Unsere dicke Erna ist ja nicht nur schon in die Jahre gekommen, sie hat schon auch so ihre Problemzonen. Und es ist wie im echten Leben, ein fortgeschrittenes Alter unterstreicht die ein oder andere Problemzone doch eher ungünstig, als sie taktvoll verschwinden zu lassen. Eine dieser Problemzonen ist unser Wassertank. Der liegt nicht nur munter glucksend unter der Mittelkoje, er hat auch auf seiner ganzen Länge von fast zwei Metern keine einzige Revisionsöffnung, die zur Reinigung dienen könnte. Bisher haben wir das zwar alles mit einem gesonderten Befüllfilter und zwei Brauchwasserfiltern mehr oder weniger gut im Griff, aber schön ist dieser Zustand nach nunmehr 27 Jahren eben auch nicht. Deswegen war sofort klar, dass wir auch einen Tagestank haben wollen, wenn wir in einen Wassermacher investieren. Und bei dem Wort »Tagestank« winkt tatsächlich auch gleich die zweite Problemzone unserer dicken Erna zu uns herüber, denn mit dem Dieseltank verhält es sich genauso, nur dass der auf der Steuerbordseite liegt und Dieselpest sein Eigen nennt, weshalb es nunmehr bereits seit fünf Jahren einen Tagestank für Diesel auf der PINCOYA gibt.
Doch die Idee, so einen Tagestank haben zu wollen, ist viel leichter gedacht als realisiert. Denn so ein Tagestank für feinstes Teewasser muss ja auch erst einmal irgendwo untergebracht werden und dieses »irgendwo« sollte schon auch »irgendwo« in der Nähe des Wassermachers selbst liegen und — ja ja, auch das noch — deutlich oberhalb des Hauptwassertanks! Da wir wissen, wie vergesslich wir sein können 🙄, muss die Wassermacherei nach dem Einstellen des richtigen Drucks und des richtigen Flows für uns vollkommen automatisch laufen. Und da so ein Tagestank irgendwann voll ist und wir natürlich auch den Haupttank füllen möchten, denn wir wollen ja nicht nur Tee trinken, sondern auch mal duschen, braucht der Tagestank einen ausreichend dimensionierten Überlauf zum Haupttank. Nur so kann die Wassermacherei einfach vor sich hin laufen und nach einer Zeit x erinnern wir uns dann auch schon irgendwann, dass es Zeit wäre, den Wassermacher wieder abzustellen und zu spülen. Dies sollte gelingen 😬!
Aber natürlich ist es auch durchaus hilfreich, wenn man das gute Teewasser auch aus dem Tagestank in den Teekessel bekommt. Und dazu braucht es eben eine zweite Druckwasserpumpe und einen separaten Wasserhahn im Bad. So kommt eines zum anderen, denn natürlich wollen wir auch den Rest des Tagestanks vor einem neuerlichen Wassermachen in den Haupttank entleeren können, um jedesmal wieder ganz frisches Teewasser in den Tagestank zu bekommen. Und — ja ja, Spülen soll es auch noch aus dem Tagestank, denn das wollen wir nicht via des normalen Druckwasserkreislaufs aus dem Haupttank machen, denn die Option, den Haupttank weiterhin in einer Marina zu befüllen, wollen wir uns nicht nehmen lassen. Natürlich haben wir sowieso auch hinter dem Haupttank schon längst einen Fein- und einen Aktivkohlefilter, denn schließlich tanken wir ja seit mehreren Jahren nur noch das reichlich gechlorte Wasser der südlichen Marinas. Wie sollte es da anders gehen? Aber das Spülen mit dem reinen selbsterzeugten Wasser finden wir charmanter und auch sicherer und außerdem befindet sich der Tagestank ja auch »irgendwie« in räumlicher Nähe des Wassermachers.
Dazu kommen noch der Zulauf und der Ablauf und nicht zu vergessen der Konservierungskreislauf. Und schon sind die großen Wasserspiele perfekt und der Schiffsjunge muss nur noch die passenden Fittings für den ganzen Spaß zusammenstellen und bestellen.
Der erste Abend 🧐
Auch wenn der Plan für die Wasserspiele nicht mehr nur im Kopf des Schiffsjungen herumlungert, sondern sich inzwischen auch schon diverse Skizzen im Wohnzimmer verteilen, der zöllige Wahnsinn ist nur durch zwei Worte treffend zu beschreiben! »Verzweifelnd chaotisch!!!« Noch nie war Amazon – Prime so wertvoll wie heute! Aber dazu später mehr.
Wer glaubt, einfach auf die Webseite eines Fitting-Stores für echte Helden der großmeisterlichen Wasserinstallation gehen zu können, um dort alles Passende zu finden, ist vollkommen schief gewickelt. In mühevoller Kleinarbeit stellt der Schiffsjunge passende Verbindungen zwischen 1 1/2″, 5/8″, 3/4″, 1/2″ und 3/8″ her, sichtet noch die vorhandenen metrischen Schlauchreste, vergleicht die Fittings im Lieferumfang des Wassermachers mit seinen Wünschen zum Einbau, versucht den Anschlussnippel der Pumpe mit dem Auslass des Tagestanks in Kontakt treten zu lassen und wird ab dem fünfzehnten Einzelteil schlicht weg wahnsinnig, weil er keine Ahnung mehr hat, weshalb er vor eineinhalb Stunden die 5 3/4″ Doppelnippel überhaupt in den Warenkorb gelegt hat. Geschweige denn diese Reduziernippel von 5/8″ auf 3/8″, und warum zum Teufel noch gar keine einzige 16er Schlauchtülle mit 1/2″ AG im Warenkorb liegt, ist ebenso unklar, wie in welchem Warenkorb denn nun die halbzölligen T-Stücke verschwunden sind, die doch zu dem Überlauf passen müssen, wohingegen der Einlauf nur mit 3/8″ IG zu bekommen ist, allerdings nicht hier, sondern nur dort. Um dann festzustellen, dass es zwar dort auch das T-Stück gibt, aber eben nicht die 1 1/2″ Schlauchtülle für den 40er Schlauch für den Ablauf und die Doppelnippel in der passenden Größe des Zulaufs leider nur mit konischem Zollgewinde zu bekommen sind. Es ist ein schier unendliches Puzzle, das zugegeben den Schiffsjungen beherrscht, aber nicht umgekehrt. Selbst durch das geschickteste Jonglieren mit den Warenkörben des Mega-Store-Fittingfritzen.com, von Doppelnippel24.de, dem Installations-Guru.eu, und bei eBay und auch Amazon ist der Sache nicht Herr zu werden. Es ist schier unmöglich, alles in einem großen Masterplan bei nur einigen wenigen Anbietern auf einen Schwung zu bestellen, um damit einen Päckchen-Tsunami zu verhindern.
Der zweite Abend 😳
Natürlich habe ich dann gleich am ersten Abend doch noch einige sicher geglaubte Zutaten für unsere Wasserspiele bestellt. Allerdings schrecke ich schon kurz nach Mitternacht aus einem Albtraum auf. Zwei 3-Wege-Ventile mit L-Bohrung verfolgen mich und bewerfen mich ständig mit Reduziernippeln aller Größen. Dann haben sie mich und beginnen mich mit Teflonband zu fesseln und mit Dicht-Hanf zu knebeln. Ich kann ihnen nur knapp entkommen, aber als ich schweißgebadet feststelle, dass ich doch in meinem Bett liege, weiß ich sofort, dass der Zulauf aus dem 22er Schlauch der Klospülung noch auf keiner Skizze verzeichnet ist. Ich habe ihn schlicht vergessen.
Tagsüber versuche ich mich mit anderen Dingen abzulenken, aber schon nachmittags mache ich eine neue Skizze. Diesmal themenbezogen. Salzwasser rein, Frischwasser raus, Salzwasserrest weg, Druckwasser rum, Spülwasser zack, Konservieren uijuijui, alles hängt irgendwie zusammen. Wer hätte das gedacht? Aber leider nicht gradlinig, sondern zöllig in allen Größen. Die Capitana sagt, dass so etwas Männersache sei und auch, dass ich das richtig toll mache 😊. Ganz kurz habe ich das Gefühl, dass das Lob etwas nach Fahnenflucht riecht, aber da kann man sich ja auch leicht täuschen 🤔.
Ich beginne, alles einzeln zu bestellen. Wie gesagt, kleinteilig und themenbezogen. Zuerst die schon bekannten Defizite, dann ganz neue Stränge. Und auch die Pumpe, den Wasserhahn und den Tagestank. Auch M6-Ringkabelschuhe für 25^2, Kabel haben wir noch vom Umbau der Ankerwinde, und Schalter, einen weiteren Sicherungskasten und noch mehr Fittings. Immer mehr und immer einzeln, doch auch so behält man den Überblick nur bedingt. Eine Bestelltabelle bringt statt der gewünschten Klarheit, eher die Überzeugung, dass die abschließende Stellprobe im Wohnzimmer eine Art Offenbarung bringen wird.
Der x-te Abend 🤯
Wieder etwas vergessen! Der Spülzulauf mit Absperrventil ist gut gelungen, aber wie schön wäre es, wenn auch das Spülwasser über einen Abzweig dorthin kommen würde. Nun ja, Kleinigkeiten! Bestellen wir halt 👍. Zwei Tage später fördert die Stellprobe zu allem Überfluss noch zu Tage, dass im Lieferumfang eh schon ein Absperrhahn mit T-Stück vorhanden ist. Nun ja, macht ja nichts, 1/2-zöllige Absperrhähne mit T-Stück und Schlauchtüllen kann man nie genug haben.
Bei Amazon müssen sie mich inzwischen für vollkommen bekloppt halten. Fast im Stundentakt bestellen wir Einzelteile. Die vermuten sicher schon, dass mein Account von einem Kind im Vorschulalter gekapert wurde, das irgendwie planlos auf die Bestelltaste hämmert. Mich würde nicht wundern, wenn die Amazon-Schadensbegrenzung mir zwangsweise den Prime-Status für kostenlose Lieferungen aberkennt. So wie führende Vollidioten ja auch bei Twitter gesperrt werden. Zwischenzeitlich hat unser Postbote seine Route geändert, der kommt jetzt erst zu uns, um hinterher besser an die anderen Pakete zu kommen. Mir ist das irgendwie peinlich, aber es geht gerade nicht anders. Nun ja, in eineinhalb Wochen sind wir ja wieder weg, dann kann er sich immer noch etwas erholen.
Die Stellprobe 🥳
Wir hätten gleich groß denken sollen, so müssten wir nicht zwischendrin vom Wohnzimmertisch auf den Fußboden umziehen. Alle Einzelelemente schrauben wir erst einmal aus ihren Einzel-Fittings zusammen. So werden aus fast 50 Einzelteilen 9 Installationselemente. Dann bekommen sie ihre Nummer aus der Zeichnung. Ich hatte zwei Tage, um eine echte Zeichnung zu machen. Dank sei den Lieferzeiten.
Irgendwie sind einige Teile trotzdem über oder doppelt 😳. Doch das ist gar nicht so schlimm. Sie passen alle in einen kleinen Karton und warten dort nun brav auf ihren Einsatz, der ja ganz sicher bald kommen wird. Und — 🎺 🎉 — und das ist viel wichtiger, es scheint kein Teil zu fehlen!
Langsam entsteht vor uns das große Bild der Wasserspiele. Nach einer Woche fügt sich alles zusammen. Die Capitana sagt, dass wir es nun auch richtig hübsch machen könnten und holt rotes und blaues Geschenkband von oben. Solche Augenblicke muss man genießen, es sieht so aus, als ob alles passt.