Viel Zeit gönnen wir uns nicht. Vor uns liegt nicht nur ein recht stattliches Arbeitsprogramm, wir sind auch total gespannt, ob all das, was wir uns zuhause so ausgedacht und vorbereitet haben, nun am Ende auch passt und funktioniert. Alle Basteltheorie ist ja solange grau, bis es an den echten Einbau geht. Selbst wenn man vorher alles ausmisst und unzählige Photos von den Bastelecken macht. Ist man erst einmal zuhause, fehlt doch immer wieder irgendein Maß oder an irgendein blödes Detail hat man doch nicht gedacht. Aber nicht nur das, eine Lösung hat ja auch die verzwickte Eigenschaft, sich zu verändern, je konkreter sie wird. Und ob die neue Idee, es nun doch lieber so zu machen, wirklich Sinn macht, könnte man vor Ort schnell klären, doch zuhause wirft sie nur neue Fragen auf.
So packen wir nicht gleich nur die »Zutaten« für unsere Energiewende aus, sondern auch das Bedienpanel für den Wassermacher, die Rückblende für das Panel und unsere neue Composite-Gasflasche. Die hat 7,5 kg und soll in den Durchgang zur Badeplattform unter die Sitzbank passen. Dort steht seit den Kanaren ja schon die Disa-Flasche, die ist auch aus Kunststoff, hat aber nur 6 kg. Und was sollen wir sagen, wir haben gleich 3 x Glück. Erstens passt die Composite Gasflasche an ihren Platz und zweitens passt auch das Bedienpanel für den Wassermacher haarscharf unter den Spiegel im Bad und wir müssen dort nichts mehr groß »umarrangieren«. Und zu allem Überfluss passt auch noch die Rückblende für das Bedienpanel, obwohl wir vollkommen vergessen hatten, überhaupt die Maße hierfür zu nehmen. Jetzt muss es mit diesem Glück nur noch so weitergehen 😊 und schon sind wir im Handumdrehen fertig 😎.
Für unsere Energiewende wollen wir zusätzlich noch ein weiteres 200 WP Panel auf dem Geräteträger montieren. Dafür müssen die beiden alten 100 WP Panels 35 cm nach achtern rücken, sodass das neue Panel davor und zwischen den Hahnepot des Achterstags passt. Als wir vor 9 Jahren die alten Solarpanels montiert haben, hatten wir die Befürchtung, dass schon diese beiden Panels recht wuchtig wirken. Doch die beiden kleinen Panels machten von Anfang an einen eher dezenten Eindruck. Die neue Gesamtkonstruktion wird nun nach vorn und hinten etwa 35 cm ausladender. Nach hinten fällt das gar nicht auf und nach vorn, also über dem Cockpit, sollten die 35 cm auch verschmerzbar sein. Zumal wir eh meist das Bimini ausgeklappt haben. Da wir als Segler ja per se mit »alternativer Windenergie« reisen, passt unsere Solar-Energiewende nun auch ganz prima dazu. Wir hoffen, dass wir nun tatsächlich weitgehend autark werden. Zusätzlich zu den drei starren Solarpanels auf dem Geräteträger haben wir ja auch noch zwei flexible Solarpanels mit jeweils 100 WP. D.h. in Summe kommen wir nun auf 600 WP und wenn die dann 50% ihrer Leistung bringen, sollten unsere Lithiums mit 25 A geladen werden. So die schöne Theorie, wir werden mal sehen 🙂!
Da starre Panels schon recht schwer sind, haben wir lange überlegt, ob wir nicht doch komplett auf flexible Panels umstellen sollten. Die flexiblen haben ohne Frage einen unschlagbaren Gewichtsvorteil. Aber sie sind eben flexibel. Das macht solange nichts, wie man sie nur zusätzlich in die Sonne legt und es nicht zu windig ist, oder sie eben vollflächig auf einer gerade Fläche verklebt sind. Bei stärkerem Wind beginnen lose Panels schnell zu flappen, wodurch gerne mal die Leiterbahnen brechen und dann ist es schnell wieder aus mit der schönen Sonnenenergie. Und da uns auf dem Geräteträger keine ausreichend stabile Konstruktion für flexible Panels eingefallen ist, die auch nicht gleich wieder den Gewichtsvorteil auffrisst, haben wir uns am Ende doch für ein zusätzliches starres Panel entschieden. Schließlich sollen die Panels auf dem Geräteträger dort ja auch bei jedem Scheißwetter ihren Dienst tun.
Aber abgesehen davon scheinen die starren Panels auch deutlich »witterungsbeständiger« zu sein. Bisher hatte jedes unserer flexiblen Panels schon nach kurzer Zeit immer so seine Probleme.
Die neue Unterkonstruktion für die nun drei starren Solarpanels haben wir aus Alu-Profilen schon zuhause in Teilen vorgefertigt. Die alten Edelstahlhalter kommen in den Ruhestand. Dadurch sparen wir selbst mit der größeren Unterkonstruktion noch etwas Gewicht ein. So bleibt es über den Daumen bei den 13 kg Mehrgewicht für die neue Solarzelle.
Die Demontage der alten Panels geht schnell, doch das Hinfummeln der neuen Konstruktion mit den neuen und alten Solarpanels ist schon etwas kniffeliger. Und gleich zu Anfang ereilt uns auch schon der erste Denkfehler. Da wir die Solarpanel mit Blindnieten auf den Traversen befestigt wollen, müssen dafür nicht nur die entsprechenden Löcher gebohrt werden, sondern es hilft auch, wenn man mit der Nietzange rankommt. Doch zuhause hat der Schiffsjunge nicht nur die Abstandshalter mit dem richtigen Neigungswinkel zurechtgebogen, sondern auch gleich schon von unten auf die Traversen genietet. Das sieht zwar echt toll aus, aber unterhalb der Abstandshalter können wir nun leider keine Nieten mehr für die Befestigung der Solarzellen selbst setzen. Sehr schön, aber leider zu kurz gedacht. Also bohren wir mal eben 40 Nieten wieder aus, um dann die Solarzellen richtig befestigen zu können.
Beim Kaffee kommt es dann zur nächsten Erkenntnis, die leider auch nicht mehr ganz zu unser heimischen Montagetheorie passt. Eigentlich wollten wir zunächst nur die neue Solarzelle mit den vier neuen Traversen auf dem Geräteträger montieren. Das geht nun aber nicht mehr, da auch die alten Panels vor den Abstandhaltern auf die Traversen genietet werden müssen.
Also wächst das Gesamtkonstrukt auf dem Steg zu einer erstaunlichen Größe heran. Als dann alle drei Solarpanels eine große Einheit bilden, können wir im letzten Schritt auch wieder die Abstandshalter festnieten. Das alles sieht ziemlich gut und auch beeindruckend aus, hat aber leider nur einen einzigen Schönheitsfehler. Unsere Energiewende liegt noch auf dem Steg und sitzt noch nicht auf dem Geräteträger. Und ein Leichtgewicht ist sie nicht gerade, besonders wenn man sie mit ausgestreckten Armen irgendwie auf den Geräteträger bugsieren muss.
Zunächst wuchten wir das Monster ins Cockpit und ziehen es mit Hilfe des Großfalls auf halbe Höhe vor den Geräteträger. Die knapp 40 kg sind dabei gar nicht so schlimm, aber irgendwie unhandlich ist das Monster schon. Dann hieven wir die Rückseite auf den Geräteträger und versuchen, die breiteren achterlichen Solarzellen so durch den Hahnepot des Achterstags zu drehen, dass der Rest auch behände durchschlüpfen kann. Das hatten wir uns vorher so überlegt und die Chancen für das Gelingen durch kritisches Hingucken als ausreichend gut beurteilt. Doch leider scheitert es an lächerlichen zehn Zentimetern in der Diagonale. Denn die kürzeste Verbindung zwischen zwei nicht passenden Punkten ist ja bekanntlich eine Diagonale 🤔! Und obwohl unser Plan eigentlich richtig gut ist, – vielleicht muss man aber an dieser Stelle tatsächlich schon sagen »war« -, will er einfach nicht funktionieren 🙄. Und so gerät unsere schöne Energiewende ins Stocken und hängt erst einmal auf Halbacht auf dem Geräteträger fest. 🤦♀️ Was für ein Mist 🤦! Nun ist 🤷♀️ guter Rat teuer 🤷♂️! Also zurück.
Mit dem Zollstock suchen wir nach Möglichkeiten, während unsere Energiewende lustlos vor dem Geräteträger baumelt. Eins ist schnell klar, es geht nur längst durch den Hahnepott des Achterstags. Aber dann müssen wir die Gesamtkonstruktion vollständig bis hinter das Achterstag und somit auch fast hinter den Geräteträger schieben, um sie dann dort um 90° zu drehen. D.h. wir müssen alle drei Solarpanels über dem Heck mehr oder weniger frei fliegend drehen, um dann die neue, schmalere Solarzelle, wieder zwischen den Hahnepott des Acherstags nach vorn führen zu können. Mit einem Autokran wäre das eine sichere Sache von 15 Minuten. Mit dem Großfall und unserer Muskelkraft ist das aber unmöglich, denn unsere Energiewende würde sich sofort auf nimmer Wiedersehen hinter der PINCOYA ins Hafenbecken stürzen.
Grübel grübel grübel … Da wir »schlauerweise« die Backstagen abgenommen haben, können wir auch nicht so einfach den Mast nach achtern sichern, um das Achterstag abzunehmen. Bleibt nur noch das Spifall, um damit die Gesamtkonstruktion so zu sichern, dass sie sich nicht in die Fluten stürzen kann. Und in einer abenteuerlichen Schwebenummer schieben wir dann tatsächlich alle drei Solarpanels mitsamt der Unterkonstruktion durch den Hahnepott des Achterstags nach hinten, drehen sie frei fliegend über dem Geräteträger und setzen sie fast elegant und vor allem passgenau auf dem Geräteträger wieder ab. Diese Nummer war so nicht ganz geplant und wir waren uns zwischenzeitlich auch nicht ganz sicher, ob die Aktion erfolgreich endet. Aber nun ist unsere Energiewende dort, wo sie hin soll und wir sichern unser Werk gleich mal schnell mit vier Schraubzwingen. Leider gibt es von dieser Aktion keine Bilder, wir waren zwischenzeitlich doch etwas zu verspannt.
Der Rest ist unspektakulär. Schnell sind die passenden Löcher in die Halterungen gebohrt und alles schraubt. Am nächsten Tag schließen wir alles an. Es ist bewölkt, also nicht unbedingt das beste Wetter, um Rekorderträge zu erzielen. Aber aus 500 WP kommen schon mal locker zwischen 8 und 15 A, obwohl die Sonne nicht scheint und die Panels ungünstig nach Westen ausgerichtet sind. Als einmal kurz die Sonne aufblitzt, schrammen wir an den 20 A entlang, wobei wir eins der flexiblen Solarpanels noch gar nicht am Start habe. Das kann sich sehen lassen, so werden wir gut hinkommen und auch locker mal den ein oder anderen Liter Salzwasser in Süßwasser verwandeln können.
Die erste Hürde ist genommen!!! 👍😎
Póvoa de Varzim, Portugal
41° 22′ 33,6″ N, 008° 45′ 54,1″ W