Als wir am späten Vormittag aufwachen, strahlt die Sonne von einem makellos blauen Himmel. Es scheint sich um den Sommer zu handeln, wir haben ihn wohl tatsächlich in den Rias gefunden. Zwischenzeitlich hat die Sonne auch die morgendliche Kühle vertrieben. Die Hügel um die Ensenada de Baiona leuchten in einem satten Grün und ein warmer Eukalyptusduft zieht sanft von ihnen herab. Von den Sandstränden hört man Kindergeschrei und um uns herum versuchen einige Segelschulboote, dem leichten Wind etwas Fahrt zu entlocken. Es sind auch wieder zwei Schulboote für behinderte Menschen dabei. Eines kommt dicht bei uns vorbei und die Vorschoterin ruft im einem fort “¡Bonito! ¡Bonito!”.
Unseren Gutenmorgenkaffee nehmen wir im Cockpit und genießen diese unendliche Leichtigkeit des Ankerns. Wir hatten schon fast vergessen, wie entspannt das Ankern auch sein kann. In den Rias nördlich von uns gibt es unzählige solcher Ankerspots und auch welche, die so geschützt sind, dass man bei jedem Wetter und jeder Windrichtung dort einfach liegen kann. Wie schön wäre es, wenn wir das hier alles einfach noch einmal für einige Wochen haben könnten. 2020 waren wir schon einmal fast zwei Monate in den Rias Galiziens. Eine kleine Auffrischung wäre nicht wirklich schlimm.
Unwirklich schwach klingt die Woche unserer Überfahrt nach. Ehrlich gesagt hatten wir erwartet, dass sich das Ankommen doch etwas anders anfühlt. Vielleicht etwas gewichtiger, zusammen mit so einem kleinen Heldengefühl, denn schließlich war es ja unsere längste Überfahrt bisher 😊. Und nun sind wir einfach so hier und es fühlt sich vollkommen unspektakulär an 🤔.
Nun gut, wir mussten auf der Überfahrt ja auch keine Heldentaten vollbringen. Unser Wetterfenster war optimal, anders kann man es nicht sagen, auch wenn es ab und an doch etwas ungemütlich war. Doch insgesamt hätte es nicht besser passen können. Ein kleiner Blick auf die aktuellen Vorhersagen bestätigt das. Ab Freitagmittag, also gleich morgen, werden wir noch einmal einen guten Nordwest haben, um nach Póvoa de Varzim herunterzurutschen und dann verkrümelt sich das Azorenhoch in Richtung Biskaya und klappt das Wetterfenster für eine Überfahrt von den Azoren zum Festland erst einmal zu. Da hatten wir richtig viel Glück.
Doch obwohl wir uns so unerwartet normal fühlen, liegt ein ziemlich besonderes Segelerlebnis hinter uns. Auf der einen Seite ist es natürlich erst einmal die Länge der Strecke an und für sich, doch auf der anderen Seite schwingt da im Hintergrund ganz leise ein Erlebnisgefühl mit, das nur schwer zu beschreiben ist. Ich glaube, in der Quintessenz ist es das Erlebnis selbst. Das Erleben dieser schier unendlichen Wasserwelt. Und wir haben es ganz allein einfach so zusammen gemacht und geschafft. Das ist schon ein großes Glück und ein tolles Gefühl für uns.
2018 sind wir aufgebrochen, um mal etwas auf der PINCOYA zu leben. In den letzten Tagen haben wir an etwas geschnuppert, dass weit darüber hinausgeht.
Gleich mit dem zweiten Kaffee fragen wir in der Marina Póvoa de Varzim an, ob sie für uns einen Platz für zwei Monate in der neuen Marina haben. Die neue Marina sollte es schon sein, weil die alte doch sehr unruhig ist. Dann buchen wir noch für Montag einen Flug von Porto nach Bremen mit Ryanair. Schon zwei Stunden später kommt die Bestätigung der Marina. Nun müssen wir nur noch herunterrutschen. Ab Freitagmittag soll es zunehmend besser werden, wobei zunehmend im wahrsten Sinne des Wortes gemeint ist 😂.
Die Sache Ryanair als Billigflieger zu bezeichnen, ist im Grunde genommen reine Augenwischerei. Die Tricks zum Geldschneiden sind wirklich gut versteckt und selbst mit viel Erfahrung muss man höllisch aufpassen und viel suchen, um alle Fallstricke zu umschiffen. Oder sollte man lieber Sprengfallen sagen, weil der Flugpreis mit jedem unbedachten Klick förmlich explodiert. Wir halten uns ja durchaus für clever, aber trotzdem brauchen wir drei (!) Anläufe, um den Preis zu bekommen, mit dem Ryanair wirbt.
So relativiert sich die Sache mit dem Billigflieger ganz ganz schnell, denn mit ein oder zwei unbedachten Klicks kostet es schon soviel wie bei der Lufthansa. Und auf die Idee, so etwas wie Gepäck mitzunehmen, sollte man schon mal gar nicht kommen, denn 20kg Gepäck bedeuten bei unserem Flug eine Preiserhöhung von 100%. Dann noch schnell das Einchecken mit der Sitzplatzauswahl, ebenfalls auf Flugpreisniveau, und die vielen kleinen Extras, die kaum abzuwählen sind, dann ein spontaner Rücksprung zur Gepäckauswahl, die man ja eigentlich schon getroffen hatte, und schon werden aus 57 € pro Person stattliche 209. Da auf diese Fallen zur Preiserhöhung wahrscheinlich sehr viele reinfallen oder auch genervt aufgeben, das Billige beim Billigflug überhaupt noch zu suchen, relativiert sich die Sache mit dem Billigfluganbieter recht schnell. Aber eins muss man Ryanair wirklich lassen, die Fallstricke sind echt clever verlegt und die Auswege oft erst nach eingehender Suche und mehreren Klicks zu finden.
Was für ein Ritt zum Abschluss!!!
Baiona, Spanien -> Póvoa de Varzim, Portugal Start: 12:15 Ende: 21:15 Wind: NW 13 – 18 kn Distanz: 53,5 sm Gesamtdistanz: 2.760,1 sm
Den Freitag können wir ruhig angehen, denn erst ab Mittag soll es einen passenden Wind für uns geben. Mit etwas Glück wird der sich dann nach Süden hin kontinuierlich bis auf 20 kn steigern. Da er aus Nordwest bis Nord kommen soll, bereiten wir alles für den Parasailor vor. 20 kn sind eine ganze Menge für den Parasailor, aber die Sache sollten wir eigentlich ganz gut kontrollieren können, denn näher an der Küste ist der Wind schwächer und weiter draußen soll er stärker wehen.
Gegen Mittag kreuzen wir aus der Bucht von Baiona heraus und setzen den Parasailor, als wir auf Kurs Süden gehen können. Bis kurz vor der portugiesischen Grenze geht’s noch eher verhalten voran, dann frischt es auf. Um 17:00 haben wir noch 36 sm vor uns und um 22:00 machen wir schon in Póvoa de Varzim fest. Das sind im Schnitt 7 kn, manchmal mehr, manchmal weniger.
Im Schnitt halten wir unsere dicke Erna in einem Windbereich von 15 bis 18 kn. Das ist nicht eben wenig für den Parasailor, aber es läuft und rauscht nur so um uns herum. Die Wellen nehmen kontinuierlich zu und die PINCOYA beginnt zu geigen. Wir brauchen etwas, um herauszufinden, dass ein hartes Durchsetzen der Niederholer viel viel mehr Stabilität bringt. Wie in der letzten Zeit immer, fahren wir den Parasailor mit 4 Schoten. Es rennt und es ist ein Traum. Ein tolles Abschiedsgeschenk für die nächsten Wochen, vielleicht Monate, wer weiß.
Noch im Hellen laufen wir in Póvoa de Varzim ein. Die Einfahrt ist wie erwartet etwas schaukelig. Die quer setzenden Wellen sind hier das Problem, aber die Einfahrt ist tief genug für jede Tide. Nur im Hafenbecken selbst muss man etwas auf die Tiefe achten, der Hafen neigt sehr zum Versanden. Um 22:00 sind wir fest. Die Entscheidung, von den Azoren erst nach Baiona zu fahren, um dann in einem weiteren Schlag nach Póvoa runterzugehen, war richtig. Erstens hat es vor zwei Tagen hier richtig unangenehm geweht und zweitens hätten wir sonst diesen Traumsegeltag nicht gehabt. Ein echtes Abschiedsgeschenk.
In unserem Vorratskeller finden wir noch eine Flasche Weißwein. Die gibt’s nun für’s Gemüt und zum Ausklang. Denn gleich morgen müssen wir beginnen, alles aufzuklaren. Dafür bleiben uns nur noch zwei Tage und das werden zwei Tage mit viel Arbeit.
Leider ist Povoa de Varzim wohl doch so eine Art Seenebelloch. Sehr gut erinnern wir uns noch an unsere Einfahrt vor zwei Jahren. Da haben wir die Molen nur auf dem Radar gesehen und erst nach zwei Stunden haben sie sich wieder in natura gezeigt. So sind der Samstag und Sonntag auch diesmal eher trüb und seenebelig, aber es gibt genügend trockene Stunden, um für unsere Abwesenheit alles so vorzubereiten, wie wir das gerne hätten. Wegen des UV-Lichts nehmen wir die Genua und die Fock runter. Das Groß bleibt wieder unter der Persenning angeschlagen. Aber sonst verstauen wir auch alle Leinen, Scholen und Fallen und auch alles andere so, dass es möglichst vor der Sonne geschützt ist.
Am Sonntagnachmittag sind wir dann fertig. Auf dem Rückweg von den Duschen beschließen wir spontan, noch eine kleine Runde durch die Stadt zu drehen. Dort tobt nämlich seit unserer Ankunft irgendein Fest, alles ist hübsch bunt beleuchtet und auch die Beschallung von einer Art Rummel mit Disco-Anschluß ist hübsch laut, wenn auch nicht wirklich jedermanns Sache. Seit unserem letzten Besuch hat sich der gesamte Hafen ziemlich verändert. Nicht nur die neue Marina ist entstanden, man hat auch unzählige Hallenplätze für die Fischer neu dazu gebaut. Neugierig gehen wir zwischen den neuen Gebäuden hindurch und stoßen auf eine Treppe, die geradewegs zur Uferstraße führt. Schnell stopfen wir die Flaschen mit dem Duschi in unsere Hosentaschen und werfen die Handtücher über die Schulter. Und schon sehen wir wie ganz normale Badetouristen aus und können uns ohne aufzufallen ins Straßengetümmel stürzen.
Als wir zielstrebig auf die Treppe zugehen, streift uns der überraschte Blick eines älteren Pärchens, die wohl auch gerade ihren Spaziergang am Sonntagabend machen. Die beiden sehen irgendwie nach Fischer un sien Fru aus und scheinen sich auszukennen. Auf halber Treppe ist ein Tor, dass wie alle anderen Tore im Hafen von innen mit einem Taster geöffnet werden kann und außen einen Fingerabdrucksensor zum Öffnen hat, denn in Póvoa de Varzim ist all das schon Hightech, was woanders noch Chip-Karten oder PINs erfordert. Das Zufallen des Tores klingt irgendwie unheilvoll, was allerdings ungehört verhallt, denn gleich oben muss die Uferstraße sein, wir können sie schon hören.
Die Treppe führt uns auf eine wirklich weitläufige Freifläche, die mit Dachpappe belegt ist und eine erstaunliche Ähnlichkeit mit einem Hallendach hat. Die Uferstraße befindet sich direkt hinter einem massiven Bauzaun aus geschlossenen Metallelementen. Alle 50 m ist ein Glaselement eigelassen, dahinter tobt das Leben auf der Uferstraße. Durch die Glaselemente glotzen uns einige Passanten wie exotische Tiere im Zoo an. In ihren Blicken liegt etwas Überraschung und auch ein unerwartetes Interesse. Um eine größtmögliche Selbstverständlichkeit auszustrahlen, werfe ich mein Badehandtuch selbstsicher über die andere Schulter, grüße mit einem stimmlosen »Bom dia!« die Zoobesucher und flaniere mit der Capitana Hand in Hand nach Norden. Die Dachfläche ist wirklich groß. Nach etwa 687 m erreichen wir das Hallenende. Die Böschung, die wir uns als Fluchtmöglichkeit ausgeguckt haben, entpuppt sich als Steilhang, der zudem mit Stacheldraht gesichert ist. Perfekt gemacht! Was ist nur in die Portugiesen gefahren? Das muss wohl eine deutsche Baufirma gewesen sein.
Wie ein Tiger auf seinem Freilaufgelände schleicht der Schiffsjunge nun am Bauzaun entlang, um eine Lücke zu entdecken, die nach Ausbruch riecht. So taucht er auch ab und zu ganz unvermittelt in den Bauzaunfenstern auf, was den ein oder anderen Zoobesucher doch überrascht und nach Fassung ringen lässt. Eigentlich eine hübsche Abwechslung, wenn da nicht dieses Gefühl wäre, doch irgendwie auf der flaschen Seite des Zauns zu sein. Die Capitana geht nach einem Blick über die Dachkante zielstrebig zurück zum Tor, denn hinter der Dachkante gähnen 5 m äußerst unangenehmer Abgrund, der ziemlich abrupt auf einer Betonstraße endet. Einen Sprung würde man wohl eher nicht überleben. Unten stehen zwar schon mehrere Biotonnen, aber das finden wir nun doch etwas verfrüht.
Irgendwie habe ich das unbestimmte Gefühl, dass der Fingerabdrucksensor uns nicht wieder das Tor öffnen möchte. Deswegen suche ich neben einer Lücke im Bauzaun und zwischen der großen Freude, als Überraschungsgast plötzlich in einem Bauzaunfenster aufzutauchen, um den ahnungslosen Spaziergängern ein stimmloses »Bom dia!« zuzuraunen, irgendwelche Hilfsmittel, das Tor zu bezwingen. In einer solchen Situation gibt es nichts Schlimmeres als eine aufgeräumte Baustelle. Immer findet man ständig und überall irgendwelchen Müll, aber hier herrscht fast die penible Sauberkeit einer Krankenhausnotaufnahme. Das Einzige, was brauchbar erscheint, ist der Holzstiel einer Silvesterrakete.
Als ich mit dem Holzstiel siegessicher am Tor ankomme, hat Astrid schon begonnen, die Notfallnummer der Marina herauszusuchen. »Wir müssen uns beeilen, ich habe nur noch 12% und Du Depp hast ja dein Handy wieder auf dem Schiff gelassen!” Mit den Worten: »Handy? Wozu?« halte ich das Stöckchen hoch. Schließlich hat ein Schiffsjunge ja auch übergreifende Crossover-Talente!
Die Handyblöße will sich der Schiffsjunge auf keinen Fall geben und natürlich funktioniert der Fingerabdrucksensor auch mit seinem Zeigefinger nicht. Also stecke ich den Arm mit dem Stöckchen durch das Torgitter, aber mein Arm ist zu dick, es fehlen noch gut 12 cm. Dann die Capitana, aber auch sie hat wohl zu viel und zu oft an den Winschen herumgekurbelt, auch ihr Arm wird oben zu dick, aber es fehlen nur noch 4,5 cm. Also geht der Schiffsjunge noch einmal auf die Suche. Ein kleines Mädchen winkt mir durch das Schaufenster zu, ich winke zurück, so schlimm ist es im Zoo gar nicht. Sie freut sich und lächelt und in diesem Augenblick fällt mein Blick auf ein 10 cm langes Stück Kabelkanalrohr. Das ist ideal, um den Raketenstengel zu verlängern. Vom einem der massiven Zaunbalken pule ich noch schnell einen Holzspan ab und lächele meine fragend guckenden Zuschauer gewinnend an. Ich hätte auch plötzlich von der Seite ins Bild springen und mit erhobenen Armen BUHHH brüllen können, aber das hätte uns dann doch eine Aufmerksamkeit beschert, die man nicht gebrauchen kann, wenn man gerade mit einem Ausbruch beschäftig ist.
Also wird das Raketenstöckchen mit dem Holzspan im Kabelkanalrohr verkeilt, die Capitana steckt ihren Arm so weit es geht durch das Torgitter und es passt. Nach drei Versuchen macht es Klick und das Tor öffnet sich. Unser Fluchtwerkzeug lassen wir auf der Dachterrasse liegen, aber es ist zu befürchten, dass es nicht mehr benötigt wird, denn es ist unwahrscheinlich, dass es in diesem Jahr noch einmal solche Deppen wie uns gibt, die eine Abkürzung suchen.
Wir machen den Abflug …
Montag verschenken wir noch schnell 5 Liter Milch und einige frische Lebensmittel, die wir nicht mehr aufessen können. Dann ist alles fertig und gegen Mittag machen wir uns auf den Weg.
Die Fahrt mit der Metro zum Flughafen klappt wie am Schnürchen. Ebenso das komplette Prozedere am Flughafen. Die Nachrichten von den chaotischen Zuständen aus Deutschland haben uns ja schon etwas verunsichert. Aber in nullkommanichts sind wir durch die Security, obwohl es rappelvoll ist.
Erst Ryanair bringt dann die Ernüchterung. Hier wird Null-Service wirklich groß geschrieben und da etwa 90% aller Passagiere Priority gebucht haben, denn diesen Punkt kann man nur ohne Gepäck vermeiden, ist das mit der Priorität auch so eine Sache. Während ich mir als Priority-Gast in einer über 100 Meter langen Schlange die Beine in den Bauch stehe, kann Astrid als Billigfluggast einfach bequem sitzen bleiben und darf als letzte boarden. Priority-Fluggäste werden zwar als erste durch das Boarding-Nadelöhr geschleust, müssen dann aber hinter dem Checkpoint in einem klitzekleinen Wartebereich ohne Sitzplätze und teilweise schon im Freien darauf warten, bis die ausgeruhten Billigfluggäste dann auch ihre Boardingkarte vorzeigen durften.
Danach stehen wir uns alle gemeinsam und vollkommen unpriorisiert die Beine in den Bauch, denn die Priorität des Priority-Boardings hat nur bis zum Boardingschalter ihre Priorität, danach ist alles egal. Mit 20 Minuten Verspätung gehen wir dann im Gänsemarsch über das Flugfeld zu dem Flieger. Das alles hat schon etwas von einem Kindergartenausflug, nur dass wir unseren Nachbarn nicht an die Hand nehmen müssen und auch keine gelben Warnwesten tragen. Warnwesten trägt nur das Flughafenpersonal, denn gerade wird eine Easyjet-Maschine eingewinkt, die Ryanair-Fluggäste werde etwas zur Seite gedrängt, damit die Maschine zwischen ihnen ihren Platz zum Parken finden kann. Das alles ist schon etwas merkwürdig, denn wir laufen mit einem Ampelsystem quer über das Flugfeld und direkt vor eben diese Easyjet-Maschine und um das Rollfeldpersonal herum. Das Flughafenpersonal und die Einweiser haben Ohrenschützer, aber wir als Fluggäste stehen genau daneben und warten, bis wir einsteigen können, während die Maschine mit laufenden Turbinen noch heranrollt. Der Lärm ist ohrenbetäubend. Eine Dame vor mir hat lange offene Haare, doch die scheinen nicht in Richtung Düse angesaugt zu werden. Das ist ja doch schon irgendwie beruhigend. Wenn man seinen ersten Tag auf dem Rollfeld hat, kann man das ja alles noch nicht so recht einschätzen. Und da sieht man auch mal, wie überkandidelt all der Arbeitsschutz auf den Flughäfen ist, man kann auch in kurzen Hosen mit FlipFlops und im Trägertop auf dem Rollfeld arbeiten und muss nicht diese schweren Arbeitssachen mit Warnweste und Ohrenschützern tragen.
Mit 30 Minuten Verspätung sitzen wir dann endlich auf unseren Plätzen. Astrid wurde von der automatischen Sitzplatzzuordnung, die ja 24h vorher kostenlos ist und dadurch nicht den Flugpreis verdoppelt, in Reihe 30 und ich in Reihe 2 platziert. Der Platz neben mir ist frei, aber das wusste das automatische Sitzplatzprogramm wahrscheinlich gar nicht. Ich überlege, ob wir uns Ryanair wirklich noch einmal antun wollen. Billigfliegen kann man mit Ryanair nur, wenn man ohne Gepäck fliegt und außerdem bei der Buchung höllisch aufpasst. Mit Gepäck kann man es mit jeder anderen Airline bequemer zu einem ähnlichen Preis haben. Doch auf der anderen Seite hat man auch so ein Erlebnis wie beim Tag der offenen Tür. “Erlebe deinen Flughafen hautnah und spüre, was es heißt, am Boden ganz nah dabei zu sein!” Nun ja, wir werden mal sehen…
Nachdem wir in Bremen angekommen sind, läuft es wieder wie am Schnürchen. Von Lin werden wir mit aktuellen Straßenbahn-, Bahn- und Bus-Verbindungen versorgt, die mit dem 9-Euro-Ticket gehen. In Hannover erwischen wir die letzte S-Bahn und an unserer S-Bahnstation steht Henriette. Maren und Andy habe sie dort geparkt und uns auch noch gleich ein Bild geschickt, damit wir sie auch finden. Es ist schlau, den Zweitschlüssel mitzunehmen, so sind wir schnell zuhause.
Bevor wir das erste Segelkapitel 2022 zuklappen, hier noch die unvermeidliche Statistik.
Nach dem Einbau der Lithiums waren wir vom
– 14.02. – 04.07. unterwegs und
– von diesen 140 Tagen waren 49 Fahrtage.
– In dieser Zeit haben wir 2.760,1 sm gemacht und davon 2.660,6 unter Segeln, was einem Segelschnitt von 96,4 % entspricht.
– Dabei waren 3 Langschläge
Kanaren -> Madeira – 305,1 sm
Madeira -> Azoren – 500,2 sm
und
Azoren -> Spanien – 886,9 sm
– Wir hatten in dieser Zeit 66 Marinatage, 59 Ankertage und immerhin 15 Nachtfahrten
Póvoa de Varzim, Portugal
41° 22′ 33,6″ N, 008° 45′ 54,1″ W