Eigentlich schweigt man ja doch lieber über Dinge, die so richtig blöd laufen und an denen man zudem noch selbst nicht ganz unschuldig ist. Das Thema »wir haben seit kurzem Wasser in der Bilge”, ist genau so ein Thema. Auf unserer Überfahrt nach Porto Santo hatten wir ja nicht nur die Nase voll, sondern auch die Bilge. Der Übeltäter war mit der undichten Uralt-Logge auch schnell gefunden und auch der verstopfte Ablauf in der einen Trennwand, der geduldig für ein ständiges Rinnsal sorgte, war real, doch auch erst der Anfang.
Obwohl wir ja meinten, alles richtig gefunden zu haben, und wir auch alle vermeintlichen Ursachen ordentlich behoben hatten, war heute wieder Wasser in der Bilge. Eigentlich könnte man über so viel »bad luck« lieber schweigen, aber die wirkliche Ursache für diese Undichtigkeit ist so krude, dass wir es allein schon deswegen bloggen müssen. Vielleicht kann ja doch der ein oder andere daraus etwas lernen, auch wenn es nur die Erkenntnis ist, dass man sich lieber nicht zu früh mit einfachen Erklärungen für echte Merkwürdigkeiten zufrieden geben sollte.
Nun gut, vor unserer Wanderung schaue ich natürlich auch noch mal nach, ob alles noch wirklich dicht ist. Links neben der alten Logge meine ich aber, ein leichtes Glitzern im Schein der Taschenlampe zu erkennen. Also Finger rein und probieren, ob es wieder Salzwasser ist. Aber es ist bitter und scharf. Richtig bitter und scharf und den Geschmack kenne ich. Vorgestern hatte ich den schon einmal, bei einem ähnlichen Test. Zum Abdichten haben wir ein neues Dichtzeug aus Spanien genommen, weil wir kein Pantera oder Sikkaflex mehr hatten. Dass dieses Zeug so einen schrecklichen Geschmack hat, hat mich zwar gewundert, aber wer weiß, was das für ein Zeug ist?
Und nun wieder! Der Geschmack ist so schrecklich, dass ich ihn nur mit einer Ladung Zahnpasta wieder von der Zunge bekommen. Merkwürdig merkwürdig, aber die Bilge ist trocken. Ist ja auch schon mal was.
Bei der nächsten Kontrolle am Montagmorgen ist allerdings Wasser in der Bilge. Ich untersuche die Loggen und es sieht feucht aus. Also mache ich wieder den Fingertest. Puuuuh 😮💨, wieder dieser furchtbare Geschmack. Doch es glitzert auch etwas oberhalb der Logge!!! Also Finger rein und probieren … BRRRRRRHHH! Auch dasselbe Zeug 🥴! Allerdings 10 cm oberhalb der neu abgedichteten Manschette der Logge.
In diesem Moment ist klar, dass hier etwas faul ist. Nicht nur etwas, sondern richtig. Zumal an einer Stelle der alten Logge auch die neue Dichtmasse nicht wirklich fest, sondern (immer noch??? Hä?) irgendwie schmierig ist.
Also gehen wir auf die Suche. Der »schlechte Geschmack« muss von weiter vorn kommen. Wir haben ja im Hafen gelegen und da kann beim besten Willen nichts nach vorn vor die Loggen geschwappt sein. Und unter der Bugkoje werden wir tatsächlich fündig. Dort haben wir zusammen mit einem Ersatzkanister Kühlflüssigkeit auch einen Kanister Boracol gelagert. Obwohl dieser Kanister original-verschlossen ist, leckt er. Nicht viel, aber ausreichend. In der Folge gelangt das Boracol an die Dichtung der alten Logge und schädigt diese so, dass Salzwasser beginnt einzudringen. Gestaut haben wir den Kanister dort aber erst vor 2 Monaten, die Schädigung des Gummis ging also relativ schnell. Wir hatten in den vorherigen Aktionen zwar alles sauber gemacht und trocken gelegt, aber da wir die wirkliche Ursache nicht kannten, nahm das Unheil weiter seinen Lauf.
Natürlich schnappe ich mit auch das Datenblatt von Boracol. Dort steht, dass es nicht wirklich gesund ist, aber das habe ich ja schon geschmeckt 🥴 🤢 🤮. Dort steht aber auch, dass es Lack und Dichtungen nicht angreift und das halten wir nun doch für eine eher gewagte Aussage.
So geht der gesamte Montag nun damit darauf, alles noch einmal gründlich mit Frischwasser zu spülen, den gesamten Bereich mehrfach mit Spüli zu schrubben, um ihn danach wieder zu spülen und nochmals trocken zulegen. Natürlich ziehen wir den undichten Boral-Kanister erst einmal aus dem Verkehr. Wir wissen aber noch nicht so recht, was wir damit nun machen sollen. Danach entfernen wir die nun schon wieder neu geschädigte Abdichtung, spülen und schrubben alles erneut, um es dann noch einmal und final trocken zu legen. Noch nie haben wir unsere Loggen so liebevoll gefönt. Erst nachmittags ist es dann so weit, dass wir nun beide Loggen neu »umdichten« können. »Umdichten« deswegen, weil wir sie ja nicht eindichten können, denn wir liegen nach wie vor ja im Wasser. Deswegen fummeln wir auch nicht zu doll an den Loggen herum, denn nichts wäre nun noch blöder, als dass die Loggen dadurch richtig undicht werden, weil wir zu brutal an den Plastiküberwurfmuttern herumschrauben.
Nach drei Tagen ist nun immer noch alles dicht und auch an keiner Stelle ist auch nur noch das kleinste Tröpfen oder auch nur etwas von dem »schlechten Geschmack« zu finden.
Dies als kleines Beispiel, dass man eine Ursache auch an einer ganz anderen Stelle finden kann, als man zunächst so vermutet. Im Nachhinein sind dann ja auch die vielen kleinen Merkwürdigkeiten auch gar nicht mehr so merkwürdig, denn hinterher ist man ja immer schlauer. Angefangen hatte das alles ja mit einer Undichtigkeit einer seit Jahren nicht mehr benötigten und nie mehr angefassten Logge, die, wie es so schön heißt, nach menschlichen Ermessen hätte nie undicht werden dürfen. Allein das hätte schon mal zum Weiterdenken ausreichen müssen, hat es aber nicht.
Und am Ende bleiben zwei Erkenntnisse:
Auch original-verschlossene Kanister sind nicht dicht und man sollte einen Kanister auch nie schräg auf die Seite legen. Auch wenn es nur etwas ist.
Und wenn etwas wirklich merkwürdig ist und eigentlich nicht sein kann, dann sollte man doch bei der Ursachensuche einfach mal weiterdenken und sich nicht mit vermeintlich normalen Erklärungen zu schnell zufrieden geben.
Aber auch das noch:
Dass wir überhaupt einen Kanister Boracol mitgenommen haben, war vollkommen überflüssig. In der Ostsee sah unser Teakdeck ja schon nach einer Saison immer wieder wie ein Moosgärtlein aus. Doch durch das Salzwasser des Atlantiks und die Sonne des Südens sieht unser Teakdeck jetzt schon seit zwei Jahren sehr ordentlich aus und eben nicht mehr wie eine irische Hochmoorebene. Einen Kanister Boracol kann man sich im Süden also vollkommen sparen.
In der Marina Quinta do Lorde
32° 44′ 30,1″ N, 016° 42′ 41,4″ W