Alltag auf Madeira I


Auf Madeira finden wir so langsam in das Segelleben, das wir uns eigentlich vorgestellt hatten. Unsere ersten zwei Jahre waren ja zeitlich begrenzt, wodurch sich das Ganze doch fast zwangsläufig eher wie ein langer Urlaub anfühlte. Oder wie eine Auszeit, aber eben in jedem Fall befristet, um hinterher wieder mit dem normalen Alltag fortzufahren. Außerdem waren wir heiß und wollten alles und am besten noch viel mehr. Das zusammen hat uns schon ziemlich hetzen lassen. Und als es dann diese zeitliche Begrenzung für uns nicht mehr gab und wir eigentlich damit hätten beginnen können, da bestimmte plötzlich Corona und nicht mehr wir den Rahmen dessen, was noch ging.

So ist es nun auf Madeira tatsächlich das erste Mal, das wir in den Segel- und Reisemodus kommen, den wir mal als Wunsch »Einfach auf der PINCOYA leben und reisen« formuliert hatten. Und so haben wir hier nun damit begonnen, einen Segelalltag zu leben, der nicht in erster Linie durch weitere Ziele und Sightseeing bestimmt wird, sondern durch unser Leben auf der PINCOYA. Das heißt natürlich nicht, dass wir keine weiteren Ziele mehr haben und auch kein Sightseeing an den Orten, an denen wir gerade sind, mehr machen. Das heißt aber schon, dass wir darauf achten, wer und was den Takt angibt. Vielleicht ist dies in der Tat der Unterschied zwischen einem Segelurlaub und einem Segelalltag. Ein Urlaub oder eine Auszeit hat ja naturgemäß immer eine zeitliche Begrenzung und hat als Taktgeber das Besondere und meist auch das Erreichen eines Ziels. Der Alltag kennt eine solche Begrenzung und eine solche Taktung nicht, auch wenn es Besonderes und auch Ziele gibt. Das macht die ganze Sache schon viel entspannter. Wenigstens für uns.

„Die Baia d'Abra vom Ankerplatz aus“

„Die Baia d'Abra vom Ankerplatz aus“

So genießen wir auf Madeira unseren Segelalltag und üben uns in Gelassenheit. Wobei man auch sagen muss, dass Madeira gerade jetzt im Herbst schon etwas Gelassenheit erfordert. Denn der Herbst auf Madeira ist Durchreisezeit. Unzählige Schiffe sind auf dem Weg zu den Kanaren und da bietet sich Madeira ja als Zwischenstopp einfach an. Aber es gibt auf Madeira nur 3 Marinas, die das erfüllen, was man von einer halbwegs geschützten Marina auch erwarten darf. Die Marina in Porto Santo habe ich mal bei den Marinas gar nicht erst mitgezählt, denn die ist doch eher nur ein Ankerplatz. Und so gibt es neben den 3 Marinas auf Madeira dann noch 2 Ankerplätze, die im landläufigen Sinne auch als Ankerplätze gelten können. Den Ankerplatz vor Porto Santo und die Baia d’Abra.

„Abendstimmung in der Baia d'Abra“

„Abendstimmung in der Baia d'Abra“

Das alles natürlich nur bei nördlichen Winden, denn bei einem Süd muss man sich etwas anderes einfallen lassen oder gleich abhauen. Natürlich kann man seinen Anker auch noch an vielen andern Stellen fallen lassen, aber diese Ankerplätze kann man kaum als echte Ankerplätze bezeichnen, denn es sind nur Spots, die mehr oder weniger platt vor der Küste liegen. Mal ist zwar eine Mole in der Nähe und mal deutet sich im Küstenverlauf auch so etwas wie eine Bucht an, aber mit echten Ankerplätzen hat das alles nichts zu tun, auch wenn selbst diese Spots aus der Not heraus oft recht voll sind. So steht die Menge der Liegemöglichkeiten gegenüber der Menge der im Herbst eintreffenden Schiffe durchaus in einem krassen Missverhältnis. Wenn man einen Marinaplatz haben möchte, muss man anfragen und landet so eigentlich automatisch auf einer der Wartelisten. Dann ist Gelassenheit gefragt und gerade im Herbst muss man teils recht lange warten, bis man eine Zusage erhält. Da viele im Herbst aber auch damit kein Glück haben und das Warten vor Anker oft auch nicht wirklich erquicklich ist, bleiben die meisten Durchreisenden nur kurz. Bei der großen Armada, die wegen den ARCs jeden Herbst in Richtung der Kanaren zieht, passt es auf Madeira einfach nicht mehr, denn Madeira ist ein Wanderrevier, aber kein Segelrevier.
Wir hatten bisher Glück mit dem Wetter, denn der Wind und der Schwell kommen beständig aus nördlichen Richtungen. So haben wir vor Porto Santo auf die Zusage von Quinta do Lorde gewartet und so machen wir es auch jetzt gerade wieder in der Baia d’Abra, um dann in die Marina Calheta zu gehen. Und so werden wir das dann wahrscheinlich auch noch einmal in der Baia d’Abra machen, um dort vor Anker auf ein passendes Überfahrtswetter zu den Kanaren zu warten.

„Blick auf den möglichen Landungsplatz in der Baia d'Abra“

„Blick auf den möglichen Landungsplatz in der Baia d'Abra“


Auf dem Ankerplatz in der Baia d’Abra herrscht ein reges Kommen uns Gehen. Kaum einer bleibt länger als zwei Nächte, und viele sogar nur eine, obwohl die Bedingungen super sind und die Bucht selbst der absolute Oberhammer ist. Aber es gibt auch »andere« und so lernen wir eine »neue Art des Landgangs« kennen, auf die wir, ehrlich gesagt, nicht so schnell selbst gekommen wären.
Als wir am Samstag in der Baia d’Abra unseren Anker fallen lassen, liegen wir etwa 60 m neben einem kleinen französischen Schiff. Am Sonntag fällt uns auf, dass wir eigentlich noch niemanden auf diesen Schiff gesehen haben. Am Montag finden wir es schon etwas merkwürdig, dass dort niemand an Bord zu sehen ist, zumal das Dinghy hinter dem Schiff angebunden ist. Man vermutet dann ja doch irgendwie unglückliche Umstände, aber das Schiff ist verschlossen und ein anderer Franzose sieht nach, findet aber nichts Ungewöhnliches, es ist nur verschlossen und verlassen. Am Mittwochnachmittag sehe ich dann eine triefnasse, junge Frau im Bikini auf dem Schiff herumklettern und das Dinghy klarmachen. Mit dem Fernglas beobachten wir sie einen Moment und dann kommt uns ein Verdacht. Und tatsächlich, am Ufer wartet ein junger Kerl mit zwei Rucksäcken und zwei ausgewachsenen Tracking-Rädern, also nicht solchen Klappiklappidingern, die wir haben, sondern richtigen Rädern. Und was sollen wir sagen, der junge Mann, die Räder und auch die Rucksäcke werden nach und nach wieder an Bord geholt. So kann man eine längere Insel-Sightseeing-Runde eben auch machen. Man bringt alles mit dem Dinghy an Land, bringt das Dinghy zurück zum Schiff, bindet es an, schließt alles ab und schwimmt daraufhin selbst wieder zurück ans Ufer. Und nach x Tagen geht die ganze Sache so eben auch wieder retour.
Schon cool. Sehr sympathisch und echt low-budget-mäßig. Bis jetzt wären wir noch nicht auf die Idee gekommen, die PINCOYA für mehrere Tage verschlossen an einem Ankerplatz zurückzulassen. Und schon gar nicht in einer Bucht wie dieser, wo man doch etwas auf die Wetterentwicklung achten sollte. Aber wer weiß, wenn es mal etwas geschützter ist, vielleicht vielleicht …
Und nun haben die beiden gerade auch die Baia d’Abra verlassen und wir sind hier nun mit 5 Tagen die »dienstältesten Ankerlieger« 😂.

„Wir in der Baia d'Abra vor Anker“

„Wir in der Baia d'Abra vor Anker“


Und vielleicht noch eine kleine, nette Geschichte aus der Baia d’Abra. Am Sonntag ankern nach und nach 5 französische Segler um uns herum. 2 Katamarane und 3 Monos und alle mit wenigstens 2 Kindern an Bord. Im Handumdrehen ist Leben in der Bucht. SUPs werden aufgepumpt, es wird gebadet, Gummiboote werden von einem Schiff zum anderen gerudert oder motort, die Erwachsenen wing-surfen auf Foils, Kids werden auf den Foilbords durch die Bucht gezogen, 5 Kinder auf dem einen SUP versuchen 4 auf einem anderen zu entern, es wird getaucht, geschwommen und geschnorchelt. Und wir mittendrin… So geht das bis Sonnenuntergang.
Und am Montagmorgen? Nichts! Keines der Kinder ist zu sehen, absolute Ruhe und auch nur ab und zu fährt mal einer der Erwachsenen von einem Schiff zum anderen, um bald darauf wieder zurückzufahren. Merkwürdig!
Dann die Erklärung! Um 14:00 ist die Schule aus und es geht im Handumdrehen wieder so los wie am Sonntag. Dienstag dann dasselbe Spiel. Um 14:00 klingelt die virtuelle Pausenklingel auf dem Schulhof der Baia d’Abra. Wir sind ziemlich beeindruckt.
Am Mittwoch zieht dann die ganze Bande geschlossen weiter. Unglaublich, auch das hätten wir nicht für möglich gehalten.


Machico
Madeiras Entdeckung wird ja offiziell auf das Jahr 1419 datiert, aber es gibt eindeutige Hinweise, dass es schon viel früher Kontakt zum europäischen Festland gegeben haben muss. Die Historiker Albert U. und René G. halten es sogar für möglich, dass Madeira schon zur römischen Zeit so eine Art Verbannungsinsel für, sagen wir mal, unverstandene Kulturschaffende war.
Wir können dies nur bestätigen, denn in Quinta do Lorde liegt neben uns ein kleines gelbes Segelschiff, dass einem direkten Nachfahren des berühmten Troubadix gehört. Nichts ahnend sitzen wir im Cockpit der PINCOYA, als der Nachfahre im Bann der Gene seines berühmten Vorfahren beherzt zu etwas greift, das Töne macht.
Die ersten Zupflaute hören sich wie das Stimmen eines sehr eigenwilligen Saiteninstrumentes an. Bewusst haben wir den Lauten einer Ukulele noch nicht gelauscht, aber was dort aus den Tiefen des gelben Schiffchens heraufschwingt, hört sich schon eigenwillig disharmonisch an. Was natürlich auch an dem Stimmen des Instrumentes liegen kann. – Dann ein erstes Lied. Wir schließen aus der Tatsache, dass nun ein offensichtlich geschlossenes Gesamtkunstwerk mit einem Beginn, einem mittleren Höhepunkt und einem Ende erklingt, dass es sich dabei auch tatsächlich um so etwas wie ein Lied handeln muss. Das Stimmen des Instrumentes scheint abgeschlossen zu sein, denn das hatte wesentlich kürzere Intervalle und zudem gesellt sich zu dem klingenden Gesamtkunstwerk nach den ersten Akkorden auch die Stimme unseres Troubadix. Unwillkürlich ertappe ich mich bei dem Blick auf unsere Putzlappen und werfe auch einen verstohlenen Blick auf unsere Festmacher, verwerfe dann aber doch den kurzen Gedanken, ihn zu knebeln und zu fesseln. Schließlich sind wir ja im Land der Troubadixe zu Gast und wollen uns auch an der Kultur unseres Gastlandes erfreuen. Es folgen noch ein, zwei weitere Weisen, denen wirklich alles uns Bekannte fehlt, aber vor allem fehlt es ihnen an Harmonie. An was es ihnen aber definitiv nicht fehlt, ist Hingabe, Pathos und einer eindeutigen und aufrichtigen Begeisterung fürs Musische.

Dann klingelt das Handy unseres Troubadix und kurz darauf wird ein Freund, und wie sich herausstellt, ein zweiter begnadeter Troubadix begrüßt. Wenige Minuten später greift dieser zu der Ukulele und entlockt ihr neue Töne des Stimmens, die wenigstens nach unserem Gehör auch nicht wirklich stimmen oder die Harmonien treffen, die wir gelernt haben, als harmonisch zu empfinden. Was dann kurz darauf folgt, sucht seines Gleichen und hat vielleicht auch mit zu der erheblichen Erosion der Insel beigetragen. Frostsprengung kennt man ja aus dem kalten Norden, aber hierbei handelt es sich um so eine Art Gesangssprengung. Doch wir wissen es nicht, es kann sich ja auch um spezielle, vielleicht rituelle Gesänge der madeirischen Urbevölkerung handeln, die über Jahrhunderte von Generation zu Generation weitergegeben worden sind. In jedem Fall spielen und singen die beiden mit einer solchen Hingabe und Freude, die selbst die Pavarottis und Caballés dieser Welt blass werden lässt, und treffen auf der Ukulele und mit ihrem Gesang zielsicher nicht einen einzigen Ton. Auch fehlt den beiden irgendwie das Volumen in ihren Stimmen, was den Gesang ja tragender und runder machen würde. Aber sie haben Spaß und es gibt immer mal wieder gesangliche Höhepunkte, die in einem Lachen enden. Die ganze Sache ist schon – sagen wir mal – so neu und anderes für uns, dass wir das Knebeln und Fesseln nicht weiter in Erwägung ziehen und ab und zu auch spontan laut lachen müssen. Wir wissen nicht, ob das unsere Troubadixe noch mehr beflügelt, aber bis 22:00 haben die beiden wirklich ihren Spaß.

Am nächsten Morgen begrüßt und der Gelb-Schiff-Troubadix mit den Wort: “Bom dia, music and a bit wine … good for …” und er legt seine Hand auf’s Herz. Sein Englisch ist wirklich schlecht, aber wir kommen ins Gespräch, erfahren das sein Troubadix-Freund Klavierlehrer ist 😂 und sie oft zusammen singen, und dass er in Machico wohnt, ein Bus dorthin fährt und wir gleich an der Busstation bei Continente einkaufen können.

„Mit dem Bus nach Machico“

„Mit dem Bus nach Machico“

Busfahren ist auf Madeira eine super Sache, aber es braucht so seine Zeit. Die Insel ist ja an und für sich nicht so groß, aber eben sehr bergig. Und so geht es meist auch nicht ganz so gradlinig voran. Da es aktuell recht schwierig ist, einen Leihwagen zu halbwegs akzeptablen Preisen zu bekommen, – wir sind einfach nicht bereit, 80 bis 100 € pro Tag auszugeben -, hat Astrid schon einen ganzen Abend versucht, passende Busverbindungen zu einigen Wanderattraktionen zu finden. Die gibt es auch, aber es ist von Quinta do Lorde einfach unmöglich, in einem Tag so hin und zurück zu kommen, dass man auch noch wenigstens 30 Minuten zum Wandern und Sightseeing hat. Und warum das so ist, sehen wir, als wir nur nach Machico zum Einkaufen fahren.

„Machico, unten der Strand und der Ankerspot“

„Machico, unten der Strand und der Ankerspot“

Die Fahrt ist beeindruckend und ein wirklich tolles Erlebnis, zumal wir noch das Glück haben, einen sehr dynamischen Busfahrer mit einem sehr alten Bus zu bekommen. Die Straßen, Ortsdurchfahrten und Kurven sind schon beeindruckend und nicht nur einmal sind wir uns sicher, dass wir mit einem Fiat 500 nicht so um die Kurven donnern würden. In einer Kurve kommt uns dann ein PKW entgegen und wie selbstverständlich lässt er ohne viel Aufhebens dem Bus in der Rechtskurve die linke Spur und geht ganz selbstverständlich und britisch innen auf der rechten Spur durch. Souverän gemacht, wir hätte darüber wohl etwas mehr nachdenken müssen, mal ganz abgesehen von dem Haussegen, der von einer solchen Aktion sicherlich auch etwas in Mitleidenschaft gezogen worden wäre. Also …, wenigstens eine Busfahrt sollte man auf Madeira machen und darauf achten, nicht einen Schnellbus zu nehmen, denn der fährt nur die mehr oder weniger gradlinigen Verbindungen, über Brücken und durch Tunnel. Einer über die Dörfer muss es sein, der an jeder Milchkanne hält.

„Machico Hafen“

„Machico Hafen“

In Machico ist der Continente wirklich direkt an der Bushaltestelle und eine absolut ideale Versorgungsmöglichkeit, wenn man mit seinem Schiff in Quinta do Lorde liegt, wo es außer dem Nichts nur noch das Nichts zum Einkaufen gibt. Machico selbst ist wenig spektakulär. Wir laufen etwas am Strand und am Hafen entlang und sind uns sicher, dass es bessere Ankerplätze als den hier gibt. In der Bucht ankert eine ziemlich große französische Yacht, die im Schwell erbärmlich rollt. Der Hafen ist eher offen und man kann dort an einer Betonmole liegen, an der wir die PINCOYA ehrlich gesagt nur im aller aller größten Notfall festmachen würden. Auch im Hafen ist alles in Bewegung und wir schauen uns lange einen Franzosen und einen Niederländer an, die an eben dieser Betonmole im Päckchen liegen und fragen uns, wie die wohl an Land kommen könnten. Wahrscheinlich wäre es das Einfachste mit dem Dinghy an einen der Schwimmstege für Kleinboote zu gehen, die sich im Hafenschwell wie Schlangen im Todeskampf winden. Sicherlich gibt es auch für Machico das passende Wetter, um dort zu ankern, aber dann muss es wirklich ruhiger und irgendwie anders sein.

„Der Schwell hat ein leichtes Spiel“

„Der Schwell hat ein leichtes Spiel“

Es ist zwar durchaus hübsch, durch Machico zu laufen, aber doch auch irgendwie unspektakulär. Bei Continente kaufen wir so ein, dass wir den vorletzten Bus um 15:30 nehmen können. So haben wir den letzten um 17:00 noch als BackUp, denn wir sind mit den madeirischen Öffis noch nicht ganz so vertraut, da macht sich ein BackUp immer ganz gut.

„Die Kirche wird für einen besonderen Tag mit Flamingoblumen, Anthurien, geschmückt.

„Die Kirche wird für einen besonderen Tag mit Flamingoblumen, Anthurien, geschmückt.


Baia d’Abra

„Aus der Marina Quinta do Lorde -> in die Baia d'Abra“

„Aus der Marina Quinta do Lorde -> in die Baia d'Abra“

Nach einer Woche in der Marina Quinta do Lorde fahren wir am Samstag nur kurz um die Ecke in die Ankerbucht Baia d’Abra. Auf unserer Wanderung über der Halbinsel São Lourenço sind wir ja schon einmal um die ganze Bucht herumgelaufen. Nun wollen wir dort einfach nur mal einige Tage vor Anker liegen und den Lieben Gott nen guten Mann sein lassen. Da unsere Anlandungsqualitäten im Allgemeinen und auch Speziellen ja doch noch etwas zu wünschen übrig lassen, haben wir all unsere Ausflugsaktivitäten in die Marinazeit gepackt. Obwohl man natürlich auch in der Bucht anlanden und über einen Treppenweg hoch zu dem Wanderweg über die Halbinsel kommen kann.

„Wir lassen unseren Troubadix zurück 😂“

„Wir lassen unseren Troubadix zurück 😂“

Aus Nordost weht es moderat mit 12 bis 18 Knoten und das soll auch die nächsten zwei Tage noch so bleiben. Wie auch vor Porto Santo sorgt allerdings auch hier schon ein moderater Grundwind aus Nord für kräftige Fallböen. Schon in der Marina heulen die Burschen mal von der einen, mal von der anderen Seite durch die Masten. Zwischendrin ist immer mal wieder Nichts, das allerdings nur zum Luftholen für die nächste Bö dient.

„Los geht es, die Gelegenheit ist günstig“

„Los geht es, die Gelegenheit ist günstig“

Zum Ablegen warten wir lieber auf solch ein hübsches Nichts. Doch immer, wenn man ablegen möchte, dann werden die Pausen mit dem Nichts, die man vorher noch erstaunlich lang fand, ja doch irgendwie immer kürzer. Von rechts und links kriegen wir noch mal richtig einen mit und dann … ja (!) an der Palme neben der Leuchtturmattrappe wedelt kein Wedel mehr. Ein gutes Zeichen, also los.

„oben die Marina Quinta do Lorde, unten die Baia d'Abra“

„oben die Marina Quinta do Lorde, unten die Baia d'Abra“

„Eine der Fallböen bei der Arbeit.“

„Eine der Fallböen bei der Arbeit.“

In der Baia d’Abra müssen wir unseren Anker gar nicht erst groß einfahren. Als wir gerade die ersten 20 m Kette draußen haben, packt uns schon wieder eine dieser Fallböen und schleudert uns fröhlich herum. Obwohl wir noch schnell weitere 20 m hinterher werfen, rechnen wir eigentlich nicht wirklich damit, dass wir dort zum Stehen kommen, wo wir eigentlich liegen wollten. Aber es macht einen Ruck, wir schleudern zurück, ich lasse noch mal 10 m raus und wir stehen laut Radar genau dort, wo wir hin wollten. Wir haben schon ein geiles Ankerchen, so macht das Spaß.
Auf 10 m Tiefe hat sich unser Anker in feinstem weißen Sand eingegraben und da können die Fallböen noch so sehr an uns herumzerren, der hält. Dass wir hier in der Baia d’Abra über feinstem weißen Sand ankern, wundert uns schon etwas, wo es doch auf ganz Madeira nicht einen einzigen natürlichen Sandstrand gibt. Aber es ist so. Nur auf einem etwa 70 bis 100 m breiten Streifen an den Felsen entlang, ist es wirklich steinig und geröllig. Aber in der Mitte baden wir über weißem Sand in einem herrlich türkisen Wasser, das immer noch rund 25° hat. Diese Wassertemperatur ist für uns so faszinierend, so neu und so anders, dass wir das immer mal wieder erwähnen müssen. T’schuldigung 😇! Früher in der Ostsee lag unsere Anbadetemperatur ja einmal bei 17°, doch es erscheint uns nun vollkommen und absolut ausgeschlossen, dass wir diese Härte in unserem Leben jemals noch einmal wieder erreichen 🥶.

„Die Capitana zeigt dem Schiffsjungen mal, wie das mit den Flossen geht. Von ihm gibt es kleine Bilder, die Capitana sagt, das sah zu lächerlich aus 😳!!!“

„Die Capitana zeigt dem Schiffsjungen mal, wie das mit den Flossen geht. Von ihm gibt es kleine Bilder, die Capitana sagt, das sah zu lächerlich aus 😳!!!“

Das Ankern in der Baia d’Abra ist wirklich ein Traum. Es ist schwer zu sagen, ob wir schon einmal schöner gelegen haben. Aber das ist eigentlich auch Blödsinn, denn alles ist ja doch immer wieder irgendwie für sich ganz anders schön. In jedem Fall ist die Baia d’Abra einzigartig und wir sind total glücklich, hier zu sein und einfach mal einige Tage verbringen zu können. Die Felsen um uns herum recken sich in vulkanischen Röttönen aus dem türkisen Wasser, das sich weiß schäumend unten an ihnen bricht. Südlich der Bucht liegen die Ilhas Desertas im Dunst. Abends, wenn sich für uns die Sonne schon hinter den Felsen verdrückt hat, leuchten die Desertas oft noch in einem dunstigen Abendrot zu uns herüber. Dann klimpert Astrid etwas und das Herz wird weit. Wie friedlich und harmonisch die Welt sein kann, kaum zu glauben, wenn man auch die andere Seite kennt.

„Vulkanfelsen I“

„Vulkanfelsen I“

„Vulkanfelsen II“

„Vulkanfelsen II“

„Vulkanfelsen III“

„Vulkanfelsen III“

Da die Bucht nach Süden vollkommen offen ist, schafft es der Schwell durchaus auch um die Ecke, wenn er draußen nur hoch genug ist. Doch solange Wetter und Wellen aus Norden kommen, hält sich das alles sehr in Grenzen. Klar heulen die Fallböen, und je stärker draußen der Grundwind ist, desto brutaler fallen sie über die Bucht her. Aber auch das sorgt für viel weniger Unruhe als vor Porto Santo, denn in der Baia d’Abra ankern wir auf 10 m und nicht auf 3,5 m und die beiden »Täler« im Norden der Bucht kanalisieren die Fallböen doch schon etwas.

„Morgenstimmung“

„Morgenstimmung“

Da alle hier wenigsten 40, wenn nicht 50 m Kette draußen haben, muss man sich seinen Ankerplatz schon mit etwas Überlegung aussuchen, denn die Schwojkreise, die alle so ziehen, sind nicht eben klein und durch die Fallwinde auch häufig gegenläufig. Und an dieser Stelle müssen wir tatsächlich auch mal für die Franzosen und deren Ankerkünste eine Lanze brechen, denn erst lässt ein britischer Katamaran etwa 20 m neben unserer Ankerboje seinen Anker fallen, um sich dann zu wundern, dass er so langsam bei uns längsseits geht, und danach kommt ein Däne zu der Erkenntnis, dass nebeneinander liegende Anker bei gleicher Kettenlänge auch tatsächlich dazu führen, dass dann auch die Schiffe nebeneinander liegen. Eigentlich alles eine einfache Frage der Geometrie, aber in der Praxis wohl doch ein immer währendes Mysterium, dass das Schiff einfach nicht dort liegen bleibt will, wo man den Anker wirft.

Die Tage in der Baia d’Abra sind eine echte 5 Sterne Ankerpause. Sie vergehen wie im Flug: baden, SUP fahren, lesen, sonnenbaden und … dem süßen Nichts, dass es hier kostenlos dazu gibt. Und natürlich holen wir mal wieder bei den Blogs, Photos und Videos auf und Astrid hat genügend Zeit, um auch mal wieder Klavier zu spielen. Es ist eben Segelalltag und für uns gibt es kaum etwas Schöneres als diese Tage. Und auch für einige kleine Reparaturen und Ergänzungen ist mal Zeit.

„Kleine Reparaturen. ...“

„Kleine Reparaturen. …“

„Kleine Erweiterungen ...“

„Kleine Erweiterungen …“

„Ausflug zum Felsentor“

„Ausflug zum Felsentor“

Am Mittwoch machen wir noch einen Ausflug mit SUP und Dinghy zu dem Felsentor direkt unter dem Aussichtspunkt, den wir uns ja von Quinta do Lorde auf der Halbinsel São Lourenço erwandert haben. Mal dicht an den Felsen entlang, mal etwas weiter draußen fahren und paddeln wir bis hinter das Felsentor. Diese Tour ist noch einmal ein I-Tüpfelchen mehr auf die I’s unserer Faszination in dieser Felslandschaft. Auf keinen Fall sollte man diese kleine Sightseeingtour zur See verpassen und wer hier ohne Dinghy herkommt, kann sich am Anleger der Taverne ein Kanu leihen.

„Das Törchen I“

„Das Törchen I“

„Das Törchen II“

„Das Törchen II“

Ab Samstag haben wir einen Platz in der Marina Calheta bekommen, das passt auch zu der Wetterentwicklung ganz gut, denn ab Montag soll es auf Madeira tatsächlich nach 5 Wochen mal wieder aus Süden wehen. Nicht stark, aber der Schwell kommt dann auch eher aus Süd. Gut für die, die schon lange auf einen Überfahrtswind zum Festland warten und gut für uns, mit dem Timing des Marinaplatzes haben wir einen echten Treffer gelandet.


Stationen:

02. – 08.10. Marina Quinta do Lorde
32° 44′ 30,1″ N, 016° 42′ 41,4″ W

09.10. Quinta do Lorde -> Baia d’Abra [A] 2.3 sm:
10. -> 15.10. Baia d’Abra [A]
32° 44′ 42,3″ N, 016° 41′ 39,2″ W