Warten auf Teneriffa


Zu nachtschlafender Zeit, – diesmal wirklich 😂 -, bringen wir Lin wieder zum Flughafen. Die 2 1/2 Wochen sind verflogen, obwohl wir weniger Segel- als Ankererfahrungen gesammelt haben. Aber unsere Landausflüge haben es am Ende doch noch rausgerissen. GC ist eben doch eher eine Urlaubsinsel und speziell die Berge sind ein Eldorado für Fahrrad-Enthusiasten, aber GC ist definitiv kein Segelrevier, das man unter keinen Umständen auslassen darf. Man darf und muss auch gar nicht traurig sein.

„Urlaubsende ... 😢“

„Urlaubsende … 😢“

Auf der Rückfahrt vom Flughafen wollten wir eigentlich gleich noch einmal unser Glück beim MediaMarkt versuchen. Das, was Worten nicht halten konnte, sollte ja der MediaMarkt spielend ausbügeln können! Aber es ist noch zu früh und geschlossen kann auch der MediaMarkt nicht punkten. So fahren wir erst einmal wieder zurück zur Marina und verlängern unseren Aufenthalt bis Montag. Die Wetterlage macht es uns echt nicht einfach, der Polarjet hat seit Wochen eine Beule, die bis weit über Nordafrika reicht. Das führt die Tiefdruckgebiete ungewöhnlich weit in den Süden. Am Wochenende soll das nächste Tief kommen und das soll dann auch noch etwas stärker aus Süden blasen, als das vom letzten Wochenende. Auch wenn die Wettervorhersagen immer nur für einen Trend gut sind, dieser Trend steht zurzeit eindeutig auf »ungemütlich«.

„Die Wolkenstreifen der Düsen ... “

„Die Wolkenstreifen der Düsen … “

Gegen Mittag geht’s dann zum MediaMarkt. Der ist zwar wesentlich besser sortiert als Worten, knüpft aber hinsichtlich unserer Wünsche nahtlos an das an, was wir schon kennen. Allerdings könnte sich der Schiffsjunge hier, wenn er denn wollte, aus einer erstaunlichen Auswahl an Rasierern den passenden aussuchen. Wie sich in Italien meterlange Regale mit Pastavarianten durch einen Supermarkt ziehen, zieht sich hier eine bemerkenswerte Auswahl an Rasierern durch den Markt. Wie gut wäre es gewesen, wenn der Marktleiter nicht unter einem hemmungslosen Bartwuchs leiden würde, sondern stattdessen ein Segelboot besitzen würde, für das er passende elektrische Geräte braucht. So haben wir wieder Pech und vertagen das Thema Wasserkocher mit kleiner Leistung, Brotbackautomat, Espresso- und Eierkocher auf »Festlandeuropa«. Es macht keinen Sinn, noch mehr Zeit damit zu verschwenden, um nichts zu bekommen. Da tauschen wir lieber noch einmal die Disa-Gasflasche, selbst wenn wir uns den Pfand nicht wiederholen, ist das gegenüber der Campingaz-Abzocke und dem Einkaufsfrust noch die mit Abstand preiswerteste und entspannendste Lösung.


„Diesmal ist es ein nasses Tief“

„Diesmal ist es ein nasses Tief“

Das Tief kommt zwar nicht ganz so wie angekündigt, aber diese Version hat diesmal ordentlich Regen dabei. Doch schlechtes Wetter hat ja auch seine Vorteile, man hat nicht das Gefühl, irgendetwas zu versäumen. Am Sonntagvormittag kommen noch einige Ankerlieger in die Marina. Wegen des Regens gehen wir nicht raus, um mal einen Blick auf den Ankerplatz vor der Marina zu werfen. Die sich hin und her werfenden Masten verkünden allerdings, dass alles so ist, wie wir es schon kennen, nur eben diesmal in der nassen Version.

„Man kann seinen Dream auch ganz klein catchen! Zu zweit aus Polen!“

„Man kann seinen Dream auch ganz klein catchen! Zu zweit aus Polen!“

Am Montagmorgen haben einige Ankerlieger eine neue Position. Das riecht nach einer schlaflosen Nacht. Wie nicht angekündigt, bläst es ab 10:00 schon mal aus Ostsüdost mit 18 Knoten. Wir verlängern noch um einen weiteren Tag. Ostsüdost ist für den Zementhafen das Aus und der Rest von GC geht damit ja sowieso nicht. Aber schon gleich morgen soll es besser werden und Mittwoch könnten wir es nach Teneriffa schaffen, wohl auch ohne einen auf die Mütze zu bekommen. Mal sehen …

„Pasito Blanco am Hafen“

„Pasito Blanco am Hafen“

„Der sieht schon ziemlich lecker aus 😋, ist er wohl aber eher nicht 🤔“

„Der sieht schon ziemlich lecker aus 😋, ist er wohl aber eher nicht 🤔“

„Zwischen Palmen mal abhängen.“

„Zwischen Palmen mal abhängen.“

So warten wir auf die Überfahrt nach Teneriffa und nicht auf Teneriffa, wie der Titel ja auch gelesen werden kann. Die Wartezeit kommt unseren Blogs zugute. Wir können etwas von dem Rückstand aufholen.
Nachmittags ist aus dem kräftigen Ost ein sanfter Südwest geworden. Wer kann so etwas schon ahnen. Wir bräuchten so eine Glaskugel. Dann würde der Schiffsjunge alle zwei Stunden einige dieser Räucherstäbchen anzünden, die es sicher in den allgegenwärtigen China-Shops gibt, und die Capitana könnte professionell das Wetter orakeln, einige unverständliche Dinge murmeln, um dann in die Richtung zu zeigen, aus der der Wind demnächst herkommt. Die Trefferquote könnten wir noch mit einem Glas Wein erhöhen, das aber erst nach 17:00 für die Vorhersage für den nächsten Tag.

„Am Hafen von Pasito Blanco“

„Am Hafen von Pasito Blanco“


Pasito Blanco (Gran Canaria) -> Montaña Roja [A] (Teneriffa) Start: 9:45 Ende: 19:00 Wind: NNW -> NNE -> E 14 – 19 kn Distanz: 53,5 sm Gesamtdistanz: 364,2 sm

„Auf geht's, noch wissen wir nicht, dass es Teneriffa werden wird.“

„Auf geht's, noch wissen wir nicht, dass es Teneriffa werden wird.“

Ganz unversehens ist es am nächsten Tag schon soweit. Eigentlich wollen wir uns nur auf einen der Schaukelankerplätze vor Anfi del Mar verholen. Der Wind kommt leicht zunehmend aus Süd, wobei ein kleiner Hauch ins Östliche spielt. Zum Segeln reicht das noch nicht, so tuckern wir in Richtung Anfi. Das tut auch unserer Motorbatterie ganz gut, denn die haben wir bei all unserer Begeisterung wegen des neuen Engergieüberflusses leider vollkommen vergessen. Seit Arrecife ist unser Landstromladegerät ausgeschaltet. D.h. unser Bordstrom wird seitdem nur noch regenerativ erzeugt. Das alles klappt auch echt prima und es vergeht kaum ein Tag, an dem nicht mittags schon wieder die Batterien voll sind. Nur leider haben wir bei der ganzen Freude unsere Motorbatterie vergessen. Denn die wird eben seit dem Umbau nicht mehr regenerativ geladen, weil weder das Solar- noch das Windladegerät einen Ausgang für die Motorbatterie haben. Und so hat unsere Motorbatterie heute Morgen nur noch »Mmmpf« gesagt, aber den Anlasser nicht mehr bewegt. Im Nachhinein betrachtet ist das eine bemerkenswerte Leistung, denn sie hat ohne eine nennenswerte Aufladung den Motor fast 2 Monate lang klaglos gestartet. Aber nun will sie nicht mehr und wir haben eine neue Bastelbaustelle. Wir brauchen noch eine Trenndiode, um die Starterbatterie auch via Solar zu laden und um die Batteriebänke trotzdem strikt getrennt zu halten. Aber das sind Kleinigkeiten, die bis Lissabon oder auch bis in die Algarve warten können.

„Pasito Blanco“

„Pasito Blanco“

Während wir so Anfi entgegen brummen, schauen wir auf die Wettervorhersage von Windy. Und … das »orange« zwischen Gran Canaria und Teneriffa hat sich auf morgen verlegt und das »grün« ist schon heute da. Nun kann man diesen Vorhersagen nicht wirklich trauen, aber manchmal geben sie ja doch einen Trend wieder. Und der verheißt für heute eher weniger, aber ab morgen schon wieder mehr. Es macht schon einen Unterschied, ob es zwischen den Inseln mit 5 bis 6 Beaufort bläst oder mit 7 bis 8. Außerdem ist es recht entscheidend, aus welcher Richtung es dann wirklich bläst und wie sich die Wellen dazu stellen. Und ein Trend mit »grün«, also im Mittel unter 20 Knoten, ist schon mal ein Grund nachzusehen, wie es wirklich so ist.

„Dann verstauen wir mal doch die Fender“

„Dann verstauen wir mal doch die Fender“

„Irgendwo von dort müssen wir mit Lin heruntergeschaut haben“

„Irgendwo von dort müssen wir mit Lin heruntergeschaut haben“

Also fahren wir weiter, um nachzusehen. Schon bald haben wir etwas mehr Wind, aber der kommt noch aus Südost. An der Grenze der Abdeckung von GC zickt der Wind etwas herum, dreht aber dann schnell über Süd und West auf Nordnordwest. Schwumm! Dieses Mal sind wir auf ein schnelles Reffen eingestellt. Es geht ratzfatz und schon haben wir das Groß im ersten Reff und die Starkwindfock am Start. Um uns herum ist es nicht ganz so weiß, wie bei dem Versuch mit Lin, den wir ja abgebrochen haben. Und auch mit Fernglas sieht es vor uns gut aus. Ein wahrer Wind von 18 Knoten beschert uns auf einem Kurs von etwas über 40° immer wieder gute 6 Beaufort in den Segeln. Aber der Kurs zu den Wellen passt und die PINCOYA liegt gutmütig am Wind. So lassen wir es laufen.

„Weitgehend ruhig“

„Weitgehend ruhig“

„Nur einer kommt uns entgegen.“

„Nur einer kommt uns entgegen.“

Unverhofft kommt oft und so sind wir nun doch schon auf dem Kurs nach Teneriffa. Unsere dicke Erna rennt, obwohl uns doch immer mal wieder einige dicke Wellensets etwas Fahrt wegnehmen. Das mit den Wellen ist sowieso so ein Ding. Nach der 100 m Linie werden die Wellen länger. Das ist auch gut so und schön zum Segeln, auch wenn die Wellen zwischen den Inseln recht ansehnliche Höhen erreichen. Aber auf zwei Teilstücken, die vielleicht jeweils 2 bis 3 sm haben, sind die Wellen plötzlich wieder deutlich kürzer und steiler, aber leider nicht flacher 😳. Teilweise brechen dort ihre Kämme, was bedrohlich rauscht und dazu führt, dass sich der Schiffsjunge doch wieder einmal umziehen muss, weil die Capitana auch dieses Mal mehr Glück hat als er.

„Insgesamt erholsam.“

„Insgesamt erholsam.“

„Aber es kommt zu Schlafstörungen.“

„Aber es kommt zu Schlafstörungen.“

„Teneriffa empfängt uns grau, kalt und ungemütlich...“

„Teneriffa empfängt uns grau, kalt und ungemütlich…“

Je näher wir an Teneriffa herankommen, desto raumer wird der Wind. Am Ende fahren wir fast vor dem Wind hinter den Montaña Roja. Trotz des Ostwindes ist es hinter dem Felsen und vor dem Playa Tejita erstaunlich ruhig. Der Playa Tejita ist eigentlich ein FKK-Strand, aber heute zeigt sich dort keiner ohne lange Hose und Pullover. Das Wetter ist norddeutsch. Vielleicht mit einer kleinen Hamburger Komponente, aber ganz sicher nicht kanarisch. Mal sehen, was Teneriffa so für uns bereithält. Wir haben noch 4 Wochen, bis wir uns vor La Graciosa auf die Lauer nach einem guten Überfahrtswetter zu den Azoren legen.

„Zum Abend kommt doch noch etwas Sonne durch und ...“

„Zum Abend kommt doch noch etwas Sonne durch und …“

„... der Montaña Roja bekommt nun auch seine Farbe.“

„… der Montaña Roja bekommt nun auch seine Farbe.“

Stationen:

29.03. – 04.04. Pasito Blanco:
27° 44′ 48,0″ N, 015° 37′ 21,3″ W

05.04. Pasito Blanco (Gran Canaria) -> Montaña Roja [A] (Teneriffa)
28° 01′ 44,9″ N, 016° 33′ 16,8″ W