Ankommen …


Avilés

„Der Yachthafen in Avilés“

„Der Yachthafen in Avilés“

Ehrlich gesagt bin ich recht froh, dass wir nach Avilés abgebogen sind. Astrid auch, obwohl sie nicht so sehr gebeutelt wurde wie ich. Nach einer langen Pause brauchen wir immer etwas, um uns wieder an die Schaukelei zu gewöhnen. Das war schon immer so, aber wie schön ist es dann auch immer wieder hinterher gewesen. Es soll ja Menschen geben, die einfach so seefest sind und nicht immer zwei Wochen brauchen, um wieder seefest zu werden. Der Start gestern war einfach zu steil. Für mich und auch für Astrid ist die Seefestigkeit eher wie ein Muskel, der trainiert werden möchte. Zwei drei moderate Schläge sind ideal und zwischendrin eine Woche vor Anker, aber an einem Ort, wo das Schiff nie wirklich zur Ruhe kommt. Das wäre eine ideale Trainingseinheit zum Eingewöhnen.

„Die Altstadt von Aviles“

„Die Altstadt von Aviles“

Obwohl immer wieder kräftige Böen durch den Hafen gehen, ist Avilés sehr ruhig. Viel ruhiger und auch geschützter als Gijón. Der Hafenmeister ist supernett und gibt wie selbstverständlich einen Corona-Rabatt, weil die Sanitärenanlagen geschlossen sind.

„Und ganz unerwartet ein echter Oscar Niemeyer“

„Und ganz unerwartet ein echter Oscar Niemeyer“

Sonntag machen wir einen Spaziergang durch die hübsche Altstadt, die in einem krassen Gegensatz zu dem Industriehafen steht. Ebenso wie die weißen Gebäude am Ende des Hafens. Kurz bevor wir das Schild »Centro Niemeyer« lesen, sage ich noch zu Astrid, dass mich die Gebäude doch irgendwie an »Le Volcan« in Le Havre erinnern. Ganz anders, aber dennoch verwandt. Es ist schon ziemlich überraschend, dass man nun in Avilés so unversehens wieder auf Spuren von Oscar Niemeyer stößt. Großartige Architektur ist doch schon ein richtiges Fest für die Augen und Sinne. Solche Zufallsfunde wecken den Wunsch nach mehr. Das müssen wir unbedingt aktiv in unsere Reise einbauen.

„Vorbereitungen… diesmal soll es ein Thunfisch sein oder irgendetwas anderes in dieser Größe.“

„Vorbereitungen… diesmal soll es ein Thunfisch sein oder irgendetwas anderes in dieser Größe.“


Avilés -> Cedeira (A) Start: 10:00 (13.07) Ende: 8:50 (14.07) Wind: ~NE 6 – 11 kn Distanz: 103,3 sm Gesamtdistanz: 129,7 sm

„Von Avilés -> in die Bucht von Cedeira“

„Von Avilés -> in die Bucht von Cedeira“

Hundert und ein paar zerdrückte Seemeilen liegen vor uns. Ribadeo mit dem Playa de Catedrales müssen wir leider links liegen lassen und auch Viveiro ist zu einer Notoption geschrumpft. Nach den neuen Corona-Ausbrüchen ist Ost-Galizien wieder downgelockt. Nicht so hart wie im Frühjahr in der Phase Null, aber doch schon sehr eingeschränkt. Die freudige Auskunft der Hafenmeisterdame in Gijón hat sich leider doch als optimistische Halbwahrheit herausgestellt. Die Regionen um Lugo haben nur für die galizischen Regionalwahlen kurzfristig den Lockdown gelockert und nun sind sie wieder dicht.

„Es geht wieder los, wir lassen Avilés hinter uns.“

„Es geht wieder los, wir lassen Avilés hinter uns.“

Uns war ja schon in Gijón aufgefallen, dass plötzlich noch mehr Menschen draußen eine Maske tragen, als dass die Spanier ohnehin schon tun. Diese Steigerung war ganz offensichtlich den neuen Lockdown-Meldungen aus Lugo geschuldet. Man hat hier wirklich sehr viel Angst wieder zurückzufallen.
Wir verstehen die regionalen Ereignisse ja nur, wenn man uns das dann auch auf Englisch erklärt, denn für Zeitungen oder Nachrichten reicht unser Spanisch bei weitem noch nicht. Doch generell haben wir den Eindruck, dass die Spanier all die Corona-Maßnahmen viel konsequenter und selbstverständlicher einhalten, als wir das in Deutschland so wahrgenommen haben. So haben wir hier auch kein schlechtes Gefühl und tragen auch selbst immer eine Maske. Natürlich nicht auf der PINCOYA oder wenn wir mit großen Abstand zu anderen Menschen spazieren gehen, aber wenn es enger wird, setzen wir, wie auch fast alle anderen, wie selbstverständlich die Masken auf.

So behält der nette Hafenmeister von Avilés leider recht. Der Playa de Catedrales ist für uns auch mit unseren Fahrrädern von Ribadeo aus nicht zu erreichen. Schade, eine erste Corona-Einschränkung, die wirklich blöd ist. Das Anlaufen der Häfen ist aber wohl dennoch gestattet bzw. wird toleriert. Zumindest hat unser Hafenmeister noch nicht gehört, dass es da Schwierigkeiten gegeben hat. Beim Ankern sagt auch keiner etwas, das wäre bei Viveiro ja auch noch eine Option. Trotzdem nehmen wir Ribadeo und Viveiro nur als Ausweichoptionen und und nicht als Ziele. Wir wollen in die Bucht von Cedeira, um dort mal einige Tage zu bleiben.

Im Hafen von Avilés weht kein Lüftchen, als wir die Leinen loswerfen. Doch draußen sollte jetzt schon ein klitzekleines Brischen wehen, das im Laufe des Tages auch noch etwas stärker werden soll. Aber insgesamt wird es sicherlich schwachwindig aus Ost bis Nordost bleiben. Unsere eine Hoffnung ist, dass der Tagesgang früh genug einsetzt und uns weiter im Westen auch der leichte Wind durch die Nacht erhalten bleibt. Und die zweite Hoffnung ist, dass dem Schiffsjungen nicht wieder so kotzübel wird!

„Heute warten eher ruhige Bedingungen auf uns. Gut für den Schiffsjungen!“

„Heute warten eher ruhige Bedingungen auf uns. Gut für den Schiffsjungen!“

Gleich vor der Hafeneinfahrt setzen wir Segel. Die Windrichtung stimmt, aber die 6 Knötchen bescheren uns nur eine Fahrt von knapp 3 Knoten, wobei das ablaufende Wasser noch etwas mithilft. Keine Rauschefahrt, aber wir haben ja Zeit. Egal, ob wir nun morgenfrüh oder erst am Nachmittag ankommen, Hauptsache es geht halbwegs vernünftig voran. Und ob es vernünftig voran geht, hängt ganz wesentlich auch von den Wellen ab. Windwellen sind das natürlich nicht, es ist ein alter Biskaya-Schwabbelschwell, der mal mehr aus Nord oder mal mehr aus Ost einläuft. Wann, wie und warum er sich das mal so oder so überlegt, bleibt sein Geheimnis.
Bald haben wir aber einen vernünftigen Kurs, der uns so durch die Wellen nach Westen schaukelt, dass es weitgehend angenehm bleibt. Und sogar der Wind nimmt langsam auf manchmal 11 Knoten zu. So ab 8 Knoten fährt unsere Dame prima. Es ist immer ein Getüftel. Den wenigen Wind müssen wir zwischen 100 und 130° nehmen und dabei einen guten Winkel zu den Wellen erwischen. Wenn das klappt, dann fährt sie.

„Es geht langsam voran, das macht müde.“

„Es geht langsam voran, das macht müde.“

„Weitgehend ruhig...“

„Weitgehend ruhig…“

„Selten eine Begegnung mit anderen Seglern. “

„Selten eine Begegnung mit anderen Seglern. “

Doch die ganze Sache bleibt über den Tag unstet und wird dann in der Nacht zunehmend schwierig. Zuwenig Druck in den Segeln und zu viel Welle von hinten. Auf Höhe der Cabos bei Viveiro werden die Wellen immer konfuser. Chaotisch waren sie ja schon den Tag über, aber nun schwappt hier einfach alles wild durcheinander, wie es gerade gefällt.

„Unsere erste Abendstimmung zur See dieses Jahr.“

„Unsere erste Abendstimmung zur See dieses Jahr.“

Es ist schwierig, überhaupt noch einen guten Kurs zu finden. In der Folge beginnt das Groß so erbärmlich zu schlagen, dass wir es ganz wegnehmen. Der Genua ergeht es nicht viel besser, aber sie macht nicht solch einen Radau. Und als wir am Cabo Ortegal dann nach Südwesten abbiegen müssen, fahren wir zwangsläufig fast vor dem Wind und kriegen überhaupt keine Fahrt mehr ins Schiff. Die Schwabbelwellen erreichen zudem erstaunliche Höhen und geben sich von ihrer zügellosen und gemeinen Seite. Nun reicht es auch uns, für die letzten 15 Seemeilen nehmen wir den Motor. Würden wir nur langsam, so um die 3 Knoten vorankommen, wäre das ja ok. Aber der alte Schwell ist schlicht zu unangenehm, obwohl es uns den Umständen entsprechend gut geht. Nur anfangs war uns etwas komisch, aber unsere Seebeine sind mit jeder Seemeile etwas gewachsen. Aus den Seebärchen sind zwar noch immer keine Seebären geworden, aber es geht.

„Immer noch oder schon wieder müde…?“

„Immer noch oder schon wieder müde…?“

Dazu brauchen wir wohl noch die ein oder andere Seemeile auf dem Atlantik, den wir nun erreicht haben. Das Wasser ist in jedem Fall schon deutlich blauer geworden. Vielleicht ein erstes Zeichen, dass wir nun doch so langsam ins Blauwassersegeln kommen.

„Anfahrt in die Bucht von Cedeira“

„Anfahrt in die Bucht von Cedeira“

Um 8:30 fällt unser Anker in der Bucht von Cedeira. In rund 20 Stunden Fahrzeit haben wir 103 sm bei 6 – 10 Knoten Wind gemacht. Und das fast alles unter Segeln. Das kann sich für unsere dicke, ziemlich vollgepackte Erna sehen lassen. Wir sind zufrieden, müde und froh, dass wir nun hier sind. Denn nun ist erst einmal Ruhe angesagt.


Vor Anker und im Angesicht von Muße und Entspannung

Es war nicht nur ein Missgeschick, es war ein echtes Mistgeschick. Irgendwann in der letzten Nacht ist einer von uns an den Wasserhahn in der Pantry gekommen oder irgendetwas auf unserem Schleuderkurs hat die Einhelbelmischbatterie etwas geöffnet. So lief und lief und lief unser hübsches Frischwasser einfach so durch den Abfluss in die Biskaya, ohne dass wir davon etwas bemerkten. Eigentlich hätten wir die Wasserpumpe hören müssen, denn sie muss richtig lange gelaufen sein. Im Nachhinein erinnern wir uns in der Tat an zwei Dinge, über die wir uns gewundert haben ?, aber wirklich hellhörig ist keiner von uns beiden geworden.
So dusche ich heute morgen, nachdem wir etwas ausgeschlafen haben, mit den letzten Tropfen unseres kostbaren Frischwassers, während Astrid schon bereitsteht, um es mir gleich nachzutun. Aber dazu kommt es nicht mehr, denn die Pumpe macht komische Geräusche, die uns allerdings sehr bekannt vorkommen. Der Tank ist leer ?. Wie kann das sein? Gestern aufgefüllt und heute leer. In der furztrockenen Bilge findet sich kein einziges Tröpfchen unseres schönen Frischwassers, aber der Tank ist definitiv leer. Und so reimen wir uns ganz langsam zwei, drei Dinge der letzten Nacht zusammen…. Echt blöd gelaufen! Eigentlich wollten wir hier vor Cedeira einige Tage bleiben und uns in Ruhe und Gelassenheit üben. Und wie haben wir uns auf eine entspannte Ankerplatzdusche gefreut, wo in den Häfen doch alle Duschen corona-mäßig geschlossen sind. So haben wir in Gijón das Late-night-showering erfunden. Kurz nach Sonnenuntergang, wenn keiner mehr auf der Mole ist und die Dunkelheit unsere nackten Körper züchtig einhüllt, wurde unsere Badeplattform zur Duschplattform.
Und nun? Kein Frischwasser! Abwaschen können wir mit Seewasser, aber ganz ohne Frischwasser geht es auch nicht. Sada und A Curuña sind ja nicht weit weg, aber eigentlich wollten wir hier ja doch etwas bleiben. Wenigstens drei muntere Entspannungstage, das hatten wir uns vorgenommen.

„Wassermangel!!“

„Wassermangel!!“

Mit dem Fernglas suchen wir die Molen der Fischer nach verdächtigen Schlauchansammlungen ab. Aber nichts… Also setze ich mich ins Dinghi und begebe mich auf die Suche. Wenn’s überhaupt Wasser gibt, dann in der Nähe der Tankstelle oder bei der Werft. Einen klassischen Hafen gibt es hier ja nicht. Aber an Land finde ich nur einen Wasserhahn, der kein Wasser mehr lassen »kahn«. Ok, den Schüttelreim finde ich ganz lustig, aber den Rest nicht mehr so. Per Handy beraten Astrid und ich schlagkräftige, spanische Sätze, die ich den Werftmitarbeitern sagen kann, um doch noch irgendwie an Wasser zu kommen.
Und es funktioniert!!! Der Werftmann versteht mich und ich verstehe ihn. Nur einen »manguera larga«, also einen langen Schlauch brauchen wir. Die Vokabel kenne ich noch vom letzten Jahr und Gott sei Dank haben wir seit unserem Frischwasserdesaster auf Gotland nun auch immer 50m Schlauch an Bord.

„Noch steht genug Wasser vor der Werft. “

„Noch steht genug Wasser vor der Werft. “

Also zurück zur PINCOYA und schnell zur Werft. Das Hochwasser läuft noch bis 18:30 ab, es ist 15:30, aber noch schwappt genug Wasser vor der Kaimauer der Werft. Es dauert, bis wir alles wieder für den Aufbruch zurückgefummelt haben, denn wir hatten uns ja schon gleich heute früh auf einen längeren Aufenthalt eingestellt. Der Rest geht problemlos. Der Wasserstand vor der Werft passt noch, ich klettere die Leiter hoch und lege unseren Schlauch bis zum Hahn. Unten bereitet Astrid alles vor und ich lasse ihr den Schlauch herunter. Um 16:30 sind wir zurück auf unserem Ankerplatz. Mit unserer selbstverordneten Übung in Ruhe und Gelassenheit hat das heute ja noch nicht so wirklich geklappt, aber morgen, gleich morgen fangen wir damit an.


Die Luft ist raus!

Dienstagfrüh sind wir hier angekommen und nun ist es schon Freitag. Und damit uns nicht zu langweilig wird, haben der Mittwoch und Donnerstag für uns auch noch gleich zwei kleine Überraschungen dabei. Plötzlich fühlt sich die rechte Kammer unseres Gummibootes irgendwie schlapp, man sieht es ihr auch direkt schon an, und als wir sie etwas knuffen, ist sie es auch. Also suchen wir mit viel Spülischaum das Loch und finden es auch unter dem rechten Schlauch an der Naht zum Scheuerschutz. Leider ist es aber kein echtes Loch, dass wir zu verantworten haben, sondern wohl ein erster Vorbote des Alters. Unser Gummiboot geht nun in seine 9te Saison, vielleicht ist es da ja nicht ungewöhnlich, dass eine erste Naht schwächelt. Mal sehen, ob sich der Rest noch stramm hält, aber irgendwann in den nächsten Jahren wird wohl ein neues Gummiboot fällig sein.

Nachdem die blubbernde Nahtstelle gefunden ist, kramt die Capitana siegessicher das Reparaturkit aus der Pampekiste hervor. Die Flicken sehen auch noch so aus, als ob sie halten können, was sie versprechen, aber die zugehörige Pampe in der Tube ist zu einem kristallinen Häufchen geschrumpft und alles, aber nicht mehr pampig. Haltbarkeitsdatum 6/2010. Nun gut, das ist jetzt nicht gerade gestern, aber das muss nun ja auch nicht gleich heißen, dass man sich ganz aufgibt.

„Luftmangel! Viel Pampe hilft viel!“

„Luftmangel! Viel Pampe hilft viel!“

Also muss unser Wundermittel ran. Pantera! Pantera klebt wie Sau und bleibt dabei über Jahre elastisch. Immer wenn bisher unser Gummiboot eine Macke abbekommen hat, haben wir gleich Pantera auf die Wunde gepampt. Das sieht zwar scheiße aus, hält aber seit Jahren absolut zuverlässig. Selbst die allerersten Einpampungen sitzen heute noch so fest wie am ersten Tag. Damit qualifiziert sich die Pantera-Pampe als DER Retter in der Not. Und so pampen wir Mittwoch die erste Blubberstelle großzügig ein, um Donnerstag festzustellen, dass die jetzt zwar dicht ist, es aber nun gleich nebenan blubbert. Also Donnerstag die ganze Prozedur noch einmal auf der neuen Stelle. Und nun, am Freitag, scheint alles dicht zu sein. Bewaffnet mit Einkaufstasche und Blasebalg fahren wir einkaufen und bringen unseren Einkauf auch trocken zurück auf die PINCOYA. Alles scheint nun wieder dicht zu sein und nachpumpen mussten wir auch nicht.


Dennoch!

Dennoch sind wir nun tatsächlich dabei anzukommen. Seit Mittwoch verbreitet sich ganz langsam und vorsichtig das Gefühl, dass wir nun in unserem neuen Leben ankommen.

„In der Bucht von Cedeira“

„In der Bucht von Cedeira“

Der Kopf muss zwar immer noch mal eingreifen und sagen: “Hey, bleib locker und mach mal halblang!” Aber es wird. Wir ankern nun schon den vierten Tag in dieser wunderbaren Bucht vor Cedeira und wir könnten einfach direkt noch mal 4 Tage drauflegen. Das haben wir so ja das erste Mal und so langsam beginnt die Freiheit dazu auch tatsächlich von innen zu kommen. Es ist schon etwas ganz anderes, wenn es kein fixes Ende gibt, das einen antreibt. Und es ist gut, dass es keinen fixen Plan gibt. Zudem hat Corona ja unsere ohnehin losen Pläne noch einmal zwangsgeschrumpft. Im Nachhinein betrachtet, ist das für unser erstes, langes Jahr gar nicht so schlecht. So schrecklich das Virus auch sonst ist und so schwierig es die Reiserei macht. Da ist es auch schon ein großes Glück für uns, dass das Leben an Bord unser erstes Ziel ist und nicht die Ziele, die man erreichen kann. Wer hätte das gedacht, dass der Satz: “Wir wollen einfach mal etwas länger auf unserem Schiff leben.”, den wir vor 10 Jahren auf unsere Homepage geschrieben haben, immer noch so wahr ist.

So genießen wir nicht nur die tolle Ankerbucht, sondern auch das Vorankerliegen. Wir kommen runter, schreiben die Blogs fertig, die schon so lange fertig geschrieben werden wollten, bringen die Photos auf Stand, lesen und lassen die Seele baumeln. Und Stück für Stück sind nun auch schon all die Dinge erledigt, die nach einer solch langen Pause als erstes erledigt werden möchten und wir kommen Stück für Stück in unserem neuen Lebens an. Das hört sich in der Tat etwas pathetisch an, doch es fühlt sich tatsächlich auch so an.


Duftige Landgänge

Erst am Freitag gehen wir das erste Mal wieder an Land, um einzukaufen. Bei Hochwasser steuern wir den Strand von Cedeira an. In der Bucht von Cedeira und vor allem in dem Mündungsgebiet des Rio das Mestas im südlichen Teil der Bucht fallen bei Niedrigwasser großes Sandflächen trocken. Ohne so richtig darüber nachzudenken, treffen wir mit Hochwasser genau die richtige Zeit, um in Cedeira einzukaufen. Die Rollen an unserem Gummiboot sind zwar nach wie noch der Hit, aber 800 m will man ja sein Gummiboot auch nicht Gassi führen.

„Cedeira“

„Cedeira“

Cedeira selbst ist ein hübscher und beschaulicher Urlaubsort. Die Bucht von Cedeira ist Naturreservat, bestimmt finden sich hier deswegen auch keine Bettenburgen. Selbst kleine Hochhäuser gibt es nicht. Cedeira wirkt »naturbelassen«. Eine versteckte Schönheit ohne viel Tamtam. Das Städtchen passt zu seiner Bucht. An dem riesigen Sandstrand sind nur wenige Menschen und auch die Fußgängerzone mit all den Restaurants könnte deutlich mehr Andrang vertragen. Es ist wirklich wenig los, das kann man deutlich sehen. In der großen Bucht liegt ja auch nur eine kleine Auswahl europäischer Segeltouristen. Zusammen mit einem weiteren Deutschen, einem Niederländer, einem Briten, einem Belgier und einem Franzosen scheinen wir hier die einzigen nicht-spanischen Touristen zu sein.

„Man kann es hier aushalten, die Bucht ist wirklich toll.“

„Man kann es hier aushalten, die Bucht ist wirklich toll.“

Für nen Appel und nen Ei kaufen wir uns im Supermarkt nicht nur Brot, sondern auch einen Berg Obst. Es ist fantastisch, was man hier schon alles in einem normalen Supermarkt bekommt, ganz zu schweigen von den Fruterias. Allein dafür lieben wir schon Spanien. Zurück auf der PINCOYA machen wir uns erst einmal über diese Früchtchen der Saison her.

Als wir dann am Samstag zu dem kleinen Strand zwischen den Felsen aufbrechen wollen, der nur zu Niedrigwasser eine nennenswerte Größe erreicht, paddelt ein Spanier mit seiner Tochter an unserem Heck vorbei und ruft »Guten Morgen!« Kurz darauf treffen wir uns auf dem kleinen Strand wieder und in einem spanischen Deutsch-Englisch-Gemisch schwärmt er uns von Cedeira vor. Eigentlich wollten wir nur zu dem Leuchttürmchen, das jede Nacht sein weißes Licht zu uns herüberwirft, doch er sagt uns, dass wir unbedingt auch auf die andere Seite der schmalen Landzunge gehen müssen. Dort wäre ein riesiger Strand, aber Vorsicht, bei Niedrigwasser nicht zu lange dort herumlaufen, sonst kämen wir nicht wieder hierher zurück.

„Kletterpartie!“

„Kletterpartie!“

Zwischen den Felsen hängen einige Seilfragment zu dem kleinen Strand herunter, an dem wir angelandet sind. Das muss der Fußweg sein! Also klettern wir hoch. Es ist nicht ganz so steil und cliff-hanger-mäßig wie in der Bretagne, aber wir sind auch nicht böse, dass jemand diese ausgedienten Fischertaue hier hingehängt hat.

„Ein glaublich schöner Spaziergang durch die Pinien- und Eukalyptus-Wälder erwartet uns.“

„Ein glaublich schöner Spaziergang durch die Pinien- und Eukalyptus-Wälder erwartet uns.“

Der Pinien- und Eukalyptus-Wald empfängt uns mit seinem »Erkältungsbadduft«. Es ist irre, diesen Duft so intensiv zu inhalieren. Je mehr die Sonne auf den Wald scheint, desto intensiver duften die ätherischen Öle. Schon mitten in der Bucht vor Anker, hat der Wind immer mal wieder diesen Duft zu uns herübergeweht. Nun sind wir mittendrin. Ein duftender Urwald eröffnet sich uns.

„Fast schon etwas Urwald.“

„Fast schon etwas Urwald.“

Auf den echten Wanderweg zum Leuchttürmchen stoßen wir fast direkt, nachdem wir die Felsen hinter uns gelassen haben.

„Der Leuchtturm am Eingang der Bucht von Cedeira.“

„Der Leuchtturm am Eingang der Bucht von Cedeira.“

Zwischen den Bäumen schimmern immer mal wieder das Meer, die Wellen der Bucht, aber auch die großen trocken gefallenen Sände der Mündung des Rio das Mestas durch. Einige Stunden schlendern wir so durch den Duftwald, gehen zum Leuchtturm und klettern auf der anderen Seite der felsigen Halbinsel mal hier und da zum Wasser herunter. Es ist wirklich wunderschön. Die Sonne verwöhnt uns und lässt den Wald noch etwas mehr duften.

„Die sandige Mündung des Rio das Mestas“

„Die sandige Mündung des Rio das Mestas“

„Der Surf-Nachwuchs übt...“

„Der Surf-Nachwuchs übt…“

Zurück auf der PINCOYA machen wir erst einmal wieder eine Früchtchen-Pause und fahren erst am späten Nachmittag noch einmal mit dem Gummiboot auf die andere Seite. Die alten Burgreste oberhalb des Fischereihafens, die Felsen mit der roten Einfahrtsbefeuerung zur Bucht und der Blick über die unendlich scheinende Biskaya, auf der sich schon wieder weiße Krönchen gebildet haben, sind auch beeindruckend.

„Cedeira-Hafen unter der verfallenen Burg“

„Cedeira-Hafen unter der verfallenen Burg“

„Ein Blick aus der Burg auf den Hafen.“

„Ein Blick aus der Burg auf den Hafen.“

Aber das absolute Highlight war unser Morgenspaziergang auf der anderen Seite. Zum Abschluss stapfen wir noch zu dem Kirchlein, dass wir bei der Einfahrt vor 5 Tagen hoch oben auf den Felsen gesehen haben. Es ist nicht weit, aber es ist um 19:00 immer noch recht warm. Und so umfängt uns auch auf dieser Seite der Bucht wieder der Pinien- und Eukalyptus-Wald mit seinem Duft.

„Ermida de Santo Antonio de Corveiro hoch auf den Felsen am Eingang zur Bucht von Cedeira“

„Ermida de Santo Antonio de Corveiro hoch auf den Felsen am Eingang zur Bucht von Cedeira“

vor Cedeira vor Anker
43° 39′ 12,4″ N, 008° 03′ 47,9″ W