Hamnsundet -> Mariehamn (Österhamn) Distanz: 40,7 sm Gesamtdistanz: 2997,2 sm
Von Hamnsundet segeln wir mutterseelenallein weiter nach Osten. Astrid war schon einmal in Kastelholm und auch unser schwedischer Nachbar in Käringsund hat uns diesen Fjord wärmstens empfohlen.
An unserem östlichen Wendepunkt kommen wir bis auf gut 10 Seemeilen wieder an unseren alten Trip nach Norden von vor 5 Wochen heran. Da schließt sich fast unser nördlicher Kreis im Bottnischen Meerbusen in den Ålands. Von hier aus müssen wir bis in den »Lumparn« motoren. Der Lumparn ist die große runde Wasserfläche inmitten der Åland-Hauptinseln und geht auf einen prähistorischen Meteoriteneinschlag zurück. Der erwischte die Ålands allerdings schon zu einer Zeit, als ganz Skandinavien noch auf der Plattendrift war und gerade nahe des Äquartors herumdümpelte. Erst im Lumparn können wir wieder die Segel setzen, um dann langsam in den Fjord nach Kastelholm einzuschwenken.
Vor dem Wind fahren wir ganz langsam und beschaulich in den Fjord ein. Das sind Momente einer so vollkommenen Ruhe, wie sie wirklich selten sind. Uns erinnert das an so manch einen Segeltag in Saimaa. Nicht zuletzt auch deswegen, weil man auch hier eher das Gefühl hat, auf einen Binnengewässer unterwegs zu sein.
Auch Kastelholm ist geschlossen und verrammelt. Der Hafen ist wirklich etwas untypisch für Häfen hier oben, denn an den Stegen bilden Dalben Boxen so wie in Dänemark oder Deutschland. Die Dalben sind allerdings betagt und erwecken alles, aber kein Vertrauen. Mit der Hand kann man sie locker einen halben Meter hin und herschieben, mehr traut sich der Schiffsjunge dann auch nicht, weil er fürchtet, dass die Dinger abbrechen und wegschwimmen. So machen wir in Lee des letzten Schwimmsteges fest, damit hängen wir am Steg und die Dalben müssen nichts halten. Das gefällt sicher auch den Dalben besser.
Schnell kramen wir den Cobb-Grill heraus, denn in Öregrund hatten wir uns ein Stück Schweinebraten geholt. Etwas davon ist noch über und das machen wir uns nun im Stück als Braten im Cobb. So läßt es sich aushalten, der Rotwein passt ganz hervorragend dazu und läßt den Tag ruhig ausklingen.
In Kastelholm gibt es nicht nur das Kastell, sondern auch ein Museumsdorf mit allerlei historischen Häusern, Mühlen, Werkstätten und Schuppen. Die Bewohner des Kastells hatten es damals schon schwer. Nicht, dass sie sich nur all den Feinden erwehren mussten, sie mussten auch gegen die Landhebung nach der letzten Eiszeit kämpfen. Eigentlich ist eine Landhebung ja eine ganz praktische Sache und die Niederländer wären bestimmt richtig froh, wenn sich ihr Land etwas heben würde. Aber wenn man ein Kastel auf einer Insel baut, die nach einigen Jahrhunderten gar keine Insel mehr ist, dann ist das schon irgendwie blöd und man muss die Burggräben immer wieder tiefer graben. Und das war eben auch gar nicht so einfach, weil schwedischer Granit noch härter als Krupp-Stahl ist und sich darin nicht so einfach herumgraben läßt.
Da sich die Landhebung Gott sei Dank heutzutage etwas verlangsamt hat, lassen wir uns am nächsten Morgen Zeit und schlendern erst eimal durch das Museumsdorf und um die Ruine des Kastells herum. Die Untiefe kurz vor dem Hafen hatte gestern noch 3,10 m und wird uns heute früh wohl auch noch wieder rauslassen. Die Dalben fassen wir mit Glaceehandschuhen an, nicht dass uns jetzt noch einer abbricht, wo wir doch die Nacht gar nichts bezahlt haben.
Zurück im »Lumparn« segeln wir die letzten 3 Meilen, bis wir in die Fahrwasser nach Mariehamn kommen. Hier versperrt uns eine Brücke den Weg, die zwischen 9:00 und 17:00 nur zur vollen und graden Stunde öffnet.
Nun fragt sich der welterfahrene Leser sofort, warum eine Brücke, die nur zur »geraden Stunde« öffnet, zwischen 9:00 und 17:00 öffnet und nicht zwischen 10:00 und 16:00, aber dies bleibt wohl auf ewig das Geheimnis der ålander Brückenverwaltung. Eine Öffnung zu anderen »geraden« Stunden ist zwar auch möglich, aber dafür muss man beim Brückenwärter 85 € einwerfen. Wie das allerdings gelingen kann, ist dem brückenerfahrenen Seemann auch nicht spontan klar, denn es gibt keinerlei Möglichkeiten festzumachen, um zu bezahlen. Fragen über Fragen, aber am Ende haben wir auch noch einen ziemlichen Uhrenduseln, denn wir Uhrendussel haben unsere Borduhr nicht eine Stunde auf die finnische Zeit vorgestellt, sondern einfach auf der schwedischen Zeit belassen, weil wir ja sowieso gleich wieder zurück sind. Das fällt uns gerade noch rechtzeitig auf und wir kommen etwas vor der 16:00-Öffnung vor der Brücke an. Und da es keine Warteplätze gibt, dümpeln und treiben wir dann eine 3/4 Stunde vor der Brücke herum.
Die letzten Seemeilen hinter der Brücke bis Mariehamn sind schnell geschafft und wir machen im Osthafen am letzten Schwimmsteg längsseits fest. Auch im Osthafen stehen im Innenkreis der Schwimmstege Dalben. Die sind aber so dicht an den Stegen, dass schon eine 31er mit dem Heck in die Boxengasse guckt. Davor hatte uns auch schon der Schwede aus Karingsund gewarnt und deswegen sind wir gar nicht erst reingefahren. Wie ein Hafenplaner heute auf solch ein Hafenlayout kommen kann, ist uns rätselhaft, denn sehr alt sieht das hier gar nicht aus, 2/3 der Schwimmstege sind nagelneu und eine Vielzahl der Dalben hat auch noch keinen Winter gesehen.
Am nächsten Tag drehen wir noch eine Runde durch Mariehamn und statten der historischen Werft am Osthafen einen Besuch ab. Gestern Abend sind wir schon »über den Felsen« zum Westhafen von Mariehamn gelaufen. Dort waren wir beide schon einmal unabhängig voneinander. Auf dem Weg dorthin setzen sich die Erinnerungsstückchen wieder zusammen und ganz langsam formt sich auch wieder ein Bild von damals zusammen. Und mit diesem Bild kommen neue Erinnerungen hinzu und dann steht vieles wieder fast so präsent vor einem wie damals. Es ist witzig, wie die Erinnerung funktioniert, von einem Detail hangelt sie sich zum nächsten und gräbt Dinge aus, die vollkommen verdrängt waren. So steigen wir über den Felsen, zwängen uns durch den Felsenschluchtpfad und gehen auf der anderen Seite die Treppen wieder herunter bis zum Westhafen. Viel hat sich in den ganzen Jahren nicht verändert und in dem Fenster der Hafensauna stehen auch immer noch Bierdosen. Ein Sixpack macht hier einen perfekten finnischen Saunaabend mit 6 Saunagängen ?. Daran hat sich offensichtlich auch nichts geändert ?.
In Mariehamn stehen nicht nur diese hübschen Holzhäuser, es gibt schon auch viele Gebäude, die eher an eine Bausünde erinnern. Aber Mariehamn ist zweifellos ein sehr hübsches Städtchen in dem es sich sicher auch recht angenehm leben lässt.
So schlendern wir durch die Innenstadt zu dem Museumshafen mit seiner Traditionswerft. Hier werden historische Holzboote restauriert, aber auch neue gebaut. Man versucht so, die traditionellen Methoden des Holzschiffbaus wach zu halten. In den Werkhallen riecht es verführerisch nach frischem Holz und unter den großen Schuppendächern trocknen unzählige rohe Holzbohlen. Das ist schon toll und unwillkürlich juckt es mir in den Fingern, auch mal selbst so einen alten Kahn wieder auf Vordermann zu bringen.
Stationen:
27.08. Hamnsundet Marina -> Kastelholm 27,4 sm: 60° 13′ 45,7″ N, 20° 04′ 42,7″ E
28.08. Kastelholm -> Mariehamn (Osterhamn) 13,3 sm: 60° 06′ 3,7″ N, 19° 56′ 51,0″ E