Los Gigantes [A] (Teneriffa) -> Marina La Gomera (La Gomera) Distanz: 22,5 sm Gesamtdistanz: 417,9 sm
Unsere Ankerwinde muss unerwartet schwer arbeiten, als wir Anker auf gehen. Die 20 m Kette hängen mit ihren rund 40 kg ja direkt auf der Winde und entsprechend hoch ist dadurch auch der Anlaufstrom. Sonst ankern wir ja fast standardmäßig immer nur so zwischen 8 und 12 m und haben uns um irgendwelche Anlaufströme der Winde noch nie wirklich Gedanken gemacht. Doch vor Los Gigantes merken wir, dass es durchaus Sinn macht, wenn man darüber mal nachdenkt. D.h. im Klartext, wenn die Winde einmal angelaufen ist, dann sollte man sie auch laufen lassen und gleich mal viele Meter einholen. Eine eher homöopathische Salami-Taktik ist absolut kontraproduktiv. D.h., es kommt auf eine gute Koordination zwischen dem Rudergänger, der etwas Vorwärts gibt, und dem Ankermann an, der die Kette einholt. So kann man viel unnötige Last vermeiden. Und weil wir wie immer einfach so drauflos machen, fliegt uns die Sicherung gleich zweimal raus. Nicht dass wir versuchen, die PINCOYA mit der Ankerwinde in Richtung Anker zu ziehen, aber es reicht die Last, wenn man auf 20 m ankert, und wir einfach zu oft stoppen und starten. Da wir einen 135 A-Sicherungsautomaten hinter die 150 A Hauptsicherung geschaltet haben, ist das nicht schlimm und kostet nur etwas Zeit, bis sich der Sicherungsautomat wieder beruhigt hat. Dennoch gefällt uns am Ende der eigentlich reichlich bemessene Pull unserer Ankerwinde nicht mehr ganz so gut. Unsere nächste Ankerwinde wird definitiv deutlich stärker sein und nicht nur 1200 W haben.
Auf einem so felsigen Ankergrund ist man sich ja nicht immer ganz so sicher, ob sich der Anker nicht doch irgendwie verhakt. Aber mit einem kleinen Vorwärtsschub kommt er gut frei und wir sehen ihn auch nach einiger Zeit und einiger Arbeit der Ankerwinde wohlbehalten an der Wasseroberfläche wieder. Die Maximallast von 65 kg, also 40 kg Kette und 25 kg Anker, zieht die Winde klaglos hoch, aber das Gefühl des Schiffsjungen sagt schon, dass etwas mehr Power doch besser wäre.
Nach unserer kleinen Sightseeing-Runde entlang der Steilküste von Los Gigantes, segeln wir gemütlich auf La Gomera zu. Wir wissen es in diesem Moment zwar noch nicht, aber dieser Tag wird in unserer Erinnerung bleiben, denn so ein ruhiger Segeltag ist schon etwas ganz Besonderes zwischen Teneriffa und La Gomera. Es ist einer der wenigen absolut »düsenfreien« Tage. Kurz vor der Marina La Gomera schläft der Wind sogar ganz ein, so dass wir den Rest motoren müssen.
Nachdem wir uns angemeldet haben, müssen wir noch vor der Einfahrt etwas warten, dann gibt es das »Go« und der Marinero steht schon bereit, um uns zu empfangen. So umsichtig, wie wir hier empfangen werden, wurden wir noch nie empfangen. Der Marinero nimmt wie selbstverständlich die wichtigste Leine, die von der Mittelklampe, und belegt sie tatsächlich auch als Vorspring auf dem Fingersteg. Die Capitana ist da aus Erfahrung schon etwas skeptisch, die Festmachkünste der meisten Marineros sind doch eher individuell, ja vielleicht sogar etwas »französisch«. Klar, wir sind mit unserer Festmacherei tatsächlich auch etwas verschroben und eigen, aber der Marinero ist es auch 😂. Er guckt, wie es vorn passt, baut aus dem Rest des Mittelklampenfestmachers noch schnell eine Achterspring und kümmert sich dann zusammen mit Astrid um die Vorleinen. Als alles so ist, wie wir es auch machen würden, schaut er er noch einmal, ob nichts vergessen wurde und sagt »perfecto«. Da können wir nur zustimmen! Danach bekommen wir die Zugangskarte und schon ist er mit dem Hinweis auf die Bürozeiten am Montag und einem »buenas noches« auch schon wieder verschwunden. Toll!
La Gomera bzw. San Sebastián gefällt uns auf Anhieb richtig gut. San Sebastián ist eine bunte Stadt und als wir zu der Terrasse oberhalb des Hafens laufen, ist der Unterschied offensichtlich. Mit Gran Canaria und Teneriffa haben wir den Massentourismus hinter uns gelassen. Klar gibt es auf La Gomera auch Touristen, wir sind ja schließlich auch welche 😂, aber die sind eher individuell und deutlich in der Unterzahl. So monströse Bettenburgen wie auf Gran Canaria und Teneriffa sucht man auf La Gomera vergebens.
Langsam schlendern wir bis zum »El Faro« nordöstlich von San Sebastián.
Das Gewirr der Treppen und kleinen Gassen zwischen den bunten Häusern von San Sebastián ist toll. Auf dem Rückweg gehen wir noch eine Extrarunde durch die Stadt.
La Gomera scheint eine eher gemütliche Insel zu sein und in San Sebastián mischen sich die wenigen Touristen ziemlich unauffällig mit den Einheimischen. Das ist angenehm. San Sebastián erscheint uns viel authentischer als vieles, was wir bisher auf den Kanaren gesehen haben. Sicher waren all die anderen Städte früher auch mal authentisch, aber viele haben ihre Authentizität vollkommen dem Massentourismus geopfert.
San Sebastián erinnert uns etwas an Gran Tarajal auf Fuerteventura. Auch dort hatte der Touristen-Einheimischen-Mix noch ein gesundes Verhältnis. Natürlich ist zurzeit auch Nebensaison, dennoch ist es anders, denn auf Gran Canaria und Teneriffa ist zurzeit ja schließlich auch Nebensaison. Es bleibt nur zu hoffen, dass San Sebastián und ganz La Gomera das Schicksal von Gran Canaria und Teneriffa erspart bleibt.
Obwohl in San Sebastian die Sonne scheint, hängen in den Bergen fast immer dicke Wolken herum. Ganz gut erinnern wir uns noch an unsere doch eher feuchten Ausflüge auf Madeira. Also warten wir noch etwas mit unseren Ausflugsaktivitäten. Doch nachmittags lockert es eigentlich immer recht zuverlässig auf. Als es dann auch schon morgens in den Bergen recht sonnig aussieht, nehmen wir den Bus, um in die Mitte der Insel, in das Naturschutzgebiet des Nationalparks zu fahren und auf den Monte de Garajonay zu steigen. Der Monte ist mit 1487 m der höchste Berg auf La Gomera und wir hoffen auf eine grandiose Aussicht. Es fahren nicht viele Busse quer über die Insel, aber man kann zwischen Hin- und Rückfahrt recht gut eine längere Wanderung einplanen.
La Gomera ist wirklich bergig. Schon gleich hinter San Sebastián geht es los. In atemberaubenden Serpentinen quält sich der Bus hoch in die Berge. Die Ausblicke sind absolut phantastisch und die Serpentinen nehmen einfach kein Ende. Leider kann man mit dem Bus ja nicht an jedem tollen Aussichtspunkt einen Stopp einlegen, dafür wäre doch schon ein Mietwagen besser. Aber allein die Busfahrt ist schon ein Erlebnis.
Oben angekommen ist es empfindlich kühl, obwohl die Sonne ihr Bestes gibt. Wir sind mit dem Bus nur kurz im tausendjährigen Lorbeerwald durch einige Steigungswolken gefahren, aber dann riss es doch wieder auf. Ja, einen welteinzigartigen, tausendjährigen Lorbeerwald gibt es auch hier 🧐. Das mit den Lorbeerwäldern ist vielleicht noch nicht so inflationär wie mit den weltgrößten China-Towns, die es fast in jeder größeren britischen oder amerikanischen Stadt gibt 😳, aber es ist ja auch gut, dass es nicht nur einen gibt.
La Gomera ist definitiv eine Wanderinsel. Es gibt hunderte von Wanderrouten, die alle richtig gut ausgeschildert, angelegt und auch wohl ständig etwas gepflegt werden. Es ist aber nicht so, dass dies nun schön gepflasterte Spazierwege sind, die Wanderwege sind schon recht naturbelassen. Allerdings haben die La Gomerianer zum Ausbau dieser Wanderwege wohl Riesen als Gastarbeiter auf die Insel geholt. Es geht immer wieder schroff hoch und runter und die Stufen haben Schritthöhen, die meist eben nur für echte Riesen passen. Die Capitana und ich sind ja nun nicht gerade echte Wanderer und so schnaufen wir uns Höhenmeter um Höhenmeter hoch. Diese Riesenstufen sind echt nichts für uns, wir freuen uns über jeden schrägen Meter ohne Stufe. Doch als Fahrtensegler bewegt man sich ja eh viel zu wenig, so nehmen wir es sportlich und versuchen, jeden Gedanken an den Muskelkater von morgen zu verdrängen.
Immer wieder ziehen Wolkenfetzen die Hänge hoch, aber oben auf dem Monte de Garajonay haben wir einen tollen Ausblick. Wir müssen zwar immer etwas warten, bis der ein oder andere Ausblick von den Wolken freigegeben wird, aber nach und nach kommt ringsherum alles mal zu Vorschein.
Doch als wir uns auf den Rückweg machen, zieht es sich langsam zu. Auf dem GR 131 wollen wir noch ein gutes Stück weiter runterlaufen, um erst hinter einer ganzen Serie von Aussichtspunkten wieder in den Bus zu springen. Der GR 131 ist übrigens ein wirklich weltweit einzigartiges Wunder. Ich glaube, wir haben in den letzten 5 Jahren nicht eine einzige Wanderung gemacht, die nicht wenigstens teilweise über den GR 131 führte. Begonnen hatte das in der Normandie an der Steilküste von Étretat. Dort hat sich uns Wanderneulingen der GR 131 das erste Mal vorgestellt. Und seitdem, egal ob auf dem Jacobsweg in Galizien oder auf den Klippen der Algarve, egal ob auf Porto Santo mit dem Fahrrad oder auf Madeira im welteinzigartigen, tausendjährigen Lorbeerwald, egal ob auf Lanzarote, La Graciosa oder Gran Canaria, der GR 131 war immer mit uns. Und wahrscheinlich sind wir schon Jahre vorher auch immer wieder den GR 131 entlanggelaufen, ohne es überhaupt zu bemerken. Ich habe mir fest vorgenommen, gleich wenn wir wieder einmal zuhause sind, nachzusehen, ob der Weg zu unserem Bäcker nicht auch über den GR 131 führt. Wundern würde es mich nicht. Vielleicht fühlen sich Wanderer auch deshalb gleich immer überall wie zuhause, denn der GR 131 und seine weiß-rote Markierung begleitet sie weltweit wirklich überall.
Wenn die Steigungswolken die Berghänge heraufkriechen, wird es im Handumdrehen feucht und kühl. Ohne Sonne ist das alles schon eine recht erfrischende Sache. Als wir ankamen, haben wir an der Busstation viele gesehen, die ihre Regensachen ausgepackt haben. Als echter Nachwuchswanderer muss man sich ja dabei auch nichts denken. Solange unser Rückwanderweg wenigstens etwas auf der Südseite des Kamms entlangführt, geht es auch noch. Die Natur an den Hängen ist üppig und nach all dem wüstenartigen Graubraun der anderen Inseln tut all das satte Grüngrün mal wieder richtig gut.
Wir wandern mehr oder weniger entlang der Landstraße. Nicht direkt, aber der Wanderweg führt in dieselbe Richtung, denn der Kamm ist schmal und die Abhänge sind steil. Als wir die Landstraße queren und auf die nördliche Hangseite kommen, betreten wir schlagartig einen Trollwald, der trolliger kaum sein kann. Irgendwie erwartet man automatisch, dass im nächsten Augenblick ein kleiner schwedischer Troll auf den Weg springt, einer dieser knollennasigen Sorte mit Bojo-Frisur und blauer Latzhose, und ruft: “Hej! Hur mår du?”.
Aus den langen Flechten, die von jedem Ast des welteinzigartigen, tausendjährigen Lorbeerwaldes herunterhängen, trieft und tropft es. Es regnet nicht, aber die Wolken laden ihre feuchte Fracht üppig in den Flechten und Moosen des Waldes ab. Ein perfektes Bewässerungssystem. Der beständige Wind sorgt für immer neuen Nachschub, die Luft muss über die Berge, ihre feuchte Fracht kondensiert zu Wolken und der Wald angelt sich mit seinem flechtenbehangenen Ästen soviel Nässe aus den Wolken, wie es nur irgend geht. Überall trieft und tropft es und nach kurzer Zeiten triefen und tropfen auch wir. Es ist eine atmenberaubende Szenerie, die irgendwie nicht aus dieser Welt zu sein scheint. Die Wolken werden in dichten Schwaden oder auch mal in Fetzen über den Bergkamm getrieben, manchmal hüllt uns der Nebel ein, manchmal können wir die nächste Wegbiegung sehen. Es geht steil bergab, aber auch immer mal wieder steil bergan. Der Weg schlängelt sich irgendwie durch den Wald und keine Biegung führt auch nur annähernd aus den Wolken. Genau so stellen wir uns eine Fabelwelt vor, in der ein kleiner Blauhosentroll ein rosa schimmerndes Elfchen bittet, mal kurz zum Ohr des Riesen hochzuschwirren, um ihn zu bitten, nicht aus Versehen in den Vorgarten des Hobbits zu treten. 😊
Während wilde Wolken über den Bergkamm jagen, sehen wir nur die Aussichtspunkte selbst, aber absolut nichts davon, was man von dort aus eigentlich sehen soll. Außerdem fordert der Weg seinen Tribut. Mein rechtes und Astrids linkes Knie beginnen herumzumaulen. Zudem kommen wir wesentlich langsamer voran als gedacht. Nach etwa 2/3 unserer geplanten Wanderstrecke kommen wir an einen Aussichtspunkt, von dem man eigentlich eine grandiose Aussicht haben soll, von der wir aber leider gar nichts sehen. Doch dieser Aussichtspunkt hat noch zwei weitere absolute Highlights. Erstens hat er ein Schutzhütti und zweitens liegt er mit einer Haltebucht direkt an der Straße, auf der unser Bus für den Rückweg entlangkommen muss. Dort ist zwar keine Haltestelle, aber wir beschließen, uns einfach todesmutig vor den Bus zu werfen, sobald er aus dem Wolkennebel auftaucht. Fast eine Stunde müssen wir noch warten und es ist selbst in dem Hütti klapperkalt. Aber dann kommt unsere Rettung, wir springen auf die Fahrbahn und der Busfahrer hat Erbarmen.
Eine 3/4 Stunde später sitzen wir im Cockpit der PINCOYA und hören uns von unseren Nachbarn die Geschichten eines tollen Sonnen- und Badetages an, während wir versuchen, unsere Lebensgeister mit einem heißen Tee wieder zu beleben.
Da die Gesamtwetterlage etwas ungemütlich ist, verlängern wir in der Marina bis Montag. Es ist wirklich schwierig, in den Vorhersagen den richtigen Zeitpunkt zu erkennen, um von A nach B zu fahren. Leider muss man in der Marina La Gomera immer gleich für einen konkreten Zeitraum buchen und auch bezahlen. Wenn man über Wochen bleiben will, ist das ja auch ok, aber wenn man auf ein passendes Wetterfenster wartet, ist das schon etwas blöd. Gerade, wo jetzt in der Nebensaison doch viele Plätze frei sind. In der Hauptsaison ist so eine Regelung schon eher verständlich, denn da geben sich die Abfahrenden und Ankommenden ja sozusagen die Klampe in die Hand.
Ausflug 2:
Unsere zweite Wanderung beginnt natürlich wieder mit dem GR 131. Wie könnte es auch anders sein! Diesmal starten wir aber ohne Bus direkt in San Sebastián. Da wir seit unserer Ankunft auf den unteren Bergrücken noch nie ein Wölkchen gesehen haben, erscheint uns die kleine Runde oberhalb der Stadt eine sichere und vor allem trockene Sache zu sein. Auf dem GR 131 schnaufen wir uns hoch. Die Mittagssonne steht hoch und so ist es tatsächlich schön warm 🥵 und auch trocken. Der Wanderweg ist hier zwar nett, aber auch hinreichend unspektakulär.
Oben angekommen verlassen wir dann den Gr 131, gehen etwas quer, um dann auf dem nächsten Bergrückengrad wieder herunter nach San Sebastián zu steigen. Und dieser Teil entpuppt sich ganz unerwartet als echtes Highlight. Der Wanderweg ohne Namen schlängelt sich Kilometer für Kilometer durch eine phantastische Kakteenwelt.
Natürlich wachsen dazwischen auch andere Dinge, wahrscheinlich Sukkulenten, die einiges an Trockenheit vertragen können, doch die Aus- und Durchblicke durch die Kakteen sind wirklich phantastisch und unvergesslich. So genießen wir jeden Meter und machen viele kleine Pausen, um hier und da einfach mal diese trockene Pracht zu genießen. Abseits der Hauptrouten sind wir vollkommen allein und dort finden wir ganz unerwartet und ganz ohne besonderen Aussichtspunkt das wirklich Besondere.
Der Schock!
Etwa drei Stunden nach unserem Einkauf zerquetscht der Schiffsjunge eine Kakerlake mit einem Küchentuch zwischen seinen Fingern 😳. Eine kleine Recherche lässt keinen Zweifel zu. Es ist eine Kakerlake!!! 🤮. Das ist nicht nur der Super-GAU auf jedem Fahrtensegler, das ist auch für uns ein echter Schock. 2 1/2 Stunden suchen wir nach weiteren Exemplaren, es bleibt aber bei der einen. Und in den nächsten zwei Tagen vergeht kaum eine freie Minute, in der nicht eine der verlassensten und vergessensten Ecken geputzt wird und fast im Halbstundentakt werden die Teppiche und die Bilgenbretter spontan hochgerissen, um diese Mistviecher in ihrem Hinterhalt zu überraschen.
Es ist ein echter Schock, anders können wir es nicht sagen. Zwar wissen wir, dass es in südlichen Gefilden nur eine Frage der Zeit ist, bis man sich welche einfängt, aber nicht ob es passiert. Doch wenn man dann die erste erwischt hat, ist es wirklich ein echter Schock. Mir ist klar, dass ich das Wort »Schock« hier wirklich inflationär verwende, aber es war wirklich einer 😳. Natürlich haben wir Kakerlakengift dabei, ebenso wie Ratten- und Mausefallen. Aber muss das jetzt wirklich sein?
Dabei sind wird seit der Algarve schon so vorsichtig und sind auch peu á peu immer noch etwas vorsichtiger geworden. An Land tragen wir grundsätzlich immer nur ein Paar feste Schuhe und ein Paar FlipFlops. Sind wir mit denen auch nur einen Schritt an Land gewesen, kommen sie nicht mehr zurück auf die PINCOYA und werden immer auf dem Steg ausgezogen. Wenn sie nicht auf dem Steg bleiben können, kommen sie auf dem Vorschiff in einen großen Bottich. Fahren wir weiter und brauchen keine Landschuhe mehr, werden sie mit einer alten Spülbürste und viel Wasser geschrubbt, bevor sie wieder unter Deck dürfen. Waren wir Barfuß an Land unterwegs, wegen die Füße gewaschen.
Bei Einkäufen entsorgen wir gleich alle unnötigen Umverpackungen und untersuchen jedes einzelne Teil. Aber selbst das haben wir wohl nicht gründlich genug gemacht, deswegen waschen wir nun ALLES noch einmal zusätzlich ab, bevor es auf die PINCOYA kommt. Kaufen wir per Gummiboot ein, gelten dieselben Regeln, nur passiert das alles im Gummiboot und nur gereinigte Einkäufe und Schuhe werden über die Badeplattform auf die PINCOYA gegeben. Das klingt vielleicht paranoid, aber wie schlimm wäre es, wenn wir die PINCOYA am Ende doch ausräuchern lassen müssen. Dann ist es doch besser, bei Kakerlaken etwas paranoid zu sein.
Echte Problemkandidaten sind die Tetra-Packs. Wir sind uns ziemlich sicher, dass wir unser erstes Exemplar in einer der Falten eines Tetra-Packs eingeschleppt haben. So sind nun auch alle unsere Tetra-Packs, man kann sie ja am Ende doch nicht ganz vermeiden, etwas instabil, weil wir nun alle Knicke und Falten aufklappen, untersuchen und jedes Ding abwaschen. Natürlich findet man ausgewachsene Kakerlaken leichter als ihre Eier, aus denen ja erst noch neue Exemplare schlüpfen wollen. Deswegen waschen wir auch jeden Einkauf, alle Schuhe, Taschen und Rucksäcke gründlich ab und aus und hoffen so, allem Ungeziefer vorzubeugen.
Das alles war vor etwas mehr als einer Woche und bisher haben wir keine weitere Kakerlake gefunden. Hoffentlich war es nur der erste Warnschuss, der uns nun maximal vorsichtig hat werden lassen.
Ausflug 3:
Auf den Kanaren sind gute Ankerplätze ja doch eher ein knappes Gut. Wobei »gut« auch ziemlich relativ ist, denn das »gut« bezieht sich immer nur auf eine bestimmte Wetter-, Wind- und Wellensituation. Im Süden von La Gomera soll es aber zwei oder drei Ankerspots geben, die bei Nordwindlagen durchaus funktionieren sollen. Leider haben wir keine Zeit mehr, um das mal selbst auszuprobieren, denn das Wetterfenster ist zu kurz und außerdem wollen wir ja noch nach La Palma. So springen wir am Samstag noch einmal in den Bus und fahren nach Santiago in den Süden von La Gomera. Allein die Fahrt lohnt sich schon, besonders wenn man einen der Busfahrer der eher dynamischen Sorte bekommt. Man hat zwar nicht bei jeder Kurve ein gutes Gefühl, aber die übrigen Fahrgäste sind gelassen und wir sagen uns, dass auch der Busfahrer wahrscheinlich Frau und Kinder hat, die er wiedersehen möchte 😬.
Als wir meinen, dass wir der Laguna de Santiago nah genug gekommen sind, drücken wir das Halteknöpfchen. Nicht jede Bushaltestelle ist als solche ersichtlich und wenn man in einem Affenzahn durch die Serpentinen gefahren wird, keine Anzeige den nächsten Halt ankündigt und man per GoogleMaps irgendwie versucht zu verfolgen, wo die wilde Fahrt gerade ihren Höhepunkt erreicht, ist es schon ein gewisses Abenteuer, wo der Bus dann zum Stehen kommt, wenn man gedrückt hat. Für uns hält er in einem Vorort von Santiago, das ist aber vollkommen ok, so können wir herunter in den Ort schlendern.
Santiago ist ein netter kleiner Ort, an dem der große Touristenstrom trotz seiner Flugplatznähe bisher vorbeigegangen ist. Einzig das große Resort mit Golfplatz fällt etwas aus dem Rahmen, aber es liegt etwas abseits und kaum jemand verirrt sich in die kleine Stadt. Es ist gut, dass sich eine erstklassige Exklusivität auch besser wahren lässt, wenn man unter sich bleibt. In der Lagune von Santiago, etwas östlich des kleinen Hafens, kann man tatsächlich ganz gut ankern, wenn es mehr oder weniger ruhig ist.
Dieses Plätzchen werden wir uns für das nächste Mal merken, denn von dort kann man auch leicht mit dem Gummiboot im Hafen anlanden. Ansonsten ist das bei dem Atlantikschwell ja immer etwas schwierig. Eine weitere, etwas größere Bucht gibt es noch hinter dem Golf-Resort. Diese Bucht sieht auf der Karte eigentlich noch etwas besser aus. So wandern wir – man soll es kaum glauben! – mal den GR 132 an der Küste entlang. Der Playa del Medio wird im Osten von einem großen Felsvorsprung beschützt und so macht diese Bucht tatsächlich einen noch etwas ruhigeren Eindruck. Wir sind etwas traurig, dass wir in der Marina verlängert haben und nicht doch einfach diesen Anchorage ausprobiert haben. An diesem Samstag ist es hier wirklich schön ruhig und der eine Spanier, der sich eng hinter den Felsen gelegt hat, rollt auch deutlich weniger als die beiden anderen Ausflügler, die weiter in der Mitte der Bucht liegen. Es gibt also noch etwas zu entdecken, wenn wir im Herbst zurück sind.
In einem großen Bogen wandern wir quer über den Golfplatz zurück. Wenigstens auf der Seite, von der wir kommen, stehen keine Verbotsschilder 😬. Zumindest können wir kein einziges entdecken 😇. Wir halten uns aber auch auf der Hauptstraße für die Golfcars und gehen nicht querfeldein. Schließlich wollen wir ja auch wohlbehalten den Bus finden und nicht einen dieser Bälle an die Birne bekommen.
Zurück auf der Hauptstraße, auf der nun auch der Bus kommen muss, fragen wir uns, in welcher Richtung wohl die nächste Bushaltestelle sein könnte. Da wir uns nicht entscheiden können, beschließen wir Sching Schang Schong zu probieren. Da Sching Schang Schong aber nur funktioniert, wenn es ein Entweder-Oder gibt, muss der Schiffsjunge für »Straße hoch« sein, während die Capitana für »Straße runter« ist. Eigentlich wäre auch ich viel lieber für »runter« gewesen, denn die Rennerei der letzten Tage hatte gefühlt wesentlich mehr »hoch« und viel zu wenig »runter« oder wenigstens »gerade«. Aber die Verteilung auf uns ist klug gewählt, denn irgendwie gewinnt die Capitana immer. Ob sie dabei mogelt oder einfach nur Glück hat, weiß ich nicht, aber diesmal verliere ich gerne.
Und tatsächlich finden wir nach wenigen hundert Metern nach einer scharfen Kurve eine Bushaltestelle. Und dort beginnt dann wieder diese Rechnerei, denn Abfahrtszeiten werden auf La Gomera als Differenzen zu den Start- bzw. Endhaltestellen angegeben. Das ist im Übrigen auch der Grund, warum die Schulkinder von La Gomera seit 47 Jahre den jährlichen Kopfrechenwettbewerb zwischen den Schülern der kanarischen Inseln gewinnen und die Kassiererinnen an den Supermarktkassen das Ergebnis der Scannerkasse immer im Kopf nachrechnen. Scannerkassen wurden auf La Gomera sowieso erst vor 7 Jahren eingeführt, bis dahin schob man einfach die Waren vor der Kassiererin entlang, die in Windeseile alles zusammenrechnete, ganz ohne zu piepen.
Wir kommen zu dem Ergebnis, dass wir noch eine 3/4 Stunde auf den Bus warten müssen. Dass er dann am Ende doch schon nach 30 Minuten auftaucht, liegt aber nicht daran, dass wir falsch gerechnet haben, sondern ist mit Sicherheit auf den dynamischen Fahrstil des Busfahrers zurückzuführen.
Zurück auf der PINCOYA bereiten wir schnell alles für unseren frühen Aufbruch am nächsten Morgen vor, denn morgen wollen wir mit aller Macht versuchen, unseren morgendlichen Trödelrhythmus zu durchbrechen.
Marina La Gomera
28° 05′ 20,2″ N, 017° 06′ 31,7″ W