Ein ziemlicher Berg »schlechtes Glück«!


Schwarzer Donnerstag …
Im Englischen gibt es ja nur gutes oder eben schlechtes Glück, aber kein echtes Pech. So hat man am Ende immer noch Glück, auch wenn es mal gerade ein nicht ganz so gutes Glück ist. Das hat im Kern schon etwas Optimistisches, so wie ein halb volles Glas gegenüber einem halb leeren. Doch manchmal scheint sich wirklich alles, gegen einen zu verschwören, und man beginnt doch, an seinem Glück zu zweifeln. Nicht dass wir nun zu Verschwörungstheoretikern werden und querdenkend unser Hirn bereitwillig über Bord werfen, aber bei uns läuft gerade etwas grundsätzlich schief und die ganze Sache ist wirklich nicht mehr lustig. Von einer Verkettung unglücklicher Umstände kann wohl noch nicht die Rede sein, denn so etwas führt ja meist direkt in ein Desaster. Aber wir haben aktuell wohl doch jede Menge »schlechtes Glück«.


Als erstes machte ja unser Boracol-Kanister Pipi und die Borsalz-Lösung fraß die Gummidichtungen unserer Loggen an. Da die Dichtungen das weniger toll fanden, hielten sie auch gleich nicht mehr dicht. Es dauerte etwas, bis wir diese Zusammenhänge verstanden hatten, aber als die Ursache klar war, konnten wir den Schaden auch beheben.

Während das erste Problem noch nicht gelöst war, begannt mit dem Klacken in der Selbsteueranlage schon das zweite. Auch die Ursache des Klackens konnten wir nach viel Sucherei finden, aber bevor wir den Hydraulikkolben vor der Isla de la Graciosa überhaupt wieder final befestigen konnten, verstarb unsere Starterbatterie auch schon an einer Überdosis hoher Wellen und damit hatte das Problem drei auch schon das Licht der Welt erblickt.

Ohne Frage war dies ein Heldentod, denn nach 10 Jahren kann man sich als Batterie auch mal einem Heldentod hingeben. Soweit so gut, aber dass dann auch noch gleich unsere Bordbatterien dem Beispiel der Starterbatterie folgen mussten, war wirklich nicht nötig. Und so war Problem vier geboren. Da alle guten Dinge drei sind, es aber bei Problemen kein Ende zu geben scheint, folgte nun auch noch direkt der Solar-Regler als Problem fünf. Der mochte nicht mehr so recht zwischen Bordbatterie und Starterbatterie unterscheiden und schaltete die beiden mal flugs auf Durchzug. Wenn die Batterien nicht solche Zicken gemacht hätten, dann hätten wir die Sache mit dem Solar-Regler wohl gar nicht so schnell bemerkt, aber da ist es wohl wie mit einem Besuch beim Arzt, plötzlich hat man Dinge, die man vorher noch nicht einmal ahnte.

Ganz anders ist es mit dem Wasser in der Bilge. Nee nee, nicht das Wasser von Problem eins, sondern das von den Problemen sechs und sieben. Dem aufmerksamen Leser ist nun sofort aufgefallen, dass hier nicht nur »ein« weiteres Problem hinzugekommen ist, sondern »zwei«! Das hat auch seine Richtigkeit, denn erstens nerven Einzelprobleme gar nicht so schön wie Doppelprobleme und zweitens kommt einmal Wasser von vorn und einmal auch von hinten in die Bilge.

Ja ja, nicht lachen, wir haben ja auch sonst noch nicht genug zu tun, da kann es ruhig mal gleich von vorn und von hinten in die Bilge laufen. Stellt sich nur die Frage, wo man als erstes guckt? Der erfahrene Blogleser weiß, was nun kommt. Ja genau, immer wenn der Schiffsjunge sich nicht entscheiden kann, lehnt er sich zurück und schaut seinen Händen mit geschlossenen Augen beim Sching-Schang-Schong zu. Ein bewährtes und vor allem autarkes Entscheidungssystem. Das könnte man durchaus auch mal den Accentures dieser Welt weiterempfehlen. Ihre Unternehmensberatung würde dadurch sicherlich gewinnen, besonders wenn es mal schnell gehen muss und man sich z.B. in der Ampel zwischen Kohle, Atomkraft und Pustewind entscheiden muss. In solchen Situationen braucht es schnelle und vor allem fundierte Entscheidungen, wie aktuell auch auf der PINCOYA bei uns. Und dann ja … links gewinnt, also zuerst vorn. Manchmal finden die Sching-Schang-Schong-Entscheidungen ja auch von ganz allein den pragmatischeren Weg, denn von vorn kam ja auch bei Problem eins schon das Wasser. Was liegt da also näher, als das vorn gewinnt? Doch vorn ist – NICHTS! Um die Loggen herum ist alles furztrocken, nicht das kleinste Tröpfchen rinnt dort entlang. Absolut nichts, was nach einem Rückfall aussieht. Der Schiffsjunge steckt seinen Kopf mitsamt der Schultern soweit es nur irgend geht unter die Bugkojen. Dort, wo eben noch die Schubladen saßen, steckt nun der Schiffsjunge fest. Aber nichts! So zieht die Capitana ihn ergebnislos wieder nach hinten heraus.

Doch das Holz der einen Bugkojenwand ist definitiv feucht. Auch rinnt ein Rinnsal von der Backbordseite in Richtung Bilge. Die Hand des Schiffsjungen passt an dieser Stelle nicht durch die Öffnung des Heizungsauslasses, aber die Capitana hat kleinere Hände. In diesem Fall ist das definitiv kein Vorteil, denn ihre Hand kommt ekelig moderig und braun aus dem Heizungsauslass zurück, der seit der Boralcol-Attacke ohnehin kein Heizungsauslass mehr ist, sondern nur noch ein Loch in der Holzwand, das unter den Fäkalientank führt. Und genau dort liegt das stinkige Problem, der Fäkalientank scheint leck zu sein. In Puerto del Rosario haben wir ihn nach langer Zeit mal wieder benutzt, doch das war wohl ein Fehler, denn er ist definitiv nicht mehr dicht. 27 Jahre, vielleicht fordert das Alter an dieser Stelle seinen Tribut.

„Der Einkauf“

„Der Einkauf“

Vollkommen angenervt gehen wir erst einmal einkaufen. Ein leckender Fäkalientank ist nicht nur im wahrsten Sinne des Wortes »scheiße«, sondern bedeutet auch, dass wir vor einer echten Reparatur stehen. Der Tank ist kein Standardteil und zu allererst stellt sich auch die Frage, ob wir den da überhaupt so einfach rausbekommen. Dagegen ist der Austausch der Batterien zwar teuer, aber das Doing ist dabei halb so wild. Eine Lösung haben wir noch nicht, aber wieder einmal werden wir eine finden müssen. Wie schön wäre es, wenn das Fahrtensegeln mal wieder andere Herausforderungen für uns bereithalten würde, die etwas mit Segeln zu tun hat. Zurzeit läuft hier gerade etwas richtig schief.

„Puerto del Rosario ist die Stadt der Skulpturen, ...“

„Puerto del Rosario ist die Stadt der Skulpturen, …“

„... das ist echt nett, und etwas Nettes können wir momentan ganz gut gebrauchen.“

„… das ist echt nett, und etwas Nettes können wir momentan ganz gut gebrauchen.“

Als wir zurückkommen und die Capitana die Einkaufssachen wegräumt, während der Schiffsjunge Fäkalientanks recherchiert, tritt die Capitana ins Nasse. Die Duschwanne im Bad ist bis zur Oberkante mit Seewasser gefüllt. Als Segler kennt man ja wenig Hemmungen, wenn Wasser im Schiff ist. Also Finger rein und …. hmmm … Seewasser. Erst dann sehen wir, dass auch das Klo voll ist und es munter überläuft. Also nicht mit dem, was da sonst so reinkommt, aber eben mit Seewasser.

Problem acht? Bitte nicht!
Es reicht nun wirklich, Problem sieben haben wir bisher noch nicht einmal in Augenschein genommen. Doch Problem acht stellt sich dann »doch nur« als persönliche Dusseligkeit heraus. Bei all dem Frust und all dem Hin und Her haben wir vor dem Weggehen das Kloventil falsch bedient. Und so läuft das Klospülwasser nun fröhlich nach und flutet die PINCOYA. Ein guter Weg, um sein Schiff zu versenken. Irgendwie scheint im Augenblick alles etwas zu viel zu sein. So etwas ist uns noch nie passiert, zumal wir sogar noch eine Schwanenhalsbelüftung haben, die so etwas verhindern könnte, wenn man sie denn auch bedienen würde.

Also legen wir erst einmal das Bad trocken, um uns danach mal um unser Problem sieben zu kümmern. Irgendwer muss auch hinten Pipi in den Motorraum machen, denn auch von dort läuft es in die Bilge. In den letzten Nächten hatte ich schon immer mal wieder die Druckwasserpumpe gehört. Das ist jetzt nicht direkt beängstigend, denn das letzte Mal haben wir 4 Jahre gebraucht, um die undichte Stelle im Druckwassersystem zu finden. Manche Stellen halten sich echt gut versteckt und man kann die Korken knallen lassen, wenn man sie dann doch gefunden hat. Doch nun… unter den Frischwasserfiltern ist es nass. Am Morgen hatten wir trockenes Zewa ausgelegt, um Spuren zu sichern. Und nun ist das Zewa patschnass. An der einen Seite des Filtergehäuses läuft ein kleines Rinnsal herunter. Ist es die Dichtung oben oder … hmm? Also Druck raus, auseinander nehmen, sauber machen, zusammenbauen, Pumpe an und gucken. Aber wieder sind da nach wenigen Sekunden diese Tropfen! Mist. Mit Hilfe des Rasierspiegels sehen wir nun hinten wieder dieses Rinnsal – Übrigens, ein Rasierspiegel ist mit der wichtigste Ausrüstungsgegenstand auf einer Segelyacht, auch eine reine Frauencrew sollte immer einen dabei haben 🙂 -. Ein Punkt mit dem Edding soll Klarheit bringen. Punkt auf die Filtertasse dort wo die Tröpfchen laufen, alles wieder ausbauen, trocken legen, Dichtung reinigen, wieder zusammenbauen und Druck drauf. Diesmal haben wir den Edding-Punkt nach vorn gedreht und das Rinnsal rinnt. Sch… – nein, ich schreibe es nicht! Es ist nicht die Dichtung, beim genauen Hinsehen haben die Filtertassen feine Haarrisse. Die hatten sie schon vorher, seit ungefähr einem Jahr, aber nun tropft es genau aus diesen Haarrissen! Der Schiffsjungen könnte 🤮. Die Capitana auch, obwohl sie das nicht zugibt.

„Haarrisse in der Filtertasse“

„Haarrisse in der Filtertasse“

Die Recherche ergibt, dass die klarsichtigen Filtertassen aus PET sind. Unsere Vermutung ist, dass PET die Motorwärme nicht wirklich verträgt. Früher hatten wir einen Einzelfilter von Yachticon eingebaut. Der hatte keine klarsichtige Filtertasse, die war aus PP wie der obere Gehäuseteil und hat es 6 Jahre ohne ein Problem dort im Motorraum ausgehalten. Erst danach haben wir 2019 auf auf ein Doppelfiltersystem mit klarsichtigen Filtertassen gewechselt, weil man so den Zustand der Filter besser sehen kann. Das ist zwar grundsätzlich toll, aber PET Filtertassen sind wohl ziemlich anfällig für Motorraumhitze und dadurch einer höheren Alterung unterworfen. Nicht nur der Schiffsjunge ist nun echt bedient und könnte schon wieder 🤢… aber … sagen wir’s lieber nicht!

Wenn der Wurm einmal drin ist, dann geht er auch nicht mehr so schnell raus. Hatte ich das nicht vor kurzem schon einmal in einem ganz anderen Zusammenhang geschrieben? Man beginnt echt zu zweifeln und irgendwie schlägt einem solch eine Abfolge auch richtig aufs Gemüt. Sieben dicke Probleme in nur 3 Monaten, so darf es echt nicht weitergehen! Und erst 2 davon sind gelöst, wobei aber drei, vier und fünf nun wohl doch auch vor einer kurzfristigen Lösung stehen.
Gut, dass wir eingekauft haben, darauf erst einmal einen Rosé, und dann mal sehen. Man sagt ja, dass man mit seinen Aufgaben wächst, aber machmal braucht man so ein Wachstums ja gar nicht. Klein bleiben ist ja auch ganz schön. Doch bekanntlich scheißt der Teufel ja immer auf den größten Haufen. Es wird Zeit, dass unser Haufen kleiner wird und der Teufel sich einen anderen aussucht. Halleluja!


Update am Freitag den 26.11.
Zunächst verlängern wir in der Marina. Puerto del Rosario ist zwar nicht direkt ein Urlaubsparadies, aber wir liegen hier gut und preiswert. So können wir in Ruhe versuchen, Lösungen zu finden.
Die Probleme drei, vier und fünf, also die Geschichte mit den Batterien, gehen gerade in ihre Endphase. Jan von Lava Chandlers aus Arrecife kann alles besorgen und hat uns auch ein gutes Angebot gemacht. Der ganze Spaß ist zwar immer noch sauteuer, aber eine echte Alternative zu dem sauren Apfel der Lithiums gibt es ja auch nicht wirklich. Das Angebot aus Deutschland war zwar günstiger, aber an den Import auf die Kanaren, trauen wir uns dann doch nicht so recht ran. Wer weiß, was da dann alles wieder schief gegangen wäre und so bekommen wir alles ab dem Shop in Arrecife. Angezahlt ist die ganze Sache auch schon, nun muss es nur noch kommen.

Das Problem sieben haben wir erst einmal temporär gelöst und unseren Befüllfilter eingebaut. Neue Ersatzfiltergehäuse bringen wir uns dann aus Deutschland mit. So etwas hier in einem Shop zu finden, ist ebenso schwierig wie in Deutschland. In Hannover hätten wir auch keine Idee, wo man so etwas in einem Laden bekommen könnte. Hier kommen noch die Sprachbarriere und unsere mangelnde Mobilität ohne Auto hinzu. Aber selbst in Deutschland ist es ja seit Jahren schon so, dass ohne Internetbestellungen eigentlich gar nichts mehr geht, wenn man irgendwelche speziellen Sachen sucht, die nur wenig abseits des Mainstream-Konsums liegen. Klar kann man auch von den Kanaren aus im Internet bestellen, nur ist die Lieferung auf die Kanaren eben ein gewisses Abenteuer. Auf dem Festland wären es wie in Deutschland drei Klicks und schon ist alles unterwegs. Aber viele Versender versenden gar nicht mehr auf die Kanaren, weil es nur Probleme macht.

„Austausch, der Befüllfilter kommt wieder rein und der Doppelfilter zum Befüllen raus. Dort kann er so viel dröppeln, wie er will.“

„Austausch, der Befüllfilter kommt wieder rein und der Doppelfilter zum Befüllen raus. Dort kann er so viel dröppeln, wie er will.“

Natürlich kann man auch versuchen, diese Dinge über einen Händler zu bekommen, aber unser Spanisch ist dafür einfach zu schlecht. Und mit Englisch kommt man in Spanien – und insbesondere auf den Kanaren – auch nur begrenzt weiter. Nur wenige sprechen so viel Englisch, dass es für mehr als kleine Alltagsdinge reicht. Klar spricht man in allen Hotels auf den Kanaren auch fließend Englisch und Deutsch, aber unsere Kommunikationsprobleme liegen ja abseits einer Bus- oder Bootstour zu einem der bekannten Ausflugsziele und abseits der Bestellung von einem Bier und etwas Tapas. So ist der Google-Translater im Dauereinsatz, aber auch der ist mit dem Thema Fäkalientank echt überfordert. Unser Glück war, dass Jan von Lava Chandlers Deutscher ist, das hat die ganze Geschichte mit den Batterien schon sehr erleichtert. Dagegen war der Kauf einer 3/8″ AG Schlauchtülle mit 13er Schlauchstück heute in den Läden von Puerto del Rosario schon wieder ein echtes Abenteuer. Bekommen haben wir nur eine Tülle mit 11er Anschluss, und das aber auch nur, weil wir ein Bild des Teils gezeigt haben und eine Dame des Verkaufs das Ding nach langer Beratung mit ihrem Kollegen doch noch aus einer der Spezialkisten hervorzaubern konnte. Zurück auf der PINCOYA hat es genau 3 Minuten gedauert, um bei Amazon ein ganzes Sortiment von passenden Schlauchtüllen in den Einkaufswagen zu legen. Sicherheitshalber ein kleiner Vorrat in verschiedenen Zollvarianten, um genügend Ersatz zu haben, denn man braucht ja immer genau die Variante, die man gerade nicht hat. Also kaufen wir alles aufsteigend von 3/8 bis 1″. Schon morgen werden die bei den Kids in Hamburg sein. So schnell kann es gehen. Dort sammeln wir nun alles, was wir dann nach Weihnachten mitnehmen werden. Mit 2x 20kg Gepäck geht da schon was, aber eben kein Gefahrgut, wie Batterien oder Antifouling. Schon allein wegen solcher »Versorgungen« fahren wir nächstes Jahr noch einmal in die »Festland-EU«, um uns dort mit all dem zu versorgen, was uns bis dahin noch so einfällt.

„Fakalientank-Endoskopie. Schon praktisch so ein Teil.“

„Fakalientank-Endoskopie. Schon praktisch so ein Teil.“

Der Fäkalientank, unser Problem sechs, macht uns weiterhin größere Sorgen. Mit einer Endoskop-Kamera haben wir uns das Desaster nun von unten angesehen und es besteht kein Zweifel, dass der Tank an wenigstens einer der unteren Kanten durchgerostet ist. Als Glück im Unglück gibt es in Puerto del Rosario einen Niroschweißer, der viele gute und nur wenige schlechte Bewertungen hat. Also machen wir Photos von dem Tank, fertigen eine Zeichnung an, beschreiben die wichtigen Punkte in English und auch auf Spanisch und radeln los. Unser Plan ist, dass er uns nach dem Muster des alten Tanks einen neuen schweißt. Wir haben keine Ahnung, was so etwas hier kostet und stellen uns auch schon mal auf eine eher unerfreuliche Summe ein. Aber was sollen wir machen? In die Ecke setzen und heulen bringt uns auch nicht weiter, der Tank ist undicht, eine Reparatur funktioniert nicht und ohne Fäkalientank wollen und können wir auch nicht weiter, zumal in immer mehr Ländern Fäkalientanks zur Pflicht werden.

Der Niro-Shop macht einen guten Eindruck, hier bekommt man offensichtlich alles, was einem so in Sachen Niro einfällt. Aber da ist auch gleich wieder dieses Sprachproblem. Zwischen dem Besprechen einer Sonderanfertigung, inklusive eines Angebots, eines Liefertermins und dem Klären von Abholung und Anlieferung auf der einen Seite und den Möglichkeiten unseres spanischen Sprachschatzes auf der anderen Seite liegen nicht nur Welten, sondern Galaxien. Gott sei Dank steht ein weiterer Deutscher am Tresen, der zwar auch nicht fließend Spanisch spricht, aber doch wesentlich mehr als wir. Aus dem munteren Hin und Her zwischen Verkäufer, dem Spanisch sprechenden Deutschen, unseren herausgesuchten und aufgeschrieben Sätzen, unserem rudimentären Eigenwortschatz und zwei Google-Translator-Apps, die heiß laufen, kristallisiert sich langsam so etwas wie ein Angebot, ein Vorgehensplan und eine Lieferzeit heraus. Eine Neuanfertigung nach Muster in 2mm Materialstärke soll 520 € kosten. Wir sollen den alten Tank am Montag früh hinbringen und bekommen am Freitag in 10 Tagen den neuen Tank. Das ist erst mal ein guter Preis und mit der Lieferzeit können wir auch leben. Wir nehmen zwar an, dass es wahrscheinlich etwas teurer werden wird, weil wir nicht erklären konnten, dass in dem Tank ja auch zwei Steigrohre für die Entleerungsauslässe und ein Schwallblech sein müssen. Aber das werden sie sehen, wenn sie den alten Tank aufschneiden. Vielleicht ist das auch eh klar, denn wenn man nicht zum ersten Mal einen Tank schweißt, dann weiß man das. Mal sehen…
Nun müssen wir das Schätzchen nur noch ausbauen und hinbringen. Gut, dass wir eine Sackkarre an Bord haben. Das wird ein Spaß, der uns Montag auch sicherlich einige Aufmerksamkeit in Puerto del Rosario sichern wird.


Update Samstag den 27.11. – Der Ausbau –
In der Nacht wache ich auf, ich habe etwas vergessen!!!
Selbst wenn wir den Fäkalientank unter der Bugkoje herausbekommen, geht der dann auch durch die Türen und den Niedergang hoch? Mit diesem Gedanken kann ich nicht wieder einschlafen. Es ist 0:30, als ich den Zollstock hole. Ohne die Schlauchanschlüsse hat der Tank 40cm auf der schmalen Seite. Im Dunkeln gehe ich mit dem auf 40 cm ausgeklappten Zollstock vom Niedergang bis zur Bugkoje. Die schmalste Stelle ist an der Bugkojentür. Die hat 43 vielleicht 44 cm. Im Dunkeln kann ich das nicht so richtig sehen und Licht machen will ich auch nicht, denn Astrid schläft ja dort. 43 cm könnten grundsätzlich passen, aber da sind ja auch noch die Schlauchanschlüsse. Das wird eng. So richtig wohl ist mir nicht. Sollten wir schon gleich morgen daran scheitern, weil wir den Fäkalientank nicht rausbekommen? Ich hoffe sehr, dass der Tank erst eingebaut wurde, als auch das Deck der PINCOYA schon montiert war. Dann muss er so reingekommen sein, wie er nun auch wieder rauskommen muss. Wenn nicht, dann haben wir ein größeres Problem.
Mein Schlaf hat jetzt schon eins!

„Da ist er drin und dort muss er raus.“

„Da ist er drin und dort muss er raus.“

Gleich morgens und noch vor dem Gutenmorgenkaffee (!!!) messen wir noch einmal genau. Der Tank hat 40 cm, die Tür 44. Aber die Luke hat 59 x 59! Da könnte er hochkant auch durchpassen. Die andere Seite des Tanks hat 55 cm und da sitzen keine Anschlüsse.
Es gibt nur einen Kaffee und ein paar Kekse zum Frühstück, dann räumen wir alles zur Seite und breiten eine Plane aus. Es ist sicher nicht ganz so schön, einen undichten Fäkalientank am Spifall durch die Bugkojenluke nach oben zu ziehen. Über mögliche Komplikationen wollen wir lieber gar nicht so genau nachdenken.

„Vorbereitungen ...“

„Vorbereitungen …“

„Hebeaktionen“

„Hebeaktionen“

Die Schläuche gehen erstaunlich bereitwillig ab, nur das Rausdrehen aus seinem Platz unter der Bugkoje ist wirklich Millimeterarbeit. Außerdem ist der blöde Tank richtig schwer. Ich hebe ihn immer einige Zentimeter hoch und Astrid zieht das Spifall nach. So können wir ihn schlußendlich mit einem letzten Ruck aus seiner Bugkiste hieven. Der Rest ist erstaunlich einfach. Hochkant geht er mit wenigen Zentimetern Luft gut durch die Luke. Und!!!! Er macht keine Sauerei!!! Dadurch dass er am Spifall hängt, können wir ihn ziemlich einfach manövrieren. So kommt er dann nicht nur an Deck, sondern auch gleich auf den Steg. Etwas verwundert schauen wir uns den Burschen auf dem Steg an. Alles in allem ging es viel leichter als gedacht. Wie schön, dass man auch mal mehr good als bad luck haben kann.

„Und schon ist er raus ... “

„Und schon ist er raus … “

„ ... und schwingt herüber auf den Steg.“

„ … und schwingt herüber auf den Steg.“

Und er ist tatsächlich durchgerostet. Schwupps steckt auch schon ein Schraubenzieher im Tank. Verwunderlich ist nur, dass da nicht mehr oder gleich alles rausgelaufen ist 🤭. Es war wohl allerhöchste Zeit, sonst wäre aus unserer Bilgenpumpe doch noch eine Fäkalienpumpe geworden.

„Lochfraß!“

„Lochfraß!“


Update Montag den 29.11. – Der Transport –
Um 8:30 schnallen wir den Tank auf die Sackkarre und ziehen los. Mit dem kräftigen Nordwind, der uns seit Sonntag in der Marina ordentlich schaukeln lässt, ist es kalt geworden. Das erste Mal seit Deutschland bzw. unseren Nachtfahrten kramen wir wieder die langen Hosen heraus.

„Auf geht's.“

„Auf geht's.“

„Der Transport.“

„Der Transport.“

Ein Leichtgewicht ist El Tanque nicht, es ist wohl auch noch etwas Wasser drin und bei jeder Verschnaufpause macht El Tanque Pipi auf den Fußweg. So führen wir El Tanque erst mal Gassi, bevor wir ihn zum Niro-Schweißer bringen. Der ein oder andere schaut uns hinterher, aber in Deutschland hätten wir sicher mehr Aufmerksamkeit mit unserem Transport bekommen. So ganz ungewöhnlich kommen wir uns mit unserem Transport auch gar nicht vor. Hier wird alles mögliche irgendwie transportiert. Aber wieder entpuppt sich Fuerteventura als bergiger als vermutet. Mit dem Auto würde man es wohl kaum bemerken, aber mit El Tanque auf der Sackkarre machen sich auch kleine Steigungen unangenehm bemerkbar.

„El Tanpue hat eine Blasenschwäche, an jeder Ecke lassen wir ihn mal Pipi machen.“

„El Tanpue hat eine Blasenschwäche, an jeder Ecke lassen wir ihn mal Pipi machen.“

Die Worte, die wir uns zurechtgelegt haben, sind nicht mehr auffindbar, als wir Fuerinox erreichen. Der junge Verkäufer erkennt uns sofort wieder. Unsere Sprachbarriere ist ein echtes Hindernis. Er kann kein Wort Englisch und der Senior sowieso nicht. Und unser Spanisch ist leider immer dann überhaupt nicht mehr vorhanden, wenn uns wenigstens ein paar Bruchstücke weiterhelfen würden. Wir müssen da sehr schnell wieder richtig ernsthaft drangehen. So jedenfalls fühlen wir uns nicht wohl damit. Schließlich waren wir ja auch schon mal wesentlich weiter. Und Spanisch würde uns ja auch in Portugal helfen, obwohl man dort ja bestens mit Englisch durchkommt. Aber etwas mehr Spanisch wäre auch dort die Rettung, wenn Englisch doch mal nicht geht.
So kommen wieder »SayHi« und der Translator vom iPhone zum Einsatz. Mit diesen beiden Apps kommt man wirklich gut klar, auch wenn man sich immer wieder in Erinnerung rufen muss, möglichst einfache und »übersetzergerechte« Sätze zu sprechen. Oft braucht es auch zwei oder drei Varianten, um die gewünschte Aussage rüberzubringen, aber die Apps sind wirklich die Rettung in der Not, anders kann man es nicht sagen.

Zusätzlich haben wir noch eine weitere Zeichnung gemacht. El Tanque soll 3 cm kürzer werden, damit er nicht nur leichter wieder reingeht, sondern zukünftig auch berührungsfrei an der Rumpfrundung vorn passt. Über die Apps besprechen wir alles noch einmal. Auch die Steigrohre, das notwendige Schwallblech innen und auch die abgeschnittene Ecke, die wegen der Verjündung des Rumpfes unten sein muss und die wir erst mit dem Ausbau gesehen haben. Alles kein Problem, es bleibt bei 520 € und dem 10.12. als Liefertermin. Wir vermuten, dass das in Deutschland wohl doch eher teurer geworden wäre. Echt glücklich, unser zweites großes Problem nun auch auf einen Lösungsweg gebracht zu haben, gehen wir zurück zur PINCOYA. Unsere dicke Erna hat uns ja in der letzten Zeit schon einige Sorgen gemacht, aber nun haben wir wirklich ein gutes Gefühl, dass wir auf einem guten Weg der Besserung sind.

„Geschafft, ein großes Problem ist zur Lösung eingetütet.“

„Geschafft, ein großes Problem ist zur Lösung eingetütet.“


Nach dem Frühstück kaufen wir noch etwas ein, denn morgen wollen wir endlich mal weiter in den Süden von Fuerteventura. Mit den bekannten Einschränkungen wird das gut gehen und am 09.12. werden wir dann zurück nach Puerto del Rosario kommen.

Da wir die Bugkojenkiste, wo normalerweise der Fäkalientank eingebaut ist, bei dieser Gelegenheit auch gleich mal renovieren wollen, suchen wir uns einen Baumarkt, der auch wirklich ein Baumarkt nach unserem Verständnis zu sein scheint. Auf dem Hinweg radeln wir bei dem Laden »Gas y Agua« vorbei, von dem gemunkelt wird, dass er auch Campingaz hat. Campingaz ist ja eine der größten Mogelpackungen, die es überhaupt gibt. Und man kann jedem Segler, der nicht wegen der Campingaz-Preise am Hungertuch nagen möchte oder gar plant, die EU zu verlassen, oder nördlich von Dänemark segeln möchte, nur empfehlen, all den Campingaz-Quatsch sofort aus seinem Boot zu verbannen und einen richtigen Gaskasten einzubauen, in den wenigstens zwei 5kg Propangas-Flaschen passen. Alles andere ist Blödsinn. Wir Trottel haben zwar auch darüber nachgedacht, aber zu mehr als Nachdenken ist es leider nicht gekommen. Und nun haben wir den Salat und schon auf den Kanaren das Problem, überhaupt dieses bekloppte Campingaz zu bekommen. Mittelfristig bleiben uns so nur zwei Möglichkeiten, entweder wir füllen Butangas selbst aus großen Flaschen in die kleinen Campingaz-Flaschen um, oder wir bauen uns einen richtigen Gaskasten für große Propangasflaschen in das Ende der Backskoje. Aber heute finden wir mit »Gas y Agua« auf Fuerte tatsächlich noch eine Versorgungsmöglichkeit. Und was sollen wir sagen, der Baumarkt, den wir uns ausgeguckt haben, entpuppt sich danach tatsächlich auch noch als Baumarkt-Paradies.
So geht der Montag, der uns schon etwas auf dem Magen lag, supererfolgreich zu Ende und wir sind riesig froh, morgen mal wieder eine kleine Strecke segeln zu können.

Kleines UpDate zum 30.11. und zu »Gas y Agua«.
Gleich früh radeln wir zu »Gas y Agua«, um 3 Campingaz-Flaschen zu tauschen. Das klappt auch reibungslos und wir zahlen 57€. Ok, 19 € für 2,7 kg Butan sind kein Schnäppchen, aber in Deutschland und in den Niederlanden zahlt man ja locker das Doppelte. Die Gasflaschen haben natürlich keine offizielle Plastikbandarole, so etwas gibt es im Süden wenn überhaupt nur noch bis Portugal. Das sind alles Selbstbefüllungen aus der Garage, aber was soll’s, der ganze Campingaz-Mist ist ja eh eine Mogelpackung für Gutgläubige, aber nichts für die Praxis. Nachdem wir das erste Mal schon in Frankreich betrogen wurden und uns eine nur halb volle Flasche mit gebrochenem Siegel in einem großen Baumarkt (!!!) angedreht wurde, haben wir uns eine Federwaage gekauft. Die Sache ist recht einfach, 3,75 kg netto plus 2,75 kg Gas machen 6,5 kg gesamt.
Schon beim Hochheben merken wir, dass da etwas nicht stimmt. Natürlich haben wir an die Waage gedacht und gleich vor dem Laden wiegen wir die Flaschen. Alle haben nur zwischen 5,4 bis 5,6 kg. D.h. in jeder Flasche sind statt 2,75 kg Butan nur rund 1,7 kg. Wobei … sagen wir mal lieber »Gas«, denn ob wirklich Butan drin ist, wissen wir ja auch noch gar nicht. D.h. insgesamt fehlen rund 3 kg, wobei uns ja jedes angeblich vorhandene Kilo schon rund 6,90 € gekostet hat.
Ja ja, ich weiß, in Deutschland gibt es 5 kg Propan für denselben Preis. Und was soll ich sagen, hier gibt es an jeder Tanke 12,5 kg Butan für 15 €. Rechne, rechne, rechne, ja genau 1,20 € pro Kilo. Aber eben nicht als Campingaz, denn Campingaz-Nutzer leben gerne auf großem Fuß und geben gerne mal etwas mehr für Gas aus, weil Campingaz ja angeblich weltweit verfügbar ist, wobei aber keiner erwähnt, dass die Campingaz-Welt leider schon auf den Kanaren zu Ende ist.
Also wieder rein in den Laden. Die Übersetzer-App gibt alles und nach 5 Minuten sind wir gemeinsam in der Umfüllgarage in der Nachbarstraße. Alle vollen Flaschen sind nicht schwerer als 5,7 kg, alle leeren wiegen genau 3,75 kg und auf der Rechnung steht 2,8 kg Gas »erhalten«. 3,75 plus 2,75 kg ergibt auch für den Verkäufer zusammen 6,5 kg für eine volle Flasche. Unser Vorschlag, nur das enthaltene Gas zu bezahlen, fruchtet nicht. Irgendwie liegt nun auch eine gewisse Spannung in der Luft. Wir nehmen unsere leeren Flaschen wieder mit und bekommen den Kaufpreis erstattet. Das war’s. Schon auf den Kanaren ist man also mit seinem Campingaz-Latein am Ende. Auf Gran Canaria soll es einen offiziellen Händler geben. Den werden wir wohl im nächsten Jahr mal aufsuchen. Natürlich nur zusammen mit unserer digitalen Federwaage 😂. Wir sind uns sicher, dass die uns nicht vorsätzlich bescheißen wollten. Die Füllen in ihrer Garage das Gas um und machen so ein super Geschäft, denn es gibt kaum eine schnellere Möglichkeit, um aus 15 € mal eben 86 € zu machen.
Aber nun ist auch schon das Umfüllset bestellt, nächstes Jahr werden wir wohl das Schnäppchen mal selbst machen.

25.11. -> 29.11. Puerto del Rosario
28° 29′ 45,3″ N, 013° 51′ 30,1″ W