Farbe aus, wat nu?


Samstag:
Am Samstag starten wir früh. Der Wasserpass braucht noch etwas mehr schrubbende Aufmerksamkeit und zugegeben auch eine ganze Menge Antigilb, damit sich sein weißer Streifen auch wieder »weiß« nennen darf. Danach polieren und wachsen wir den Wasserpass. Dann kommt das Unterwasserschiff an die Reihe, viel Vorbereitung ist ja nicht zu tun, denn es sieht wirklich noch gut aus. Astrid nimmt sich derweil die Schraube vor, demontiert alles, befreit auch die hintersten Ecken von den verstecktesten Seepocken, fettet den Klappmechanismus und baut alles wieder zusammen. Auch die neuen Opferanoden sind im Handumdrehen angeschraubt.

„Die Unterwasserschiffhelden!“

„Die Unterwasserschiffhelden!“

Derweil beginne ich das Unterwasserschiff zu streichen. Das Seajet 034 ist auf einer anderen Basis aufgebaut, als das 033. Es riecht unangenehmer, man gut, dass wir draußen streichen und es recht windig ist.

Plötzlich grummelt und poltert es hinter uns, und als wir uns umdrehen, sehen wir eine schwarze Wand. Von nichts auf gleich erwischen uns einige Gewitterböen und lassen die PINCOYA auf dem Trailer richtig wackeln. Wir haben kein gutes Gefühl. Schnell räumen wir all unsere Sachen ein und verkriechen uns. Doch wir haben Glück, es bleibt bei den ersten Böen und alles, was runterkommt, ist fest ?. Hagel und Graupel! Ehrlich, man kann sich an solchen Tagen in der Tat auch über Hagel und Graupel freuen ?, denn die machen die PINCOYA gar nicht nass, die springen nur so herum und tauen erst auf dem Boden ?. Eine Saukälte kann manchmal auch ihre Vorteile haben ?. So können wir auch gleich nach dem Gewitter weiterarbeiten.

Aber irgendwie streicht sich das Seajet inzwischen komisch. Ich brauche eine Weile, um zu begreifen, dass sich die Rolle auflöst. Schon nach wenigen Quadratmetern lösen sich die Schaumstoffrollen durch das Seajet 034 auf. Und da wir nur 2 mithaben, saust Astrid schnell zum Baumarkt, um noch einen Packen zu kaufen. Inzwischen habe ich allerdings auch das dumpfe Gefühl, dass die 2,5 l Farbe nicht ausreichen werden. Mit den sich auflösenden Rollen streicht es sich ziemlich ineffektiv und ich muss häufig die Rollen wechseln. Nach einem Wechsel geht es dann wieder kurze Zeit gut, aber die Farbe wird definitiv nicht reichen. Als Herr Inselmann bei uns vorbeischaut und wir ihm unsere Not klagen, kann er uns auch nicht wirklich helfen, er hat nur noch einen Rest 033, aber kein 034.
Was nun? Was tun? 034 ist nicht einfach zu kriegen, schon gar nicht in Bremerhaven und noch weniger an einem Wochenende. Es ist inzwischen 15:00 und es ist Samstag. Am Montag wollen wir gleich wieder früh ins Wasser. An diesem Wochenende sollte eigentlich alles fertig werden. Nein, eigentlich MUSS an diesem Wochenende alles fertig werden!!! Das ist alles ein Riesenmist. Ich könnte mich in den A… beißen! Immer diese bekloppte Sparfüchsigkeit. Ich hätte auch gleich 2 Dosen kaufen können und nicht auf Knirsch kalkulieren müssen. Nun ist guter Rat teuer! Was tun? Unseren Krantermin am Montag streichen und am Montag irgendwie versuchen, Seajet 034 in Bremerhaven aufzutreiben? Ich könnte vor Wut auf mich selbst platzen. Aus lauter Verzweiflung rufe ich bei fockschot.de an. Buxtehude ist zwar weit, aber heute eine Fahrt nach Buxtehude ist nicht so schlimm, wie eine Verschiebung unseres Krantermins am Montag. Frau Brouer ist total hilfbereit und versucht, bei ihrem Mann rauszubekommen, ob sie noch eine Dose im Lager haben. Der bastelt selbst an seinem Schiff und sagt ihr am Telefon, dass noch genügend da ist. Aber sie fährt dann doch lieber noch mal schnell ins Lager, um ganz sicher zu gehen. Um kurz vor vier kommt der erlösende Anruf, die Dose steht bei ihr und wir können selbstverständlich kommen. Was für ein toller Service, das ist echt der Oberhammer. Danke an die beiden Brouers! Gerettet! Um 16:00 sitzen wir in Henry und brummen los. 200 km Norddeutschland warten auf uns. 100 hin und 100 zurück. Und vollkommen unnötig, aber egal, so ist es besser, als alles andere. Kurz vor sechs wechselt die Dose ihren Besitzer und wir brummen zurück. Dieses Mal sind wir schlauer und plündern das Fastfood-Regal des Edekas in Stade. Gegen 20:00 sind wir wieder an der PINCOYA und ich kann den Rest des Unterwasserschiffs streichen. Am Ende im Licht unserer Baustrahler, die wir in einem Anfall von Megadusel irgendwie doch auch mitgenommen haben. Dann ist auch diese Baustelle geschafft und wir fallen nach einem halben Feierabendbier völlig geschafft in die Koje. Was für ein Tag!

Sonntag:
Im Tageslicht sieht das Unterwasserschiff immer noch ok aus. Wenn einmal der Wurm drin ist, dann befürchtet man ja das Schlimmste. Besonders im Halbschlaf in der Nacht.

„Ne ganze Menge Kette“

„Ne ganze Menge Kette“

Nun noch die Ankerkette. Die alte ist schnell heruntergelassen und abgeschlagen. Dann schieben wir den Anhänger unter den Bug, legen den Ankerkasten mit neuen Gummifußmatten aus, damit die Ankerkette nicht so ungedämpft gegen das Laminat des Bugs klötert und ziehen die ersten Meter Kette ein. Direkt aus dem Anhänger. Das 100m Bund ist auf fünf Ringe gefädelt, an denen es wohl auch feuerverzinkt wurde. Wir haben noch keine 10m im Kasten, da stockt es. Die Kette ist verdreht. Ich ziehe und drehe unten, Astrid oben. Dann wieder 5 Meter, und schon wieder verdreht. Wir wechseln, ich drehe oben, Astrid zieht unten. Noch mal 5 Meter! Was ist das für ein Sch…? Wir hatten uns das so schön einfach vorgestellt. Anhänger unter den Bug und einfach alles hochdrehen. Pustekuchen! Nach weiteren 3 Metern geht gar nichts mehr. Die Kette verkinkt sich wie ein oller Misttampen, der nicht richtig aufgeschossen ist. Also Anhänger etwas zur Seite und mal 100 m über den Werkhof verteilt, liebevoll hingedreht und ab geht die Post nach oben. Aber so recht geht die Post gar nicht ab, denn nach kurzem Erfolg ist schon wieder alles vertörnt.

„Ganz schön voll der Ankerkasten.“

„Ganz schön voll der Ankerkasten.“

Die Feuerverzinker haben die Kette auf den 5 Ringen so aufgeschossen, wie man einen Tampen eben nicht aufschießen sollte. Jetzt bräuchten wir einen 100m Kran, von dem wir die Kette einfach senkrecht herunter hängen lassen können, damit die sich das blöde Ding entkörselt. Aber leider ist gerade kein Kran zur Hand, deswegen lassen wir die ersten 25 Meter wieder zu Boden und legen die in möglichst wenig verdrehten Buchten auf dem Werkhof aus. Das machen wir dann auch mit dem Rest aus dem Anhänger. Echte Knochenarbeit! Wer hätte das gedacht? Eigentlich sollte die Ankerwinde die ganze Arbeit machen. Nun sind wir aber dran ?. Wir hatten uns das Ganze so toll vorgestellt. Direkt aus dem Anhänger hochwinschen und fertig. Und nun ackern wir Stunde um Stunde wie die Blöden und legen ein ums andere Mal die Ankerkette in Buchten aus. Insgesamt 3x müssen wir das machen, bis sich das mistige Ding endlich nahezu freiwillig in den Ankerkasten winden lässt.

Als wir beim ersten Mal fast alles oben haben, bekomme ich bei den letzten 20 Metern Bedenken. Der Ankerkasten ist schon ziemlich voll und bei dem Gedanken an das Gewicht, das da gleich noch kommen möchte, ist mir nicht ganz wohl. Immerhin noch mal rund 50 kg mehr. So halten wir Kriegsrat und sägen kurzer Hand die letzten 20 Meter ab. 80 Meter reichen, sie müssen reichen, denn so war es ja ursprünglich auch geplant.

Nach diesem Knochenjobsonntag, der ja zudem auf den Nahezuverzweiflungssamstag folgte, dem sogar schon der Jungfernfahrtfreitag voranging, gehen wir eine große Pizza essen. Wir haben alles geschafft, wenn auch mit letzter Kraft, was schon recht wörtlich gemeint ist.

Montag:
BHV Fischereihafen -> BHV Neuer Hafen Start: 10:00 Ende: 11:00 Wind: NW 10 – 15 Distanz: 2,4 sm Gesamtdistanz: 5,6 sm

„vom Fischereihafen -> zurück in den Neuer Hafen“

„vom Fischereihafen -> zurück in den Neuer Hafen“

„Nun geht's wieder in Wasser.“

„Nun geht's wieder in Wasser.“

Am Montag geht es dann zügig wieder zurück ins Wasser und rüber in den Neuen Hafen. Nur noch kleinste Bastelreste sind übrig geblieben. Ab jetzt geht es nur noch um echte Reisevorbereitungen und dann kann es losgehen. Das hatten wir uns im letzten Herbst nicht ganz so vorgestellt, aber nun ist’s fertig und wir sind heilfroh darüber.

„Rein inne Schleuse, raus ausse Schleuse“

„Rein inne Schleuse, raus ausse Schleuse“

„Huuuuu…. Urlaubswetter?“

„Huuuuu…. Urlaubswetter?“

„Zurück im Neuen Hafen.“

„Zurück im Neuen Hafen.“

zurück im Jaich
53° 32′ 52,6″ N, 08° 34′ 11,6″ E