In Warteposition vor Cascais


Egal, wie oft wir auf die Wettervorhersagen gucken, ein halbwegs passendes Überfahrtswetter will sich irgendwie nicht ergeben. Schon seitdem wir zurück in Portugal sind, schielen wir mit einem Auge immer wieder auf mögliche Überfahrtswetter nach Madeira oder zu den Kanaren. Aber nichts ist auch nur halbwegs beständig für eine vier- bis sechstägige Überfahrt, je nachdem welches Ziel wir in Angriff nehmen. Mit schöner Regelmäßigkeit grätscht immer wieder irgendein Tiefausläufer dazwischen und bereitet dem Wind aus nördlichen Richtungen ein Ende. Und wenn es mal für kurze Zeit nicht aus Süd oder Südwesten weht, dann ist die Brise aus Norden meist zu schwach, um damit auch halbwegs flott zu fahren.

„Cascais von seiner Sonnenseite“

„Cascais von seiner Sonnenseite“

„vorn die Dinghys für die Fischer, hinten die Ankerlieger“

„vorn die Dinghys für die Fischer, hinten die Ankerlieger“

Mitte der Woche soll zwar ein Hoch mit Nordwestwind vorbeischauen, aber die nordatlantischen Tiefs schicken auch wieder ihre Wellen bis weit in den Süden. Das letzte Mal hatten uns genau solche Wellen in Figureira da Foz festgenagelt. Bei rund drei Metern würden wir ja noch mitspielen, aber vor der Tejo Mündung und Cascais sollen es bis zu fünf Meter werden. Wohlgemerkt im Mittel. Mit dem mäßigen Wind, den das Hoch dabei hat, können wir gar nicht so schnell segeln, um den Burschen zu entkommen. Auch wenn sich die Wellen nicht brechen und eine lange Frequenz haben, in solchen Wellenbergen können wir mit 15 Knoten Wind von achtern nicht einfach so herumsegeln. Oder besser gesagt, das wollen wir auch gar nicht. So ist guter Rat teuer und wir fummeln gerade mit jeder neuen Modellrechnung herum, um irgendetwas Passendes zu finden. So schwierig hatten wir uns unseren Südkurs nicht vorgestellt.

Doch all das sind ja Vorhersagen und jede neue Vorhersage bringt immer wieder etwas Neues. Das Ganze setzt sich nur langsam, je näher man der Gegenwart kommt.

„Strandleben“

„Strandleben“


Zusätzlich stehen wir vor Cascais vor zwei grundsätzlichen Entscheidungen, denn ab dem Cabo Espichel beginnt der große Sorgenbereich wegen der bekloppten Orcas. Es gibt grundsätzlich zwei Varianten, um nach Süden voranzukommen. Wir könnten von Cascais aus direkt nach Madeira oder auch zu den Kanaren gehen oder uns im Flachwasserbereich unterhalb von 30 m ums Cabo Espichel drücken, um dann direkt unter der Küste via Sesimbra, Setubal und Sines zur Algarve vorzustoßen. Immer in der Hoffnung, dass die bekloppten Orcas sich auch an die Regel halten, nicht im Flachwasser anzugreifen. Einen Absprung nach draußen gibt es von dieser Küstenroute nicht mehr. Gerade am 14ten hat es dort schon wieder einen Segler erwischt. Der ist zwar nicht gesunken, wurde aber manövrierunfähig gebissen und musste eingeschleppt werden.

„Viel Regen, manchmal mit Sonne“

„Viel Regen, manchmal mit Sonne“

Die Variante, direkt von Cascais nach Madeira oder zu den Kanaren zu gehen, lebt von der Hoffnung, dass die Orcas nahe und hinter der Großschifffahrtsroute auch nicht angreifen. Eine Garantie dafür gibt es natürlich nicht und im Fall der Fälle würde auf dieser Route auch jede Hilfe länger brauchen als küstennah. So überlegen wir hin und her und vor und zurück. Zudem sind wir spät dran, schon in 6 Wochen wollen wir eigentlich unsere letzten Vorbereitungen für die Überfahrt in die Karibik abgeschlossen haben und nur noch auf La Palma auf ein passendes Wetterfenster warten, um aufzubrechen.

„Ein Däne räumt den Ankerplatz auf 😳, nun liegt dort ein Ankerschrott weniger 😂!“

„Ein Däne räumt den Ankerplatz auf 😳, nun liegt dort ein Ankerschrott weniger 😂!“

„Das Dampferlicht leuchtet nun wieder.“

„Das Dampferlicht leuchtet nun wieder.“


Abgesehen von dem einen schönen Samstag, der uns noch einmal richtig mit einem Sommergefühl angefüttert hat, ist das Wetter vor Cascais eher bescheiden. Das dauertrübe und meist regennasse Wetter zerrt auch so sehr an unserer Batteriekapazität, dass wir tatsächlich den kleinen Honda anwerfen müssen, um die Lithiums vor unserem Aufbruch noch einmal etwas voller zu laden.

„Der Generator braucht Benzin ...“

„Der Generator braucht Benzin …“

Die Wettermeldungen von Lanzarote bringen dann die Entscheidung. 25° und 12h Sonne. Das ist mal eine konkrete Aussage, wenn man vor Cascais ankert und nicht weiß, wie man es machen soll und gerade seine Sachen trocknet, weil man beim Einkaufen pudelnass geworden ist. Auf Madeira sieht es zwar auch besser aus als vor Cascais, aber dort gibt es keinen Ankerplatz, der west- oder südwestwind-geeignet ist. Außerdem drängt uns die Zeit und wir wollen lieber noch etwas mehr Zeit auf den Kanaren haben, als noch zusätzlich hoppla hopp über Porto Santo zu stolpern, da wir auch dort wieder auf ein Wetterfenster warten müssten, um weiterzukommen. Also direkt nach Lanzarote, aber wann ist der richtige Zeitpunkt?

„Da liegen wir.“

„Da liegen wir.“


„Wellen vor Cascais.“

„Wellen vor Cascais.“

Dann der Entschluss. Wir nehmen das Hoch ab Mittwoch. Gegen Donnerstagmittag soll der Wind auf Nordwest drehen und wenn sich das Hoch dann so ausbreitet, wie vorhergesagt, könnten wir es mit einer kleinen Schwachwindphase zur Halbzeit im Großen und Ganzen mit einem von Nordwest über Nord auf Nordost drehenden Wind bis Lanzarote schaffen. Das ist aber nur die eine Seite der Medaille, auf der anderen Seite stehen zum Startzeitpunkt unangenehm hohe Wellen mit noch wenig Wind und viel Regen, gefolgt von einer Starkwindphase bis in den zweiten Tag. Danach soll es mittleren Wind mit einer Vier-Meter-Welle geben, und vor der afrikanischen Küste bis hinunter zu den Kanaren baut sich ein weiteres stürmisches Windfeld auf, das erst kurz vor unserer errechneten Ankunftszeit wieder schwächer werden soll.

„Sie trainieren immer ...“

„Sie trainieren immer …“

„... und ziehen auch mal den Spi, wenn wir es eher nicht mehr gemacht hätten.“

„… und ziehen auch mal den Spi, wenn wir es eher nicht mehr gemacht hätten.“

Hmm … summa summarum kein Überfahrtswetter, das wir ohne Not auf uns nehmen würden, aber von Norden zieht schon das nächste Tief herunter und so ist es die einzige Chance, in absehbarer Zeit segelnd wegzukommen. Wir können nur zwischen einem Start am Dienstag und einem am Donnerstag wählen, wobei wir mit einem frühen Start erst motoren müssten, um dann auf dem letzten Drittel richtig einen auf die Mütze zu bekommen. Beim späten Start gibt’s zwar gleich zu Anfang einen auf den Deckel, aber wir werden wohl weitgehend segeln können. So wählen wir den späten Start, auch weil die Haue, die uns bei einem frühen Start vor den Kanaren erwartet, doch unangenehmer zu sein scheint als die vom Donnerstag und Freitag noch vor der portugiesischen Küste.

„Am letzten Tag müssen wir noch verlegen, ...“

„Am letzten Tag müssen wir noch verlegen, …“

„..., weil die Rescue zusammen mit der Marine üben möchte.“

„…, weil die Rescue zusammen mit der Marine üben möchte.“

vor Cascais [A]
38° 41′ 42,8″ N, 009° 24′ 52,7″ W