Schon seit einigen Tagen hält sich tapfer die Vorhersage, dass wir ab der Nacht von Mittwoch auf den Donnerstag, also vom 15. auf 16.09., wohl bestes Wetter für unseren Madeira-Trip haben. Das böse Tief soll sich auffüllen und das gute Hoch gewinnt. Wie soll das auch anders sein, am Ende gewinnen immer die Guten, sonst stimmt da ja auch etwas mit der Story nicht. Und da das alles so richtig sicher ist, richten wir bereitwillig auch unsere ganze Planung daran aus.
Der Tag, um nach Spanien zu segeln und um dort noch einmal preiswert vollzutanken, ist schnell gefunden. Da bleibt uns sogar noch der Freitag als Badetag. Obwohl noch Hauptsaison ist und auch dieses Jahr wenig von den Einschränkungen der Pandemie zu merken ist, bleibt Culatra so schön, wie es sich uns schon im letzten Jahr gezeigt hat. Man muss nur von den Hauptpfaden der Touristen ein ganz wenig abweichen und schon meint man, die Insel für sich allein zu haben.
Das Tankschnäppchen
Culatra [A] (P) -> via Isla Canela [A] (E) + Culatra [A] (P) -> zurück nach Portimão [A] Distanz: 104,2 sm Gesamtdistanz: 143,6 sm
In Isla Canela, also gleich hinter der portugiesisch-spanischen Grenze, gibt es eine Bootstankstelle und alle Tankstellen in Spanien liegen rund 30 Cent unter denen in Portugal. Es stellt sich also gar nicht erst die Frage, ob wir unsere Probefahrt unter Segeln mit einer dicken Einsparung verbinden oder nicht. Wir brauchen rund 210 Liter Diesel und 210 x 0,3 sind immerhin 63 €, die wir gerne für etwas anderes auf den Kopf hauen wollen, als für Diesel. Viel Diesel brauchen wir ja ohnehin nicht, letztes Jahr am 10.09. haben wir das letzte Mal voll getankt. Das war noch in den Rias. Seitdem sind wir nur 100 Stunden motort und über 1.000 sm gesegelt. Rund 2 Liter pro Stunde kann sich sehen lassen, das ist aber wohl auch der Tatsache geschuldet, dass wir keine größeren Strecken unter Motor gefahren sind und die Masse der Motorstunden mit Anker- und Hafenmanövern zusammenkommen.
Da Wind und Gezeiten sich nur selten abstimmen, ist der Wind vor Culatra noch nicht aufgestanden, als die Gezeit schon ihr erstes Niedrigwasser fertig gestellt hat und sich daran macht, das nächste Hochwasser vorzubereiten. Ablaufendes Wasser ist ja zum Auslaufen ebenso hübsch, wie auflaufendes zum Einlaufen. Nachdem wir zum Stillniedrigwasser rausgefahren sind, müssen wir noch 1 1/2 Stunden motoren, bis sich auf dem Wasser erste Kräuselchen zeigen und wir segeln können. Und dieser Wind bringt uns dann auch langsam, aber beständig bis vor Isla Canela.
Neben dem Fahrwasser von Isla Canela, im Abzweig nach Isla Cristina, lassen wir den Anker fallen. Das Ankern hier ist nicht gerade optimal, aber wir wollten es mal ausprobieren. Manchmal schreiben ja die anderen Segler auch vollkommen enttäuschte Berichte und wir finden es trotzdem ganz toll. So aber nicht vor Isla Canela. Der Ankergrund ist selbst für unseren Rocna Vulcan schwierig, der Strom setzt mit bis zu 2,5 Knoten und für die übrige Unruhe sorgen unzählige Ausflugs- und Angelboote, die bis spät abends und auch gleich wieder früh morgens versuchen, möglichst so viel Wellenschlag zu produzieren, dass man auch wirklich gut durchgeschaukelt wird. Gott sei Dank ist Samstag und die Fischereiflotte mischt nicht auch noch mit. Als Fazit bleibt, ja, man kann hier ankern, aber für mehr als eine Nacht als kurzen Zwischenstopp ist dieses Eckchen wirklich nicht geeignet.
Am Morgen ist »kleine Welt«! Außer der Mole in etwa 50 m Entfernung, ist nichts zu sehen.
Das alles ist nicht weiter schlimm, seitdem wir einen Radar haben. Doch viel schlimmer ist, dass die Wetterfrösche die Karten für das Wetter der nächsten Woche neu gemischt haben. Mal ganz abgesehen von unserer Madeira-Idee, schon das Zurückkommen nach Portugal wird eine Herausforderung werden. Wir vergleichen alle Modelle, die wir kennen, und entschließen uns, in Isla Canela nur noch kurz zu tanken und dann sofort wieder das Weite zu suchen.
Als wir in der Marina dann um die Ecke zur Tankstelle fahren, ist uns plötzlich nicht nur wegen des Wetters danach, gleich wieder das Weite zu suchen. Dort steht in großen gelben Leuchtzahlen die Zahl 1,44 und darüber das Wort Gasóleo. 😳 Der Schiffsjunge reibt sich verwundert die Augen und die Capitana sieht ihn mit den Worten: »Hä? Was ist das denn? Na, das hat sich ja wirklich gelohnt!« fragend an. Mist! Im besten Fall hatten wir auf 1,24 gehofft im schlechtesten auf 1,30. Aber nun das! 🥺
Nun ja, was soll’s! Man soll ja auch nicht immer nach Äußerlichkeiten gehen, die inneren Werte zählen viel mehr! Es war ja auch ein schöner Trip hierher und was für eine schöne Ankererfahrungen konnten wir sammeln? Und was kann man nicht auch alles mit 20 gesparten Euros machen? Gleich auf dem Rückweg werden wir mal überlegen, wie wir die auf den Kopf hauen.
Während Nebelschwaden durch die Marina ziehen und nur einmal kurz die gegenüberliegende Seite in einem schüchtern milchigen Licht erstrahlt, tanken wir 208 Liter Diesel, füllen die Wassertanks auf und drücken dem netten Tankwart auch noch gleich unser Altöl vom letzten Ölwechsel in die Hand. Ganz selbstverständlich hilft er uns auch, die 5 20-Liter Kanister wieder an Bord zu hieven. Und als er sieht, dass noch zwei Mülltüten im Cockpit stehen, besteht er darauf, auch die zu entsorgen. So viel ehrliche Freundlichkeit und Hilfsbereitschaft haben wir hier unten im Süden ja schon öfter erlebt, aber es ist jedes Mal wieder von neuem echt nett und besonders.
Nebelrückfahrt mit Unterbrechungen
Alles Trödeln hilft nichts, der Nebel hält sich hartnäckig. Außerdem soll der Ostwind auch schon gegen Mittag wieder versterben. So bleibt abzuwarten, ob er uns wirklich ganz zurück bis Culatra bringen kann oder ob wir gleich wieder etwas von unseren hübschen Diesel verbrauchen müssen. Auch morgen am Montag sieht es inzwischen nicht besser aus. Keiner hat sich auch nur im Mindesten um unseren Plan gekümmert und nun haben wir den Salat und müssen taktieren, um überhaupt noch bis Portimão zurückzukommen.
Unser Radar führt uns aus der Einfahrt von Isla Canela. Erst vor der Mündung des Rio Guadiana reißt es von Osten her auf. Über dem Festland klammert sich der Nebel allerdings an die hügelige Landschaft. Bergig kann man sie beim besten Willen nicht nennen, aber zum Festklammern des Nebels reicht es.
Immer wieder ziehen dicke, grautrübe Nebelschwaben heran. Aber wir haben Glück, mal gehen sie vor uns durch, mal rechts und mal links. Erst 10 Seemeilen vor der Einfahrt in die Lagune von Culatra erwischt uns wieder eine Nebelbank. Richtig dick ist sie nicht. Sie liegt etwa 20 bis 30 m dick auf dem Wasser. Aber was hilft es einem, wenn man nach oben gucken kann und um sich herum überhaupt nichts sieht. Mit dem Nebel verabschiedet sich dann auch der Wind und kommt auch nicht mehr zurück, als der Nebel seinen Spaß daran verliert, uns feucht und kühl einzuhüllen.
Also brummen wir in Richtung Einfahrt. Was soll’s, wir haben ja schließlich gerade vollgetankt. Da das Tief über den Azoren wohl mit dem Hoch über Nordafrika kuscheln möchte, sitzt uns zudem ein Wetterumschwung im Nacken. Am Montag wird es den wohl vorerst letzten Ostwind geben, um zurück nach Portimão zu kommen. Denn dort wollen wir uns ja auf die Lauer legen, um auf einen passenden Absprung nach Madeira zu warten.
Um gleich montagfrüh mit dem Stillhochwasser wieder auszulaufen, ankern wir nicht vor Culatra-City, sondern direkt hinter der Einfahrt. Das geht dort auch ganz gut, aber eben nicht bei jedem Wetter und jeder Windrichtung. Doch mit der Windrichtung »nullkommanichts« passt es ganz gut, dann treiben einen nur die Gezeitenströme um.
Der Rest der Geschichte unseres kleinen Ausflugs nach Spanien, um ein Schnäppchen zu machen, ist schnell erzählt. Vielleicht weil unser Wunsch, dass unsere Seebeine noch etwas wachsen, bisher noch nicht so richtig erhört wurde, beschert uns unser letzter Segelschlag zurück nach Portimão das wunderbarste und allumfassendste Geschaukel, das man sich nur vorstellen kann.
Da Wellen einem Tiefdruckgebiet ja durchaus vorauseilen können, treffen sich nun schon mal die südwestlichen Wellen unseres nicht allzu sehr geliebten Azoren-Tiefs mit ihren südöstlichen Brüdern aus Cádiz vor der Küste der Algarve. Der absolut nicht nennenswerte Wind aus Ost hat dazu kaum etwas beizutragen, außer die Hoffnung der Segler am Leben zu erhalten, vielleicht doch noch segeln zu können, um damit wenigstens etwas Stabilität in ihr Schiff zu bekommen. So eiern wir bei satten 10 Knoten Wind aus Ost Portimão entgegen, während abwechselnd recht große Wellen aus Südwest und Südost mit uns ihren Spaß haben. Die Eierei ist wirklich grenzenlos und nur ab und zu gibt es mal 5 Sekunden, in denen sich die PINCOYA nicht wie wild von einer Seite auf die andere wirft. Mit uns versucht nur noch ein Brite sein Segelglück in diesem Geschaukel zu finden. Er ist sogar noch eine Nummer härter und setzt seinen Spi.
Der Kerl muss Saugnäpfe an den Füßen haben, anders kann man bei dem Geschaukel keinen Spi setzen. Wir versuchen es klassisch in allen uns bekannten Varianten. Geschickt versuchen wir, jede Winddrehung auszunutzen und uns elegant in die vermeintliche Hauptwellenrichtung einzufädeln. Das geht auch bestimmt manchmal einige Minuten gut, wenigstens so viele Minuten, um neue Hoffnung zu schöpfen, bevor uns das nächste Wellenset zeigt, wer hier das Sagen hat. 5 Seemeilen vor der Einfahrt nach Portimão geben allerdings auch wir auf. Zugegeben, der Gedanke daran kam uns schon früher, aber wir haben dann doch etwas darauf geachtet, nicht vor dem tapferen, unbekannten Briten aufzugeben. 😂💪
Schon vor der Einfahrt nach Portimão sehen wir, wie der Schwell auf den Ankerplatz läuft und die Masten unglaublich schwingen lässt. Dass das ganze vordere Ankerfeld in Schwingung ist, hatten wir uns schon gedacht und deswegen auch gleich beschlossen, uns doch wieder bis nach hinten vor die Werft zu verdrücken. Viel Hoffnung haben wir zwar nicht, dort als Letzte noch ein Plätzchen zu finden, aber ein Versuch ist es wert. Und wir werden belohnt! Einer der hübschesten Ankerplätze ist dort noch frei und zudem werden wir bestens vor unachtsamen Fischern beschützt, denn vor uns liegen noch wenigsten 5 weitere Ankerlieger. Das ist mal ein echter Treffer und den haben wir uns nun auch wirklich verdient. Hier können wir ganz in Ruhe abwarten, bis sich dann endlich mal ein Wetterfenster für Madeira auftut.
Stationen:
10.09. Culatra [A] (P): 37° 00′ 02,9″ N, 007° 50′ 18,3″ W
11.09. Culatra [A] (P) -> Isla Canela [A] (E) 34,4 sm: 37° 11′ 25,1″ N, 007° 20′ 10,9″ W
12.09. Isla Canela [A] (E) -> Culatra [A] (P) -> 33,4 sm: 36° 58′ 24,9″ N, 007° 52′ 25,7″ W
13.09. Culatra [A] (P) -> Portimão [A] (P) -> 36,4 sm: 37° 07′ 48,4″ N, 008° 31′ 37,0″ W