Kaum sind wir wieder zurück, da ist auch schon der erste Monat wieder einfach so verpufft. Dabei war der Wiedereintritt in die Arbeitsatmosphäre noch fast der ruhigste Teil. Fünf Monate nach unserem letzten Heimatbesuch lösen sich die Wiedersehensstaus nur sehr hartnäckig auf. Und die Vorweihnachtszeit sorgt bei dieser Geschichte auch nicht gerade für Entspannung. So reichen nicht wenige Ausläufer immer noch bis in das neue Jahr hinein.
Wir hatten ja schon damit gerechnet, dass die nun vor uns liegenden sechs Monate nur äußerlich nach einem langen halben Jahr aussehen. Deswegen haben wir uns auch gar nicht erst groß mit einer Rückkehrverschnaufpause aufgehalten und gleich nahtlos mit den Vorbereitungen unserer nächsten Segelsaison begonnen.
Aber auch dieses Jahr war es überhaupt nicht »fürchterlich schlimm«, wieder zu arbeiten. Die Arbeit ist eigentlich vollkommen normal und einfach so wieder losgegangen bzw. weitergegangen. Da war unser Abschied von der PINCOYA in Gijón schon schwerer und auch spezieller als unser erster Arbeitstag wieder hier zuhause. Etwas erstaunt hat uns dieser zweite nahtlose Übergang in die Arbeitswelt allerdings doch. Das vielleicht aber auch nur deshalb, weil immer alle Welt behauptet, dass ein Wiedereintritt in die Arbeitswelt nach einer Auszeit die maximal vorstellbare Hürde darstellt und man sowieso nach einem Sabbatical vollkommen versaut für jegliche geregelte Arbeit ist. So hat diese landläufige Vorstellung wohl auch unsere Erwartung konditioniert. Aber weder dieses, noch letztes Jahr war der Arbeitsbeginn nach sechs Monaten überhaupt ein Problem. Vielleicht liest diesen Blog ja doch einmal der ein oder andere Arbeitgeber oder Personalchef und erinnert sich dann daran, wenn ihn eine Sabbatical-Anfrage erreicht. Wie schön wäre es, wenn sich so blöd eingefahrene Stereotypen dann doch etwas mehr in Richtung Realität anpassen ließen.
Aber richtig ist schon, dass sich der Blick auf die Arbeit und ihren Stellenwert im Leben bei Menschen verändert, die ein Sabbatical machen oder einen Umstieg planen so wie wir. Das tut er aber schon, wenn man das erste Mal wirklich ernsthaft darüber nachdenkt. Aber eine Veränderung des Stellenwertes heißt eben auch nicht, dass die Arbeit einem dann plötzlich schnurzpiepegal ist. Es heißt nur, dass etwas Gleichwertiges oder vielleicht auch etwas Höhergewichtigeres neben der Arbeit steht. Bei uns war das schon vor vielen Jahren so der Fall, was uns auch nie den Spaß an der Arbeit genommen hat. Aber vielleicht war es ja sogar auch so, dass es uns den Spaß an einer doch eher gleichmäßigen Arbeit gesund und munter erhalten hat.
Das sind Gedanken, die einem kommen, wenn dann plötzlich nur noch die letzte Arbeitsrunde ansteht. Nach all den Jahren des Wartens auf diesen Moment ist es dann schon ein bestechendes Gefühl, wenn der eigene Traum so ganz ohne Arbeitsunterbrechung vor einem liegt. Bisher sind unsere Ideen und Pläne ja schon hoch geflogen, aber nun können sie frei fliegen. Das ist ein wahnsinnig tolles Gefühl, aber auch ein Gefühl, in dem sich Veränderung, Ende und Anfang mit all ihren Hoffnungen, aber auch Ängsten vermengen. Es wäre gelogen, wenn wir behaupten würden, dass das einfach mal eben so geht. So ein Schritt fasst einen in all seinen Schattierungen an, auch wenn das ungestüme Aufbruchsgefühl bei uns natürlich überwiegt. Was ja eigentlich keine Frage ist, denn wenn das nicht so wäre, würden wir diesen Schritt ja gar nicht machen.
Der ein oder andere hat uns nach unserer Rückkehr gefragt, was denn das Bemerkenswerteste in diesem Jahr gewesen sei. Natürlich hat uns das Segeln in Tidengewässern und auf dem Atlantik in seinen Bann geschlagen. Keine Frage! Und wenn man auf dem äußersten Felszipfel in der Bretagne das erste Mal die schiere Größe der Welt atmet, die da zum Besegeln noch vor einem liegt, dann ist das schon mehr als beeindruckend.
Aber ab den Channel Islands hat sich auch unser Seglerumfeld verändert. Zunächst eher unbemerkt, aber dann doch unübersehbar. Je weiter wir in die Biskaya kamen und je mehr nach Süden und in Richtung von Spanien und Portugal, desto mehr Langfahrtsegler waren unterwegs. Klar, in den Ferienmonaten segeln dort auch Engländer, Franzosen und Spanier herum, aber speziell außerhalb der Ferienmonate ist der große, internationale Rest ausschließlich im Langzeitmodus unterwegs. Urlaubscharter gibt es dort kaum und für einen Urlaubstörn ist die Biskaya von Deutschland, den Niederlanden und Belgien aus gesehen eben einfach zu weit weg. Und auch ein jahresurlaubender Engländer verirrt sich nur noch selten einfach mal so nach Spanien.
Und die Langfahrtseglergemeinde ist bunt und deren Pläne und Lebensideen unterscheiden sich dann schon ganz erheblich von denen eines Jahresurlaubers. Und es ist alles dabei, jung und alt, mit und ohne Kinder, werftneue Luxuscruiser schaukeln neben individuellen Nussschalen, Reichtum trifft Low Budget und Einsteiger, Aussteiger, Unterbrecher oder Umsteiger und Rentner diskutieren munter in einem Englisch aller Perfektionsstufen Wetterkarten oder helfen sich bei großen und kleinen Problemen. Alle und alles ist so unterschiedlich, wie man es sich nur vorstellen kann und wie man es kaum glauben mag. Die Dichte von ungenießbaren Menschen nimmt zwar nicht ab, aber mit vielen verbringt man eine tolle Zeit und mit einigen hält man Kontakt. Aber alle haben ihren Traum vom »long term cruising« und ihre individuelle Lösungsidee gleich dazu. Das ist faszinierend. Einige mit festen Plänen zur Weltumseglung und mit einem harten Zeitplan, andere mit losen Plänen für die nächsten Jahre, so wie wir. Und das hat gut getan, denn bisher waren wir die Exoten unter den Normalen, und nun waren wir plötzlich Normale unter Gleichgesinnten. Und dies in einer Welt des »long term cruising«, die zugegeben etwas anders tickt als der Rest der Welt.
Und so stehen wir nun vor einem kleinen Danach und einem riesigen Davor. Und gleich im neuen Jahr geht es dann richtig los, denn diesen Winter müssen wir ja die großen organisatorischen Themen Arbeitsende, Krankenversicherung danach, Arbeitsamt, Rentenversicherung und vieles mehr endgültig klären. Vieles davon haben wir im Dezember schon angeleiert, aber bisher hat es nur unser Kalbelvertrag bis zur Kündigung geschafft ?. Es bleibt also noch etwas übrig, damit es uns nicht zu langweilig wird. Am weitesten fortgeschritten ist allerdings auch schon unsere Törnplanung für das nächste Jahr, aber dazu kommt dann ja noch der Blog »Unser Plan 2020« pünktlich zum 31.12.2019.