Cabo Finisterre vor Playa Langosteira -> Ría de Muros vor Playa San Francisco Start: 15:30 Ende: 18:45 Wind: N 20 – 27 – 6 kn Distanz: 17,0 sm Gesamtdistanz: 289,3 sm
Gleich, nachdem wir von unserem Ausflug zum Cabo Finisterre wieder zurück auf der PINCOYA sind, bereiten wir alles vor, um aufzubrechen. Besser können die Bedingungen nicht sein, um rauschend in den nächsten Ría, den Ría de Muros, zu sausen. Die Sonne scheint von einem sattblauen Himmel, der Wind weht dauerhaft mit 5 bis 6 Beaufort aus Nord und vor uns liegt ein Meer aus Glitzerwasser. Was braucht es da mehr für eine Rauschefahrt in die San Francisco Bay? Die Bucht südlich von Muros heißt in der Tat so, wenn auch nicht auf Englisch, aber bei diesem Wetter ist diese Metapher ein Muss. Vielleicht schaffen wir es ja doch irgendwann einmal bis in die echte San Francisco Bay und genau dann hätten wir dort auch gerne genau solch ein Wetter.
Schon kurz nachdem wir den Anker aufgeholt haben, fährt die PINCOYA ganz ohne Segel und nur vor Topp und Takel 3,5 Knoten. Um es richtig rauschen zu lassen, setzen wir die Genua noch im 2ten Reff und schon geht’s mit 7 Knoten dahin. Etwas unruhig gleitet unser Gummiboot hinter uns her und als die Wellen auf Höhe des Cabos zunehmen und der Wind locker die 25 Knoten umspielt, ärgern wir doch etwas, das Gummiboot nicht hochgenommen zu haben. Da sich das Gummiboot nicht entscheiden kann, ob es lieber die von achtern einlaufenden Wellen herunter surfen will oder doch uns folgen möchte, holen wir es dicht und binden wir es sehr kurz an. Zu viel Freiheit ist in diesem Fall nicht wirklich gut, denn wenn es jetzt Zicken macht und auf einem Wellenkamm blöd von einer Bö erwischt wird, schlägt es um und geht unter Umständen auf Tauchstation. Dann können wir es nur abschneiden und wohl kaum wieder einfangen. Aber so kurzstag wird der Bug etwas hoch gezogen und außer einem wilden Gezicke kann nun wohl nicht’s mehr passieren.
Je weiter wir uns vom Cabo entfernen und je näher wir dem Eingang des Ría de Muros kommen, desto normaler werden der Wind und die Wellen aber auch wieder. Die Untiefen von Bajos de Meixidos und Bajos los Bruyos kurz vor dem Eingang zum Ría lassen wir außen liegen und gehen innen durch. Die Islotes de Neixós nehmen wir dann allerdings außen, obwohl wir einen Spanier beobachten, der dort locker innen durchfährt. Aber so viel Nervenkitzel brauchen wir dann auch nicht, denn wir fahren immerhin noch gut 6,5 Knoten.
Kurz hinter den Islotes de Neixós, also den kleinen Felseninselchen am nördlichen Eingang des Ría de Muros, macht es hörbar »Klick« und irgendwer schaltet den echten Hochsommer ein. Nun war es bisher auch nicht wirklich kalt, aber sommerlich heiß war es eben auch nicht. Und nun, und wirklich von einer Minute zur anderen, ist Hochsommer. Der Wind ist fast weg, nur noch hinter uns sehen wir die weißen Schaumkrönchen. Wir schauen uns an und denken, dass wir wohl in einem anderen Film gelandet sein müssen. So eine abrupte Veränderung haben wir wirklich noch nie erlebt.
Schwitzend lassen wir vor dem Strand der Ensenada de San Francisco den Anker auf gut 8 m fallen. Es ist zwar Niedrigwasser und es werden in den nächsten 6 Stunden wieder etwas mehr als 3 m hinzukommen, aber so liegen wir etwas abseits, denn die Ensenada de San Francisco scheint »die« Badebucht des Ría de Muros zu sein.
Dicht an dicht drängen sich die bunten Sonnenschirme und das Kindergeschrei und der Badetrubel lässt erst gegen 21 Uhr nach. Doch dann sind wir fast allein, nur noch 2 weitere Segler bleiben mit uns über Nacht, der Strand leert sich und die Daysailor holen ihre Anker auf.
Eine wunderbare Ruhe senkt sich über die Bucht und wir beschließen spontan, unseren fast nicht mehr vorhandenen Wasservorrat doch noch einmal über einen weiteren Ankertag auszudehnen. Wir liegen nun schon den 8ten Tag vor Anker, aber einer geht noch. Doch dann müssen wir wirklich nach Muros, denn uns fehlt inzwischen wirklich alles. Zum Sundowner teilen wir uns den letzten Wein ein, ein Schlückchen heute und das letzte Schlückchen morgen.
Der Pilgerpfad hat in der Capitana wohl etwas Schlummerndes geweckt. Oder es waren all unsere bisherigen Ausflüge zusammen. Zumindest eröffnet sie mir beim Frühstück, dass wir heute “da” zu den Steinritzungen wandern werden, – ihr Kopf ruckt vage in Richtung der Berge-, um dann auf dem Rückweg auch noch gleich zu dem kleinen Kirchlein, – Astrids Kopf ruckt deutlich in eine ganz andere Richtung -, zu gehen. Als ich etwas von Bildern und Blogschreiben brummele, sagt sie: “Nicht gleich, aber dann!” Und schon ist es abgemacht. Dass das »aber dann« nicht zu den schlauesten Entscheidungen des Tages gehört, merken wir, als wir 4 Stunden später mit unserem Gummiboot am Strand ankommen und es über die Hochwassergrenze ziehen. Normale Menschen gehen nämlich nicht um 15:00 wandern, um Steinritzungen von Urspaniern zu suchen, sondern setzen sich in den Schatten und gehen ab und zu mal ins Wasser, um sich abzukühlen.
Nachdem wir die Hitze der Häuserschluchten von San Francisco hinter uns gelassen haben, kommt uns der Waldweg, den wir tatsächlich ohne Umwege finden, richtig kühl vor. Da niemand außer den bekloppten, deutschen Touristen auf die Idee kommt, durch den Wald die umliegenden Berge zu besteigen, wandern wir mutterseelenallein auf unserem einsamen Pfad. Es ist wirklich schön und in der Tat auch etwas kühler als draußen in der Sonne, aber trotzdem schleift unsere Zunge nach einiger Zeit fast geräuschlos über den steinigen Waldwegboden. Gott sei Dank haben die Spanier ab und zu Quellen an den Wegesrand gebaut, wahrscheinlich um deutsche Touristen am Leben zu erhalten, da es auch den Rettungsmanschaften für eine Rettung zu warm ist.
Irgendwann scheint die Capitana aber etwas zu quälen. Und als ich sie frage, was denn ist, fragt sie: “Sag mal, so richtig wilde Tiere gibt es hier doch eigentlich nicht, oder?” Wir trotten in der Tat gerade mutterseelenallein durch eine urwaldmäßige Einsamkeit und bei einem Zweikampf käme es wohl auf den Schiffsjungen an, der sich natürlich selbstlos schützend vor seine Capitana stürzen müsste. Auch ich sehe mich unwillkürlich nach Bären um, der Blog der Luna Mare wirkt wohl doch irgendwie nach. “Nun,” überlege ich, “höchstens wohl ein paar dem Stierkampf entkommende Stiere, aber ich weiß wirklich nicht, wieviele es jedes Jahr schaffen abzuhauen.” Ich überdenke meine Voraussetzungen für einen Zweikampf mit einem entkommenen Stier, gut sind die nicht, aber ich trage wenigstens kein rotes T-Shirt.
Nach einiger Zeit lichtet sich der Wald und die Steinritzungen liegen gleich rechts oben vor uns. Wir finden auch sofort den Fels, das Schild und die Tafel mit den Photos und den Erklärungen. Aber von den Steinritzungen finden wir weit und breit nicht die geringste Spur. Wir be- und umklettern den Felsen und nehmen uns dann auch noch die anderen Felsen in der Nähe vor. Aber wir finden nichts, was auch nur entfernt mit dem eine Ähnlichkeit hat, was auf den Photos der Tafel zu sehen ist. Mir geht durch den Kopf, dass man vielleicht den ganzen Felsen mitsamt den Steinritzungen der Urspanier in das Nationalmuseum in Madrid gebracht haben könnte und für die wenigen deutschen Touristen, die in der Mittagshitze hier heraufsteigen, die Tafel mit den Photos aufgestellt hat. Doch die Capitana gibt nicht auf und findet tatsächlich schemenhafte, kreisrunde Formen im Fels. Ich vergleiche das Sichtbare mit den Photos. Der Archäologe muss echt ein Profi in Photoshop gewesen sein, sonst hätte er aus dem Wenigen nicht so viel herausholen können.
Ergriffen betrachten wir die kreisrunden Steinritzungen und brechen dann zu dem Kirchlein auf.
Das Kirchlein entpuppt sich allerdings als Ruine, die dafür sehr hübsch mit uns unbekannten Blumen überwachsen ist. Nur der Friedhof auf der anderen Straßenseite erfüllt wohl noch die Aufgabe, die er erfüllen soll. Also gucken wir uns den Friedhof an und fragen uns, warum man hier seine Toten doch so ganz anders zur letzten Ruhe bettet als in Deutschland.
Zurück in San Francisco finden wir nicht nur einen kleinen Allzweck-Supermercado, der Brot, Oliven und ein 6er-Pack Bier hat, sondern auch unser armes Gummiboot halb schlapp in der Sonne vor. Wahrscheinlich hat die Sonne unser Gummiboot doch zu sehr aufgeheizt und obwohl wir schon etwas weniger Druck auf den reparierten Schwimmer gegeben hatten, hat er nun fast alles rausgelassen, was er einmal an Luft in sich hatte. So humpeln wir mehr, als dass wir fahren zurück zur PINCOYA. Meter um Meter kämpfen wir uns so flügellahm voran und unser kleiner Außenborder gibt mehr, als er eigentlich geben kann.
Nach dem 9ten Tag vor Anker fahren wir dann aber wirklich in den Hafen nach Muros. Hafentage sind für uns inzwischen zu Arbeitstagen geworden. Da wird dann in die 24 h alles reingestopft, was eben nur in einem Hafen richtig zu machen ist. Einkaufen, waschen, die PINCOYA innen und außen aufklaren, alles wieder einmal entsalzen, staubsaugen und mal richtig putzen, was ja sonst mit dem eingeschränkten Wasservorrat nur bedingt geht. Und diesmal ist auch noch das Gummiboot dran, die Reparatur auf einem Steg zu machen, ist schon viel einfacher, als es wieder freifliegend von der Badeplattform aus zu versuchen.
Der spanische Hafenmeister von Muros, es gibt ja auch noch Klaus, den deutschen Hafenmeister von Muros, schimpft etwas mit uns, weil wir uns nicht über Kanal 9 angemeldet haben. Das wäre in ganz Spanien so üblich und ein Muss, sonst könnte man sogar echt Ärger bekommen. Wir nehmen das mal so hin und wenn wir das nächste Mal nach Muros kommen, werden wir uns auch ganz sicher über Kanal 9 melden, aber bisher war das in Spanien eben noch nie nötig.
Klaus frage ich, ob man hier oder irgendwo in den Rías ein neues Gummiboot bekommen kann. Irgendwie wohl nicht so, aber er gibt uns die Adresse eines Web-Shops aus Madrid, doch die haben irgendwie auch nicht das Richtige und wenn, dann mit einer Lieferzeit von 4 Wochen. Das ist alles schon echt blöd, die Reparatur des Gummibootes muss also gelingen, sonst gibt es nur noch in Sanxenxo eine Zodiac Vertretung, die uns vielleicht etwas bestellen kann, oder wir müssen uns ein neues Dinghy aus Deutschland schicken lassen. Aber das ist auch alles doof.
Die genauere Untersuchung des lecken Schwimmers bestätigt unsere schlimmsten Befürchtungen. Die hintere Naht ist unter dem Scheuerpad noch weiter aufgeplatzt. Wir entfernen das Scheuerpad, reinigen alles mit Aceton und rauen die Klebestellen mit 80er Sandpapier auf, doch es erscheint uns unwahrscheinlich, dass wir eine dauerhafte Reparatur wirklich hinbekommen. Die Tage unseres Gummibootes sind wohl definitiv gezählt. Mit ganz viel Glück hält es noch bis zu unserem Heimaturlaub im Winter, dann könnten wir uns aus Deutschland ein neues Zodiac mitbringen.
So ein Gummiboot ist für uns inzwischen fast »lebensnotwendig« geworden. Wenn man immer in Häfen geht, dann braucht man nicht wirklich ein Dinghy. Doch wenn man so unterwegs ist, wie wir im letzten Monat, dann geht es nicht ohne. Die Ankerei hat ja drei große Vorteile, erstens kostet ankern nichts und zweitens ist es entscheidend kühler und angenehmer. Hier in Muros gehen wir vor Wärme schon wieder fast ein, wie angenehm war es doch draußen vor Anker. Und drittens hockt man sich im Hafen echt auf der Pelle, wie schön ist es da doch, einen großen Abstand zum nächsten Ankerlieger zu haben. Da bleibt dann auch die Privatsphäre erhalten und man kann mal bedenkenlos all das bräunen, was schon lange keine Sonne mehr abbekommen hat.
Nach unserem Hafenarbeitstag sind wir kaputt. Ganz kurz hatten wir überlegt, ob wir direkt von Muros aus noch gleich etwas nach Süden in den Ría de Arousa gehen sollen. Vielleicht war diese Idee aber auch dem ungewohnten Hafentrubel geschuldet. Alles schnell schnell und zack zack. Aber warum? So begraben wir diese Idee und verholen uns etwas in den Norden des Ría de Muros vor den Playa Ventín bei Abelleira.
Inzwischen warten sowieso schon wieder so viele Photos auf ihre Bearbeitung, Sortierung und vor allem auch Aussortierung, dass ein »Langsam Langsam« gar nicht schaden kann. Zudem möchte ja auch noch der ein oder andere Blog aus dem Kopf in das Internet freigelassen werden und der erste Band »Der Ermordung des Commendatore« muss nun auch mal dringend fertiggelesen werden.
p.s.
Eigentlich war der 09.08. als unser nächster Reisetag geplant, aber nachdem die Sonne einen leichten Seewind aufgestachelt hat, zieht von draußen ein dicker Seenebel in den Ría. Dort, wo wir vor Anker liegen, bleibt uns die Sonne erhalten, aber bis auf Höhe Muros ist von Westen her alles dicht. Da fällt die Entscheidung nicht schwer, doch noch einen Bade- und Trödeltag dranzuhängen. Aber morgen, gleich morgen geht’s weiter.
Stationen:
04. + 05.08. Ría de Muros vor Playa San Francisco (A)
42° 45′ 24,8″ N, 009° 04′ 07,2″ W
06.08 Ría de Muros vor Playa San Francisco (A) -> Muros 2,8 sm: 42° 46′ 36,3″ N, 009° 03′ 27,8″ W
07.08 Muros -> Ría de Muros vor Playa Ventín bei Abelleira (A) 2,1 sm: 42° 47′ 44,9″ N, 009° 01′ 36,3″ W
08 + 09.08 Ría de Muros vor Playa Ventín bei Abelleira (A): 42° 47′ 44,9″ N, 009° 01′ 36,3″ W