Hondarribia – auf nach Spanien


Saint Jean de Luz (F) -> Hondarribia (E) Start: 8:00 Ende: 9:20 Wind: SSW 11 (18) kn Distanz: 6,3 sm Gesamtdistanz: 1.697,6 sm

„von Saint Jean de Luz noch in Frankreich -> nach Hondarribia schon in Spanien“

„von Saint Jean de Luz noch in Frankreich -> nach Hondarribia schon in Spanien“

Gleich am Montagfrüh starten wir mit dem ersten Morgengrauen. Die Zeit sitzt uns etwas im Nacken, obwohl die Strecke nach Hondarribia wirklich kurz ist. Aber Hochwasser war schon um 5:30 und zum Niedrigwasser um 11:30 soll für uns die Barre vor dem Hafen nicht mehr passierbar sein. Außerdem nähert sich eine Gewitterfront und wir wollen vorher »drüben« sein. Drüben in Hondarribia und drüben in Spanien. Es sind nur 6 Seemeilen.

Deswegen haben wir gestern Abend noch alles fertig gemacht und auch das Gummiboot wieder hochgebunden. Bei diesem Atlantikschwell sind wir skeptisch geworden und wollen lieber nichts hinter uns herziehen. In der Nacht haben die Fallwinde zwar etwas nachgelassen, aber von “weg” kann keine Rede sein.

„Die blaue Stunde ist schnell vorbei, aber der Sonnenaufgang bleibt grandios.“

„Die blaue Stunde ist schnell vorbei, aber der Sonnenaufgang bleibt grandios.“

Vor dem Morgengrauen läuft schon eine ganze Armada von Fischern aus. Nur zwei bleiben »vor Ort« und schleppen ihre Netze durch die westliche Einfahrt rein und aus der östlichen wieder raus. Erst dachten wir, die hätten etwas vergessen, aber dann konnten wir die Schlepptrossen sehen und beobachten, wie sie auf der anderen Seite wieder rausfahren. Schon etwas ulkig, aber nun ja, Samstag gab’s ja auch eine französisch-spanische Segelregatta und die eine Wendemarke war die mittlere Mole der Bucht von Saint Jean de Luz. Irgendwie schon cool. Wir machen uns Gedanken um die Einfahrt und die wenden regattamäßig durch die beiden Einfahrten oder schleppen dort ihre Netze herum.

„Mit den Fischer gehen wir raus, die Sonne braucht noch etwas, bis sie sich zeigt.“

„Mit den Fischer gehen wir raus, die Sonne braucht noch etwas, bis sie sich zeigt.“

Der Wind ist unstet, wenn man das mal so vorsichtig ausdrücken darf. Es ist alles zwischen 3 und 18 Knoten dabei, aber am häufigsten umspielt uns der Wind mit freundlichen 11 Knoten. Es ist schwierig bei diesem böigen Wind eine richtige Beseglung zu finden. Wegen der kurzen Strecke nehmen wir nur die Genua und sitzen die meisten Böen einfach aus. Nur einmal reffen wir ein, als es dann doch etwas zu bunt wir.

„Spanien, nach fast 3 1/2 Monaten wechseln wir unsere Gastlandflagge.“

„Spanien, nach fast 3 1/2 Monaten wechseln wir unsere Gastlandflagge.“

Als wir Hondarribia anlaufen, sehen wir schon im Westen die schwarze Gewitterfront und wie die Wolken mit den Fallwinden von den Bergen herunterlecken. Die Wolken sehen aus, als ob sie uns an den Bergrücken ihre Zunge rausstrecken. Die in dem Revierführer beschriebene Barre in der Hafeneinfahrt nach Hondarribia gibt es nicht mehr, dort kann man nun offensichtlich gezeitenunabhängig einlaufen. Deswegen hätten wir uns also nicht so beeilen müssen, aber das Wetter wird zunehmend schlechter. Im Hafen ist nichts los und alle Gästeplätze sind frei. Wir machen erst einmal am Ankommenssteg fest und gehen zum Hafenmeister, wo eine Verkettung unglücklicher Umstände ihren Anfang nimmt.

Die englisch sprechende Dame ist leider krank und ihr Kollege muss nun ihren Job machen. Die Kommunikation ist schwierig, alle Anmeldeformalitäten sollen wir morgen machen, wenn sie ganz bestimmt wieder gesund ist, aber wir müssen umlegen. Da wir die Plätze schon in Augenschein genommen haben, wissen wir, dass der Platz, auf den wir sollen, blöd ist. Wir hätten gerne den kommenden Starkwind auf der Leeseite eines Fingerstegs empfangen und das Reinkommen auf den zugewiesenen Platz ist auch doof, weil die Gasse schmal ist und dort schon ein Ausflugsboot liegt. Aber unsere Intervention klappt irgendwie nicht, wir sollen auf diesen Platz.
Zurück an der PINCOYA und die Gewitterfront im Nacken, beschließen wir gleich umzulegen, was definitiv ein Fehler war. Und leider muss ich auch zugeben, dass ich das nicht nur hinterher gewußt habe, sondern auch schon vorher ein ganz blödes Bauchgefühl hatte. Im Nachhinein könnte ich mich in den Arsch beißen, nicht einfach auf die andere Seite des Fingerstegs gegangen zu sein, egal was der Hafenmeister gesagt hat, denn auch diese Box ist eine freie Gästebox. Aber nun ja, wir warten eine ruhigere Phase ab und beginnen umzulegen. Und alles geht auch gut, bis wir gerade mit dem Bug in der Box sind. In diesem Moment trifft uns aus dem Nichts eine Fallbö mit satten 20+ Knoten, wir haben kaum noch Fahrt im Schiff, das Heck wird nach Steuerbord gedrückt und der Rumpf stößt mittschiffs gegen den Fingersteg. Das lässt den Bug nach backbord schwingen und wir hören es nur noch klirren. Unser Bugspriet hat sich in die erste Scheibe des Ausflugsbootes gebohrt, was der Scheibe natürlich nicht gefällt. Gott sei Dank ist der Fingersteg rundherum mit einem Gummi gepuffert, denn unsere Fender sind aus der Bewegung heraus natürlich auch hochgerutscht und wir hängen nun fenderlos auf dem Steg. Beherzt springt Astrid auf das äußerste Ende des Fingerstegs, versucht die PINCOYA abzuhalten und gleichzeitig die Vorspring zu belegen. Nur so kann ich mit gelegtem Ruder Druck machen, um den Bugspriet wieder aus dem Ausflugsboot zu drehen. Die Bö ist kurz, es waren keine 20 Sekunden, aber die haben gereicht. Schnell sind wir rum und haben fest. Mist, ich hatte kein gutes Gefühl. Aber muss man mir das nun auch gleich so direkt bestätigen?

„Erst hier, dann das und zwischendrin im Ausflugsboot ???“

„Erst hier, dann das und zwischendrin im Ausflugsboot ???“

Auch wenn Ärgern nicht hilft, wir tun es trotzdem! Nicht nur einmal huscht uns dieses Wort mit »sch« durch unsere Köpfe, gefolgt von nicht gerade jugendfreien Flüchen. Hinterher ist man immer schlauer, aber das Schlimmste ist, dass ich vorher geahnt habe, dass ich hinterher weiß, dass ich dann schlauer sein werde. Das ärgert und das ärgert nicht nur ein bisschen.

Nachdem wir genügend durchgeatmet haben, gehen wir zum Hafenmeister. Da die Verständigung etwas schwierig ist, haben wir die kaputte Scheibe photographiert und zeigen ihm einfach das Photo auf dem Handy mit den Worte »grande disastre has happened«! Er bedeutet uns, dass das alles nicht so schlimm ist und er den Eigner anrufen wird. ¡Vale! ¡Vale! Ein Wort, das lange mit Hondarribia verbunden bleiben wird!

Nach einer Stunde kommt der Eigner. Ein total sympathischer Typ, der aber leider nicht ein einziges Wörtchen Englisch spricht. Und nun kommt die große Stunde des Google Translators. Man kann über Google und seinen Translator sagen was man will, aber seit Hondarribia wissen wie, dass es kaum ein wertvolleres Tool gibt. Astrids Handy wechselt nun für 20 Minuten ständig zwischen dem netten spanischen Eigner und uns hin und her. Und abwechselnd tippen wir all das ein, was wir sagen und antworten wollen. Es ist zum Schießen, während der eine tippt, liest der andere mit und quittiert erste Übersetzungen des Translators mit einigen speziellen Urlauten oder einem internationalen “Aha” “Hmm” oder “Ok”. Fast als Erstes tippt der Spanier ein, dass er seit 30 Jahren mit Booten arbeitet und dass so etwas immer passieren kann. Alles nicht schlimm. ¡Vale! ¡Vale! Wir sollen nur bitte nicht abreisen, bis der Schaden geregelt ist. Aber das ist ja eh klar, hätten wir sowieso nicht gemacht. Mittags kommt er mit einem Mann von der Werft zurück, der die Scheibe ausbaut, damit die Werft Ersatz besorgen kann.
Und in der Werft geht dasselbe Spiel mit dem Google Translator noch einmal von vorn los. ¡Vale! ¡Vale! El cristal. »Cristal«, auch so ein Wort, das auf ewig mit Hondarribia verbunden bleiben wird. Abends ist dann klar, dass die neue Scheibe morgen geliefert und eingebaut wird. Mañana viene el cristal. 110 € inkl Tax plus 45 € die Stunde für Aus- und Einbau. Es sieht danach aus, dass wir damit ganz gut leben können. Ein Hoch auf den Translator, ohne ihn hätten wir echt in der Sackgasse gesteckt. Oder Astrid hätte ihren Telefonjoker Carlos ziehen müssen!

„Hondarribia“

„Hondarribia“

So steht unser erster spanischer Hafen und unsere Sightseeingtour durch die entzückende Altstadt von Hondarribia etwas unter dem Eindruck unseres Anlegedisasters. Es ist das erste Mal, dass wir ein anderes Schiff beschädigen. Und das nach 15.000 sm mit der PINCOYA und 3.000 mit der Mohrian. Echt ärgerlich.

„Auf der gegenüberliegenden Seite ist Frankreich.“

„Auf der gegenüberliegenden Seite ist Frankreich.“

„Die baskischen Häuser sind anders, ganz anders als man es »im Süden« vermutet.“

„Die baskischen Häuser sind anders, ganz anders als man es »im Süden« vermutet.“

„Die Altstadt von Hondarribia ist ein absolutes Highlight. Leider fehlt etwas Sonne, die die Farben so richtig zum Leuchten gebracht hätte.“

„Die Altstadt von Hondarribia ist ein absolutes Highlight. Leider fehlt etwas Sonne, die die Farben so richtig zum Leuchten gebracht hätte.“

Aber Hondarribia ist wirklich einen Besuch wert. Die Altstadt ist ursprünglich erhalten und vollständig umschlossen von der ehemaligen Stadtmauer. Leider spielt das Wetter nicht ganz mit. Am Kirchplatz schließen wir unsere Räder an und schlendern zu Fuß durch die Gassen. Das ist einfacher zum Photographieren und außerdem fährt es sich mit unseren Räder auf dem alten Kopfsteinpflaster und den teilweise steilen Gassen nur recht bescheiden. Aber es ist nicht nur die Altstadt, die Hondarribia sehenswert macht, auch der »neuere« alte Stadtteil mit seinen typisch baskischen Fachwerkhäusern ist ein absolutes Muss für ein Stadtsightseeing.

„Noch mehr Häuser …“

„Noch mehr Häuser …“

„… wir können uns nicht sattsehen. Und ich habe schon nur einen Teil der Bilder in den Blog gesteckt ?“

„… wir können uns nicht sattsehen. Und ich habe schon nur einen Teil der Bilder in den Blog gesteckt ?“

„Astrid am Burgtor im Zwiegespräch, aber der Typ hält »eisern« Wache.“

„Astrid am Burgtor im Zwiegespräch, aber der Typ hält »eisern« Wache.“

Am Dienstagnachmittag liegt dann das reparierte Ausflugsboot wieder neben uns und wir bezahlen 357 € bei der Werft. Unserer Versicherung haben wir den Schadensfall schon gemeldet, mal sehen, ob sich eine Regulierung lohnt oder der Selbstbehalt das sinnlos macht.

¡Vale! ¡Vale!

Hondarribia
43° 22′ 34,8″ N, 001° 47′ 35,7″ W