. Aber im letzten Jahr haben wir uns geschworen, möglichst nie wieder mit Gewalt durchzumotoren, nur weil in unseren Köpfen ein Ziel ist. Bis Hel wären es noch 60 sm, also rund 10 Stunden unter Motor. Das wollen wir nicht, denn vielleicht wartet hinter den Dünen von Leba ja sogar doch schon ein kleines Stückchen Sommer auf uns.
So nehmen wir Kurs Leba. Es ist dunstig, aber die See ist ruhig. Je nach Wind und Windrichtung ist Leba schwer bis gar anzufahren. Es gibt Kombinationen, da wird der Hafen ganz geschlossen. Die Hafeneinfahrt ist eng und Wind und Strom verschieben die Sände ständig. Heute ist es aber ruhig und wir haben nichts zu befürchten.
Das denken wir wenigsten, bis wir auf halber Strecke zwischen der Ansteuerungstonne und der Hafenmole sind. Innerhalb von Minuten werden wir vom Seenebel verschluckt, der ohne größere Vorzeichen von Südwest die Küste hochzieht. In Sekunden ist die Einfahrt, die eben noch direkt vor unserer Nase lag, weg. Und mit ihr unsere Orientierung.
Bei mehr Wind bliebe uns nun nur noch der Rückzug auf’s Wasser, bei diesem ruhigen Wetter tasten wir uns aber vorsichtig nach der elektronischen Karte weiter voran. Natürlich auch in der Hoffnung, dass die Karte und unsere Position darauf auch wirklich stimmen. Urplötzlich taucht die Mole wieder schemenhaft vor uns auf und schon sind wir auch drin. Auf der Mole stehen Angler, die hätten uns locker ihre Haken auf Deck werfen können, ohne das wir gesehen hätten, von wo die Einschläge kommen. Das war knapp. Hätte der blöde Nebel nicht wirklich noch 5 Minuten warten können? Aber wir sind drin. Das ist das Einzige, was jetzt zählt.
in Leba, wo die Saison gerade erst erwacht.
54° 45′ 50,5″ N, 17° 32′ 58,4″ E