Rio Guadiana I, II + III (P) (E) [A] -> Ayamonte (E) Wind: entweder N oder S, mal nichts, mal 20 kn Distanz: 19,2 sm Gesamtdistanz: 96,4 sm
Ein neues Ankererlebnis
Unser neues Ankererlebnis hat nichts mit dem »Brzzzit« zu tun, obwohl das »Brzzzit« auch schon etwas Besonderes hatte. Am Vorabend waren wir in den Rio Guadiana ja mit auflaufendem Wasser eingefahren. So lief der Strom mit dem Wind und alles war prima. Auch als wir wegen des »Brzzzit« noch einmal umankern mussten, passte alles noch bestens. Aber nach einem Hochwasser kommt ja bekanntlich ein Niedrigwasser, was den Rio dann wieder in seiner normalen Richtung fließen lässt. Und das bedeutet bei einem Südsüdwestwind, dass dann im Rio Guadiana der Strom eben genau gegen Wind steht. Bei wenig Wind ist das alles kein Problem, denn die Strömung gewinnt immer. Aber wenn 20 kn Wind gegen die Strömung stehen, steht es im Spiel der Kräfte unentschieden. So wird es unruhig, kurz nachdem es dunkel geworden ist. Wellen klatschen gegen die Bordwand, es gurgelt um uns herum wie bei einer flotten Nachtfahrt und wir liegen plötzlich irgendwie blöd und ziemlich ungemütlich. Die ganze Unruhe hält aber nur so lange an, bis sich dann auch der Wind zur Ruhe legt und die PINCOYA sich wieder ungestört im Strom ausrichten kann. Damit schlafen wir ein und das Niedrigwasser und auch das nächste Hochwasser gehen unbemerkt unter uns durch.
Der nächste Morgen beginnt windstill und warm. Das Wasser läuft ab, aber fast aus dem Nichts beginnt es nach dem Frühstück schon wieder mit 20 kn aus Südsüdwest zu blasen. Auf der großen freien Wasserfläche noch vor der Brücke bauen sich in null Komma nichts ganz ansehnliche Wellen auf und die PINCOYA legt sich quer dazu. Genau auf Halbacht zwischen Strom und Wind. Nun gibt es auf der Ankerkette keine eindeutige Zugrichtung mehr, mit jeder Bö werden wir vollkommen ungelenk mal mehr und mal weniger in die Kette hineingeschoben, nehmen Fahrt auf, werden abgebremst, drehen uns und liegen plötzlich vollkommen andersherum. Laut GPS müssten wir uns mehr oder weniger über unserem Anker befinden. Weil wir vor Porto ja gelernt haben, wie blöd Ankerbojen im Strom sind, haben wir hier gleich mal unsere Ankerboje weggelassen. So haben wir nur die GPS-Position, wo wir den Anker gesetzt haben. Wie ein willenloser Spielball werden wir in den Kräften der Strömung und des Windes hin und hergeschoben. Mal ist es mehr ein Schieben, mal mehr ein Ziehen. Meist ist unsere Ankerkralle aber ziemlich wirkungslos, weil sie auf Zug auf den Klampen ausgelegt ist und unkontrolliertes Vorwärtsschieben nicht zu ihren Stärken zählt. So kommt unser neuer Ankerstopper ganz ungeplant zum Einsatz. Dadurch werden nun allerdings auch die Kratzgeräusche der Kette am Boden direkt in die PINCOYA übertragen. Und das hört sich schrecklich, ja sogar bedrohlich an. Und der Wind schafft es immer wieder, den Rumpf gegen die Ankerkette zu drücken. Echt saublöd, aber was tun?
Den Rio Guadiana hatten wir uns als »Fluchtpunkt« für Schlechtwetter gemerkt. Aber das ist wohl auch weiter oben im Flusslauf nur eingeschränkt der Fall. Das Spiel zwischen Starkwind und Strom haben wir doch ziemlich unterschätzt. Stehen die beiden Kräfte mehr oder weniger gleichrangig gegeneinander, ist ein Vorankerliegen schon sehr speziell und ehrlich gesagt nicht wirklich entspannt und schon gar nicht angenehm. Ein starker Strom hält den Rumpf ziemlich gerade im Strom und ein starker Wind schiebt das Schiff dann gegen den Strom über die Kette. Eine saublöde Situation. Wenigstens uns ist bislang kein geeignetes Gegenmittel eingefallen.
Ist der Strom etwas schwächer, schwingt der Schiffsrumpf in dem Kräftespiel immer wieder über weit mehr als 200° ziemlich eigenwillig hin und her. Urplötzlich hat sich immer wieder die gesamte Szene gedreht und es klatscht von der anderen Seite. Entspannung geht anders! So ist Strömungsankern bei viel Wind und speziell in der Situation, wenn es direkt gegeneinander geht, für uns eine echt neue Erfahrung. Bei »moderaten Bedingungen« ist das alles kein Problem, aber ob das alles bei einem echten Sturm wirklich noch so kontrollierbar ist, wie wir uns das eigentlich für den Rio erhofft haben, da haben wir doch nun so unsere Zweifel. Sicherlich hängt es auch ganz entscheidend von der Windrichtung ab. Steht der Starkwind quer zur Stromrichtung, mag es auch noch gehen. Die Kombination eines direkten Gegeneinander ist aber definitiv saublöde.
Ein Geburtstag auf der Grenze
Nachmittags ziehen wir uns dann weiter in den Fluss zurück. Vor der Brücke scheint es nicht ruhiger zu werden. Eigentlich wollten wir ja in die Marina von Ayamonte. Es bläst inzwischen aber fast durchgehend mit gut 20 Knoten. Und morgen hat der Schiffsjunge Geburtstag und den möchte er ehrlich gesagt auch lieber abgeschieden in der Natur verbringen als in einer Marina. So verschieben wir Spanien auf später und beschließen, auf der Grenze zwischen Portugal und Spanien zu bleiben.
Der starke Südsüdwest bringt uns problemlos unter Segeln auch gegen den Strom hoch in dem Rio. Etwa 7 Seemeilen flussaufwärts finden wir ein nettes Ankerplätzchen. Aber der Rio kennt auch hier nur zwei Windrichtungen. Flussaufwärts und flussabwärts. Abdeckungen, die auf der Karte nach Abdeckungen aussehen, sind keine, da die Hügel den Wind kanalisieren. Abends dreht der Wind dann innerhalb von Minuten auf »flussabwärts« und mit dem auflaufenden Wasser beginnt das Spielchen der unentschiedenen Kräfte von vorn. Flussläufe ohne Wind sind toll, aber mit Wind können sie alle 6 Stunden schon recht nervig werden.
Da sich der Wind in dieser Nacht nicht wirklich legt, geht der Radau weiter, bis auch die Strömung wieder kentert. Doch zum Geburtstagsfrühstück des Schiffsjungen haben Wind und Strömung ein Einsehen.
Sie einigen sich auf eine Richtung. Eigentlich hatte sich der Schiffsjunge einen kleinen Landgang gewünscht, um auf einen der portugiesischen oder spanischen Hügel zu klettern und die Aussicht zu genießen. Die war letztes Jahr bei Alcoutim schon atemberaubend, wenn man von oben sieht, wie sich der Rio durch die Landschaft schlängelt. Aber wir finden in dem mit Schilf bewachsenen Ufern nicht den kleinsten Zugang. So fahren wir gut 1,5 sm weiter flußaufwärts, denn Foz de Odeleite hat einen Fähranleger, hinter dem wir unser Dinghy festmachen können.
Mit dem Dinghy fahren wir aber nicht nur zum Anleger und lassen dort auch gleich mal Daisy fliegen, sondern fahren auch ein kleines Stück in das Seitenflüsschen Ribeira de Odeleite.
Allerdings tut sich unser kleiner Außenborder zunehmend schwer, denn inzwischen läuft das Wasser schon wieder kräftig ab. Mit einem der letzten Tröpfchen Sprit kommen wir am Ende Zentimeter für Zentimeter zurück zur PINCOYA. Auch unserem Dinghy mit kleinen Außenborder sind in der Strömung Grenzen gesetzt 😂.
Am nächsten Tag beenden wir unseren ungeplanten Ausflug in den Rio Guadiana. Es ist Zeit nach Ayamonte zu gehen, um unseren Bugspriet mal richtig zu reparieren. Nach nun 12 Tagen vor Anker brauchen wir auch mal wieder Frischwasser. Selbst bei größter Sparsamkeit ist irgendwann der Wassertank leer.
p.s.
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02.06. im Rio Guadiana II (P) (E) [A]
37° 19′ 43,8″ N, 007° 26′ 25,3″ W
03.06. im Rio Guadiana III (P) (E) [A]
37° 21′ 18,1″ N, 007° 26′ 19,8″ W
04.06. Marina Ayamonte (E)
37° 12′ 38,8″ N, 007° 24′ 26,8″ W