Nun sind wir tatsächlich wieder genau dort, wo wir vor 7 1/2 Monaten aufgehört haben. Wir liegen am selben Ponton und sogar am selben Fingerausleger, nur auf der anderen Seite. Die neuen Ventile sind dicht und bisher funktioniert alles ohne neue Überraschungen. Auch der Motor hat bereitwillig seinen Dienst wieder aufgenommen und nicht herumgezickt. Gar nicht so schlecht für unsere dicke Erna. Als Auto hätte sie ja dieses Jahr ein historisches Kennzeichen bekommen. Sie hat sich gut gehalten.
Am Montagmorgen sind wir noch vor den Werftmitarbeitern auf dem Gelände. Das hört sich spektakulär an, ist es aber in Spanien nicht. Das Arbeitsleben erwacht hier so gegen 9:00. Leider hat die Werft nur ein 3/4″ Ventil, also muss uns die Mutter aller Eisenwarengeschäfte retten. Der Mitarbeiter von Martin Vega verschwindet diesmal aber mit einem »si si« und nicht, wie gewohnt, mit einem »si claro« im Lager. Hmm, hoffentlich ist das kein schlechtes Zeichen. Nach einer Weile kommt er mit einem 1 1/4″ Ventil und einer passenden Schlauchtülle zurück, aber den 45° Bogen muss er besorgen. Das soll nur eine Stunde dauern, also auch kein Beinbruch. Nach einer Stunde muss er uns dann allerdings eröffnen, dass es in ganz Gijón keinen AG-IG 45° 1 1/4″ Niro-Bogen gibt. Er ist irgendwie bedröppelt, aber was hilft’s. Wir nehmen die Teile, die wir kriegen können und ziehen erst einmal los. Hauptsache wir haben ein Ventil, der Rest wird sich auch noch finden. Mit neuem Ventil könnten wir in jedem Fall erst einmal ins Wasser, dass das gesichert ist, ist die Hauptsache. Aber auch die Werft hat nur einen 90° IG-IG-Bogen, der uns so natürlich auch nicht weiterhilft. Und da der Schlauch ohne Bogen gar nicht auf den Stutzen passt, die Bordwand ist ja geneigt und wir müssen senkrecht hoch zum Schwanenhals, müssen wir also den alten Bogen recyceln.
In der Werkstatt der Werft ist der alte Bogen schnell von dem kaputten Ventil getrennt. Dann ein erster Test, ob alles passt. Grundsätzlich ja, aber leider ist das neue Kloventil mit seinem Kugelkopfhebel einen kleinen Tick ausladender als das alte. Wir können es nicht eindrehen. Das Ventil vom Waschbeckenabfluss daneben ist im Weg. Also baut die Capitana das zweite Seeventil auch aus, während der Schiffsjunge den alten Klobogen reinigt und auf Schäden untersucht. Der ist aber ok, den können wir so bedenkenlos weiterverwenden. Bei der Mutter aller Eisenwarengeschäfte bekommt Astrid dann auch gleich noch ein neues 1″ Waschbeckenventil inkl. Schlauchtülle. Das alte ist zwar nicht kaputt, aber wenn wir es eh ausbauen, dann kommt auch gleich ein neues rein. Nun steht der Reparatur nichts mehr im Wege. Den Bollen Hanf zum Eindichten finde ich allerdings erst drei Tage später, bei einer ganz anderen Gelegenheit, wieder. Ich wußte, dass wir das Zeug mitgenommen haben, aber manchmal ist ein Schiff dann doch größer und unwegsamer, als man so denkt. Und der Schiffsjunge ist ein wahrer Meister im Stauen, nur beim Wiederfinden hapert es manchmal noch.
Also dichten wir mit Silikonband ein und schmieren zusätzlich Pantera-Pampe (ein Zeug ähnlich wie Sikaflex) in die Gewinde. Diese Mischung war bisher immer auf Anhieb dicht und hat noch nie Zicken gemacht. Da es mehr als saublöd wäre, wenn wir am Kran hängend feststellen, dass es doch nicht richtig dicht ist, geben wir uns besonders viel Mühe und sind besonders gewissenhaft.
Der Einbau selbst geht schnell und um 13:00 sind wir fertig. Die Mittagspause der Werftmitarbeiter geht von 13:30 bis 14:30 und wir hoffen, dann gleich danach dranzukommen. Aber wir haben den Plan durcheinander gebracht und müssen nun bis kurz vor Feierabend warten.
Um 17:00 hängt die PINCOYA dann am Kran und wir können die Auflageflächen streichen. Und um 17:30 taucht sie dann ganz vorsichtig ihren Kiel wieder in das Biskaya-Wasser.
Das Kranen von kleineren Booten interessiert hier niemanden, aber wir haben dann doch ein ganz ansehnliches Publikum. Am Kran hängend wird die PINCOYA erst einmal so weit heruntergelassen, dass wir bequem über den Bugspriet einsteigen können. Dann geht es weiter nach hinten in der Krankammer. Astrid und ich hängen erst das Genuastag wieder ein, denn das mussten wir ja für den »Landtransport« demontieren, da unsere Dame sonst nicht hoch genug gehoben werden kann. Bevor wir dann richtig ins Wasser entlassen werden, geht’s so weit runter, dass wir alle Seeventile und speziell die beiden neu eingesetzten überprüfen können. Alles ist dicht. Jippi! Da fällt einem schon ein Stein vom Herzen, auch wenn man so gründlich wie möglich gearbeitet hat. Als dann auch noch der Motor rund läuft, wird einfach nur noch der hintere Gurt ganz runter gelassen und wir fahren aus dem vorderen selbst heraus. Das Kranen mit einem Travellift ist schon um Klassen einfacher als mit einem normalen Kran.
Wie im letzten Jahr kommt auch dieses Jahr sofort ein Helfer der Werft mit seinem Boot angesaust, und ist noch so rechtzeitig da, dass er unsere Leinen annehmen kann. Der Service kann sich sehen lassen! Obwohl das Office schon geschlossen hat, bringt er uns auch noch schnell eine Zugangskarte, alles andere sollen wir dann morgen im Office machen. Die Duschen sind morgens nur stundenweise geöffnet, die Toiletten allerdings durchgehend. Das ist schon mal ein besserer Service als in der Yates Marina.
Als letzte Amtshandlung füllen wir noch schnell Frischwasser auf. Dann ist Feierabend und wir setzen uns mit einem Glas Rosé ins Cockpit und genießen den abendlichen Ausblick auf Gijón, so wie vor 7 1/2 Monaten das letzte Mal. Nur etwas wärmer ist es jetzt, ansonsten geht’s dort weiter, wo wir letztes Jahr aufgehört haben.
Fest entschlossen, nicht hetzen zu wollen, und in dem Wissen, dass wir immer länger brauchen als andere, buchen wir in der Stadtmarina gleich 5 Nächte bis zum Samstag. Die 35 € pro Nacht tun weh, aber wie schon im Herbst ist man in Gijón alternativlos gefangen. So ein Monopol macht die Preise. Schön für die Marina, schlecht für die Segler. Den Leihwagen haben wir noch bis Freitag und wir können ihn auch bis dahin immer wieder auf dem Werftgelände parken. Das ist auch gut so, denn in der Umgebung der Stadtmarina gibt es nur zahlungspflichtige Parkplätze, in deren Automaten die Euros schneller verdunsten als man nachwerfen kann.
So läuft ab Dienstag Tag für Tag unser Vorbereitungsprogramm auf Hochtouren, wobei uns die spanische Sonne echt gehörig zusetzt. Seit wir unser Bimini haben, haben wir es ja fast ausschließlich als Rainimi genutzt. Dieses Jahr wird sich das wohl ändern und wir sind froh, dass wir mit dem Bimini etwas Schatten ins Cockpit bekommen. Der Schiffsjunge ist inzwischen dazu übergangen, den ganzen Tag ein T-Shirt zu tragen. Das hilft aber auch nicht wirklich und nach zwei Tagen haben seine Schultern und Rücken einen richtig schlimmen Sonnenbrand. Schöner Mist, da haben wir den Lichtschutzfaktor eines T-Shirts echt überschätzt. Die nächste Variante ist Polo-Shirt mit hochgeschlagenen Kragen und darunter noch ein T-Shirt, aber damit in der Sonne zu arbeiten, ist auch kein wahres Vergnügen.
Und wir haben ein volles Programm… Schwimmwesten holen, Einkaufen, Gas holen und Dieselkanister auffüllen. Wieder freuen wir uns unendlich über unsere Kanistervariante. 1,28 € in der Marina und 0,94 € an der Tankstelle bei Alcampo. Bei 100 Liter Diesel ist das gleich eine Übernachtung in Gijón. Das kann sich sehen lassen. Vorstag wieder richtig spannen, drei neue Gewinde in den Furler der Starkwindfock schneiden, weil wir im Herbst festgestellt haben, dass die Schrauben rausgegammelt waren, Rigg checken und Ölwechsel machen. Segel anschlagen, das Gummiboot mit Außenborder an den Start bringen, Rettungsinsel anschlagen, Backstagen riggen und Lifelinen ausbringen. Alles verstauen, aufräumen und ordnen und dann alles ordnen, aufräumen und verstauen. Eine unendliche Aufgabe! Und ja, all den Dreck vom Deck und vom Decksalon schrubben. Nicht nur der Strand neben der Werft, wohl auch die Zementfabrik im Westen von Gijón haben ihre Spuren hinterlassen.
Aber dann sind wir fertig, alles funktioniert, alles ist gecheckt, alles ist verstaut und wir hoffen, nichts vergessen zu haben.
Dann bringen wir noch den Mietwagen weg und fahren mit dem Bus zurück. Eine 3/4 Stunde mit Maske im Bus zu sitzen, ist eher unangenehm, aber zurzeit geht es eben nicht anders. Die wenigen Fahrgäste setzen sich wie selbstverständlich weit auseinander. Inzwischen ist das alles schon fast normal geworden, auch weil hier alle das wie selbstverständlich so machen.
Die Wind- und Wellenverhältnisse für unseren ersten Segeltag am Samstag könnten besser und vor allem ruhiger sein, aber morgen geht’s los und morgen werden wir endlich Gijón hinter uns lassen und weiter nach Westen segeln. Wenigstens bis Ribadeo. Dort wartet der Playa de Catedrales auf uns, denn zum Samstag wurde der Lockdown dort wieder aufgehoben und nun wir können alles so machen, wie wir es geplant haben.
in Gijón
43° 32′ 43,9″ N, 005° 39′ 59,8″ W