Mazagón I [A] -> Punta Umbria [A] -> Mazagón II [A] Distanz: 19,6 sm Gesamtdistanz: 156,8 sm
Es sind nur wenige Seemeilen von Mazagón bis zur Einfahrt von Punta Umbria. Die Einfahrt nach Punta Umbria müssen (?!?) bzw. wollen wir bei Hochwasser machen und das am liebsten auch mehr oder weniger bei Stillwasser. Unsere Seekarten von iSailor und Navionics sind höchst unterschiedlich. Nach Navionics sollte es entspannt bleiben, nach iSailor fallen Teile der Einfahrt tatsächlich trocken. Die Aktualität der Karten von iSailor für die Algarve und auch Südspanien lässt allerdings ziemlich zu wünschen übrig. Das war bisher mit den Karten von iSailor ganz anders. Wir hoffen sehr, dass sich da nun nicht ein generelles Problem mit iSailor zeigt, denn iSailor ist mit großem Abstand die bessere App, auch wenn das Kartenmaterial hier in Südspanien schon recht veraltet ist. So nutzen wir beide Apps parallel, speziell für die Einfahrten in solche Mündungen wie bei Punta Umbria.
Etwas unerwartet können wir mit einem Schlag aus der Ausfahrt bei Mozagón bis zu Ansteuerungstonne von Punta Umbria segeln. Es ist ein gemütliches Segeln, der Wind dreht leicht in die für uns günstige Richtung und wir kommen just in time an der Ansteuerung an. Die Einfahrt ist klar betonnt, auch wenn sich die Betonnung selbst schon wieder zu den eigentlich aktuelleren Navionics-Karten geändert hat. Wir halten uns mal an die Betonnung, auch wenn es Nutzereinträge im Netz gibt, die damit wohl schlechte Erfahrungen gemacht haben. Auch wenn sich die Betonnung durchaus geändert hat, die Sandbarren zeigt uns das Echolot deutlich an. Doch alle Tiefen sind problemlos. Bei Hochwasser haben wir minimal 4,6 m, d.h. dass hier auch bei Springniedrigwasser noch gute 2,2 m stehen.
Kaum haben wir die Sandbarren passiert und biegen nach backbord in den Flusslauf ab, fällt die Tiefe auch schon wieder auf bis zu 10 m. Der tiefe Teil der Rinne ist nicht breit und man muss direkt vor den insgesamt 4 Marinas entlangfahren. Überall liegen Fischerboote an Moorings, teilweise auch mitten im Fahrwasser. Da muss man sich durchschlängeln. Von den Fischerbooten an den Moorings geht keine Gefahr aus und wenn man die grüne Tonne irgendwo zwischen den Booten gefunden hat, hat man auch eine Idee, wo man lang fahren soll. Als wir uns ganz unsicher sind, überholt uns genervt die Guardia Civil mit high speed und danach wissen auch wir, wo es langgeht. Die einzige Gefahr geht hier von den “freien Moorings” aus, denn um die herum schwimmen gut 4 – 5 m lange Schwimmleinen, die von den Fischern aufgenommen werden, um festzumachen. Und wenn 5 m lange Schwimmleinen durchaus ein Problem darstellen können, sieht man, dass es hinter Punta Umbria im Fahrwasser teilweise tatsächlich etwas eng ist.
Es gibt hier insgesamt 4 Marinas, aber nur die erste erweckt den Eindruck, dass dort auch Gäste aufgenommen werden. Die restlichen 3 Marinas sind wohl eher Club-Marinas für Locals. Dort finden sich in der Masse auch nur kleine Privat- und Angelboote und die Außenstege haben so gut wie keine Klampen zum Festmachen und dienen nur als Wellenbrecher für den Schwell vorbeifahrender Boote.
Hinter der letzten Marina öffnet sich das Ganze wieder sehr schön und selbst neben dem Fahrwasser ist genügend Platz, um zu ankern. Wir lassen relativ früh unseren Anker noch vor der nächsten roten Fahrwassertonne fallen und können dort deutlich außerhalb des Fahrwasser liegen. Man kann auch weiter bis in den nächsten, nach backbord abzweigenden Kanal, den Canal de las Madres gehen. Alles ist frei, ein ziemlich großes, wunderbares Ankerareal liegt vor uns. Wir sind die einzigen und werden auch die nächsten 2 Tage die einzigen bleiben. Und offensichtlich sind wir auch eines der ganz seltenen ausländischen Schiffe, denn fast jeder guckt erstaunt zu uns herüber, winkt und grüßt.
Der Ankerbereich hinter Punta Umbria ist genau das Richtige für uns und wir freuen uns total, den Versuch gemacht zu haben. Wenn man von den wohl unvermeidlichen Jetskis absieht, die immer nachmittags für gut 3 Stunden Unruhe verbreiten, ist es ein absolut ruhiges Plätzchen. Auf dem Fluss, der ja eigentlich nur ein weiterer Flussarm des Rio Odiel ist und über den man mit einem nicht allzu großem Motorboot (kein Mast ist entscheidend) auch nach Huelva und bis ganz nach Mazagón fahren kann, lassen sich Angler den ganzen Tag mit der Strömung hin und her treiben und ziehen auch ab und zu erstaunlich große Fische heraus. Südlich vor unserem Ankerplatz erstreckt sich ein riesiger Wald von Mediterranean Pines, die mit ihren nadeligen, schirmartigen Baumkuppeln einfach nur toll aussehen. Wir liegen mitten im Paraje Natural Marismas del Odiel. Doch leider sehen wir die Flamingos nicht in den seichten Wasserflächen waten, sondern nur jeden Abend, wenn sie über uns herüber fliegen. Erst dachten wir, es wären Kraniche, aber nun sind wir uns ziemlich sicher, dass es doch Flamingos sein müssen, zumal die sich hier in Andalusien wohl ganz wohl fühlen. Aber sobald es dunkel wird, beginnt ein anderes, ganz besonderes Spektakel.
Knallkrebse oder Pistolshrimps
Unter uns knistert es. Es ist kein »Brzzzit« und hat keinen Takt. Es ist ein dauerndes und durchgehendes Knistern und Knacken, ja Knallen. Nicht richtig laut, aber ganz deutlich zu hören. Wenn man ein Stück Luftbläschenfolie wie ein nasses Handtuch langsam auswringt, dann platzt ein Luftbläschen nach dem anderen. Und genauso hört es sich an. Es ist fast etwas unheimlich. Das Knistern, Knacken und Knallen können wir sogar mit dem Handy aufnehmen. Aber leider habe ich gerade keine Idee, wie ich die Audio-Datei in den Blog einbauen kann, doch Astrid bastelt gerade schon an einem Video über Punta Umbria. Also Geduld und siehe unten 🙂! Das Video ist richtig cool geworden!!!
Im Internet finden wir die Lösung, es sind sogenannte Knallkrebse oder Pistolshrimps. Die können mit ihrer großen Schere einen Wasserstrahl abschießen, um ihre Beute zu treffen und zu betäuben. Und die blitzartige Ausbreitung dieses Wasserstrahls erzeugt einen Knall. Es müssen Tausende und Abertausende von diesen Burschen dort unten am Boden unterwegs sein. Unglaublich! Und das Knistern, Knacken und Knallen hält bis kurz nach dem Morgengrauen an.
Da wir unseren ersten Landspaziergang bei Hochwasser machen, bleibt der Capitana der große Schreck noch bis zum nächsten Vormittag erspart.
Fast drei Stunden laufen wir durch den Naturpark und seinen Kiefernwald. Es ist unglaublich toll, aber auch ziemlich heiß, als wir durch den Wald laufen. Die großen, mediterranen Schirmkiefern spenden zwar viel Schatten, was auch gut so ist, aber im Wald steht die Luft und kein Windhauch bringt Abkühlung. Der Wald, aber auch der ganze Naturpark sind riesig und wir können nur einen kleinen Teil erwandern.
Sollten wir hierher noch einmal zurückkommen, was nicht ganz unwahrscheinlich ist 😊, müssen wir unbedingt versuchen, unsere Fahrräder mit unserem Dinghy überzusetzen. Die Wanderwege sind recht fest und über die sandigen Strecken führen Holzwege, das sollte mit den Fahrrädern gut gehen. Irgendwann ist es uns zu warm, die Luft steht, wir müssen dringend zurück auf’s Wasser. Aber wir beschließen, am nächsten Tag noch einige Panoramen aufzunehmen und vor allem auch mal Daisy fliegen zu lassen.
Als wir am nächsten Vormittag bei fast Niedrigwasser wieder in die Nähe unserer alten Anlandungsstelle ankommen, trauen wir unseren Augen nicht. Der ganz Strand bzw. der moderige und trocken gefallene Teil des Strandes bewegt sich. Tausende und Abertausende von Winkerkrabben rennen aufgeschreckt durch unser Herannahen wie blöde über den dunklen Sand und verschwinden eine nach der anderen in Abertausenden von Löchern. Es dauert etwas, bis sich die Capitana ein Herz nimmt und ihren sicher beschuhten Fuss vorsichtig ins knöcheltiefe Wasser stellt. Doch es ist nach wie vor nicht ganz klar, wer hier mehr Angst vor wem hat 😂.
Im Nu ist der Strand krabbenleer. Aus wenigen Löchern sieht man noch das ein oder andere Krabbenbein herausschauen, nicht jedes Fluchtloch passt in der Eile der Flucht so richtig für den Flüchtenden 😂. Die Capitana beobachtet das Ganze aus sicherer Perspektive von einem alten Holzsteg aus. Nach und nach kommen einige der Burschen wieder raus und schauen, ob die Luft wieder rein ist. Es ist ziemlich schwierig, sie richtig vor die Linse zu bekommen, man darf sich wirklich keinen Millimeter bewegen, die Krabben müssen unglaublich feine Sensoren für noch so kleine Erschütterungen haben. Ein unglaubliches Naturschauspiel. Wir sind wie gebannt! Allein deswegen müssen wir hier unbedingt noch einem herkommen, aber auch wegen der Flamingos, die würden wir ja schon gerne noch mal in den Salzwiesen sehen. Und ob nun die Winkelkrabben nachts diese Geräusche machen oder ob es dort noch anderes Getier gibt, wissen wir schlussendlich nicht. Aber rein zahlenmäßig würden wir den Winkerkrabben diesen Radau auch durchaus zutrauen.
… und retour
Sieht man mal von einer Begebenheit ab, ist unser Rückweg nach Mazagón, um uns dort auf die Lauer für den Absprung nach Cádiz zu legen, unspektakulär.
Nachdem wir die drei Makrelen gefangen haben, gehen unsere Angelhaken standardmäßig hinter den Molen eines jeden Hafen wieder über Bord. Und tatsächlich haben wir auf halber Strecken einen Fang. Es ist aber keine Makrele, sondern ein hübsch hellbraun gezeichnetes Fischchen mit einen Schmollmund. Irgendwie kommt mir der Bursche bekannt vor, aber ich erinnere mich in diesem Moment noch nicht, sonst wäre ich bestimmt viel vorsichtiger gewesen.
Das kleine Fischchen ist erstaunlich wehrhaft und sieht mit seinen hochgestellten Flossen richtig angriffslustig aus. Aber irgendwann habe ich es im Griff und mache ihm den Garaus. Was ich zu diesem Zeitpunkt noch nicht weiß, es ist ein Petermännchen, unser giftigster europäischer Fisch, den wir hier so haben.
Natürlich habe ich keine Handschuhe an, denn es ist ja nur so ein kleines Fischchen. Zwei Tage später, als Astrid unseren ersten …., – oh nein, ich verrate es noch nicht, – bestimmt, zeigt sie mir ein Bild von dem kleinen wehrhaften Fischchen und sagt: “Du, der kleine ist doch so einer, oder?”
Da fällt es mir wieder ein, woher ich ihn kenne. Vor vielen Jahren bin ich in Frankreich beim Surfen mal auf so ein Petermännchen getreten. Die sitzen nämlich im Sand, warten dort auf ihre Beute und stecken dabei ihre Giftstachel in der Rückflosse hoch. Der Urlaub war damals fast gelaufen, mein Fuß schwoll auf Melonengröße an und tat so schweineweh, dass ich eine Woche überhaupt nicht auftreten konnte. Und Astrid hatte vor gut 10 Jahren dieselbe Erfahrung in Spanien am Mittelmeer, was unseren Urlaub damals auch eher bewegungsarm hat werden lassen 😳. Ihr Fuß blieb zwar schlanker, tat aber ebenso weh. Und nun wissen wir, woher wir diesen Schmollmund kennen und seit dieser Erkenntnis liegen die dicken Arbeitslederhandschuhe wieder griffbereit im Cockpit.
Schwein gehabt, sonst wäre das mit dem nächsten Schlag nach Cádiz sicher nichts mehr geworden. Und gegessen haben wir ihn dann doch lieber nicht, es soll zwar gehen, wenn er sich ausgegiftet hat, aber darauf wollten wir es dann doch nicht ankommen lassen.
08.06. Mazagón I [A] -> hinter Punta Umbria
37° 12′ 00,9″ N, 006° 58′ 11,6″ W
10.06. Punta Umbria -> Mazagón II [A]
37° 08′ 02,4″ N, 006° 50′ 25,9″ W