Eine Kreuzfahrt


Rio Piedras / El Rompida -> via Isla Canela (E) -> Culatra (P) Distanz: 84,5 sm Gesamtdistanz: 357,9 sm

„vom Rio Piedras / El Rompida -> via Isla Canela noch in Spanien -> nach Culatra schon wieder in Portugal“

„vom Rio Piedras / El Rompida -> via Isla Canela noch in Spanien -> nach Culatra schon wieder in Portugal“

Im Rio Piedras brechen wir unter Segeln auf. Seit einer Woche haben wir einen absolut regelmäßigen Tagesgang, der mit einem Nordwest beginnt, nach einer kurzen Verschnaufpause gegen Mittag auf Südwest dreht und in der Nacht wieder mit einem Nordwest endet. Der Südwest kommt immer ab Mittag und ist der kräftigere der beiden. 15 bis 20 Knoten sind immer drin, aber er kann auch bis zu 25 Knoten. Der Nordwest am Morgen ist schwächer als der in der Nacht. In der Nacht sind oft kräftige Böen dabei, die auch locker mal die 20 Knoten erreichen können. Das aber nur kurzfristig, dann scheppert es für 10 Minuten mal richtig, man wacht auf und schaut nach dem Rechten, und schon geht es normal mit 10 bis 12 Knoten weiter, bis es zum Morgengrauen dann ruhig wird. Auf diesen Tagesgang war die letzten Tage genauso Verlass, wie auf die fast immer gut geschlossene Wolkendecke.
So auch an diesem Montagmorgen, den wir eigentlich noch als kleinen Photo- und Daisy-Flugtermin eingeplant hatten, weil uns Wetteronline bis zum Mittag strahlendsten Sonnenschein vorhergesagt hatte. Das hatte Wetteronline zwar schon häufiger gemacht, wahrscheinlich um den Touristen nicht die Hoffnung auf einen schönen Tag zu nehmen, aber der Tagesgang mit seinen Wolken war immer viel verlässlicher als Wetteronline. Nun ja, wie sollte es auch anders sein, die Wolken ziehen ja die ganze Zeit hier immer von West nach Ost und auf jedem Satellitenbild war im Westen ein schier unerschöpflicher Wolkenvorrat bis weit hinter die Azoren zu erkennen. Doch auch wir klammern uns ganz gerne mal an eine Hoffnung und können jede Satellitenbildrealität rückstandslos beiseite schieben, wenn es um Sonne und die Hoffnung auf ein paar Dronenaufnahmen bei strahlend, sommerlich blauen Himmel geht.

„Wir frierend von oben.“

„Wir frierend von oben.“

„Pano am Rio Piedras“

„Pano am Rio Piedras“

So setzen wir, nachdem wir die wolkenverhangenen 🙄 Dronen-Aufnahmen im Kasten haben, noch am Ankerplatz die Segel. So richtig vor Anker geht das Setzen der Segel nicht, da Wind und Strom wiedermal genau gegen einander stehen. Nachdem wir also ordentlich Anker auf gegangen sind, schiebt uns der Nordwest ganz langsam gegen das noch auflaufende Wasser aus dem Rio Piedras. Zu früh dürfen wir ja auch nicht an den Flachstellen sein, aber zu der Sorge gibt es bei unserer Geschwindigkeit heute auch keinen Anlass 😂 👍.

„Brrrrr.... 17° Lufttemperatur!“

„Brrrrr…. 17° Lufttemperatur!“

Der Nordwest ist kalt und nachdem wir dann wirklich draußen auf dem Wasser sind, ist es richtig kalt. Den Morgen haben wir mit 13° begonnen und Daisy noch tapfer in kurzen Hosen, aber schon mit Sweatshirt fliegen lassen. Und nun wird das Sweatshirt, das erste Mal seitdem wir überhaupt in Portugal und Spanien sind, mit einer langen Jeans ergänzt. Wenig später folgt dann auch über dem Sweatshirt schon die Segeljacke. 18° und ein strammer Nordwest machen die Lufttemperatur gefühlt nicht angenehmer. Es ist unglaublich und ehrlich gesagt, lässt der Schiffsjunge seine Snowboardhose nur weg, weil er der Meinung ist, dass das hier nun wirklich gar nicht geht. Gefühlt wäre es aber doch genau das Richtige gewesen. Aus lauter Verzweiflung vergleicht der Schiffsjunge die Koordinaten und muss feststellen, dass auch Google Maps anhand der Koordinaten der Meinung ist, dass wir uns tatsächlich vor der andalusischen Küste befinden.

„Einfahrt nach Isla Canela und Isla Cristina“

„Einfahrt nach Isla Canela und Isla Cristina“

Mit zwei großen Kreuzschlägen nähern wir uns der Einfahrt der Isla Canela. Der Südwest, der gegen Mittag den Nordwest ablöst, ist um nichts wärmer als der klapperkalte Nordwest. Obwohl wir uns das Ganze schon etwas sommerlicher gewünscht hätten, ist es ein toller Segeltag. Das Aufkreuzen ist mühsam, weil nicht nur der Strom gegen uns läuft, sondern auch die Wellenrichtung einen härteren Kurs am Wind verhindert. So geht es langsam voran und das ein oder andere Mal denkt der Schiffsjunge über einen heißen Tee mit viel Zucker nach.

Die Einfahrt zur Isla Canela ist mehr oder weniger gezeitenunabhängig möglich. Die Gezeitenströme halten sich in Grenzen und wenn kein böser Wind mit richtig bösen Wellen auf der Einfahrt steht, dann ist das alles kein Problem. So können wir uns Zeit lassen, nehmen erst direkt an der Ansteuerung die Segel runter und folgen einigen Fischern in das Becken hinter der Isla Canela, wo sich auch die Marina befindet.
Es gibt noch eine zweite Marina und auch wohl eine Ankermöglichkeit hinter der Nachbarinsel Isla Cristina, aber das schauen wir uns dann das nächste Mal an.


Isla Canela
Unser Hafentag in Isla Canela ist zweigeteilt. 1/2 Arbeit und 1/2 Strand. Hafentage sind für uns ja auch immer Arbeitstage, aber heute muss auch mal eine Kurzarbeit reichen. Obwohl wir bisher ja kein schweres Wetter hatten, starrt die PINCOYA trotzdem schon wieder vor Salz und ist zudem auch ziemlich rötlich paniert. So richtig haben wir es gar nicht bemerkt und wissen auch nicht so recht, wann und wo es passiert ist, aber die gesamte PINCOYA ist wieder mit einer gelblich braunen Staubschicht überzogen. So schrubben wir unsere alte Damen von außen und natürlich auch von innen.

„Die Marina Isla Canela“

„Die Marina Isla Canela“

„Isla Canela auf der »Landseite«“

„Isla Canela auf der »Landseite«“

Mittags beschließen wir, dass wir fertig sind, und schauen uns in Isla Canela mal etwas um. Isla Canela ist rein touristisch. Verschämt gibt es zur Landseite hin noch etwas Fischerreibetrieb, aber wohl 90% aller Aktivitäten in Isla Canela drehen sich um den Tourismus. Man hat Isla Canela zur Seeseite hin vollkommen mit »Bettenburgen« zugebaut, aber, das muss man auch sagen, es gibt wesentlich hässlichere Urlaubskomplexe. Auch wenn das für uns nichts ist, aber man hat hier doch ein eher glückliches Händchen bei der Auswahl des Planungsbüros gehabt.

„Die Promenade an der Marina.“

„Die Promenade an der Marina.“

„Restaurants und Minimarkets“

„Restaurants und Minimarkets“

Die Marina ist klein aber fein und wirklich sehr gut geschützt. Falls wir in dieser Ecke mal wieder eine Überwinterungsmöglichkeit suchen, wäre die Marina Isla Canela ebenso eine sehr gute Option, wie auch Ayamonte. Vielleicht sogar noch etwas besser, denn angeschlossen an die Marina gibt es hier eine kleine Werft mit Travellift. Alles in allem ist Isla Canela nett und hat einen riesigen Strand, der bei Ebbe noch viel größer wird. Und genau dort machen wir mal einen echten Strandtag. Aber der Wind ist kräftig und um dem Sandstrahlgebläse zu entgehen, rücken wir Stück für Stück dem ablaufenden Wasser hinterher. Am Abend sind wir aber trotzdem paniert wie ein Wiener Schnitzel und auch die Stranddusche schafft es nicht, uns wieder ganz sandfrei zu waschen.

„Der Strand der Isla Canela.“

„Der Strand der Isla Canela.“

„Viel Sand fast ganz für uns allein.“

„Viel Sand fast ganz für uns allein.“

Wie gesagt, Isla Canela ist nett, aber so richtig spektakulär ist es hier eben auch nicht, deswegen fällt uns der Abschied nach zwei Nächten auch nicht wirklich schwer.


von der Isla Canela zurück nach Portugal
An dem Tagesgang mit dem Nordwest- und dem dann folgenden Südwestwind hat sich noch nichts geändert. So brechen wir am Vormittag mit dem Nordwest auf und erwarten für den langen Schlag nach Culatra eine ebenso lange Kreuzfahrt gegen den Südwest.

„Es geht wieder los.“

„Es geht wieder los.“

Obwohl die Sonne nun schon den zweiten Tag wieder von einem wolkenlosen Himmel scheint, ist der Wind weiterhin kalt. Die atlantischen Tiefdruckgebiete müssen ganze Arbeit geleistet haben und einen riesigen Schwupps kalte Luft in den Süden bugsiert haben. Schneller als erwartet beißt eine erste Makrele und auch schneller als erwartet verdrückt sich der Nordwest. Das frühe Ende des Nordwest überrascht wohl auch den Südwest, denn der ist erst eine Stunde später bereit, seine Arbeit aufzunehmen. Langsam, ganz langsam steigert er sich mit kleinen Drehern von 5 auf 15 Knoten und langsam, ganz langsam dreht er in homöopathischen Dosen auch immer weiter auf West. Und zum Abend hin bekommt er dann sogar noch einen kleinen nördlichen Touch, ohne dass ihm zwischendurch die Puste ausgeht.

„Selbstgezogene Vitamine 😋“

„Selbstgezogene Vitamine 😋“

Um 20:30 portugiesischer Zeit wird in der Einfahrt nach Faro das Stillniedrigwasser erwartet. Das peilen wir an und denken bei unserem Start noch, dass wohl gute 10 Stunden reichen sollten, um dort pünktlich anzukommen. Auf geradem Weg sind es ja auch nur knapp rund 30 Seemeilen. Doch es geht nur langsam voran, denn der Strom läuft egal wie und wann immer mit 0,5 bis 1,5 Knoten gegen uns. Das knabbert nicht nur an unserer Geschwindigkeit, sondern versaut uns auch unseren eh nicht regattaverdächtigen Wendewinkel. Nur kurz werden die Wellen mal zu einem Problemchen, als der Wind sich ein zwei Stunden mal zwischen 15 und 20 Knoten tummelt. Das zwingt uns etwas abzufallen, weil es höher am Wind auf dem einem Bug gar nicht mehr laufen will. Doch es ist ein herrlicher Segeltag, auch wenn der Wind immer noch etwas kalt ist. Stunde um Stunde kreuzen wir gegenan und überlegen, welche Taktik wohl die effektivste sein könnte. Und Stunde um Stunde genießen wir dieses unbeschreiblich tolle Gefühl, unter Segeln von A nach B zu fahren und das sogar gegenan. Klar geht das nicht schnell und es braucht so seine Zeit und am Ende sind es nicht 30 sondern 50 Seemeilen bis zur Einfahrt nach Faro. Und als die Sonne untergeht und es auf dem Wasser richtig kalt wird, da denken wir auch schon mal kurz, dass es nun wirklich auch gut sein könnte. Aber wenn man dann ankommt, ist alles vergessen und wir sind zugegeben auch etwas stolz, nicht den Motor angemacht zu haben, um stumpf gegenan zu bolzen.

„Der Berg von Faro, unser Ziel in Sichtweite.“

„Der Berg von Faro, unser Ziel in Sichtweite.“

Gut 1 1/2 Stunden nach Stillniedrigwasser kommen wir an. Aber nun strömt es ja rein. Im letzten Jahr hatten wir das Stillhochwasser einmal ähnlich verfehlt, was dann doch schon recht ruppig geendet hat. Aber nun laufen zwei Knoten mit uns und so sausen wir rein. Der Vollmond bescheint uns die Einfahrt, als hätte jemand das Flutlicht eingeschaltet. Es ist immer wieder verblüffend, wie hell so ein Vollmond sein kann. Und es ist etwas ganz anderes, bei Nacht in eine Einfahrt zu fahren, die man kennt. Was waren wir beim ersten Mal nervös. Bei unserer vierten Einfahrt ist nun alles schon recht vertraut, außerdem haben wir die Tracks von den anderen Malen ja auch noch in der Karte. Auch deswegen fahren wir gleich weiter auf »unseren« alten Ankerplatz im Osten von Culatra. Diese Strecke ist zwar unbetont, aber wir wissen ja, wo die Fischer eine Markierung gesetzt haben, die wirklich wichtig ist.

„In der Abenddämmerung wird's ziemlich kalt!!!“

„In der Abenddämmerung wird's ziemlich kalt!!!“

„Der Mond kommt ...“

„Der Mond kommt …“

Das Ankerfeld direkt vor Culatra ist voll und vor uns funzelt ein Wald von Ankerlichtern. Es ist etwas kniffelig, einen Weg durch die Ankerlieger zu finden, denn viele haben eher ein Teelicht als ein Ankerlicht gesetzt. Aber viele haben auch gar keine Beleuchtung 🤨. Das Radar hilft dabei sehr. Nachdem wir schon im letzten Jahr gesehen haben, wie schlecht Ankerlichter im Mast (gerade wenn man näher dran ist) und auch die vielen anderen Ankerlichtlösungen, die so vor sich hin glimmen, zu sehen sind, haben wir uns letzten Winter ein zweites, zusätzliches Ankerlicht aus einem alten Rundumlicht gebastelt. Das lassen wir nun bei uns oberhalb der Solarpanels noch zusätzlich leuchten, wenn wir nah an einem Fahrwasser liegen oder in der Nacht mit »Durchfahrtsverkehr« gerechnet werden muss. Mit einer LED ist das auch wesentlich sparsamer, als unsere Badeplattformbeleuchtung, die wir sonst in diesen Fällen angelassen haben.
Wenn man Radar hat, sieht man die Schiffe ohne Ankerlicht ja, aber gerade hinter Culatra gibt es einen regen und auch sehr schnellen Durchgangserkehr von kleinen Booten, die alle kein Radar haben und nur auf Sicht navigieren. Wie man dabei ohne Ankerlicht ruhig schlafen kann, ist uns nicht ganz klar.

„... der Tag geht.“

„… der Tag geht.“

Den Weg »ganz nach hinten« finden wir problemlos und kurz nach 23:00 fällt unser Anker fast genau auf derselben Stelle, auf der er sich schon dreimal festgebissen hat. Es war ein irre toller Segeltag, ein richtiges (fast) Abschlussgeschenk für unseren Sommertörn.


Stationen:

21.06. Rio Piedras / El Rompido -> Isla Canela 29,0 sm:
22.06. Isla Canela
37° 11′ 12,5″ N, 007° 20′ 23,9″ W

23.06. Isla Canela (E) -> Culatra (P) [A] 55,5 sm:
37° 00′ 15,1″ N, 007° 49′ 10,6″ W