Saint Anne


Versprochen! Ab diesem Blog werden wir nur noch über karibische oder sonstige Highlights schreiben. Nach inzwischen 3 1/2 Wochen sind wir selbst ziemlich genervt und fragen uns, was nun noch alles passieren möchte. Allein die Hängepartie mit der Reparatur der Wanten wäre ja noch recht übersichtlich. Aber fast täglich kommt irgendeine neue Kleinigkeit hinzu. Zugegeben, alles Kleinigkeiten, doch die Menge ist schon frustrierend. Doch nun kommt vor Saint Anne erst einmal der Tapetenwechsel und der Rest muss warten.

„von Le Marin -> nach Saint Anne“ 

„von Le Marin -> nach Saint Anne“


Der Anchorage vor Saint Anne hat sich zwischenzeitlich ziemlich gelichtet. Dass es langsam leerer wird, hatten wir schon vor Le Marine bemerkt. Die Dichte der Ankerlieger hat deutlich abgenommen. Vielleicht sind St. Lucia und Martinique ja doch für viele eher die ersten Anlaufziele in der Karibik und nun zieht der Tross weiter.

„Das Dinghy-Dock von Saint Anne, das uns noch zum Verhängnis werden soll ...“ 

„Das Dinghy-Dock von Saint Anne, das uns noch zum Verhängnis werden soll …“

Der große Unterschied zwischen dem Anchorage von Saint Anne und dem vor Le Marin ist, dass vor Saint Anne fast ausschließlich »aktive« Segler liegen. Vor Le Marin ist das nicht ganz so. Dort ankern nicht nur viele Liveaboards, dort liegen auch unzählige Schiffe vor Anker, die auf dem besten Weg sind, zu einem weiteren Wrack vor Le Marin zu werden. Das sind mitnichten nur Schiffe, die es gerade mal bis Martinique geschafft haben, hier vergammelt auch erschreckend vieles, was eigentlich noch segeln könnte.
In Summe müssen das erstaunliche Werte sein, denn auch ein 10 Jahre alter Katamaran verwandelt sich ohne etwas Pflege im Handumdrehen in einen Schrotthaufen. Nicht nur einmal fragen wir uns, ob irgendjemand all diesen Schrott irgendwann einmal beseitigt. Doch aktuell sieht das eher nicht so aus, denn an vielen Stellen guckt noch der ein oder andere Mast oder Teile der Aufbauen aus dem Wasser.

„Saint Anne ist wunderbar bunt!“ 

„Saint Anne ist wunderbar bunt!“


Vor Saint Anne treffen wir nicht nur Anna und Reinhard von der Sancara wieder, sondern auch Per-Erling. Das erste Mal haben wir uns in Kalmar getroffen und das zweite Mal dann in Gijón. Per-Erling und Maria hatten damals die Blue Puffin und er ist dann nachts einhand weitergesegelt, als wir die Hosen voll hatten und lieber zurückgefahren sind. Nun muss er uns in diesem Jahr irgendwo an der portugiesischen Küste mit seiner Link One, eine Overseas 40, wieder überholt haben, denn auf den Kanaren war er schon wieder kurz vor uns. Doch die Welt ist ja klein und so treffen wir uns nun zum dritten Mal vor Saint Anne.

Die Woche beginnt und vergeht gemütlich. Man trifft sich mal hier und mal da und am Donnerstag gibt es internationales BBQ am Strand. Es wird improvisiert und alles wird mit vielen Segel- und Lebensgeschichten garniert. Eine bunte Truppe. Teile ziehen weiter, andere bleiben auf Martinique. Und die Ziele der Weiterziehenden könnten kaum unterschiedlicher sein. Aber man trifft sich ja irgendwo wieder, wenigstens das ist sicher.


„Saint Anne von der Südseite“ 

„Saint Anne von der Südseite“

Am Dienstag wollen wir eigentlich zum Plage des Salines bzw. dem Étang des Salines ganz im Süden von Martinique wandern. Der Weg dorthin soll sehr hübsch und obendrein soll es auch gar nicht weit sein. So erzählt man es uns wenigstens. Doch wir vertrödeln viel Zeit mit etwas Strandbummelei, weil in uns tatsächlich ein kleines karibisches Gefühl aufkommt. Dann geht es am Strand nicht weiter, weil sich das Cap Dunkerque ins Wasser reckt. Das hört sich gewaltiger an, als es eigentlich ist, denn das echte Dünkirchen hat ja gar kein Kap und deswegen fällt wahrscheinlich auch das Cap Dunkerque auf Martinique etwas kleiner aus. Doch wir schlagen die falsche Richtung ein, vielleicht hat auch ein Schelm an dem Schild gedreht, in jedem Fall merken wir erst zu spät, dass wir schon wieder auf dem Rückweg sind 🙄, ohne jemals überhaupt da gewesen zu sein 😟.

„So viel Farbe ist einfach erfrischend.“ 

„So viel Farbe ist einfach erfrischend.“

„Kein Urwald, aber schon etwas anders als in der Eilenriede in Hannover.“ 

„Kein Urwald, aber schon etwas anders als in der Eilenriede in Hannover.“

Unser Favorit unten den Palmen.“ 

Unser Favorit unten den Palmen.“

Das schreit natürlich nach einem neuen Anlauf, doch das Wetter der nächsten Tage ist etwas durchwachsen. Also geht der Schiffsjunge auf Tauchstation. In eineinhalb Tagen befreien wir das ganze Unterwasserschiff von diesen blöden Entenmuscheln. Wir sind davon ausgegangen, dass wir uns diese Delikatesse auf den Kapverden eingefangen haben. – Ja ja, es gibt Leute, die zahlen für so eine ekelige Mahlzeit ein Vermögen. Vielleicht nicht für eine von unserem Unterwasserschiff, aber für die aus der Brandung vor Galizien, wo die leckersten Exemplare zwischen den Steinen leben sollen. – Doch Per-Erling erzählt uns, dass sich diese Mistdinger auch gerne während des Segelns ansiedeln. Man muss dafür gar nicht irgendwo vor Anker liegen. Wie das nun wieder mitten auf dem Atlantik passieren konnte, lesen wir nach.

„Endlich mal ein erster karibischer Strand.“ 

„Endlich mal ein erster karibischer Strand.“

Erstens sind Entenmuscheln schon mal gar keine Muscheln, sondern Krebse. Sogenannte Rankenfußkrebse, was sie allerdings auch nicht viel sympathischer macht. Und zweitens sind es Zwitter, die gerne mal im Überfluss mit ihrem Nachwuchs um sich werfen. Und diese Larven halten sich vorzugsweise im Freiwasserbereich auf, bis sie sich irgendwo, wahrscheinlich mit ihrem Rankenfuß festsetzen und beginnen zu wachsen. So stellen wir uns das jedenfalls vor. Da waren wir wohl wieder einmal zur falschen Zeit am falschen Platz. Vielleicht haben sich die Entenmuschellarven ja auch mit dem ganzen Sargassum herumgetrieben und heimtückisch auf den Rumpf der PINCOYA gewartet. Von dem Sargassum gab es ja in jedem Fall genug. Doch die jugendlichen Entenmuscheln scheinen das karibische Wasser vor Martinique nicht sonderlich zu mögen, denn einmal abgekratzt bleibt das Unterwasserschiff tatsächlich weitgehend frei und wird nicht gleich wieder neu besiedelt. Wenigstens nicht von Entenmuscheln, ansonsten lebt die Unterwasserwelt und vermehrt sich freudig bei uns.
Während ich unser Unterwasserschiff säubere, bekomme ich Besuch von zig silberblau schimmernden Fischchen. Sie sind etwa 10 bis 12 cm groß und lassen sich die reich gedeckte Tafel nicht entgehen. 😂

„Nördlich von Saint Anne“

„Nördlich von Saint Anne“

„In der Mitte die kleine Erna, die hier gar nicht mehr dick wirkt.“

„In der Mitte die kleine Erna, die hier gar nicht mehr dick wirkt.“

„Das Kirchlein oberhalb von Saint Anne mit dem langen Aufstieg.“

„Das Kirchlein oberhalb von Saint Anne mit dem langen Aufstieg.“

„Glutrote Abendstimmung vor Saint Anne“

„Glutrote Abendstimmung vor Saint Anne“


„Der Weg, der zu lang ist, um das Ziel ist zu sein.“

„Der Weg, der zu lang ist, um das Ziel ist zu sein.“

Am Samstag kommt dann der zweite Versuch, zu den Salines zu wandern. Zwischendrin ist der Weg wirklich schön und wir machen einen netten Zwischenstopp an einem Strand, an dem wir zwar nicht allein sind, aber an dem tatsächlich noch große Sandflächen zwischen den Sonnenhungrigen frei sind.

„Karibische Entspannung ...“

„Karibische Entspannung …“

Insgesamt kommt uns der Weg doch recht lang vor und wir haben das Gefühl, dass man das Schild, auf dem steht, dass es nur noch 4,5 km bis zu den Salines sind, vielleicht doch eher im Dutzend bestellt hat.

„She's walking and I'm too ...“

„She’s walking and I’m too …“

„Wir sind nicht allein, Millionen von Krabben wohnen an der Küste.“

„Wir sind nicht allein, Millionen von Krabben wohnen an der Küste.“

Erst nach Kilometern erreichen wir ein erstes Schild, dass nur noch eine 3 vorne hat. Es ist Samstag und der Strand an den Salines ist rappelvoll. Am See sind wir allein. Nachdem wir beides gesehen haben, finden wir das auch ganz verständlich, denn das Naturwunder des Sees erschließt sich wohl doch eher nur Meeresbiologen, wohingegen das Strandleben des Plage des Salines auch etwas für nicht ganz so wissenschaftlich interessierte Besucher ist.

„Außen Meer innen Sumpf ...“

„Außen Meer innen Sumpf …“

„Niedrigwasser ...“

„Niedrigwasser …“

„Der Étang des Salines I“

„Der Étang des Salines I“

„Der Étang des Salines II“

„Der Étang des Salines II“

„Strandleben ...“

„Strandleben …“

Am Ende werden es zwar nur 13,7 km bleiben, aber die halbe Strecke fühlt sich schon mal nach wenigstens 10 km an. Und wie gesagt, es ist Samstag und zu dem Plage des Salines führt eine Straße. Die Autos stehen so dicht, wie sich im Schatten der Palmen die Picknick- und Grillplätze drängen. Dazwischen haben sich einige offizielle und wenigstens doppelt so viele improvisierte Bars und Restaurationen gedrängt. Hier und da werden schon spontane Discos aufgebaut, um die Saturday-Night gebührend zu feiern. Das alles mutet wie einer dieser wenigen wirklich heißen Strandtage an der Ostsee an, wenn halb Norddeutschland irgendwie versucht, ans Wasser zu kommen.
Und so eine Wanderung macht durstig. Also setzen wir uns in eine der semi-offiziellen Bars und bestellen zwei Bier. Das Bier ist eiskalt und zwischen den Mangroven brummt ein Generator für die Tiefkühltruhe. Und wir sitzen im Schatten und das Bier soll laut einem Schild nur 2 € kosten. Was ein echtes Schnäppchen für Martinique ist. Am Ende werden es 3 Bier und als wir zahlen wollen, werden wir nach hinten, also hinter den ausrangierten Container gebeten, um bei Mama zu bezahlen. Und Mama sitzt im Schatten vor einer üppigen Mahlzeit und zwei Kassen. Aber Mama ist so dick, dass sie eben dort nur sitzen kann und ihr Enkel all das machen muss, was im weiteren Sinne mit Bewegung zu tun hat. Table deux, trois bière. Sie zeigt mir den Zettel und ich nicke. Dann beginnt Mama zu rechnen. Ein leichtes Schütteln geht durch ihren riesigen Körper. Erst wandern ihrer Augen etwas hin und her, dann fällt ihr Blick auf ihre Finger und sie beginnt zu zählen. Nachdem das Ergebnis feststeht, fliegt die Zahl »sept« unüberhörbar zu ihrer Tochter, die gerade draußen bedient, und kurz darauf schallt ein »Oui!« ebenso unüberhörbar zurück. Mit einem erleichterten Lächeln haucht mir Mama eine internationale »Seven« entgegen. Ich lächele zurück und gebe wirklich gerne einen Euro Trinkgeld.


Als wir zurückkommen, sehen wir unser Gummiboot erst gar nicht. Dann kommt die Erkenntnis langsam hoch, dass das schlappe Ding, dass sich dort wachsweich den Wellen hingibt, wohl unser Dinghy sein muss. Am Dinghy-Dock von Saint Anne geht es zu wie beim Sommerschlussverkauf bei Woolworth. Wie an einem Grabbeltisch mit besonders guten und auch raren Schnäppchen regiert die Ellenbogengesellschaft. Von allen Seiten kommen immer wieder neue Dinghys angeschossen, von denen sich nicht wenige auf die Rammbocktechnik spezialisiert haben. Neulinge erkennt man sofort an ihrer zögerlichen Art. Nun ist das Dinghy-Dock von Saint Anne aber auch wirklich etwas problematisch. Es ist ein alter fester Betonsteg, der eben nicht schwimmt und so je nach Wasserstand auch genügend Platz bietet, dass die Dinghies darunter rutschen können. Die Anhänger der Rammbocktechnik nehmen das gerne in Kauf, denn das lässt ihre Gegner bei Niedrigwasser schon mal gleich verschwinden. Erschwerend kommt hinzu, dass es nur wenige Leitern gibt, die es einem erlauben, auf den Steg zu kommen. Auch das könnte ein kleineres Problem sein, wenn es Möglichkeiten gäbe, die Dinghies auch woanders, als an den Leitern selbst anzuschließen. Also ballt sich alles an den leeseitigen Leitern, denn die Luvseite fällt schon mal vollkommen aus, weil es eben die Luvseite ist und die Dinghies schon allein vom Wind unter den Steg geblasen werden. Richtig Schlaue haben einen Heckanker, aber für so viel Insiderwissen, müssten wir wohl noch etwas länger durch die Karibik cruisen.
Nun dachten wir bis zu den Kapverden und Martinique, dass wir ein altes, vollkommen schrabbeliges Dinghy haben, aber in einem Beauty-Contest würden wir tatsächlich noch einen guten mittleren Platz belegen. Mit den Schönheitsköniginnen, den Ribs mit den 20 PS Außenbordern, die fast ausnahmslos täglich versuchen, ihre Rammbocktechnik zu perfektionieren, können wir natürlich nicht mithalten. Aber unser Dinghy, für das wir uns seit den Kapverden gar nicht mehr schämen, schließen auch wir lieber mal an.

In all diesem Trubel muss unser Gummiboot unter den Steg geraten sein. Es gibt ja einige wenige, die rücksichtsvoll auch auf die Dinghies der anderen achten, ihre eigenen Dinghies ausreichend lang anbinden und nach der eigenen Landung die anderen wieder so hinschieben, dass alles ok ist. So viel Umsicht geht allerdings bei der Jagd nach dem Liegeplatz, der einem ja eigentlich sowieso zusteht, schnell über Bord. Da kniet die Gattin an vorderster Front auf dem Bug des Ribs, während der Gatte die Muskeln seines Außenborders spielen lässt und seiner keifenden besseren Hälfte von hinten pampige Anweisungen zubrüllt. Am Ende hat es an unserem Dinghy eine Naht des vorderen Schwimmers erwischt. Sie ist aufgeplatzt und hat sich bereitwillig mal die Luft gemacht. Hinten schwimmt unser Dinghy noch und so schwappen wir mehr, als dass wir fahren zurück zur PINCOYA. Irgendwie scheint der Wurm drin zu sein. Da beginne ich diesen Blog mit einem Versprechen und muss es am Ende des Blogs schon gleich wieder brechen.

„Versteckter Sundowner ..“

„Versteckter Sundowner ..“

vor Saint Anne
14° 26′ 21,5″ N, 060° 53′ 07,0″ W