Figueira da Foz -> Peniche [A] Distanz: 59,1 sm Gesamtdistanz: 2.902,4 sm
So gegen 7:30 passiert es. Die Ampel springt von rot auf gelb. 20 Minuten später brechen die beiden Dänen auf. Uns drängelt die Zeit nicht wirklich, denn es weht noch nicht einmal ein kleines Lüftchen. Aber um irgendwelche Lüftchen, mit denen man nach Süden segeln kann, dreht es sich ohnehin schon lange nicht mehr. Diesen Herbst sind Nicht-Südwindlagen so rar, dass es vollkommen egal ist, woher und wie stark der Wind dann kommt, wenn es mal nicht wie blöde aus Süden bläst. Der einzige segelbare Wind soll heute irgendwie tagsüber auf Höhe von Nazaré einsetzen und bis morgen Nachmittag bis kurz vor Cascais anhalten. Dann kommt wieder das Nichts, gefolgt von einem satten Süd.
Unser Ableger klappt wesentlich besser als der Anleger. Die verwirbelnden Strömungen in der Marina konnten wir ja nun 6 Tage lang eingehend beobachten und uns dazu eine Leinentaktik überlegen. Als wir ankamen, haben uns die Wirbel doch schon etwas überrascht, obwohl wir es eigentlich hätten besser wissen müssen.
Quer durch die Einfahrt laufen immer noch recht ansehnliche Wellen und manche tun immer noch so, als ob sie sich gleich noch ein letztes Mal brechen wollen, doch das heben sie sich dann doch für das Flach südlich der Einfahrt auf. Vorsorglich haben wir das Groß schon direkt vor der Marina gesetzt, kurz keimt auch eine kleine Hoffnung auf, dass wir zwar langsam, aber stetig unter Segeln vorankommen. Aber das Wenige beginnt schnell wieder zu schwächeln und so motoren wir schlussendlich Stunde für Stunde Nazaré entgegen. Immer von der Hoffnung getragen, dass es im Süden wärmer wird, wir diese blöde Nord-Süd-Wetterscheide irgendwann mal hinter uns lassen und dass heute Nacht aus dem Wenigen tatsächlich noch ein segelbarer Wind wird. Und wenn das dann so ist, dann fahren wir einfach durch, denn zu schnell haben wir ja wieder das Nichts und den dann folgenden Südwind am Hals.
Nazaré ist schon von weitem nicht zu übersehen. Dort herrschen zurzeit zwar nicht gerade weltmeisterschaftliche Surfbedingungen, aber die Gischt mölmt so sehr über die Steilküste, dass Nazaré schon früh am Horizont zu sehen ist. Und was sollen wir sagen, wenn vor Naz´ré die rote Sonne im Meer versinkt und vom Himmel der Vollmond entspannt herüberwinkt, zieht ein Kräuseln ganz leicht über’s glatte Meer, und die Segel, die blähen sich prallbäuchig sehr. »Hol dicht, Schiffsjunge!« ruft die Capitana und der Schiffsjunge spürt die jungendliche Kraft des Windes in den Schoten. Der Unterwasser-Canyon von Nazaré liegt erst drei Seemeilen hinter uns, als der junge Wind ganz ohne Vorwarnung in sich zusammenbricht. Mit Wind müsste die Freiheit wohl grenzenlos sein, doch nun dröhnt es schon wieder in uns`ren Ohren, wie ein Pfeil zieht die Küste nicht grad vorbei, vor Stunden hätten wir das noch geschworen.
So geht es bis Peniche. Das Nullkommanull-Nichts begleitet uns schon drei Stunden, als wir beschließen, vor Peniche einfach vor Anker zu gehen. Wir sind genervt, und wollen nur noch unsere Ruhe. Am Ende gehen wir dann doch ins Hafenbecken vor die Werft, draußen hätten wir keine ruhige Nacht gehabt.
Peniche [A] -> Cascais [A] Distanz: 44.9 sm Gesamtdistanz: 2.947,3 sm
Als der Wecker klingelt, schleicht das Nichts immer noch um uns herum. Wenn nicht ab und zu einer der Fischer reinkommen würde, könnte man meinen, dass wir in einen festen Wackelpudding liegen, denn selbst kleine Kräuselwellen scheinen weggeliert worden zu sein. Doch die Vorhersage behauptet immer noch steif und fest dasselbe wie gestern. 12 Knoten aus Ost, die erst ab 14:00 abrupt vom Nichts übernommen werden sollen. Vielleicht hatte die Modellrechnungsabteilung heute Nacht auch eine Betriebsfeier und etwas Neues gibt es erst, wenn sie ausgeschlafen haben.
Aber egal, ganz sicher hat das Nichts hier eigentlich noch gar nichts zu suchen. Mit unserem ersten Morgenkaffee betrachten wir etwas genervt die Lage. Einige Fischer donnern nur wenige Meter an uns vorbei und einige lassen es sich auch nicht nehmen, zunächst direkt auf uns zuzuhalten. In jedem Fall drosseln sie erst, nachdem sie uns passiert haben, ihre Geschwindigkeit, sonst würden die Touris ja auch nicht so schon schaukeln. Wir haben nicht das Gefühl, an dieser Stelle willkommen zu sein, obwohl wir mehr oder weniger noch im Mooringfeld liegen. So trösten wir uns mit unserem Morgenkaffee. Seitdem wir nur noch mit unserem selbstproduzierten Wasser kochen, hat der Kaffee einen geschmacklichen Quantensprung gemacht. Da freuen wir uns schon richtig auf den Vormittagstee. Doch Tee hin oder her, eins ist sicher, besser als heute werden die Bedingungen nicht, um nach Süden zu kommen.
Da wir gestern alles einfach nur stehen und liegen gelassen haben, ist unser Start heute früh rekordverdächtig schnell. Vor uns sind schon drei weitere Segler in Richtung Cascais aufgebrochen. Als wir um die Mole kommen, können wir sie weit voraus noch sehen. Man könnte meinen, dass die Masten eine gewisse Schräglage haben. Vielleicht haben die die 12 Knoten schon gefunden. Kurz hinter der Ausfahrt können wir davon nur träumen, doch ganz zart lässt ab und zu ein kleines Lüftchen auf mehr hoffen. So tanzen wir brummend unter Motor den Fischerfähnchenmambo. Gestern Nacht hatten wir wohl ziemlich viel Glück, hier vor Peniche steht ein richtiger Wald von Fähnchen.
Und dann kommen die 12 Knoten Ostwind. Doch sie halten sich gar nicht so lange bei 12 Knoten auf. Plötzlich sausen wir nur so dahin und als der Wind an der 20 knabbert, drehen wir tatsächlich die Genua etwas ein. Es ist ein Traum! Was für ein Unterschied zu den letzten Tagen. Endlich fährt es einfach mal so. Wir genießen dieses Rauschen. Es ist perfekt, denn die Sonne scheint dazu von einem wolkenlosen Himmel. Da hat man tatsächlich fast das Gefühl, dass wir den Sommer so langsam wieder einholen. Wunderbar!
Um 14:00 sagt die Capitana: »Siehst du, manchmal ist es doch auch gut, wenn die Vorhersage nicht stimmt!« Doch das hätte sie lieber nicht sagen sollen, denn um 14:09 ist Schluss mit lustig. Von einer Minute zur anderen dümpeln wir nur noch so dahin. Es ist, als ob wir von einem Zimmer mit Durchzug in ein anderes mit geschlossenen Fenstern gegangen sind. Von hinten kommen nun die Dänen auf, die mit uns in Figueira da Foz festgelegen haben. Die sind letzte Nacht in Nazaré eingekehrt, als wir durchgefahren sind. Die meisten Dänen erkennt man auch ganz ohne AIS an ihrer absolut konstanten Durchschnittsgeschwindigkeit. Wo andere sich den Tücken des Windes ausliefern, triumphieren Dänen Dank des Prinzips des »Danish sailing«. Obwohl wir das ja schon aus der Ostsee kennen, zweifeln wir doch jedes Mal wieder an unserer Segelstellung, wenn andere ganz locker aus 7 Knoten Wind noch 6,5 Knoten Fahrt herauszaubern. Doch irgendwann ziehen sie dann unweigerlich an einem vorbei und das spuckende Kühlwasser verrät sie.
Ein leichter Strom gegenan und nur ein kleiner Wind auf der Nase sind keine gute Kombination, um in Richtung Cascais um die Ecke zu kommen. Irgendwann müssen auch wir die Segel streichen. Mit den letzten Sonnenstrahlen kommen wir vor Cascais an. Doch kurz vorher bekommen wir noch einmal richtig etwas geboten. Im letzten Licht des Sonnenuntergangs kommt uns eine Gruppe von mindestens 50 Delphinen entgegen. Wir lassen uns eine Weile treiben und genießen das Schauspiel in der untergehenden Sonne. Kurz darauf fällt unser Anker vor Cascais. Es ist wellig und nicht ganz so ruhig wie das letzte Mal, als wir hier waren.
Das Paket, das uns die Kids noch schnell hinterher geschickt haben, kommt zusammen mit uns in Cascais an. Wir haben wieder John gefragt, ob er unser Paket entgegen nehmen kann. John ist der Port-Officer des OCC in Cascais und vor zwei Jahren haben wir über ihn schon einmal ein Päckchen bekommen. Der Samstag ist ein traumhafter Sommertag, der alle raus und auf’s Wasser lockt. Vor Cascais ist alles auf dem Wasser vertreten, was irgendwie Spaß macht. Mit und ohne Segel quirlt es um uns herum. Nur diesmal sind auffallend wenige Jetskis darunter, der hohe Spritpreis scheint auch seine guten Seiten zu haben!
Richtig beeindruckend ist wieder der Behindertensegelsport. Mit kleinen speziellen Jollen kreuzen sie immer wieder direkt durchs Ankerfeld, wir scheinen eine ideale Wendemarke abzugeben. Der Coach hat alle Hände voll zu tun, um seine Truppe wenigsten etwas zusammenzuhalten.
Abends sitzen wir mit John zusammen und er erzählt uns, dass ein Unternehmer aus Cascais den Behindertensport hier ins Leben gerufen hat. Nicht nur körperlich behinderte Menschen segeln hier mit viel Erfolg, auch Menschen mit geistiger Behinderung.
Den hübschen Sommerabend lassen wir zusammen mit John ausklingen. Schon morgen soll es wieder etwas trüb werden und dann kommt es unweigerlich wieder so, wie wir es schon kennen 🙄. Mehrere Tiefs sorgen für unstete und wechselnde Winde, aber das wird nicht unser eigentliches Problem sein. Es sollen sich Wellen bis zu 5 m vor der Tejo-Mündung formieren. Mal sehen, wie gut die es dann auch um die Ecke bis in die Ankerbucht vor Cascais schaffen. John meint, it could be a bit unpleasant, but a little more inside it might be possible to stay at anchor.
Hmmm … 🤔 So verlegen wir uns am Sonntag ziemlich dicht hinter die Mole. Wir sind nicht die einzigen mit dieser Idee, alle wild entschlossenen Ankerlieger kuscheln sich etwas zusammen. Und hoffen wie wir, dass die Vorhersage etwas übertreibt.
Stationen:
10.11 Figueira da Foz -> Peniche [A] 59,1 sm gesamt 2.902,4 sm
39° 21′ 04,6″ N, 009° 22′ 24,1″ W
11.11 Peniche [A] -> Cascais [A] 44,9 sm gesamt 2.947,3 sm
12.11 -> 14.11. Cascais [A]
38° 41′ 42,8″ N, 009° 24′ 52,7″ W