Lern langsam III


Was sich anhört wie ein Filmtitel, war in der Tat wieder einmal ein filmreiches Stückchen von Lernresistenz.
Es ist Einkaufstag und Pingo Doce liegt immer noch in Lee. Mit dem Fernglas verorten wir eine Landestelle, die einen Einkauf der kurzen Wege verspricht. Es ist wieder eine dieser kongenialen Einfälle des Schiffsjungen. “Warum schleppen, wenn man auch bis vor die Tür fahren kann?” Gestern wäre das noch nicht möglich gewesen, da schwappte der Schwell noch in ansehnlichen Höhen an den Strand, was den Badenixen tinitusverdächtige Töne entlockte. Aber heute? Kein Problem!

Also brüllen uns die 2,3 PS unseres kleinen Honda durch das türkise Wasser und ebenso überzeugt wie siegessicher nehmen wir Kurs Pingo Doce!
In gebührendem Abstand folgen wir dem Strand, der Schwell ist nicht wirklich hoch und wird zudem auch gleich noch weiter abnehmen. Ein idealer Landeplatz ist schnell gefunden, zwischen zwei kleineren Felsausläufern erstreckt sich ein sandiger Bereich, um uns in Empfang zu nehmen.
Routiniert nimmt der Schiffsjunge die nun kaum noch überhaupt nennenswert heranlaufenden Wellchen in Augenschein. Ein Blick, der von den Erfahrungen vor der Bell Île zehrt und stahlhart selbst kleinste Wellen röntgt, um ihre bösen Absichten zu erkennen. Vollgas, einlenken, Belüftung des Außenbordertanks und den Benzinhahn schließen sind eins. Im Vergaser ist genug Benzin, um den letzten Schub zu geben. Zeitgleich springen die Capitana und der Schiffsjunge aus dem Gummiboot, um nicht auf Sand, sondern auf glitschigem, aber durchaus sandfarbigem Fels zu landen. Dieses erste Straucheln nutzt eine dieser nicht mehr vorhandenen Wellen schamlos und vor allem bösartig aus, um sich über dem Heck unseres Gummibootes übel zu erbrechen. Zudem fasst uns der Widerling von Welle schamlos an den Hintern. Nur schnell weiter! Scheiß auf die Räder! Was war das? Da kommt schon wieder eine. Schnell vorwärts, nur schnell hoch auf den Sand. – Geschafft!
Im Gummiboot schwappt es, am Horizont fährt ein Frachter. Der war es! Bestimmt. Wo sollen sonst solche Scheinwellen auch aus dem Nichts herkommen?

Bei Pingo Doce achtet niemand darauf, dass wir tropfen und vielleicht auch insgesamt etwas inkontinent aussehen. Die Gemüseabteilung wird eh gerade frisch gewischt und das schon mal gar nicht wegen uns. Es ist wirklich ein Einkauf der kurzen Wege. Wenn wir auf dem Hinweg den Weg gesehen hätten, der etwa 10 m hinter unserem Gummiboot hoch zur Straße führt, wären wir auch nicht durch die Stadt gelaufen. Aber schön war der Weg alle mal, so kommen wir in der Gemüseabteilung auch nur tropfnass und nicht mehr triefnass an.

Zurück am Gummiboot schweifen nun unser beider Blicke über das Meer. Es sieht gut aus! Nur ein zwei kleine Wellen kommen da noch. Wir ziehen das Gummiboot in Startposition. Nicht dort, wo wir angelandet sind, sondern etwas weiter rechts, dort wo der Sandboden auch ein Sandboden ist. Oder wenigstens zu sein scheint. Eigentlich ist die Sache ja voll einfach. Jedes Kind weiß, dass nur jede siebte Welle hoch ist und selbst Waldorfschüler können bis sieben zählen, weil bei Steiners ja eh alles irgendwie mit sieben geht.
Also nehmen wir die Siebte noch in der Polposition und schieben sofort los, als sie durch ist. Doch nach der Siebten kommt eine Achte, der große Bruder der Siebten, und aus unserer Polposition wird eine Poolposition. Zudem ist wieder kein Sand unter unseren Füßen, sondern glitschiger Fels. Der Außenborder setzt auf, während die Capitana ins Gummiboot hechtet, aber nicht ihretwegen. Denn als die Achte irgendwie durch ist, hinterlässt sie uns erstaunlich wenig Wasser, bevor die Neunte wieder vollkommen phantasielos in uns hinein bricht. Das Gummiboot schlägt quer, der Schiffsjung steht bis zur Brust im Wasser, die Capitana springt wieder raus und sagt: “Du musst auch schon reinkommen, so wird das nichts!”

Die Zehnte ist kleiner als die Neunte, ich überlege, ob ich mein Handy in der Hosentasche habe, komme allerdings nicht zum Ende mit meinen Gedanken, denn die Elfte kommt schon angerauscht. Scheiße! Im Gummiboot schwappt es nun richtig. Gut, wir haben ja noch Aufbackbrötchen auf der PINCOYA, das Brot saugt sicher gerade das überschüssige Salzwasser in den Einkaufstaschen auf. Nun… und Gemüse kocht man ja eh in Salzwasser.
Die Capitana springt zwischen der Zwölften und Dreizehnten wieder rein und zerrt am Arm des Schiffsjungen. So schafft es auch der Schiffsjunge aus dem bauchnabeltiefen Wasser, bevor sich die nächste Ladung ins Gummiboot ergießt. Der Außenborder setzt noch mal hässlich auf, wir driften leider in die falsche Richtung. Dann springt unser kleiner, tapferer Honda aber auf dem Hochwasser der Vierzehnten doch etwas widerwillig an. Stotter, krächz, jaul, blubber und vorwärts geht’s. Etwa von den Schultern aufwärts sind wir noch trocken. Keine nassen Haare bei unseren Anlandungsversuchen bekommen zu haben, verbuchen wir erst einmal als Erfolg! Langsam gewinnen wir Abstand zum Strand.

Irgendwie stand unser Einkauf heute unter keinem guten Stern, aber gleich morgen holen wir den Rest. Dann aber mit den Fahrrädern, denn wir müssen ja eh noch zum Waschcenter.

save and sound in front of Port do Porto Santo
33° 03′ 40,5″ N, 016° 19′ 05,5″ W