Puerto del Rosario -> via Costa de Papagayo [A] -> Arrecife Distanz: 47,3 sm Gesamtdistanz: 1.210,6 sm
Es ist unsere längste Saison. Noch nie sind wir im Dezember gesegelt, geschweige denn am 3ten Advent. Manch einer macht so etwas ja auch auf der Nord- oder Ostsee, aber dazu konnten wir uns damals nicht durchringen. Anfang November war mit der Segelei definitiv Schluss und Ende März ging es dann wieder los.
Doch wie wunderbar ist eine »Ganzjahressaison«! Hier auf den Kanaren fühlt sich der Winter eher wie ein schöner Altweibersommer auf der Ostsee an. Wenn man mal von der Wassertemperatur absieht, trifft dieser Vergleich auch ziemlich gut. Tagsüber ist es schön warm, besonders in geschützten Ecken macht die Sonne immer noch ernst und man kann im Cockpit nach einem Schwimmerchen wunderbar trocknen und noch etwas nachbräunen. Die Canarios laufen zwar teilweise schon dick eingemummelt herum, aber was sollen sie auch machen? Irgendwann wollen die Wintersachen ja schließlich auch mal ausgeführt werden. Doch für einen Norddeutschen ist der kanarische Winter eher ein dänischer Sommer. Unwillkürlich kommen die Erinnerungen an die vielen Urlaube und Sommersegeltörns an und auf der Nord- und Ostsee wieder hoch.
Auf dem Wasser ist es inzwischen allerdings recht kühl. Man merkt deutlich, dass wir auch hier immer noch nicht auf der Barfußroute sind. Aber mit langer Jeans und Sweatshirt geht es, solange die Sonne scheint. Abends wird es dann schnell richtig fußkalt und nichts lädt mehr zu einem längeren Sundowner im Cockpit ein. Längere Sundowner gibt es hier ja ohnehin nicht, so ein Sonnenuntergang reicht gerade mal für ein schnelles Döschens Bier oder ein Glas Wein. Die Sonne hat es bei ihrem Untergang so eilig, dass es nur für einen kleinen Schluck reicht, und schon ist sie weg. Die Nächte sind zwar nicht so nordisch lang, aber die Sonne arbeitet auch hier nur zwischen 7:30 und 18:30. Wobei man morgens und abends gut 1 1/2 Stunden wegen erwiesener Ineffizienz und Faulheit abziehen muss.
Auf unserem Schlag von Puerto del Rosario vor die Küste von Papagayo erwischen wir ein traumhaftes Segelwetter. Wir brechen zeitig auf, um möglichst viel von dem Ost zu nutzen, aber am Ende bleibt uns der Ost bis vor Papagayo erhalten. Es ist selten, dass man hier so direkt nach Norden fahren kann. Die Sonne scheint und wir plätschern entspannt unseren letzten Ankertagen für die Saison entgegen. Wir freuen uns auf unsere letzten zwei Ankertage. Es soll ruhig und gemütlich bleiben, ein toller Saisonausklang wartet auf uns.
Gerade als ich am nächsten Morgen diese Zeilen schreibe, hören wir Stimmen neben uns. Unser erster Gedanke ist: »Och nö, nicht schon wieder dieser Ankermagnetismus!« Der gut »beankerbare Bereich« vor der Costa de Papagayo ist etwa 1,5 Kilometer lang. Aktuell liegen hier 9 Schiffe vor Anker. Natürlich nicht gleichmäßig verteilt, alle suchen immer ihre Ankersicherheit in der direkten Nähe zu anderen, aber aktuell halten alle wenigstens einen Abstand von mindestens 60 bis 70 m. Ein Blick aus dem Cockpit bestätigt unseren Verdacht. Ein Schwede schnüffelt sich auf der Ankerplatzsuche direkt neben uns entlang. Auf seiner Steuerbordseite liegen wir in etwa 40 m Entfernung, auf seiner Backbordseite gähnen gut 400 m freies Ankerfeld. Nun ja, ein klassischer Fall von schwerem Ankermagnetismus.
Doch was dann als Ankermanöver folgt, haben wir noch nie gesehen und wir haben wirklich schon die ungewöhnlichsten und auch eigenwilligsten Manöver verfolgen können. Eigentlich hatte ich mir auferlegt, dieses Jahr nicht noch einmal das Thema Ankern in einem Blog zu erwähnen, aber das geht nun nicht mehr, ich muss es schreiben!!!
Also, wie gesagt, die Schweden kommen. Sie in einem Sommerkleid am Ruder, er in hellblauer Unterhose und mit Schnorcheltaucherbrille vorn am Bug. Langsam und leider viel zu dicht für unseren Geschmack schnüffeln sie sich nach vorn. Und plötzlich und noch während der Vorwärtsfahrt springt der hellblau-beunterhoste Schwede mit einem Köpper vor den Bug seines Schiffes ins Wasser, wobei das Schiff wohlgemerkt immer noch unter Motor etwas Fahrt voraus macht. Mit kräftigen und zugegeben echt professionell anmutenden Kraulschlägen entkommt der Schwede seinem Boot. Etwa 45 m neben unserer Ankerboje taucht er ab, um kurz darauf – blubs – wie ein Korken wieder hoch zu kommen. Noch einmal wird eine kleine Runde geschnorchelt, doch dieser Platz soll es für den Anker nun wohl sein.
Er winkt seine Frau mit dem Boot herbei und macht Zeichen, dass nun genau hier der Anker fallen soll. Langsam fährt sie unter Motor auf ihren Gatten zu, stoppt aber rechtzeitig auf, um ihn nicht mit der Schraube zu häckseln. Während die Yacht die letzten zwei Meter auf ihren Gatten zu dümpelt, schlendert die Schwedin vollkommen gelassen zum Bug, greift die Fernbedienung der Ankerwinde und lässt den Anker fallen. Als der Anker gerade so, vielleicht einen Meter, unter Wasser ist, greift sich der Unterhosentaucher die Kette und lässt sich mit ihr herunterziehen. Gut acht Meter sind es hier und wir können nur vermuten, was er nun dort unten macht. Es dauert etwas. Ganz bestimmt legt er seinen Anker nun genauso liebevoll auf den Ankergrund und gräbt ihn etwas ein, wir er vorher schon den Ankerplatz für seinen Anker ausgesucht hat. Der Schiffsjunge könnte ja gar nicht so lange die Luft anhalten, aber dann kommt – blubs – der Schwede wieder hoch. Bei so einem liebevollen Ankermanöver muss ein Anker auch gar nicht eingefahren werden, der Wind treibt die Sommerkleidschwedin mit ihrem Schiff etwas zurück, strafft aber die Kette nur eher lieblos.
Nun geht der Blick des Taucher-Schweden zu uns herüber, dann zu unserer Ankerboje, dann wieder zur PINCOYA und dann zu seiner Frau. Wohl gemerkt, er schwimmt immer noch wie eine lebende Ankerboje über seinem eigenen Anker. Einige schwedische Worte werden zu uns herübergeweht, aber es ist eindeutig, es scheint etwas Unfassbares, etwas vollkommen Unvorhersehbares, ja Unglaubliches passiert zu sein. Die schwedische Yacht liegt nun genau 37 m neben uns.
Nachdem beide nochmals mehrfach uns, unsere Ankerboje und ihre eigene Position in unterschiedlichen Reihenfolgen betrachtet haben, folgt eine schwedische Diskussion, deren Inhalt wir erahnen, auch wenn uns das Schwedische dafür etwas fehlt. Kurz darauf krault der schwedische Blauhosen-Schnorcheltaucher in Richtung freier Ankerfläche davon, während die Sommerkleidschwedin extrem gelassen und fröhlich zu uns herüber winkend zum Gashebel ihrer Yacht geht, einmal beherzt einen kräftigen Stoß vorwärts gibt, um dann ebenso gelassen wieder nach vorn zu schlendern, um die Kette einzuholen.
Und nun folgt ein identisches Ankermanöver, nur etwas weiter drüben. Ich schaue mir dieses Manöver aber nicht bis zu Ende an, denn ich bin wie paralysiert von dieser Ankerkunst und frage mich, wieviel Vodka Absolut mit Blaubeergeschmack man trinken muss, um während einer viel zu langen Sauna-Session bei 98° auf solch ein Ankermanöver zu kommen. Wie benommen wanke ich ins Vorschiff, setze mich an das Notebook und beginne sofort zu schreiben. Immer noch ungläubig, was ich eben mit eigenen Augen gesehen habe.
Der treue Blogleser zweifelt sicher an der ein oder anderen Stelle und fragt sich, ob man wirklich so viele »Merkwürdigkeiten« erleben kann. Doch an dieser Stelle schwöre ich mit der rechten Hand auf dem Steuersäulenkompass: “Man kann!” Auch wenn ich doch schon einmal nicht nur die reine Wahrheit und nichts als die Wahrheit geschrieben habe, Gabi möge mir verzeihen, doch hier steht sie nun, die echte und reine Wahrheit!
Am frühen Nachmittag, der Schiffsjungen macht gerade ein Mittagsschläfchen, wird die Capitana ein weiteres Mal auf nahe Stimmen aufmerksam. Ein kurzer Blick um die Sprayhood zeigt die Bescherung. Ein nicht gerade kleines Motorboot hat sich offensichtlich in der Tripleine unseres Ankers verfangen. Ok, wie man am helllichten Tage die leuchtend orange Boje übersehen kann, ist nicht ganz klar, aber unsere 5er Dyneema-Strippe kann ja durchaus durch eine hinterhältige Wickeltechnik um die Schraube auch stärkere Motoren zum Absterben bringen. Doch auf dem Weg nach vorn bemerkt die Capitana, dass sich das Motorboot gar nicht in der Leine unserer Ankerboje verfangen hat, sondern vielmehr sie als Mooring an Bord geholt wurde. Die Crew macht sich auch gerade schon zu einem Schwimmerchen bereit, während der Skipper den Tisch für danach deckt. Nun muss man wissen, dass wir auf unserer Ankerboje mit einem dicken schwarzen Edding einen ebenso dicken und schwarzen Anker gemalt haben und ringsherum ebenso dick und schwarz mehrfach »PINCOYA« steht.
Da, wo die Capitana eben noch Hilfe anbieten wollte, kommt nun nur noch ein schwaches »Äh, hallo …!” über ihre Lippen, dass durch Zeichensprache die Verbindung der PINCOYA über die Ankerkette mit unserem Anker unter eben dieser Ankerboje untermalt, die nämlich gar keine Mooringboje ist. Und manchmal kann eine ungläubig gestammelte Sprachlosigkeit viel treffender als tausend Worte Einspruch auch gegen den gröbsten Schwachsinn erheben. Die Badenixen spüren, dass da irgendetwas nicht stimmt und die letzten Hüllen fallen nicht mehr. Der Skipper guckt ungläubig auf die Boje und dann auf den Bug der PINCOYA. Und ja! Ah jetzt, ja! Die Erkenntnis breitet sich ganz langsam von den Augen in Richtung Hirn aus und erfasst dann auch gleich den ganzen Körper, der sich strafft. Auf der Boje stehen dieselben Buchstaben, wie an der Bordwand des Bootes dort drüben. Zur Capitana hallt seine wortlose Erkenntnis herüber: “Oh je, das muss deren Mooringboje sein!” Der Unterschied von Mooringboje und Ankerboje spielt in diesem Moment schon keine Rolle mehr, denn er lässt unsere Ankerboje wie eine heiße Kartoffel ins Wasser fallen und brummt mit seinen nicht mehr ganz bekleideten Badenixen davon.
Natürlich bleibt eine solche Geschichte, die sich auf dem Bug der PINCOYA direkt über dem nun nicht mehr schlafenden Schiffsjungen abspielt, auch ihm nicht verborgen. Und als die Capitana dann herunterkommt, fehlen ihr immer noch die Worte, aber irgendwann beginnt sie mit den Worten: “Du glaubst es nicht ….”
Den Montag nutzen wir, um die Wasserlinie der PINCOYA zu reinigen. Trotz Antifouling sammelt sich ja doch schon nach 3 Monaten auf den oberen 25 cm des Unterwasserschiffes so einiger Bewuchs. Wahrscheinlich wird das Wachstum durch das Licht ganz ordentlich begünstigt, weiter unten sieht es viel besser aus, auch wenn es sich auch dort etwas schleimig anfühlt.
Aber das Wetter … Lanzarote und Fuerteventura liegen zurzeit etwas unentschlossen zwischen einer Nord- und einer Südwindlage. Alles hängt davon ab, welcher Bereich in den nächsten Tagen seine Muskeln etwas mehr spielen lässt als der andere. Normalerweise sind sich ja alle Wettermodelle wenigstens für die nächsten 24h einig. Das ist wie bei Wahlen, kurz vor dem Verkünden des amtlichen Endergebnisses ähneln sich auch alle Hochrechnungen. Allein Wetteronline scheint hier eine eigene Strategie zu verfolgen. Nicht für das aktuelle Tageswetter, aber für die Tage danach. Hier scheint sich Wetteronline doch eher dem Motto “think positiv” verschrieben zu haben, denn wenn nicht gerade ganz gravierende Sturmtieflagen direkt Einspruch erheben, verkündet Wetteronline eigentlich immer ab dem dritten Tag den strahlendsten Sonnenschein. Vielleicht liegt das an einem verdeckten Sponsoring von TUI, aber diese Unterstellung ist böse, Wetteronline ist ja schließlich kein österreichisches Meinungsforschungsinstitut 😂.
Doch auch wir wählen diesmal das Motto “think positiv” und beschließen, dem Modell zu glauben, dass der Costa de Papagayo eher einen Nordwest-, aber keinen Südwind verspricht. Doch das ist auch einer gewissen Notsituation geschuldet, denn ein über Ost auf Süd drehender Wind vermasselt jegliche Ankeralternative auf Lanzarote und Fuerteventura. Einzig zwischen der Isla de la Graciosa und Lanzarote könnte es dann noch halbwegs funktionieren, ansonsten ist alles eher Grütze. Selbst vor Corralejo im Norden von Fuerteventura muss es schon länger aus Süd wehen, um den Schwell, der immer irgendwie aus nördlichen Richtungen einläuft, zurückzudrängen.
Doch schon am Dienstagvormittag können wir unsere Hoffnung begraben. Wir liegen zwar weit im Osten der Costa de Papagayo und auch recht dicht unter Land, aber wenn’s umme Ecke weht, dann lassen auch die Wellen nicht lange auf sich warten. So beginnt es, unruhig zu werden. Doch der Ankergrund an dieser Stelle ist gut. Es ist weitgehend sandig und es gibt kaum dicke Brocken, an denen sich die Ankerkette verhaken kann. Auf 8 m Wassertiefe stecken wir etwas mehr als 40 m Kette, so liegen auch noch bei Hochwasser knapp 30 m auf dem Grund, das sollte reichen, auch wenn der Wind und die Wellen auflandig kommen. Nur zu stark sollte der Wind nicht werden, sonst wird’s hässlich.
Während unsere Windanzeige schon am Nachmittag 15 Knoten aus Südsüdost anzeigt, behaupten alle Modelle weiterhin, dass wir bei umlaufenden 4 Knoten in der Sonne liegen. Zum Abend hin wird es dann richtig ungemütlich, aber außer der Marina Rubicón bleibt uns keine Alternative. Die Idee, heute schon Arrecife anzulaufen, prickelt nach unseren letzten Erfahrungen auch nicht mehr so richtig. So entscheiden wir uns fürs Durchhalten, schließlich haben wir ja auch noch 7 Leidensgenossen.
Sofern man hart genug ist, kann man die erste Hälfte der Nacht noch mit »geht so« umschreiben. Ab etwa 2:30 nimmt der Wind dann allerdings noch weiter zu und wir sehen in Böen immer wieder um die 25 Knoten, die nun leider auch fast direkt aus Süd kommen. Irgendein Trend ist aus den neuen Modellrechnungen immer noch nicht abzulesen, denn die tatsächliche Wetterlage scheint immer noch nicht in die Berechnungen eingeflossen zu sein. So liegen die Stationsmeldungen mit 5 bis 6 Beaufort weiterhin in einer verträumten Flautenzone. Ab 3:00 warten wir dann nur noch auf die Dämmerung. Auch wenn wir schon viel Ankerkummer gewohnt sind, das hier ist wirklich arg. Die PINCOYA tanzt wie wild in den Wellen und das Donnern der Brandung ist für die Nerven auch nicht besonders gut. Aber wir liegen wie festgenagelt auf unserer Position. Zwei weitere Yachten liegen halbschräg in Luv von uns. Eigentlich sollten die uns nicht treffen, wenn sie auf Wanderschaft gehen, aber wir sind ja gebrannte Kinder. So checken wir auch deren Position immer mal wieder, aber auch sie scheinen fest zu liegen. Nicht so wie der 57er Sunreef-Katamaran hinter uns, der wohl die ganze Nacht mit Motor gegen halten muss. Nun ja, bei solch einer Schrankwand zur See braucht man wohl auch einen richtigen Anker mit etwas mehr Kette.
Die ganze Nacht scheppert und kracht es und wir haben gar nicht genug Geschirrhandtücher, um alles in der Pantry zu entklappern. Alle paar Sekunden wirft sich die PINCOYA von einer auf die andere Seite oder hüpft über ihren Bug wie wild auf und ab. Die Wellen sind hoch, brechen sich aber erst kurz vor dem Strand. Ungemütlich ist irgendwie nicht das richtige Wort für unsere Lage.
Dann dämmert es endlich, und als wir beginnen, unseren Aufbruch vorzubereiten, sehen wir, dass wir nicht die Einzigen sind, die diese Idee haben 😊. Sicherlich hätten wir auch in der Nacht verschwinden können, die Bucht ist ja nach Süden vollständig offen. Aber wohin? Klar hätten wir bis zur Dämmerung einfach etwas auf und ab segeln können, aber ruhiger wäre das auch nicht gewesen. Und da keine direkte Gefahr bestand, haben wir uns für das ungemütliche Warten vor Anker entschieden. Da muss man nicht noch zusätzlich segeln, sondern braucht nur abzuwarten.
Anders als die Engländer mit der Red Rock IV direkt vor uns, haben wir den Vorteil, dass wir gestern doch noch unser Dinghy hochgenommen haben. Die Red Rock IV ist übrigens eine Yacht mit einer ganz außergewöhnlichen Tradition und Geschichte. In dem katastrophalen Fastnet-Race 1979 machte sie den ersten Platz in der Klasse 1. Als die beiden nun ihr Dinghy am Spifall aufs Vorschiff ziehen wollen, wird es nach achtern ausgeweht und wirft sein Sitzbrett in hohem Bogen weg.
Es ist schon erstaunlich, wie weit so ein Dinghy hinter einer Yacht flattern kann. Leider hatte ich die Kamera nicht bereit, so gibt es nur einige »Danach-Photos«. Alles in allem geht unser Ankerauf-Manöver ganz gut, aber nun ist auch klar, dass wir so ein Headset zum Gegensprechen brauchen. Im Normalfall ist das mit der Kommunikation ja kein Problem, aber gerade in solchen Extremsituationen, in denen es wirklich passen muss, wäre eine direkte Kommunikationsmöglichkeit schon sehr hilfreich. Klar gehen auch Handzeichen, aber wenn man eine Hand braucht, nur um sich auf dem wild tanzenden Bug festzuklammern, dann ist die Signalwirkung der freien Hand auch nicht mehr so eindeutig.
Der Rest läuft wie am Schnürchen. Schnell ist alles verstaut und wir ziehen das Groß im ersten Reff hoch. Alles ist vorbereitet, ungläubig stellen wir fest, dass wir nichts vergessen haben. Erstaunlich 💪!
Dann noch die Starkwindfock und los geht es. Mit zwei Schlägen kreuzen wir uns frei. In der Düse zwischen Lanzarote und Fuerteventura ist es wirklich recht heftig. Dort ist es ja auch deutlich flacher, was die Wellen gleich noch etwas höher werden lässt.
Doch dann können wir immer weiter abfallen und es rauscht! Auf diesem Kurs können wir auch die Wellen besser nehmen und krachen nicht mehr nur stumpf hinein oder fallen auf der Rückseite herunter. Doch so richtig angenehm ist es auch im Osten von Lanzarote nicht. Eine Wellenhauptrichtung ist kaum auszumachen. Eigentlich ist das Wellenbild nur chaotisch und der nach Süden setzende Strom macht das Durcheinander noch größer. Es ist ruppig und das nicht zu knapp. Als ich kurz unter Deck nach dem Rechten sehen will, hebt es mich plötzlich von meinen Füßen 😳 und als der Kopf dann endlich mit Denken beginnt, lande ich auch schon krachend auf Herd und Spüle 🤭. Glück gehabt, das hätte auch richtig Aua machen können. Aber unsere dicke Erna läuft. Es ist wirklich eine Freude. Unser letzter Segeltag in dieser Saison hat noch einmal alles. Dass es so heftig endet, hätten wir nicht vermutet, aber es macht auch noch einmal richtig Spaß.
In Arrecife stehen der Wind und auch der Schwell direkt in der Einfahrt. Und weil der einlaufende Schwell dort nicht so richtig wieder herauskommt, staut es sich. In der Einfahrt liegt Mein Schiff 3, der größte Trümmer, der hier so herumfährt, aber der hilft auch nicht wirklich, denn auch dieser Klotz gibt keine Abdeckung zum Bergen der Segel. Erst in der Fahrrinne zur Marina ist es etwas ruhiger und in einer Blitzaktion holen wir das Groß runter. Nicht schön, aber es ist unten, das ist das Einzige, was zählt.
Unser Platz in Arrecife ist noch nicht frei, so bekommen wir erst einmal einen temporären Liegeplatz an Steg J. Am nächsten Tag geht es dann auf E 10. Hier liegen wir gut und können die PINCOYA auch ohne Bedenken mal für 6 Wochen allein lassen. Zumal auch die Luna Mare mit Marion und Paul hier liegt. Das letzte Mal haben wir die beiden 2017 in Heiligenhafen gesehen. Wir haben hierher den »fast« direkten Weg gewählt, die beiden sind allerdings über Hawaii und Alaska gefahren.
Stationen:
12.12. Puerto del Rosario -> Costa de Papagayo [A] 26,6 sm:
13.12. -> 14.12.2021 Costa de Papagayo [A]
28° 50′ 44,9″ N, 013° 47′ 27,1″ W
15.12. Costa de Papagayo [A] -> Arrecife 20,7 sm:
16.12. -> 15.02.2022 Arrecife
28° 57′ 43,9″ N, 013° 32′ 22,6″ W