Punta de Jandia / Fuerteventura -> via Las Palmas / Gran Canaria -> Pasito Blanco Distanz: 89,5 sm Gesamtdistanz: 253,0 sm
Wenn es nach uns gehen würde, könnte es nur solche Segeltage geben. Etwas skeptisch starten wir gegen 8:30 bei 5 lauen Knötchen Nordostwind. Die Frage nach unserer möglichen Ankunftszeit in Las Palmas beantworten wir uns selbst damit, dass Las Palmas ja einen großen Hafen hat, der auch nachts gut beleuchtet ist. Immerhin liegen rund 50 sm vor uns. Das kann dauern.
Nachdem wir gestern auf unserem Spaziergang zum Leuchtturm auch die Brecher auf den Untiefen vor Punta de Jandia gesehen haben, fahren wir lieber mal einen respektvollen Bogen um die Spitze. Aus den 5 Knötchen Wind werden 7, die zunehmend doch etwas nördlicher einfallen. Der Altlantikschwell ist recht hoch, aber lang und so schwebt die PINCOYA wie eine Elfe langsam hoch, um gleich darauf wieder ebenso langsam und elegant herunterzuschweben. Der Wind pendelt sich um die 10 Knoten ein und wir schweben so dahin. Wie wunderbar! Wer braucht schon mehr Wind? Mit 5 bis 6 Knoten Fahrt sind wir in weniger als 10 Stunden da. Und das so entspannt und gemütlich, wie schon lange nicht mehr. So ein Überfahrtswetter würden wir uns für die Azoren wünschen, nur die Sonne könnte noch etwas mehr rauskommen. Es ist recht kühl! Und gegen Mittag wird auch dieser Wunsch erhört, es ist ein Traum. Nun vielleicht nur noch einige Delphine und schnipp … da springt auch schon der erste um unseren Bug herum.
Im letzten Drittel nimmt der Wind noch etwas zu, lange bleibt er bei 12 Knoten, dann gibt es für den Rest noch etwas mehr. Wir sind schnell, richtig schnell. Dem 14m-Australier, der vor der Südwestspitze von Fuerte gut 3 1/2 Seemeilen hinter uns war, können wir das Leben richtig schwer machen. Nun gut, die Capitana zuppelt auch alle Viertelstunde an den Segeln herum und kitzelt bei jeder noch so kleinen Winddrehung gleich wieder das Optimum heraus. Bis vor die Hafeneinfahrt von Las Palmas kommt er nur auf 1 Seemeile heran.
Solche Traumsegeltage sind selten, aber wenn sie kommen, bleiben sie in Erinnerung. Nach nur 8 1/2 Stunden und 51 Seemeilen steckt unser Anker um 17:00 schon wieder im Sand der Bucht zwischen den beiden Marinas von Las Palmas. Das ist immerhin ein Schnitt von 6 Knoten inkl. der Ankermanöver. Unsere dicke Erna kann trotz ihres Übergewichts ganz schön rennen. Respekt Respekt!
Der Samstag vergeht mit Einkaufen. Obwohl wir gleich um 10:00 mit unserer ersten Tour beginnen, sind wir erst gegen 18:00 mit der dritten Tour fertig. Eine Versorgung mit dem Gummiboot dauert immer etwas. Zumal der Sandstrand zwischen den Marinas von Las Palmas breit ist, was viel Schlepperei bedeutet, und wir gut 1,5 km bis zum HiperDino laufen müssen.
Auf der dritten Tour laufen wir allerdings in die andere Richtung zu Worten. Worten soll die kanarische Antwort auf Media Markt sein. Da wir nun mit den Lithiums einen gewissen Energieüberschuss haben, wollen wir mal sehen, ob wir nicht einige Elektrogeräte bekommen, durch die wir unseren Gasverbrauch senken können. Da steht so einiges auf unserer Wunschliste. Ein elektrischer Espressokocher, ein kleinerer Wasserkocher, ein Eierkocher und sogar ein Brotbackautomat. Alles Geräte mit deutlich unter 1000 W, das würde unser Inverter noch locker mitmachen. Wir mussten auch gar nicht lange recherchieren, um verschiedene passende Geräte bei Amazon zu finden, aber die Kanaren machen ihrem prekären Versorgungsruf wieder einmal alle Ehre. Bei Worten gibt es zwar tatsächlich diverse große und kleine Elektrogeräte und auch eine Menge Unterhaltungselektronik, aber die Auswahl ist doch eher spärlich bis gar nicht vorhanden. Es gibt einzig einen Wasserkocher der Billigklasse mit 2200 W, dem allerdings das Wissen um seine Billigklasse auf dem Preisschild abhanden gekommen ist. Alles andere von unserer Wunschliste gibt es noch nicht einmal ansatzweise.
Ich wage es ja kaum noch einmal zu schreiben, aber auf dem europäischen Festland hätten wir mit 4 Klicks genau das gehabt, was wir wollen. Wahrscheinlich hätten wir dort auch einen Fachmarkt gefunden, der vielleicht nicht unser Wunschgerät gehabt hätte, aber in dem wir doch etwas Ähnliches gefunden hätten. Aber hier auf den Kanaren?
So nett das hier mit dem Wetter auch ist und so schön die Kanaren auch für einen Urlaub sind, aber hier leben? Das würde schon eine riesige Umstellung bedeuten. Immer wieder Kompromisse machen, um dann das zu nehmen, was gerade da ist, und nie das zu bekommen, was man eigentlich möchte? Puuh, da braucht es schon ein ganz besonderes Phlegma. Dinge, an die wir bisher nicht einen Gedanken verschwendet haben, mutieren hier zu echten Problemen. Zu Problemen, die Zeit fressen, eine Zeit, die wir aber eigentlich gar nicht bereit sind, an diese Probleme zu verfüttern. Der »running gag« unter Seglern ist: »Dann gehst du halt in den Baumarkt und holst es dir!« 😂. Ja genau! So einfach könnte das sein, aber eben nicht auf den Kanaren.
Deswegen haben wir unser Glück auch gar nicht erst auf einer der anderen Inseln versucht und es erst hier in Las Palmas so richtig herausgefordert. Und wir hatten wirklich die Hoffnung 🙄, etwas passendes zu finden 💪. »Hauptinsel« und »Hauptstadt« schienen uns dazu die passenden Erfolgsfaktoren zu sein.
Aber nun ja, das eigentliche Übel ist ja tatsächlich dieses Online-Shopping. Ohne das Internet würde der kanarische Angebotsmangel ja gar nicht auffallen. Dann wäre es wie früher, man geht in irgendein Kaufhaus und entscheidet sich dort für ein Produkt, das nach einigen Kompromissen doch noch irgendwie zu dem wird, was man haben will. Oder es gibt gerade etwas anderes, das zwar absolut nichts mit dem zu tun hat, was man eigentlich sucht, aber den großen Vorteil hat, dass es gerade da ist. Egal wie, so lässt sich ein Kaufwunsch auch befriedigen. Schnäppchen kommt ja schließlich von »schnappen« und schnappen kann man eben nur das, was gerade da ist. Nur ganz unflexible Menschen sind damals schon mit leeren Händen wieder nach Hause gegangen.
Und ausgerechnet auf dieser dritten und erfolglosen Tour löst sich dann auch noch der Spiegel unseres Gummiboots aus der Verklebung an den Schläuchen. Dem Gummiboot können wir das nicht verübeln, denn es geht nun in seine 12te Saison (!) und hat bisher phantastisch durchgehalten. Aber wir müssen es hier selbst reparieren und es muss noch bis Festland-Portugal durchhalten. Nach Lissabon können wir uns dann ein neues Dinghy aus Deutschland schicken lassen. Das dauert eine Woche, ist trotz deutscher MwSt noch wesentlich preiswerter und wir können dann auch einfach das Gummiboot kaufen, das wir haben möchten und müssen nicht das nehmen, was gerade da ist.
Fast auf den letzten Drücker verlassen wir Las Palmas. Der Anchorage zwischen den Marinas wird ab dem 15.03. wieder bis zum 15.09. geschlossen. In dieser Zeit darf man dort nur noch tagsüber ankern. Außerdem ist echter Starkwind aus Norden im Anzug und die Vorhersage scheint sich tatsächlich zu bewahrheiten. Da passt es ganz gut, dass wir ab Montag einen Marinaplatz ganz im Süden, in Pasito Blanco haben. Auf den Kanaren stellt sich ja jedesmal die Frage, wo man sich verstecken kann, wenn es unangenehm zu werden droht. Die Auswahl an echten »Ankerverstecken« ist nicht gerade üppig und jeder Ankerspot taugt auch immer nur für bestimmte Wind- bzw. Wellensituationen. Das ist zwar bei den Marinas etwas besser, aber fast jede Marina hat auch so ihre Achillesferse. Mal ganz abgesehen davon, dass es selbst jenseits der Hochsaison schwierig ist, einen Marinaplatz zu bekommen. Wie entspannt und einfach war da doch eine Segelsaison in der Ostsee! Solche Probleme kannten wir bis Madeira und zu den Kanaren gar nicht.
Es hat dann auch etwas gedauert, doch am Ende haben wir für Pasito Blanco tatsächlich eine Reservierungsbestätigung bekommen. Wohingegen uns die Marina Las Palmas nur geschrieben hat, dass sie grundsätzlich keine Reservierungen machen. Für Las Palmas kann man sich nur auf die Warteliste setzen lassen und hoffen, dass dann etwas zur gewünschten Zeit frei wird. Solange wartet man eben auf dem Ankerplatz vor der Marina. Vielleicht ist das auch wieder so ein Ding, weil wir ja nicht für ein oder zwei Monate angefragt haben, sondern nur für 5 Tage. Wir wissen es nicht, meinen aber, schon davon gehört zu haben, dass Langzeitreservierungen durchaus möglich sind. Aber das passt nicht zu uns, erstens wollen wir nicht 4 Wochen in einer Marina liegen, wenn wir nicht gerade auf Heimaturlaub gehen und zweitens wissen wir eh nicht ein Jahr im Voraus, wann wir wo sein werden. Da bleibt ja jede Spontanität und Freiheit komplett auf der Strecke. Das alles ist schon blöd, wenn man konkret planen muss, denn Lin kommt zu ihrem Besuch ja auf dem Flughafen zu einem ganz konkreten Termin an. Wie so etwas dann in der Zeit zwischen dem 15.03. und dem 15.09. in Las Palmas funktionieren soll, wenn auch noch der Ankerplatz für Übernachtungen geschlossen ist, ist uns ein Rätsel. Wahrscheinlich so, wie wir das schon in Arrecife erlebt haben. Wenn nichts frei ist, muss man wieder weg, und auf einen der Ankerspots im Süden gehen. Sofern das Wetter dafür überhaupt passt, sonst ist man irgendwie echt in den Arsch gekniffen, denn es gibt keine wirkliche Alternative zu den Ankerspots im Süden von Gran Canaria.
Doch nach einem kleinen Marina-Sightseeing sind wir nicht nur froh, dass wir eine Zusage von der Marina in Pasito Blanco bekommen haben, sondern auch, dass es mit der Marina Las Palmas nicht geklappt hat. In einer Sardinenbüchse liegt man sicherlich entspannter als dort. Und auch die Klientel dort scheint nicht so ganz unser Fall zu sein. Zudem stellt sich Pasito Blanco im Nachhinein als wirklich netter kleiner Hafen heraus. Der Golfplatz, der Pasito Blanco sozusagen vom Rest der Welt abschirmt, hatte uns zuerst etwas Sorgen gemacht. Aber er ist tatsächlich eher ein Glücksfall, denn die Marina ist vollkommen normal und der Golfplatz schirmt die Marina und die kleine Feriensiedlung von dem unglaublichen Massentourismus rund um Meloneras und Maspalomas ganz wunderbar ab.
Der Schlag in den Süden von Gran Canaria entpuppt sich wieder als eher »wundersamer« Segeltag. Obwohl es sehr diesig ist, sich Gran Canaria vollkommen bedeckt hält und uns zwei Schauer in den Decksalon treiben, segeln wir mit einem zunehmenden Nord schön und flott an der Küste herunter. Die »acceleration zone« ist nicht zu übersehen und tut zudem auch, was ihr nachgesagt wird.
Unzählige Windräder drehen sich wie wild und auch uns packt der Wind und lässt uns plötzlich nur so dahinsausen. Doch von einem Moment auf den nächsten ist Schluss mit dem Spaß. Unsere Segel hängen schlapp herunter, während sich 100 m hinter uns das Wasser noch vielversprechend kräuselt. Das Erstaunlichste ist aber, dass dieser Wendepunkt auch in dem Windpark genau zu sehen ist. Unzählige Windräder stehen dort in einer Reihe, die sich bis auf eine östliche Landzunge erstreckt. Die östlichsten Windräder drehen sich weiterhin wie blöde in dem kräftigen Nord, die nächsten beiden in Richtung Westen drehen sich vollkommen lustlos irgendwie in irgendeiner Richtung und der Rest in Richtung Westen macht schon wieder im Südwestwind gehörig Alarm. Doch wir sind genau in dem Flautenband und nichts geht mehr. So werfen wir den Motor an und fahren etwas in Richtung Westen. Kurz darauf umspielt uns auch schon wieder ein schüchterner Westwind und wir beschließen zu kreuzen.
Doch es werden nur zwei Kreuzschläge, denn kurz nach der ersten Wende dreht der Wind langsam immer südlicher und lässt uns in einem unglaublichen Bogen bis vor Pasito Blanco fahren. Wir schrabbeln gerade so an der 10m-Linie vor dem Faro de Punta Morro Colchas bei Meloneras entlang. Lange sieht es nicht wirklich danach aus, aber am Ende passt es. Dieser Süd in der Abdeckung von Gran Canaria ist erstaunlich, aber er wird uns in den nächsten Wochen noch das ein oder andere Mal so richtig nerven.
So bläst es auch vor Pasito Blanco direkt aus Süden in die kleine Bucht vor der Marina, wo wir eigentlich ankern wollen. Die Bucht ist schon gut belegt und es sieht dort nicht gerade nach einer ruhigen Ankernacht aus. Wie sollte es auch, wenn es mit gut 12 Knoten direkt aus Süd in die Bucht bläst. Spontan rufen wir über Funk die Marina und fragen, ob wir auch schon heute den Platz haben können. Wir können und so gehen wir direkt in die Marina.
Von dem Starkwind der nächsten beiden Tage merken wir nicht viel. Aber im Norden soll er sogar den Fährverkehr in Bedrängnis gebracht haben, in den Kanaren-News steht etwas von 5 bis 6 m hohen Wellen. In Pasito Blanco macht sich der Starkwind aus Norden nur dadurch bemerkbar, dass es am Montag und Dienstag mal nicht aus Süden weht. Ansonsten herrscht in der Abdeckung von Gran Canaria immer dieser merkwürdige Lee-Wirbel, der je nach Sonneneinstrahlung noch zusätzlich von einem hübschen Land-Seewind-Effekt verstärkt wird.
Kaum sind wir fest, klopft es schon am Bug. Auf dem Steg steht Agustin, der Portofficer von Pasito Blanco des OCC. Das ist schon eine tolle und spontane Begrüßung. Am Dienstagabend sitzen wir dann lange zusammen, es gibt immer viel zu quatschen, wenn die Lebenseinstellungen doch recht ähnlich sind. So viel Herzlichkeit erinnert uns auch wieder an John Duggan aus Cascais. There is actually an incredibly nice truth in the sentence when Agustin says that a portofficer is always your closest relative in a marina.
Die Zeit bis Lin ankommt, nutzen wir, um mal wieder richtig klar Schiff zu machen. Außerdem reparieren wir noch schnell das Gummiboot und nähen die Sprayhood an ihren Nähten nach. Die südliche Sonne fordert inzwischen ihren Tribut. Das UV-Licht ist echt aggressiv und die Nähte beginnen sich aufzulösen. So langsam amortisiert sich die Sailrite, zumal noch diverse größere Projekte auf sie warten.
Stationen:
11.03. Punta de Jandia [A] – Fuerteventura -> Las Palmas [A] – Gran Canaria 50,9 sm:
12.03. Las Palmas [A]
28° 07′ 53,6″ N, 015° 25′ 32,9″ W
13.03. Las Palmas [A] -> Pasito Blanco 38,6 sm:
14. + 15.03. Pasito Blanco
27° 44′ 47,5″ N, 015° 37′ 21,3″ W