Porto Santo – Inselausflüge II

Im Westen von Porto Santo rund, bis zum Miradouro do Furado Norte

„Unsere Runde in den Westen von Porto Santo“

„Unsere Runde in den Westen von Porto Santo“

Am nächsten Tag sind wir uns nicht ganz sicher, was unsere Hintern zu einem neuen Ausflug auf den Fahrradsatteln sagen werden. Aber es geht, denn zurück haben wir unsere Fahrräder ja gestern doch mehr getragen als sie uns.

„Porto do Porto Santo... bisher sind wir da einfach immer vorbeigefahren. Das geht ja so auch nicht!“

„Porto do Porto Santo… bisher sind wir da einfach immer vorbeigefahren. Das geht ja so auch nicht!“

Schnell sausen wir in Richtung Vila Baleira, aber schon vor dem Pingo Doce, wo wir noch etwas zum Trinken kaufen, treffen uns die ersten Tropfen. Und im Handumdrehen wird aus den wenigen Tropfen ein echter Landregen. Er ist warm und grundsätzlich angenehm, nur die Menge des Regens ist dann doch etwas viel. Ebenso schnell sind die Straßen wie leer gefegt. Hier geht man offensichtlich nicht im Regen, hier wartet man ab. Und weil dies viele tun und sich irgendwo unterstellen, ist es schwierig, noch einen freien Unterstellplatz zu finden. Wir sind schlicht zu spät. Bei den ersten Tropfen muss man sich einen Unterstellplatz sichern, nicht erst, wenn es schon schüttet!
Vor einer Münzwäscherei drängen wir uns mit unter ein klitzekleines Vordach. Man winkt uns quasi heran, als wir schon halb durchgeweicht die Straße hochkommen. Das Vordach hilft zwar nicht viel, aber etwas. Doch die Gullis schaffen die Wassermassen nicht mehr und im Handumdrehen fließt direkt vor uns ein kleiner Sturzbach die Straße hinunter. All das wäre nicht schlimm, wenn nicht vollkommen ignorante Autofahrer ohne jede Rücksicht durch diese Fluten ballern würden. Wir sind aber nicht allein mit diesem Schicksal, neben, vor und hinter uns stehen wenigstens noch 15 bis 20 weitere Schutzsuchende, und bald entwickelt sich eine ganz eigene Choreographie eines Bordsteintanzes wie aus dem Nichts. Bei jedem Herannahen eines Auto springen wagemutige Streetdancer halb auf die Straße und bekunden den herannahenden Fahrern, dass sie langsamer fahren und vor allem einen Bogen fahren sollen. Die übrigen Leidgeprüften begleiten sie mit einem internationalen Rap aus Flüchen und Schimpfworten, die mit eindeutigen Handzeichen und Stinkefingern untermalt werden. Einsichtige Fahrer bekommen eine La Ola des Dankes und ungefähr 40 hochgereckte Daumen 👍. Uneinsichtige werden mit Flüchen überzogen, bis sie hinter der nächsten Kurve verschwinden. In Windeseile hat sich vor dem kleinen Waschsalon eine Schicksalsgemeinschaft gebildet, die auch untereinander jeden Erfolg bejubelt und über all die fremdsprachigen Schimpfworte, die so sehr von Herzen kommen, und in ihrer Bedeutung so eindeutig sind, immer wieder herzlich lacht.
Als der Schauer endlich vorbei ist, der Sturzbach langsam verebbt und sich der Trupp der Schutzsuchenden auch langsam wieder auflöst, nicken wir uns zu und verabschieden uns. Wie toll war das denn eben?

„Die Ilhéu da Cal ganz im Westen“

„Die Ilhéu da Cal ganz im Westen“

Gleich der nächste Kilometer trocknet uns wieder und wir erreichen das westliche Ende von Porto Santo, Punta da Calheta, im Handumdrehen. Nachdem wir die dichtere Bebauung hinter Vila Baleira verlassen haben, sehen wir, dass eine flache Dünenlandschaft die Küste säumt. So gibt es auch ganz im Westen einen hübschen Sandstrand, der mit einigen Felsen durchsetzt ist.

„Die westliche Dünenlandschaft“

„Die westliche Dünenlandschaft“

Die vorgelagerte Insel Ilhéus da Cal ist ein Schutzgebiet und darf nur bewundert, aber nicht betreten werden. Man tut auf Porto Santo viel, um alte Sünden zu renaturieren. So versucht man, die ganze Insel auch wieder großflächig mit Bäumen zu bepflanzen, um doch der erheblichen Erosion etwas Einhalt zu gebieten. Aber auch die Dünenstreifen werden mit viel Aufwand wieder renaturiert und großflächig geschützt.

„Punta da Calheta ganz im Südwesten von Porto Santo“

„Punta da Calheta ganz im Südwesten von Porto Santo“

„Ein Platz für ein Panorama!“

„Ein Platz für ein Panorama!“

„Salz und ein Krebs“

„Salz und ein Krebs“

„Palmen an der Promenade.“

„Palmen an der Promenade.“

„Natürliche Symmetrie“

„Natürliche Symmetrie“

Etwa eineinhalb Kilometer vor Punta da Calheta, dem Ende von Porto Santo, steht ein Schild auf dem »Miradouro« steht. Nachdem wir gestern schon die irren Felsformationen im Osten gesehen haben, wollen wir natürlich auch mal einen kleinen Blick auf die vulkanische Felsenküste im Westen werfen. Auf unserer Wander-App sieht es auch gar nicht so weit aus, nur der erste Teil wird wohl etwas steil sein. Es ist Mittag, also die beste Zeit für Deutsche, mal einen Ausflug zu machen. Kaum sind wir auch nur wenige hundert Meter der Miradouro-Ausschilderung gefolgt, wird es nicht nur steil, sondern auch brütend heiß. Kein Lüftchen regt sich mehr und auf dem glühenden Asphalt geht es steil bergauf. Wir schieben… Zuerst systemlos, aber das ist noch ätzender als ätzend. Also erfinden wir das Telegraphenmasten-System.

„Uferstraße, dann Aufstieg“

„Uferstraße, dann Aufstieg“

Drei Masten dann Pause, und vier Masten dann Pause, wenn es nicht so gnadenlos bergan geht. Gefühlt brauchen wir Stunden, um die erste Abzweigung auf der Höhe zu erreichen. Das müssen Kilometer gewesen sein.

„So ein Grünzeug hatten wir mal Zuhause im Blumentopf, nur etwas kleiner!“

„So ein Grünzeug hatten wir mal Zuhause im Blumentopf, nur etwas kleiner!“

An der Abzweigung stehen nun aber zwei Miradouro-Ausschilderungen. Eine nach links, eine nach rechts. Wir entscheiden uns für rechts, weil die uns weniger steil aussieht und uns auch die Wander-App verspricht, dass es zunächst auf mehr oder weniger einer Höhenlinie weitergeht.

„Rechts oder links, das ist hier die Frage!“

„Rechts oder links, das ist hier die Frage!“

Die Asphaltstraße geht wieder in eine Schotterpiste über und wir quälen uns Kilometer um Kilometer in der Mittagshitze voran. Es ist unglaublich, wieviel wir trinken, gut, dass wir diesmal 3 Liter mitgenommen haben, denn uns läuft es aus allen Poren einfach so wieder raus.

„Auf der Wüstenpiste...“

„Auf der Wüstenpiste…“

Obwohl wir ja entlang einer Höhenlinie unterwegs sein sollen, geht es doch leicht bergan. Meistens können wir fahren, aber unsere Beine geben heute schon früh auf, sodass wir immer mal wieder schieben. Zusammen beschließen wir, noch bis zur nächsten Kurve zu fahren und wenn dann nichts ist, dann drehen wir um. Wir haben das Gefühl, dass wir uns schon Stunden hier herauf kämpfen, und schließlich müssen wir ja auch an den Rückweg denken. Auch wenn der eher runter geht, aber wir haben ja auch schon eine ganz ordentliche Strecke hinter uns.

„Die Ilhéu de Ferro“

„Die Ilhéu de Ferro“

Aber an der Kurve werden wir von Neuem angefüttert. Etwas unterhalb sehen wir ein Haus, wahrscheinlich eine Taverne, kurz dahinter auf den Klippen einen Zaun, der ganz fürchterlich nach »Miradouro« aussieht, und weiter hinten erahnen wir die spektakulären Klippen. Also runter! Schlussfahrt, egal, diesen Anstieg schaffen wir nachher auch noch. Etwas ungläubig werden wir an der kleinen Taverne von all den übrigen Besuchern beobachtet, die alle ausnahmslos mit dem Auto hier sind. Diesen Triumph lassen wir uns nicht nehmen und rauschen mit einer Camel-Trophy-off-road-Sahara-Staubfahne in einem Affenzahn an ihnen vorbei und lächeln dieses »Alles-voll-easy-Lächeln«, dass wir nur in den wenigen Sekunden lächeln müssen, in denen wir vorbei jagen. Zwusch 🚴‍♂️💨 zzzzisch 🚴‍♀️💨

„Am Miradouro Morenos“

„Am Miradouro Morenos“

Der erste Aussichtspunkt ist vielleicht sogar noch der spektakulärste. Miradouro do Furado Norte. Man steht direkt gegenüber einer zerborstenen Vulkanwand, in der die urzeitlichen Magma-Schlote wie Schornsteine zu sehen sind. Atemberaubend, so etwas haben wir noch nicht gesehen. Und unten schäumt weiß-blau-türkis das Meer. Heute ist es ruhig, aber wie unglaublich wild muss es hier sein, wenn wirklich mal echte Wellen im Sturm anrollen.

„Alte Lavawände!“

„Alte Lavawände!“

„Das Highlight unserer Runde; Morenos!“

„Das Highlight unserer Runde; Morenos!“

Der zweite Aussichtspunkt liegt noch etwas weiter im Westen. Nicht viel, aber vielleicht doch einen Kilometer. Dies ist der Sundowner-Miradouro, Punta da Canaveira. Der Atlantik schäumt um die vorgelagerte Insel Ilhéus do Ferro und dahinter liegt die schier unendlich Weite des Atlantiks. Phantastisch und absolut faszinierend. Die Quälerei hierher hat sich gelohnt.

„Am Miradouro do Furado Norte“

„Am Miradouro do Furado Norte“

„Die Ilhéu de Ferro“

„Die Ilhéu de Ferro“

Doch die Sonne brennt gnadenlos, und wenn wir ehrlich sind, brauchen wir dringend mal etwas Schatten. Es ist ja nicht nur die Sonne, es sind ja auch die Felsen, die wie Saunasteine unter uns auch noch Wärme abstrahlen. An der Taverne verkriechen wir uns auf einem halbwegs schattigen Rastplatz. Gott sei Dank gibt es dort auch eine Quelle. Unsere Trinkvorräte gehen dem Ende entgegen und wir sind froh, wieder unsere Flaschen auffüllen zu können. Aber das Beste ist, dass wir auch mal den Kopf unter das Wasser halten können, in dem herrscht nämlich schon eine Temperatur wie in einem Druckkochtopf.

„PAUSE!!!!!“

„PAUSE!!!!!“

„.... Und zurück, zack zack!“

„…. Und zurück, zack zack!“

Dann machen wir uns auf den Rückweg und beschließen, ab und zu eine Pause einzulegen. Nicht für uns, aber diesmal für die Bremsen, um ihnen bei der Schussfahrt etwas Abkühlung zu gönnen. Doch im Handumdrehen sind wir ganz ohne Pause schon wieder auf der Küstenstraße. Das Ungleichgewicht von hoch zu runter ist mit Fahrrädern schon erstaunlich. Nach der Ewigkeit hoch dachten wir, dass es wenigsten etwas länger dauert, um wieder runter zu donnern.
Nach mehr als 25 km kommen wir wieder im Hafen und dann auf der PINCOYA an. Frühestens Montag werden wir weitersegeln, morgen brauchen wir einen Tag Ruhe. Nichts geht mehr, rien ne va plus. Zwei irre Runden, aber Po, Beine und auch der Rest brauchen nun ein Pause.

„Geschafft, Sundowner auf der PINCOYA“

„Geschafft, Sundowner auf der PINCOYA“

Weiter? Aber warum?
Nachdem die meisten weitergezogen sind, aber immer wieder einige neue Segler ankommen, checken wir die Lage auf Madeira. Laut Marinetraffic sind dort die Häfen ziemlich voll und eine so einfache Ankerbucht wie auf Porto Santo gibt es dort eben leider auch nicht. So zieht es zwangsläufig alle in die Häfen, was es ja auch mit uns machen würde, weil wir uns für einige Tage ein Auto leihen möchten, um Madeira dann zu erkunden. Unsere Anfragen bei den verschiedenen Marinas bringen uns aktuell allerdings nur auf die Wartelisten.

Es ist nun schon wieder Sonntag und ab Dienstag soll es erst einmal wieder kräftig wehen. Eine Marina wäre schon gut, denn unser Frischwasser geht nach 14 Tagen nun doch langsam seinem Ende entgegen. Was tun? Aber warum auch mit Gewalt weiter? Wir sind heute auf den Tag genau erst eine Woche hier. Ja -, für normale Segler ist eine Woche eine Ewigkeit, aber wir wollen ja auch gar nicht normal sein. Gestern haben wir einen kennengelernt, der erst Ende Juni in Deutschland gestartet ist und noch mal kurz in Schottland war, um nun hier auch schon wieder auf dem Sprung zu sein. Das geht, aber warum?

Unser Ankerplatz ist ziemlich paradiesisch, unsere Räder stehen noch immer an Land und könnten so auch einfach weiter genutzt werden, obwohl unsere Hintern allerdings aktuell etwas dagegen haben 🤭.

Nur dieses Ding mit dem Frischwasser ist eben blöd. Kommentar der Capitana: “Das ist echt so nervig! Bei der nächsten Gelegenheit kaufen wir einen Wassermacher! Egal! – Voll egal! So machen wir das! Fertig aus, und Zack!” (Die vielen Ausrufezeichen sind nur ein schwacher Ersatz für die Entschlossenheit, die aus den Sätzen der Capitana unüberhörbar herüberschwingen.) Und obwohl der Entschluss nun gefasst ist, macht dieser uns aktuell noch kein frisches Wasser.
So schwingt sich die Capitana mit den Worten: “Ich fahr mal gucken…” ins Gummiboot und brummt davon. Kurze Zeit später höre ich sie zurückkommen. Natürlich nicht direkt die Capitana, aber unseren kleinen Honda, der zwar nicht schnell ist, aber … sagen wir mal … ausdrucksstark. An dem Receptionsponton oder wenigstens dem Steg, der das früher einmal war, ist etwas frei und dort soll es auch Wasser geben. Gesagt getan! Wir gehen Anker auf und brummen in den Hafen. Auf der Mole steht ein älterer Portugiese und beginnt heftig mit allen internationalen Zeichen zu winken, die das internationale “Hier-geht-gar-nichts-Alphabet” so hergibt. Es ist lustig, je näher wir kommen, desto wilder wird er. Erst als wir in der internationalen Seglersprache “Hey, come on, aqua fresca, água doce, não mais, only cinco minutos!” rufen, lächelt er und zeigt uns zehn Finger für dez minutos. Perfectos! Grandiosos!
Wir sind noch nicht richtig fest, da steckt schon unser Schlauch am toneira de água und der Portugiese zeigt uns ¡Vale! ¡Vale! Das ist zwar Spanisch, aber ein internationales “Hey, slow down, Alter!” hilft immer. Wir sind in Portugal und nicht in Deutschland…

„Wir nehmen Frischwasser... der Fahrschein, um länger zu bleiben.“

„Wir nehmen Frischwasser… der Fahrschein, um länger zu bleiben.“

Nach zehn Minuten sind wir tatsächlich fertig, »wir haben wieder voll« und brummen aus dem Hafen. Noch etwas vor dem Hafen sehen wir eines der Ausflugsboote, das nun zurückkommt, um die alten Gäste anzulanden und neue aufzunehmen. Das hat gepasst. Wir müssen echt schmunzeln. Ein »Muito obrigado!«, zwei Daumen hoch und ein »perfecto« das eigentlich »perfeito« heißen müsste, machen unser klitzekleines Erlebnis perfekt.

Die ersten Tage, nachdem wir auf Porto Santo angekommen waren, haben uns gezeigt, wie der Schwell einläuft und was die Fallböen so alles drauf haben, wenn es aus Nordost weht. Deswegen gehen wir nicht wieder auf unseren alten Ankerplatz, sondern kuscheln uns etwas mehr ins Eck von Strand und Mole. Hier bleiben wir nun und warten mal schön brav auf den Starkwind, der ganz sicher wieder die hammermäßigen Fallböen mit sich bringt. Noch ist es ruhig, aber wir freuen uns auf die nächsten Tage. Das wird bestimmt gemütlich. Und wenn nicht, dann ändern wir einfach unseren Plan wieder 😊.

Nun etwas weiter innen und dichter an der Mole… was seinen Grund hat…
33° 03′ 40,5″ N, 016° 19′ 05,5″ W