La Palma


Zunächst einmal müssen wir uns etwas trocken legen und die PINCOYA und auch unsere Segelsachen etwas entsalzen. Auf unserem Kurs hierher ist schon einiges an Wasser übergekommen und leider ist wieder einmal eine der Reelingstützen undicht geworden. So hat der Atlantik Pipi auf die Matratze des Schiffsjungen gemacht 🥺. Die Luken sind ja nun Dank unserer Spezialkonstruktion endlich mal richtig dicht und halten auch einem Segelschlag in den Düsen der Kanaren stand. Da das Segeln auf den Kanaren aber durchaus eine eher kühle und auch nasse Angelegenheit sein kann, haben wir wieder einmal unser norddeutsches Segelzeug ausführen müssen. Das haben wir uns für das Sonnenmekka der Segler zwar anders vorgestellt, aber die landläufige Meinung, dass es auf den Kanaren wunderbar warm ist und man dort ganz toll segeln kann, muss ja irgendeinen natürlichen Ursprung haben. Noch wollen wir nicht glauben, dass es sich dabei nur um Mythen und Sagen aus der Stammtischecke handelt, schließlich hatten wir in den letzten Monaten ja auch schon einige nette Segeltage.

„Marina Tazacorte“

„Marina Tazacorte“

Tazacaorte bzw. der Puerto de Tazacorte liegt bei den vorherrschenden Nordwinden sehr schön in der Abdeckung von La Palma. In der Marina ist es fast immer warm und sonnig, fast so wie in Calheta auf Madeira, das ja auch so ein ausgemachtes Sonnenloch ist. Meist ziehen die Wolken dick und bedrohlich im Norden und Süden durch, aber in der Marina Tazacorte scheint die Sonne. Die riesigen Kaimauern schützen den Hafen gut, obwohl uns einige Dauerlieger versichern, dass bei einem Weststurm die Wellen auch durchaus mal über diese Monsterwellenbrecher gucken können. Für uns unvorstellbar, aber nun ja. In erster Linie hat man diese riesigen Molen hier gebaut, um am Geschäft mit den Kreuzfahrern teilnehmen zu können. Doch daraus ist bis heute nichts geworden, man hat wohl nur ein oder zweimal eine der Sea Clouds hier gesehen.

„Wellenbrecher, die auch große Wellen brechen.“

„Wellenbrecher, die auch große Wellen brechen.“

„Verwaist ...“

„Verwaist …“

Für das Kreuzfahrergeschäft fehlt es auch an der notwendigen Infrastruktur für die kreuzfahrenden Landgänger, denn Puerto de Tazacorte ist klein und bietet nur sehr bescheidende Sightseeing-Möglichkeiten. Und der Weg nach Tazacorte und Los Llanos ist weit und steil und zu Fuß nicht machbar. Zudem sucht man eine Shopping-Mall mit all den sagenhaft günstigen Angeboten des ganzjährigen Dauerausverkaufs wohl auf der ganzen Westseite La Palmas vergebens.

„Puerto de Tazacorte“

„Puerto de Tazacorte“

„Der Strand war aber schon vor dem Vulkanausbruch schwarz...“

„Der Strand war aber schon vor dem Vulkanausbruch schwarz…“

„Höhlenbehausungen, nicht immer ganz ungefährlich.“

„Höhlenbehausungen, nicht immer ganz ungefährlich.“

„Die Promenade von Tazacorte“

„Die Promenade von Tazacorte“

So ist der gesamte Hafenbereich hinter den Monster-Molen vollkommen verlassen, aber durch ihre besondere Bauweise sind die Molen ein ganz phantastisches Photoobjekt.

„Innenansichten eines Wellenbrechers“

„Innenansichten eines Wellenbrechers“

„Gigantisch! Die Marina ist gut geschützt!“

„Gigantisch! Die Marina ist gut geschützt!“

„Die Dame hält das rote Molenfeuer.“

„Die Dame hält das rote Molenfeuer.“

„Wellenbrechersymmetrie ...“

„Wellenbrechersymmetrie …“


Die Marina selbst gefällt uns gut. Und da der Hafen mit der Marina etwas abseits liegt, ist es auch eine der wenigen Marinas auf den Kanaren ohne Disco-Beschallung. Wie wunderbar! Man kann nachts einfach mal ohne Ohropax schlafen 👍.

„Auf der Mole.“

„Auf der Mole.“

Warum der Wind aber in der Marina manchmal wie blöde aus irgendwelchen Richtungen bläst, um kurz darauf wieder aus einer anderen zu blasen, bevor er keine Lust mehr hat und sich wieder schlafen legt, ist uns nicht ganz klar. Vollkommen unvermittelt heult es in unserer ersten Nacht so gegen 3:00 mit 35 Knoten aus Südwesten (!) durch die Masten. Schnell bringen wir noch eine zusätzliche Heckleine aus, – das kann ja heiter werden -, aber schon nach einer Stunde hängen alle Leinen den Rest der Nacht wieder schlapp herum. Dafür ist die PINCOYA am nächsten Morgen mit einer schwarzen Staubschicht bedeckt. Genauso wie in Arrecife mit dem Sahara-Staub, nur hier eben frisch, schwarz und vulkanig.


Da wir wenigstens eine Woche auf La Palma bleiben wollen, überlegen wir, ob wir einen Mietwagen nehmen sollen. Und wenn Mietwagen, dann aber wenigstens für drei Tage, sonst lohnt sich das nicht so richtig. Aber ein Mietwagen lohnt sich nur, wenn in dieser Zeit auch das Wetter wenigstens etwas in Ausflugslaune ist. Doch die Kombination, drei Tage Wetter mit wenigstens etwas Sonne und ohne tiefhängende Wolken, gibt es nicht. Nun ist es zwar in der Marina fast durchgehend sonnig, aber die Berge mit all ihrem Drumherum hüllen sich fast durchgehend in graue, nasskalt aussehende Wolken. Und diese Art von Aussichtspunkten kennen wir ja schon von La Gomera und die von La Palma sehen wolkenverhangen denen von La Gomera sicherlich ziemlich ähnlich. So bleibt es erst einmal beim Bus.

Zu Fuß kommt man nicht wirklich gut von Puerto de Tazacorte nach Tazacorte City und schon mal gar nicht nach Los Llanos, der nächsten größeren Stadt. Die Steilküste hinter dem Hafen ist unnahbar und tatsächlich gibt es wohl nur die eine Straße, die man auch hoch zum Ort laufen müsste. Aber auf La Palma ist Busfahren einfach, im Stundentakt kommt einer vorbei, man muss eben nur errechnen, wann er an der Haltestelle bei der Marina ist.

„Los Llanos de Aridane“

„Los Llanos de Aridane“

Unsere Berechnungen ergeben »zwei nach voll« und tatsächlich kommt um diese Zeit herum auch immer einer. Nicht immer der mit der erwarteten Nummer, aber immer ein Bus, der vom Puerto de Tazacorte nach Los Llanos fährt, wobei Tazacorte City glücklicherweise auf seinem Weg liegt. Eine andere Strecke gibt es zurzeit auch gar nicht, wahrscheinlich wegen des Vulkanausbruchs, der einige Straßen verschüttet hat. Doch das macht die Sache für uns einfacher 😇.

Tazacorte City ist wirklich hübsch und die Terrassen an dem Hang laden zu einem chilligen Barbesuch ein. Doch wir fahren erst einmal weiter nach Los Llanos. Bevor wir einkaufen, schlendern wir ohne je Erwartung einfach noch mal etwas durch die Stadt. Um den Busbahnhof herum ist Los Llanos eine normal unhübsche spanische Stadt, aber wir stolpern eher zufällig in die Altstadt.

„In der Altstadt von Los Llanos I“

„In der Altstadt von Los Llanos I“

„In der Altstadt von Los Llanos II“

„In der Altstadt von Los Llanos II“

„Alles retro oder was?“

„Alles retro oder was?“

Und wenn man so gar nichts erwartet und auch so gar nicht irgendwie vorbereitet ist, dann stolpert man manchmal in die schönsten Überraschungen einfach so hinein, was diese Überraschungen vielleicht sogar noch etwas schöner macht. Und die Altstadt von Los Llanos ist wirklich wunderschön. Kleine Gassen und Häuser, fast alle bunt und liebevoll erhalten. Es ist Leben in der Stadt. Straßencafés und Restaurants, auf den Bänken sitzen Alt und Jung, Rucksacktouristen mustern ihre Mittagsstulle, man läuft geschäftig hier- oder dorthin oder guckt und sitzt und wartet auf etwas, das nur der Wartende kennt.

„...“

„…“

Einwenig verzaubert von der Überraschung laufen wir lange durch die schmalen Gassen und kreuzen nicht nur einmal unseren eigenen Weg, um gleich darauf wieder eine neue hübsche Kleinigkeit zu entdecken. Auch um richtig mittendrin zu sein und aufzugehen in diesem vollkommen untouristischen Alltag, kehren wir in eine spanisch-italienische Pizzeria ein. Die Hauswände sind toll bemalt und an den offenen Fenstern sitzen Gäste, die gelassen Spaghetti um die Gabel rollen, an einem Glas Weißwein nippen oder ein Stück Pizza mit den Fingern falten, um abzubeißen.

„Details“

„Details“

Bei einer Karaffe Hauswein warten wir auf unsere Pizza und lauschen dem lustigen Gemisch aus Spanisch und Italienisch. Der italienische Akzent nimmt dem Spanischen ein wenig die Härte, aber laut und temperamentvoll sind beide Sprachen 😂. Es dauert und wir genießen die Zeit. Der Müßiggang hat uns ebenso überrascht wie die tolle Altstadt. An den Wänden hängen Bilder, Erinnerungen und viel anderes aus aller Herren Länder. Wobei Italien doch einen gewissen Vorsprung hat. Auf der Speisekarte steht ein einziger Satz in Deutsch: “Wenn Sie es eilig haben, dann sind Sie in diesem Restaurant falsch.” 😂

„Siehe oben rechts über dem Fenster...“

„Siehe oben rechts über dem Fenster…“

Den Einkauf und auch die Suche nach einer Autovermietung lassen wir nach unserem Altstadtbummel und der Pizza einfach mal sein. Ein so toller Tag muss ja nicht mit so profanen Alltagsangelegenheiten gleich wieder verschandelt werden. So fahren wir ganz ohne Kopfrechnerei mit dem Bus wieder zurück, denn nun starten wir ja am Busbahnhof und dort beginnt die Zählung bei Null.


Uns fehlen definitiv die entspannten Ankertage. Neben dem Segeln sind das die Tage, die für uns das eigentliche Fahrtensegeln ausmachen. Tage, die einfach ins Land gehen können, und Zeiten, in denen es egal ist, ob man etwas heute, morgen oder übermorgen tut. Und Tage, in denen man nicht Fender an Fender liegt, sondern ins Gummiboot steigen muss, wenn man mal mit seinem Nachbarn quatschen will. Tage allein mit und in der Natur und wenn man nicht ganz allein ist, dann aber möglichst fast und auf Abstand. Marinatage sind für uns dagegen in den letzten Jahren eher zu Arbeitstagen verkommen. Einkaufen, Baumarkt suchen, Wäsche waschen, PINCOYA entsalzen, all das sauber machen, was so liegen geblieben ist, mit viel 220V mal alles ordentlich durchsaugen, Wasser nehmen und Reparaturen angehen, die vor Anker nicht so gut machtbar sind. Und ach ja, – vielleicht auch mal einen Ausflug machen oder einen Mietwagen nehmen, was von einem Ankerplatz eben nicht ganz so gut möglich ist. Also immer volles Programm in der Marina. Vielleicht fühlen wir uns auch deswegen von Marinatagen tatsächlich immer etwas gehetzt, denn gefühlt muss in einer Marina eben immer etwas passieren. Auch deswegen hängen wir mit den Blogs, den Bildern und auch den Videos hoffnungslos hinterher. Es fehlen einfach die müßigen Ankertage, die das alles erst werden lassen. Und am Ende fällt auch ein Tag des Nichtstuns viel leichter, wenn man für ihn nicht eine Hafengebühr bezahlen muss.

„Und welcher Wanderweg führt dort wohl hinauf?“

„Und welcher Wanderweg führt dort wohl hinauf?“

So verbinden wir das gefühlt Notwendige mit dem nicht nur gefühlt Notwendigen. Und weil an einem Marinatag ja immer irgendetwas anderes als ein formvollendeter Müßiggang passieren muss und wir uns als Fahrtensegler eh viel zu wenig bewegen, beschließen wir, auf den Hausfelsen von Puerto de Tazacorte zu steigen. Da kann man auch mit dem Bus hochfahren, um anschließend herunterzulaufen, aber inzwischen schlägt tatsächlich ein kleines, ehrgeiziges Wandererherz in uns 😳. Ich wage das kaum zu schreiben, denn ich kenne ja die Routen, die die Capaitana schon heute so ausarbeitet. Es besteht da ja durchaus eine gewisse Gefahr des Ausuferns, wenn solch ein Satz doch den Anschein erweckt, dass der Widerstand des Schiffsjungen bröckelt 🤭.

„Auf geht's ...“

„Auf geht's …“

Der GR 131, welcher soll es auch sonst sein 😂, der auf den Hausfelsen führt, startet direkt hinter dem letzten Restaurant, dessen Frittenduft uns noch etwas begleitet. Serpentine für Serpentine schnaufen wir uns hoch. Es ist wirklich steil, wirklich spektakulär und wirklich schroff. Das schreibe ich nun nicht, damit wir besonders viel Anerkennung und Bewunderung ernten, was natürlich auch nicht schlimm wäre, wenn es dazu zu beim Lesen dieses Blogs kommen würde.

„Es geht nicht nur zu Fuß.“

„Es geht nicht nur zu Fuß.“

Ich schreibe es, weil uns auf halben Weg zwei Mountainbiker entgegen kommen. Ja richtig gehört, auch auf diesem rockigen Wanderpfad, der mit seinen Stufen sicher auch wieder von Riesen angelegt wurde, kommen uns zwei Mountainbiker entgegen. Ich habe das mit dem Mountainbike ja selbst auch schon einmal probiert, wäre aber nie auf die Idee gekommen, das man hier auch mit dem Fahrrad herunter radeln kann.

„Durchsichten I“

„Durchsichten I“

„Durchsichten II“

„Durchsichten II“

Die Capitana hat ja durchaus noch nicht ihren Frieden mit Wegen geschlossen, die schroff an einem Abhang einen unverbauten Panoramablick auf den Abgrund ermöglichen. Und beim Schiffsjungen kribbelt es ab und an ganz lustig in seinem Bauch, wenn das innere Gefühlt die Grenze seiner Schwindelfreiheit signalisieren möchte. Aber die beiden fahren hier mal eben so zum Brötchen holen runter, wo Reinhold Messner seinen Enkel doch lieber sicherheitshalber anseilen würde. Ok, jeder hat so seinen Sport und die beiden würden sich sicher schon auf dem Steinhuder Meer die Seele aus dem Leib kotzen. Der Gedanke bringt eine gewisse Genugtuung 😇.

„Puerto Tazacorte mit Hafen und Marina.“

„Puerto Tazacorte mit Hafen und Marina.“

„Nachdem die Wolken die Berge geschafft haben, lösen sie sich auf ...“

„Nachdem die Wolken die Berge geschafft haben, lösen sie sich auf …“

„Oben angekommen müssen wir uns nicht auflösen.“

„Oben angekommen müssen wir uns nicht auflösen.“

Oben angekommen haben wir einen phantastischen Ausblick. Zu uns guckt der Vulcano herüber und ruft: »Kommt doch! Hier gibt es noch mehr zu sehen!« Erst halten wir es für Wolkenfetzen, aber er qualmt wirklich noch. Wow, unser erster qualmenden Vulcano! Bisher sind wir eher lax mit dem Ausbruch umgegangen. Nun sehen wir das erste Mal das Ausmaß und kriegen doch einigen Respekt vor diesen Urgewalten.

„Der Vulkan grüßt!“

„Der Vulkan grüßt!“

„Der nördlichste Lava-Einfluß liegt fast direkt südlich des Hafens.“

„Der nördlichste Lava-Einfluß liegt fast direkt südlich des Hafens.“

Danach verfehlen wir eine Abzweigung des GR 131 😳 und gehen ohne je ein Ziel zu erreichen Kilometer durch idyllische Bananenplantagen 😂.

„... und er lebt doch noch!“

„… und er lebt doch noch!“

„Auf Abwegen in den Bananenplantagen...“

„Auf Abwegen in den Bananenplantagen…“


„Einkauf und Kakerlakenprophylaxe 🙄🤭. “

„Einkauf und Kakerlakenprophylaxe 🙄🤭. “

„Abendspaziergang zur Hafendame.“

„Abendspaziergang zur Hafendame.“

„Die Dame mit dem roten Molenfeuer im Abendlicht.“

„Die Dame mit dem roten Molenfeuer im Abendlicht.“

„Vielfach noch etwas lava-staubig!“

„Vielfach noch etwas lava-staubig!“

Marina Tazacorte auf La Palma
18. -> 23.04.
28° 38′ 38,5″ N, 017° 56′ 36,6″ W