Nun liegen schon wieder die ersten 6 Wochen eines fast normalen Alltagslebens hinter uns. Aber es ist eben nur ein fast normales Alltags- und Arbeitsleben, denn wir und auch unsere Pläne haben sich verändert. Wobei sich unsere Pläne eigentlich gar nicht wirklich verändert haben, sie haben sich nur etwas gestrafft.
Wenn man sechs Monate unterwegs ist und eben nicht in seinem normalen Alltagsarbeitstrott steht, wird der erste Arbeitstag danach fast automatisch zu der größten, vorstellbaren bzw. unvorstellbaren Hürde. Und so gibt es auch kaum jemanden, der uns bisher nicht danach gefragt hat. So rangiert diese Frage ganz eindeutig unter den Top five, aber im harten Konkurrenzkampf mit der Frage: “Und ihr wart die ganze Zeit tatsächlich nur zusammen und ganz alleine zu zweit unterwegs, also nur ihr beide als Paar so?”
Aber unsere manchmal auch durchaus einsame Zweisamkeit war genauso wenig ein Problem, wie der Wiedereintritt in die Atmosphäre der Arbeitswelt. Das liegt aber vielleicht auch entscheidend daran, dass wir gerne arbeiten und weder vorher noch nachher morgens mit einen »dicken Hals« zur Arbeit gegangen sind und nun auch wieder gehen. Natürlich ist unsere Arbeit nicht der Mittelpunkt im Kreis unserer Lebensinhalte, das weiß jeder, der auch nur drei Zeilen auf dieser WebPage gelesen hat, aber sie gehört ganz ohne Arbeitsallergie und Abstoßungsreaktionen zu unserem Leben dazu.
Deswegen war auch der erste Oktober genauso wenig ein Problem wie all die anderen Arbeitstage der letzten 6 Wochen. Aber wir sind verändert zurückgekommen. Geahnt haben wir das ja selbst schon, weswegen es für uns auch nicht ganz überraschend kam. Wenn man einen Traum hat, dann fragt man sich ja doch schon ab und zu mal, ob dieser Traum wirklich noch der innigste Wunsch aller innigsten Wünsche ist oder ob sich da nicht doch über die Jahre etwas verselbständigt hat. Gerade wenn man diesen Traum so lange hegt und pflegt wie wir, bis es losgehen kann.
So waren die sechs Monate unserer Ostseerunde tatsächlich auch ein Test. Aber nicht ein Test, ob wir die einsame Zweisamkeit beziehungstechnisch aushalten, denn dieses Frage haben wir uns in der Tat nie gestellt, sondern ein Test, ob unser Traum vom Fahrtensegeln Ende September immer noch genauso groß und lebendig ist, wie all die Jahre vorher.
So sprechen wir nun mit unserem Arbeitgeber über ein Ausstiegsmodell, wobei wir uns selbst nicht als Aussteiger sehen, denn wir werden nicht »aussteigen«, sondern lediglich umsteigen und mit anderen Schwerpunkten ganz normal im Hier und Jetzt weiterleben. Allerdings werden wir aus dem geregelten Arbeitsleben, aus unseren unbefristeten Arbeitsverträgen und unseren gesicherten Einkommensverhältnissen aussteigen. Obwohl ich einen deutlichen Vorsprung vor Astrid habe, sind wir beide ja noch nicht in einen rentenfähigen Alter. So werden wir, wie man so schön sagt, »Privatiers« und müssen zukünftig von dem »Eingemachten« der letzten Jahre leben. Da ist zwar wesentlich weniger drin, als uns unsere Arbeit heute einbringt, aber dem Weniger steht ja auch ein ziemlich großes Mehr an Erlebnisvielfalt gegenüber. Dies empfindet nicht zwangsläufig jeder als eine so große Bereicherung, dass es ihm diesen Schritt wert wäre, aber für uns ist das so.
Und das heißt auch nicht, dass wir nie wieder arbeiten werden, denn wenn sich »zwischendrin« mal die Möglichkeit bietet und es auch gerade passt, dann werden wir bestimmt nicht Nein sagen, etwas Geld zu verdienen. Aber es muss eben passen. Bisher haben wir unser Fahrtenseglerleben in unser Arbeitsleben eingepasst, nun drehen wir die ganze Sache einfach nur um.
In den letzten 6 Monaten hatten wir das Glück, dies »mit Netz« ausprobieren zu können, und am Ende dieser Zeit hat immer noch die bekannte und gesicherte Arbeitswelt auf uns gewartet. Diese Möglichkeit mit unserem Arbeitgeber zu verhandeln, war vor einem Jahr zwar nicht ganz einfach, denn sie dehnte den Raum des bisher Üblichen durchaus etwas aus, aber es hat am Ende ja geklappt. Nun sprechen wir über ein Ende dieses geregelten Arbeitslebens und eine letzte sechsmonatige Freistellungsrunde in 2019 und ein definiertes Arbeitsende in 2020. Wir denken, dass da für beide Seiten durchaus Positives drin steckt und man nach den beiderseitigen Wins dieser Situation nicht allzu lange suchen muss. Aber mal sehen, bis Ende Dezember wird es an dieser Stelle ganz bestimmt ein Ergebnis geben.
Bleibt nun nur noch die Frage »Warum überhaupt?«. Aber diese Frage ist einfach zu beantworten, denn es gibt für uns »dazu« keine Alternative. Wobei hierbei das »dazu« durchaus doppeldeutig gemeint ist und das »dazu« in seiner ersten Bedeutung tatsächlich etwas schwächer ist als das in seiner zweiten Bedeutung. Denn es gibt zwei Antworten auf die Frage “Wozu gibt es keine Alternative?” Die erste und vielleicht überraschend schwächere Antwort lautet »zum Fahrtensegeln« und die zweite absolut bärenstarke Antwort lautet »etwas gleich zu tun und nicht aufzuschieben«.
in Bremerhaven im Jaich
53° 32′ 52,6″ N, 08° 34′ 11,6″ E