Dieses Jahr war unsere Segelsaison wieder einmal zweigeteilt. Los ging es am 14. Februar, nachdem wir in Arrecife die neuen Lithiums eingebaut hatten. Bis zum 16. Mai haben wir dann die Kanaren besegelt. Teilweise mit Lin, die uns für zweieinhalb Wochen begleitete. Als beeindruckendste Ereignisse bleiben uns wohl Tazacorte auf La Palma mit dem Besuch am Vulkan Cumbre Vieja in Erinnerung und unsere Ankersession in den irren Fallwinden in der Bahia Antequera im Norden von Teneriffa. Aber so eine Auswahl ist eigentlich nur schwer zu treffen, denn so vieles war so einzigartig. El Balcón auf Gran Canaria, Los Gigantes auf Teneriffa, La Gomera überhaupt, der Faro Punta de Jandia im Süden Fuerteventuras und natürlich immer wieder La Graciosa. Auch die ein oder andere Überfahrt zwischen den Insel hatte so ihre denkwürdigen Momente.
Über Porto Santo (Madeira) ging es dann Mitte Mai ziemlich schnell weiter zu den Azoren. Seit Jahren standen die Azoren auf unserer Reiseliste, aber immer wieder war irgendetwas dazwischen gekommen. Und nun waren wir da. Leider konnten wir aus familiären Gründen nur drei Inseln besuchen. Santa Maria, São Miguel und Terceira. Am besten hat uns Santa Maria gefallen, vielleicht auch deswegen, weil es dort keinerlei Massentourismus gibt und alles wirklich noch ursprünglich und natürlich zu sein scheint. Der große Azoren-Hype, der alle immer zu erfassen scheint, hielt sich bei uns allerdings in Grenzen. Vielleicht lag das auch am Wetter, denn von den vier Jahreszeiten, die man auf den Azoren jeden Tag haben soll, hatten wir leider fast ausschließlich nur den April. Aber nun ja, wenn unsere Wünsche der nächsten Jahre in Erfüllung gehen, dann erhalten die Azoren ja auf dem Rückweg noch einmal eine zweite Chance.
Unvergesslich wird aber in jedem Fall unsere Rückfahrt zum Festland bleiben. Das erste Mal waren wir wirklich etwas länger unterwegs. 886,9 Seemeilen offshore in 6 Tagen und 20 Stunden an einem Stück. Nicht immer einfach und gemütlich, aber eine gute Einstimmung auf mehr.
Nach zwei Monaten Heimaturlaub kam dann Anfang September in Póvoa de Varzim der Einbau unseres Wassermachers und der Ausbau der Solar-Kapazitäten. Beides hat sich bis heute schon mehr als bewährt und wir sind heilfroh, diesen Aufwand noch einmal gemacht zu haben. Von Póvoa de Varzim ging es dann ab dem 1. November in Etappen bis nach Cascais. Allerdings fehlte diesen Etappen etwas die Unbeschwertheit, die man sich eigentlich wünscht und die wir an dieser Küste schon einmal hatten. Die Orca-Attacken hatten drastisch zugenommen und fast täglich kam es zu neuen Angriffen. Die Strategien, um einer Attacke zu entgehen oder sie abzuwehren oder auch nur zu überstehen, sind ebenso mannigfaltig wie die Erklärungen, warum es überhaupt zu diesen Attacken kommt. Wir hatten Glück und das ist wohl das Einzige, was zuverlässig hilft. Von Cascais aus sind wir in der Hoffnung, dass sich die Attacken eher auf den Tiefwasserküstenbereich beschränken, ziemlich schnell hinter die Großschiffahrtslinie vor der portugiesischen Küste gesegelt. Die Wetter- und Wellenbedingungen waren nicht gerade optimal, aber das waren sie ja den ganzen Herbst 2022 ohnehin schon nicht. Die 600 Seemeilen bis La Graciosa auf den Kanaren waren eine neue Erfahrung, die unser Vertrauen in unsere dicke Erna sehr gestärkt hat.
Neben etwas Entspannung standen dann auf den Kanaren die Vorbereitungen auf unsere Überfahrt in die Karibik im Vordergrund. Und nun liegen wir bereit zu Größerem in La Estaca auf El Hierro und feiern dort erst einmal Weihnachten und werden auch dort das neue Jahr begrüßen. Es ist unser erstes Weihnachten, das wir nicht zuhause verbringen. Ein »warmes« Weihnachten ist schon ziemlich anders, aber wir genießen die Wärme und die Möglichkeit, vor El Hierro in kristallklarem Wasser bei 24° ein Weihnachtsschwimmerchen zu machen.
Und noch eine Kleinigkeit. Genau 6 Seemeilen vor El Hierro loggen wir unsere 22.000ste Seemeile mit der PINCOYA.
Für Segler ist das schon eine etwas magische Zahl, denn der Erdumfang hat ja ziemlich genau 21.600 Bogenminuten sprich Seemeilen. Auch dies ist ein guter Startpunkt für mehr, obwohl wir es wohl auch mit den nächsten 22.000 Seemeilen nicht schaffen werden, aus der anderen Richtung zurückzukommen.
Und nun …
¡Feliz Navidad y próspero Año Nuevo!
Und hier noch die unvermeidliche Jahresstatistik 2022
Der nördlichste Punkt 2022 lag auf unserer Rückreise von den Azoren kurz vor der galizischen Küste. Wohingegen wir unseren südlichsten Punkt zusammen mit Lin auf einem Kreuzschlag vor Gran Canaria erreicht haben. Unser westlichster Punkt liegt natürlich auf den Azoren, es war unser Ankerplatz auf Terceira. Nur unseren östlichste Punkt haben wir erst auf unserer Herbstetappe erreicht. Es war unser Ankerplatz bei Aveiro vor São Jacinto.
Frühjahr- und Sommertörn: 2.760,1 sm -> Segelschnitt 96,4 %
Herbstetappe: 1.116,6 sm -> Segelschnitt 84,7 %
gesamt: 3.876,7 sm -> Segelschnitt 93,1 %
Frühjahr- und Sommertörn: 49 Fahrtage inkl. 15 Nachtfahrten
Herbstetappe: 20 Fahrtage inkl. 6 Nachtfahrten
gesamt: 69 Fahrtage inkl. 21 Nachtfahrten
Insgesamt waren wir knapp 8 Monate unterwegs, haben 75 mal vor Anker gelegen und hatten 21 Seetage.
La Estaca auf El Hierro
27° 47′ 07,1″ N, 017° 54′ 06,9″ W