Nachdem Ina etwas angekommen ist, gehen wir noch am Freitag erst einmal einkaufen. Da Ina ja schon seit Dienstag in Helsinki ist, haben wir mit ihr ganz automatisch einen prima Stadtführer.
Für das Stadtbesichtigungswetter steht es nun 2:2 unentschieden. Riga und Tallinn haben das schöne Stadtbesichtigungswetter ja schnell in Führung gebracht, aber Sankt Petersburg und nun auch Helsinki haben eindrucksvoll und feucht für den Ausgleich gesorgt. Nun wird Stockholm gegen Ende August die Entscheidung bringen müssen.
Es ist total schade, auch wenn Helsinki im Vergleich zu Riga und Tallinn nicht ganz so viel an Historischem und an Altstadt zu bieten hat, grautrübes Wetter gibt jeder Stadtbesichtigung den Rest.
So entkommen wir am Freitag beim Einkaufen nur knapp den Schauern und laufen am Samstag durch ein etwas trübes, aber wenigstens meist trockenes Helsinki. Erst gegen Abend lockert es etwas auf.
Einige ungetrübte Eindrücke Helsinkis finden wir in der Markthalle und in der Felsenkirche.
In der Markthalle verkneife ich mir ein halbes Brötchen mit Bärenfleisch. Irgendwie tun mir dann doch die Bären mindestens ebenso leid wie mein Portemonnaie. 8 € für ein halbes Bärenfleischbrötchen dämpfen meinen Bärenhunger und lassen mich wieder über einige wehrlose Zimtschnecken herfallen. Eigentlich wollten wir auch mal Rentier-Salami probieren und vielleicht einen Stückchen Elch auf den Grill legen, aber in der Markthalle haben sie nur XXL-Preisschilder und auf denen stehen auch nur XXL-Preise. Vielleicht finden wir noch mal eine andere Gelegenheit.
Vor dem Dom von Helsinki spielt ein Musikcorps. Ob die das jeden Samstag machen oder ob es heute einen besonderen Anlass gibt, wissen wir nicht. Vielleicht üben die ja auch schon mal für Putin und Trump ?. Wirklich bemerkenswert ist aber die Percussion-Truppe der Landesverteidigung. Wenn die ihr Vaterland so verteidigen, wie sie ihr Percussion-Solo hinlegen, wird Finnland so schnell nicht mehr ein genommen werden können.
Unser unumstrittenes Highlight in Helsinki ist allerdings die Felsenkirche.
Die Felsenkirche besticht durch ihre einfache und zurückhaltende Klarheit, die in keinem größeren Gegensatz zu der überbordenden Pracht der russisch-orthodoxen Kirchen von Sankt Petersburg stehen kann. Auch wenn man mit Religion nichts am Hut hat, die Felsenkirche beeindruckt mit ihrer dezenten Art tief und ist damit ganz natürlich ein Ort für Glauben und Besinnlichkeit, der sich nicht aufdrängt und einfach nur in seiner Ruhe da ist. Was ich dabei besonders faszinierend fand, ist, dass das eigentlich Evangelische dieser Kirche fast leise in den Hintergrund tritt und dem christlichen Grundgedanken der Offenheit gegenüber Anderen und Andersgläubigen ganz natürlich Raum läßt. Diese Offenheit spürt man in der Kirche und es ist absolut faszinierend, wie so etwas durch Architektur unterstrichen werden kann oder vielleicht sogar erst bewirkt wird.
Abends quatschen wir uns bei Bier, Wein, Crackern und Salzstangen auf der Fifty-Fifty von Elke & Markus aus Eckernförde fest. Die beiden hatten uns am Freitag beim Anlegen geholfen und, als wir uns dann auf Englisch – … denn Finnisch geht uns ja immer noch nicht ganz so leicht von der Zunge … – bedankten, den Hinweis gegeben, dass wir uns auch in unserer beider Muttersprache unterhalten könnten. Und das machen wir an diesem Abend dann auch ordentlich, denn an solchen Abenden gilt es ja immer jede Menge Seemannsgarn auf- und abzurollen. Für Ina mag das ein oder andere Thema zwar eher nach finnischem Smalltalk geklungen haben, aber so ist das, wenn Segler Jägerlatein sprechen ?.
in Helsinki
60° 10′ 10,6″ N, 24° 57′ 45,4″ E