Der Yachthafen von Peniche ist wirklich schlecht. Das hört sich hart an, ist aber leider auch so. Was ist hier nur schiefgegangen, dass man sich nicht entschließen konnte, das Geschäft mit den Yachttouristen und den Freizeitskippern zu machen? Dabei liegt Peniche an der Küste strategisch echt günstig und außerdem gebe es hier sicher auch noch einiges »einheimisches Potential«, denn nach Norden und Süden erstrecken sich tolle Sandstrände mit zahlreichen Ferien- und Wochenendhausanlagen.
Der Hafenmeister und auch der Mann von der Coast Guard, der auf dem Wachboot neben uns wohl Wochenenddienst hat, sagen beide, dass die Molenverlängerung nicht der Beginn einer Yachthafenerweiterung ist. Wie dumm ist das nur? Das Hafenbecken wäre groß genug, um dort locker wenigstens noch 60 gute Liegeplätze unterzubringen. So bleibt weiterhin nur die eine Seite des etwa 100 m langen Schwimmstegs, an dessen Nordseite man liegen kann. Bei vorwiegend nördlichen Winden sind aber auf dieser Seite 2er Päckchen maximal, da die Ausflugsboote nach Berlenga ohne viel Rücksicht ständig ein- und ausfahren. Allein schon deswegen wäre eine bessere Möglichkeit festzumachen ein Traum, aber das Business-Modell »Yachthafen« scheint in Peniche unbekannt zu sein. Später erfahren wir den traurigen Grund dafür, der Hafen wird kommunal betrieben, da ist ein wirtschaftliches Interesse, Geld zu verdienen, wohl eher zweitrangig. Wie schade.
Als Ausweichmöglichkeit kann man in dem Hafenbecken noch vor der Werft ankern. Dort ist zwar auch ein Mooringfeld, aber daneben ist noch Platz. Das ist sicherlich über das Wochenende eine Option, aber von Montag bis Freitag wird auf der Werft stramm gearbeitet. Das ist nicht nur laut, sondern auch dreckig, denn wer will bei einem Nordwind schon gerne in Lee eines Sandstrahlplatzes liegen. So bleibt einem tatsächlich nur noch der Südoststrand neben der Einfahrt und hinter der grünen Mole. Wenn der Wind passt, sollte man hier sehr gut ankern können, auch wenn der Schwell einen sicherlich etwas bewegen wird. Das wäre für uns beim nächsten Mal die erste Wahl. Aber wie gesagt, der Wind muss passen.
Unser Sonntag vergeht in dem süßen Nichts eines formvollendeten Müßiggangs. Betrachten wir unsere letzten Wochen, müssen wir zugeben, dass sich unsere Schlagzahl wieder klammheimlich erhöht hat. Zu viel in zu kurzer Zeit. Das wollten wir eigentlich vermeiden. Sightseeing und passende Wetterfenster müssen unter einen Hut gebracht werden, doch dazwischen muss auch noch genügend Zeit bleiben, um das Gesehene und Geschehene zu »verdauen«. Ein guter Gradmesser hierfür sind unsere Blogs und Photos, wenn wir damit zu arg ins Hintertreffen gekommen sind, sind wir definitiv zu schnell. Auf der anderen Seite fordert uns das Liegen in einem Hafen auch immer viel stärker dazu auf, etwas zu unternehmen, als das Liegen vor Anker. Das liegt durchaus auch an den Hafengebühren, denn 30 oder mehr Euros für eine Nacht wollen wir auch nicht einfach so vertrödeln. Wir sind da schon etwas konditioniert. Wenn man Geld für etwas zahlt, muss auch etwas passieren. Doch eigentlich ist es gar nicht so schwierig, auch an der portugiesischen Westküste eine Ankermöglichkeiten zu finden, wo man ab und zu alles mal etwas sacken lassen kann und zudem auch noch nett und ruhig liegt. Aber man muss diese Zeiten eben aktiv »einbauen«, um sich nicht von vermeintlichen Notwendigkeiten vorantreiben zu lassen. Wobei es ja durchaus auch Notwendigkeiten gibt, die nicht nur vermeintlich sind. Der Mittelweg scheint aber eine echte Kunst zu sein.
Sonntagabend können wir überraschend aus dem Päckchen an den Steg wechseln. Das macht das Liegen schon etwas bequemer. Erst am Montag drehen wir dann eine erste kleine Sightseeing-Runde in den Norden der Halbinsel von Peniche, aber das Wetter ist durchwachsen. Aufgrund des Wetters vertagen wir den Besuch der kleinen Halbinsel Papôa auf später. Allerdings wissen wir da noch nicht, dass aus dem »Später« nichts mehr werden soll, da das Wetter am Dienstag sein Nebelprogramm einspielt.
Als wir am Samstag um das Cabo Carvoeiro gefahren sind, sah es für uns so aus, dass die Wellen teilweise über die Kliffkanten hinaus nach oben schießen. Vorstellen konnten wir uns das nicht so richtig, aber im Fernglas sah es eben so aus.
Als wir nun am Montag, also zwei Tage später, oben auf der Kliffkante stehen, bietet sich uns ein sagenhaftes Bild. Nicht nur, dass das Kliff aus einmalig tollen Felsformationen besteht, es rollen auch immer noch 2 1/2 Meter hohe Wellen an. Und selbst diese Wellen schaffen es ab und zu noch über die etwa 12 bis 15 m hohe Kliffkante. Erstaunlich aber wahr, Astrid steht 5 m hinter der Kante und bekommt eine nasse Hose. Klar treibt der noch starke Wind die Gischt zusätzlich an den senkrechten Wänden der Steilküste hoch, aber was muss hier vor zwei oder drei Tagen los gewesen sein? Spektakulär!
Ebenso spektakulär sind aber auch die Angler, die direkt an der Kante stehen und ihre Angelköder in die schäumenden Wellen herunterwerfen. Wir können uns nicht so recht vorstellen, wie sie wirklich gegen den Wind (!) ihre Haken in das 15 m unter ihnen schäumende Wasser kriegen, aber nachgucken trauen wir uns auch nicht. In jedem Fall werden sie einen Fisch, sofern sie überhaupt einen in den tosenden Wellen kriegen, nicht mehr umbringen müssen. Der wird ganz sicher auf halben Weg nach oben schon allein an dem Schrecken beim Blick nach unten sterben.
Weit vor dem Kliff sehen wir die Inseln von Berlenga. Man soll auch dort bei ruhigem Wetter ankern und anlanden können. Dazu müssten wir aber wohl doch mal zu einer anderen Jahreszeit hier sein.
Am Dienstag wird dann der Mann von der Coast Guard »dienstlich«. Drei Tage lang haben wir uns schon immer wieder gegrüßt und auch mal nett unterhalten. Aber da war eben Wochenende und Montag war ein Feiertag und da wird wohl nicht kontrolliert. Aber Dienstag ist wieder Dienst und so fragt er uns ganz freundlich nach unseren Papieren, um uns zu kontrollieren und zu erfassen. Etwas schmunzeln müssen wir schon, hier scheint der Dienstalltag noch klar geregelt zu sein. Auch den Hafenmeister treffen wir nun das erste Mal in seinen Kabäuschen an. Die Liste seiner Öffnungszeiten ist lang und kompliziert, unterliegt aber auch einem uns unbekannten Regelwerk noch zusätzlicher Ausnahmen. Seit Samstag konnten wir ihn nicht einmal zu den angegebenen Zeiten antreffen und auch die Dame am Fahrkartenschalter für die Fahrten nach Berlenga, die eigentlich seine Vertretung machen sollte, wußte weder von ihrem Glück noch von seinem Verbleib etwas. Nun ja, aber Dienstag ist offensichtlich »Dienst-Tag« und wir können die Hafengebühr bezahlen und bekommen auch eine Zugangskarte zum Steg. Wie gut, wenn man ein Dinghy am Start hat, dann ist man nicht unbedingt auf solch einen Luxus wie Zugangskarten angewiesen.
Als sich mittags der Nebel lichtet, lässt er eine diesige Suppe zurück. Nur ab und zu trauen sich einige kleine Sonnenstrahlen heraus, aber die können wenig gegen die graue Grundstimmung ausrichten. Eigentlich wollten wir ja noch etwas mehr von Peniche sehen, aber für eine große Klippenrunde ist es einfach zu ungemütlich. Also gehen wir am Castle entlang zu den südlichen Klippen und dem alten Fischerdorfstadtteil von Peniche.
Dieser Teil von Peniche ist klein. Dicht gedrängt stehen die bunten Häuschen direkt an der Steilküste. Dahinter wirken die modernen Hallen der Fischverarbeitungsfabrik Nigel ziemlich artfremd. Dieser südliche Stadtteil von Peniche ist malerisch hübsch. Und vor allem fällt auf, dass fast alle der kleinen Häuschen mit viel Liebe und auch Humor gepflegt werden.
Die Gassen sind schmal und verwinkelt und nur wenige sind so breit, dass mal ein kleines Auto bei einem der kleinen Häuschen vorfahren kann. Wir verlieren uns in den Gassen und laufen irgendwie im Kreis, bis uns eine ältere Dame »aufgreift«. Sie sprich kein Wort Englisch und wir natürlich auch kein Wort Portugiesisch, aber sie erklärt uns, welchen Weg wir zur Marina nehmen müssen, denn »Marina« ist unser einziges gemeinsames Wort ?. Nun ist es nicht wirklich kompliziert, aus diesem kleinen Stadtteil wieder herauszufinden, wenn man einmal die falsche Abzweigung genommen hat, aber die ältere Dame ist sehr fürsorglich und begleitet uns munter plaudernd und erklärend, bis wir zu dem Platz vor dem Castle kommen, von wo aus man die Masten der Schiffe wieder sehen kann. Diese kleinen Begebenheiten sind schon sehr herzerwärmend und machen Portugal echt liebenswert.
03. – 06.10. Peniche
39° 21′ 08,8″ N, 009° 22′ 37,4″ W