Vorbereitungen für danach und davor


Es ist echt etwas ärgerlich. Ab dem 29ten wird ganz Portugal zum Virusvariantengebiet erklärt und am 30ten kommt die Meldung, dass sämtliche deutschen Risikogebietsdeklarationen in Europa zum ersten Juli aufgehoben werden und nur noch die Einstufung als Virusvariantengebiet aufrecht erhalten wird. Diese Entscheidung trifft uns wieder einmal ziemlich ungünstig. Hätten wir das geahnt, wären wir in Andalusien geblieben, hätten Henry in Portimão gelassen und wären z.B. von Sevilla geflogen. Quarantäne-technisch wären wir damit komplett aus dem Schneider gewesen.
Aber…, ja, ja … hätte, hätte…

„Abendstimmung vor Portimão“

„Abendstimmung vor Portimão“

Doch nun sind wir schon auf dem Ankerplatz vor Portimão. Diese ganzen Unwägbarkeiten haben das Reisen in Europa doch wieder zu einem kleinen Abenteuer mit einigen Herausforderungen werden lassen. Wobei diese Herausforderungen ehrlich gesagt doch einen Schwierigkeitsgrad in sich tragen, den der »normale Grenzverkehr ggf. mit Visa, begrenzter Aufenthaltserlaubnis und einem Ein- und Ausklarieren« nicht hat. Denn alle C-19-Regularien ändern sich so schnell, dass man echt nicht mehr so richtig hinterher kommt und wirklich nichts auch nur mit einem halbwegs befriedigenden Vorlauf planen kann. Und wenn wir ehrlich sind, müssen wir auch zugeben, dass wir einige der Regeln auch schlicht nicht verstehen. Und da meinen wir wirklich das »Verstehen und Begreifen«, also was wann zu tun oder zu lassen ist, und nicht das verständnisvolle Nachvollziehen einer Maßnahme. Nun ja, so schauen wir uns inzwischen nur noch grob an, was geht oder was gar nicht sein darf, den Rest wird man uns dann bei der Einreise ggf. schon erklären.

„Da geht's im September wieder raus.“

„Da geht's im September wieder raus.“


Vor Portimão
Auf dem Ankerplatz vor Portimão ist inzwischen richtig viel los. Engländer, Deutsche, Niederländer, Iren, Franzosen… alle sind da und versuchen sich in ihren Ankertechniken. Die Franzosen suchen die Sicherheit beim Ankern in der Nähe zu anderen. Die Engländer wahren meist einen aristokratisch anmutenden Abstand. Die Niederländer und Deutschen sind mit ihrem ersten, zweiten und auch oft dritten Ankermanöver selten zufrieden, suchen aber auch immer die Nähe zu Landsleuten. So teilt sich das Ankerfeld vor Portimão gerade in ein deutsches, ein niederländisches und ein britisches Eck auf. Der Rest verteilt sich so drum herum und mittendrin. Dass die Franzosen immer versuchen, ankertechnisch zu kuscheln, liegt vielleicht daran, dass ihre Hauptstadt die Stadt der Liebe ist, wer weiß. Für Portimão exotische Nationalitäten wie Canada, USA und Italien sind überall gerne gesehen, solange sie nicht auch noch anbucken wollen. Ansonsten gilt aber nach wie vor die alte Regel des Ankermagnetismus: “Wo einer liegt, liegen bald schon drei und keinesfalls darf freier Ankerraum genutzt werden, lieber noch irgendwie dazwischen.” Inmitten einer Schafherde ist es ja auch am sichersten, die am Rand stehenden holt sich ja schließlich der böse Wolf.

„Gegenüber der Marina“

„Gegenüber der Marina“


Eine Antwort auf unsere eMail erhalten wir erst am Montagmittag mit einem Anruf der Marina. Eine Terminverschiebung nach vorn geht nicht. Alle Termine sind ausgebucht und alle Gestelle sind belegt. So zwischendurch ist nichts möglich. Wir sind nach wie vor für Donnerstag eingeplant. Das hatten wir uns so auch schon gedacht, als sich niemand meldete, denn uns hätte ja auch nur ein früher Krantermin am Montagmorgen geholfen, um unseren Plan, noch vor der Variantenwarnung Portugal zu verlassen, umzusetzen. Nun ist es eh Wurscht. Und wenn wir direkt am ersten Juli abhauen, könnte Astrids erste Impfung noch Mitte Juli erfolgen, was mit 6 Wochen Abstand die zweite auch noch während unserer geplanten Zeit in Deutschland möglich machen würde. Nur ärgerlich sind eben diese 14 Tage Quarantäne. Das hätte nun wirklich nicht noch sein müssen.


Dadurch, dass wir schon am Sonntagvormittag in Portimåo angekommen sind, haben wir nun echt viel Zeit, um alles fertig zu machen. Ganz in Ruhe bereiten wir alles zum Kranen und für die Auszeit vor. In einer Ruhe, die durch unsere Internetlosigkeit nahezu vollkommen unterstützt wird 😢. Um die Vorsegel runterzunehmen, fahren wir kurz an den Reception-Ponton der Marina. Man lässt uns dort einfach machen.

„Segel runter und zusammenlegen.“

„Segel runter und zusammenlegen.“

Die Marina Portimão ist vielleicht nicht die preiswerteste, aber alles ist schon sehr unkompliziert und alle Mitarbeiter sind auch sehr hilfsbereit. Gleich zweimal lassen wir auch gleich noch die Waschmaschine der Marina laufen und schon nach jeweils 2 Stunden ist alles wieder trocken, frisch aufgezogen oder weggeräumt. Auch der Besuch bei Henry ist ein voller Erfolg, ihm geht es gut und er öffnet sogar auf Knopfdruck sehr bereitwillig seine Türen. Das war nicht immer so, denn eine Nichtnutzung quittiert er meist mit einer eher bockigen Verweigerung, auf die Schlüsselfernbedienung zu reagieren.
Außerdem erledigen wir noch Siebenundsechzigkommadrei Kleinigkeiten und arbeiten unsere »Raus-aus-dem-Wasser-und-PINCOYA-zum-Schlafen-legen-Liste« ab. Und zusätzlich schafft die Capitana es sogar noch, auch die Backbordseite mit Antigilb zu behandeln.

Jeweils um 17:00 ändern wir dann unser Arbeitsprogramm, denn nun müssen wir noch all die Reste aufessen und austrinken, die wir nicht an Bord lassen oder mitnehmen wollen. Ein insgesamt »üppiges« Arbeitsprogramm und das im wahrsten Sinne des Wortes.
Doch auch, wenn es sich nicht so anhört, unsere Tage vor Portimão sind eher geruhsam und alles andere als ein Arbeitslager vor Anker. Wir genießen die wundervollen Sonnen- und Sommertage, auch wenn es mittags mit schöner Regelmäßigkeit beginnt zu wehen. »Wehen« ist dabei etwas untertrieben, denn teilweise stürmt es mit bis zu 25 Knoten aus westlichen Richtungen. So teilen wir uns das, was zu tun ist, in »geht-bei-Wind« und »doch-lieber-wenn-es-etwas-ruhiger-ist« ein. Theoretisch würde es unser Dinghy mit dem kleinen Motor auch gegenan schaffen, aber wir müssten Sachen zum Wechseln mitnehmen, denn es wäre ein recht feuchter Spaß, vom Ankerplatz zur Marina zu fahren. Also bleiben wir nachmittags an Bord und nutzen die Zeit auch, um noch etwas nachzubräunen, denn schließlich werden wir in Norddeutschland einiges an Bräunungspuffer brauchen, um nicht gleich nach zwei Wochen schon wieder wie ein Grottenolm auszusehen. Mit einem weinenden Auge schauen wir auf den Donnerstag, eigentlich ist es viel zu schön, um ins trübe Deutschland zu fahren.


Abends, bei unserer letzten Flasche Rotwein, schmieden wir Pläne, wie es im Herbst weitergehen soll. Alles zwischen Sizilien, Madeira und den Kanaren ist dabei, aber wir finden noch keine Entscheidung, ob wir im September aus Portimão nach rechts oder links abbiegen sollen. Und diese Entscheidung werden wir wohl auch so schnell noch nicht treffen können, zu volatil sind die Veränderungen an der C-19-Front. Wahrscheinlich wird die Entscheidung erst 12 Stunden, bevor wir Anker auf gehen, fallen können. Genug Pläne haben wir, wir müssen dann nur den passenden aus der Tasche ziehen.

Dienstagabend sitzen wir noch lange mit Lori & Barney von der Favorita zusammen. Die beiden sind auch im OCC und kennen auch Fiona & Iain. Eine kleine Welt und eine nette Gemeinschaft, in die wir da so langsam reinwachsen. Schon am Vormittag brummte ein Pärchen aus Irland mit ihrem Dinghy bei uns vorbei und rief “Hey OCC, nice to meet you.” Wir sind noch nicht ganz so »offensiv beim Begrüßen«, aber das wird schon noch was.
Doch Lori und Barney bringen auch wieder einen alten Plan zum Glimmen. Im Mai hatte die US-Botschaft unseren Interviewtermin für unser B2-Visum abgesagt und damit war auch unser Plan, mal auf der anderen Seite des Atlantiks nach dem Rechten zu sehen, irgendwie weggedämmert. Lori ist Kanadierin und Barney Brite und nach unserem gemeinsamen Abend beginnt sich dieser alte Plan wieder mit Leben zu füllen.


Doch da fällt mir noch eine tolle, kleine Kleinigkeit ein. Als wir am Samstag hinter Culatra aufbrechen und gerade durch das Ankerfeld vor Culatra-City fahren, ruft es von einer deutscher Segelyacht. [Ich glaube, es war die “Paradise”, meldet Euch mal, Kurslinien kreuzen sich ja niemals nur einmal!] Im Cockpit steht die Eignerin und ruft: “Ich hab eure Blogs gelesen! Toll! Schreibt mal weiter so!” Auch wenn wir wissen, dass wir inzwischen sicher schon einige »unbekannte Leser« haben und auch wenn wir zu einem großen Teil für uns selbst schreiben, weil wir einfach Spaß daran haben, so ein tolles, spontanes und vor allem ganz unerwartetes Feedback bewegt einen dann doch richtig. Danke! Aus verschiedenen Gründen haben wir ja die Kommentarfunktion bewusst ausgeschaltet, doch trotzdem ergeben sich immer mal wieder Kontakte über unsere Kontaktseite, aber so ein Spontanfeedback hat schon etwas ganz Besonderes.


Und raus geht’s
Am Mittwoch bereiten wir dann noch das äußere Vorstag dafür vor, dass wir es schnell lösen und wegnehmen können, falls es im Travellift wieder nicht passen sollte. Wegen des Geräteträgers mit Windrad und Radar müssen wir vorwärts rein, aber dann kann es schnell mit unserem äußeren Vorstag am Bugspriet eng werden, so dass die PINCOYA nicht hoch genug gehoben werden kann, um über Land spazieren gefahren zu werden. Diese Überraschung hatten wir schon in Gijón, aber nun sind wir vorbereitet. Die Vorbereitungen dazu sind nicht allzu schwierig, aber durchaus verlustträchtig. Selbst in einer Marina ist es ja schon schwierig, die Schrauben zu lösen und keine ins Wasser fallen zu lassen. Aber vor Anker, nun ja. Ausflugsboote, Fischer, der sonstige Freizeitverkehr und auch die Militärboote zur Grenzkontrolle machen hier schon einen ganz ordentlichen Schwell. Astrid hält vorsichtshalber und schützend ihre Hände auf, um Schlimmeres zu verhindern. Nicht für jede Schraubenvariante haben wir Ersatz 😳, aber nun stehen Ersatzschrauben auf der Einkaufsliste 🤓.

„Nun mal los....“

„Nun mal los….“

„Das Ankerfeld vor Portimão.“

„Das Ankerfeld vor Portimão.“

„Das Marina-Office“

„Das Marina-Office“

„Der Travellift, nur leider sind wir noch nicht dran.“

„Der Travellift, nur leider sind wir noch nicht dran.“

Punkt 9:00 sind wir am Travellift, ein weiteres Touri-Speedboot wird gerade ins Wasser gesetzt. Die Saison nimmt Fahrt auf. Dann stockt die ganze Prozedur und zwei Personen verschwinden unter der geöffneten Motorklappe. Einer geht, ein anderer kommt. Die beiden vom Kran gucken runter, aber es ertönt kein röhrenden Motor, alles bleibt stumm. Nach 15 Minuten fliegen Leinen herunter und man zieht das lahmende Speedboat aus dem Travellift an einen kleinen Dinghy-Steg. Der Kranmann gibt uns Zeichen, dass wir noch nicht dran sind und verschwindet mit seinem Travellift irgendwo ganz hinten auf dem riesigen Werftgelände zwischen den Booten. Es stehen noch unglaublich viele Boot aller Art und Größe an Land. Alles ist wirklich rappelvoll. Wir treiben und dümpeln fast eine 3/4 Stunde im Vorhafen herum, bis er dann endlich mit einem Motorboot zurückkommt. Bei dem Motorboot springt der Motor dann auch gleich an, während inzwischen 4 Monteure immer noch versuchen, dem Speedboat neues Leben einzuhauchen, um ihm seine Power für den röhrenden Speed zurückzugeben.

„Nun sind wir dran.“

„Nun sind wir dran.“

„Hoch geht's ...“

„Hoch geht's …“

Dann kommen wir dran. Zack rein in die Gurte. Vorstag lösen? Ach was, passt schon! Und schon geht es hoch. Es ist ein komisches Gefühl plötzlich 4 m über dem Wasser zu schweben und auf den Kranführer herunter zu schauen.

„Links unser Platz, das wissen wir nur zu diesem Zeitpunkt noch nicht.“

„Links unser Platz, das wissen wir nur zu diesem Zeitpunkt noch nicht.“

Und schon geht es vorwärts. Nach etwa 10m ruckt es ganz fürchterlich, die PINCOYA macht einen Satz, uns bleibt das Herz stehen und dann ist Ruhe. Der Kranfahrer springt runter und verschwindet. Dann ruft er “Perdão! Perdão!” Macht ein Zeichen, dass auch ihm das Herz stehen geblieben ist. Vorsichtig werden wir noch etwa 10 m nach vorn gefahren, dann wird eine Leiter an die PINCOYA gestellt.

„Ausblicke...“

„Ausblicke…“

Als wir unten sind, sehen wir das Malheur. Das Unterwasserschiff der PINCOYA hat einen dünnen, aber wie Schmierseife glitschigen Belag. Der vordere Gurt ist gut einen Meter nach vorn gerutscht. Die Kranmannschaft entschuldigt sich tausendmal, aber kann ja eigentlich auch nichts dafür. Die Gurte werden miteinander verbunden und dann geht es weiter auf unseren »Parkplatz«.

„Eine volle Mahlzeit hat sich am Ruderblatt gebildet...“

„Eine volle Mahlzeit hat sich am Ruderblatt gebildet…“

„Landtransport“

„Landtransport“

„Da steht sie nun (fast).“

„Da steht sie nun (fast).“

Hier stehen wir super und hätten sogar Morgensonne im Cockpit. Nicht wenige Boote sind bewohnt und überall wird an den Schiffen gearbeitet. Das ist in Portugal ohne Probleme möglich, die Werften haben oft sogar auch recht gute Sanitäranlagen und sind auf solche Eigenarbeiten der Eigner eingerichtet. In Spanien soll das nicht ganz so selbstverständlich möglich sein. Vielleicht ist es auch deswegen in der Werft von Portimão so voll. In jedem Fall ist man auf der Werft genauso hilfsbereit wie in der Marina. Wir haben ein gutes Gefühl und finden, dass die PINCOYA hier bestens aufgehoben ist.

vor Portimão [A]
37° 06′ 44,4″ N, 008° 31′ 22,0″ W

der Schlafplatz
37° 08′ 09,3″ N, 008° 31′ 44,1″ W