Der vorerst letzte Arbeitstag liegt hinter uns, und die PINCOYA und wir sind startklar.
Als wir im letzten Jahr am 29.09. hier in Bremerhaven »im-jaich« ankamen, lagen 6 Monate Ostseesegeln, ein Jahrhundertsommer und unser das Das-muss-unbedingt-sein-Jahr-2018 hinter uns. Aber damals lagen auch unsere erste Überwinterung im Wasser, eine lange Bastelliste, die Anschaffungen eines Radars und der Einbau eines Tagestanks schon wieder vor uns. Und zu diesem Zeitpunkt war auch noch völlig unklar, welche Regelung wir mit unserem Arbeitgeber finden können, um 2019 wieder zu starten. Zwischen Kündigung und einer nächsten Sabbatical-Runde war alles drin. Und nun sind die letzten 8 Monate fast schneller verflogen, als die 6 Monate Segeln im letzten Jahr. In jedem Fall waren aber diese letzten Monate doch wesentlich stressiger und uns blieb wirklich kaum Zeit, um einmal kurz durchzuatmen. Aber obwohl unsere Landlebenmonate in Höchstgeschwindigkeit an uns vorbei rauschten und sich die vielen Ereignisse nur so überschlugen und übereinander herpurzelten, haben wir doch den allergrößten Teil von dem geschafft, was wir uns vorgenommen hatten. Und auch mit unserem Arbeitgeber konnten wir eine gute und einvernehmliche Lösung finden, die nun irgendwo zwischen Kündigung und Teilzeit-Sabbatical liegt und uns diese neue, aber letzte Auszeit ermöglicht.
Es geht tatsächlich wieder los. Das ist ein merkwürdiges Gefühl. Etwas ungläubig sitze ich im Cockpit der PINCOYA und schreibe diesen ersten Blog unseres Törn, während die Arbeitslisten parallel durch meinen Kopf huschen. Aber egal ob virtuell im Kopf und auch real auf dem Bildschirm, ?… es ist nichts Wichtiges mehr zu tun. Wir müssen morgen nur noch losfahren. Ein komisches Gefühlt, – nichts mehr zu tun, – einfach nur noch losfahren. Während ich so schreibe, kreiseln diese beiden Dinge in meinem Kopf herum. Ich kann es irgendwie nicht glauben!
Aber »Morgen« ist Neuland. Eigentlich ist es nicht wirklich Neuland, aber echte Tide ist für uns eben schon lange her. Unzählige Male haben wir in den letzten Wochen unseren ersten Schlag gecheckt. Hochwasserzeiten, Niedrigwasser, Gatten, Strömung, Wind und Wetter. Alles ist bis jetzt so geblieben, wie schon zu den ersten Überlegungen, nur das Wetter hat sich in den letzten Tagen etwas konkretisiert. Es sieht nun wirklich danach aus, dass wir Sonntag aufbrechen können. In der Nacht zum Sonntag soll der ewige West oder Nordwest mal Pause machen und von einem schwächlichen Süd abgelöst werden. Leider ist jedoch die Tide nicht ganz auf unserer Seite. Eigentlich reicht ein Tidenzyklus von Bremerhaven nach Norderney oder wenigstens Langenoog, aber am Sonntag ist in Bremerhaven um 13:25 Hochwasser und d.h., dass in Norderney das nächste Hochwasser um 23:45 ist. Das wäre prima zum Einlaufen, aber dann ist es leider auch schon dunkel. Eigentlich ist “dunkel” auch nicht wirklich ein Problem, aber vor dem Wattenmeer haben wir etwas Respekt und im Dunkeln noch etwas mehr. Uns fehlt da einfach die Erfahrung und Routine.
Am Samstag erlebigen wir die letzten Einkäufe. Viel brauchen wir ja nicht, so richtig einsam sind die Gegenden ja nicht, in die wir wollen. Mittags kommt Lin, um Henry abzuholen. Sie hat Erdbeerkuchen dabei und wir verbringen zusammen noch einen kleinen Klönschnackfamiliennachmittag.
Dann bricht auch Lin mit Henry auf und plötzlich sind es nur noch Stunden, bis auch wir aufbrechen.
Wir checken noch einmal alles, schlagen die Lifelines an und bereiten alles so vor, wie es sich im letzten Jahr eingespielt hat. Im letzten Jahr war alles neu, aber die Ostsee kannten wir. Heute sind wir an Bord so eingespielt wie noch nie, aber vor uns liegt eben auch ein uns unbekanntes Revier.
zum letzten Mal in Bremerhaven »im-jaich«
53° 32′ 52,6″ N, 08° 34′ 11,6″ E