Endlich segeln wir wieder!


Le Marin [A] -> Anse Chaudière [A] bzw. Anse d’Arlet [A] 16,6 sm gesamt : 2.952,0 sm

„Nun kann es wieder losgehen ...“

„Nun kann es wieder losgehen …“

Es ist nur ein Katzensprung. Knapp 16 sm. Weg aus Le Marin, vorbei an Saint Anne und dem Diamond Rock und schon sind wir in der Anse Chaudière.

„Bei Saint Anne“

„Bei Saint Anne“

„Der Diamond Rock“

„Der Diamond Rock“

„ ... weiter zur Anse Chaudière.“

„ … weiter zur Anse Chaudière.“

Diese Bucht liegt etwa auf halbem Weg nach Fort-de-France. Was für ein Gegensatz zu Saint Anne oder gar Le Marine. Neben uns schwimmt eine Schildkröte, ihr Panzer hat gut 60 cm, und einige Pelikane stürzen sich tollkühn ins ufernahe Wasser, während die majestätischen Fregattvögel über uns gelassen ihre Runden drehen.

„Da guckt sie!“

„Da guckt sie!“

Nach genau vier Wochen und einem Tag Wartezeit auf Martinique können wir nun endlich mal wieder unbeschwert segeln. Was für ein tolles Gefühl! Erst jetzt merken wir so richtig, was uns gefehlt hat und uns zugegeben auch die ganze Zeit etwas verspannt hat. Vor genau sechs Wochen hatte das ganze Desaster begonnen und der Ritt vorher zu den Kapverden war ja auch nicht ganz ohne. Nun haben wir das erste Mal in diesem Jahr ein echt unbeschwertes Happy-Sailing. Fast hätten wir vergessen, wie sich das anfühlt.

„Eigentlich sehr schön, aber ...“

„Eigentlich sehr schön, aber …“


Wir genießen die Idylle, aber leider haben wir mit unserem ersten Erholungsschlag auch genau ein Wochenende getroffen. Sich eine Bucht mit Locals zu teilen, die auch nur ihr Wochenende genießen wollen, ist ja kein Problem, aber die Anse Chaudière zieht leider auch einige PS-starke Vollidioten an. Immer mehr Motorboote kreischen erst vor der Bucht hin und her, um sich dann langsam im südlichen Teil vor den Felsen zu sammeln.

„Sieht nicht nach einem Disco-Abend aus, wird aber einer ...“

„Sieht nicht nach einem Disco-Abend aus, wird aber einer …“

Im Grunde genommen sind die Boote nicht groß, haben dafür aber drei Außenborder á 300 PS. Die Looser haben nur zweimal 250 PS. Was immer noch das 10-fache der Motorleistung der PINCOYA ist. Vor den Felsen binden sich die PS-Boliden zu Ankerclustern zusammen und es brüllen erste Rap-Rhythmen über die Bucht. Das erste Cluster bringt es mit 5 Booten auf gut 4.000 PS, das zweite steht dem in nichts nach. Kurz nach Sonnenuntergang sieht es nach Aufbruch aus, aber zu früh gefreut, nun wird ein großes Disco-Cluster gebildet. Zu spät für uns, denn nun wollen bzw. können wir uns nicht mehr verlegen, denn in der Bucht liegen schon recht viele Netze, die nur an durchsichtigen Plastikflaschen hängen. So halten wir die Nacht mit Ohropax durch. Erst nach Mitternacht kehrt Ruhe ein und die Disco löst sich auf.

Wie idyllisch hatte es hier in der Bucht begonnen und wie schrecklich kann sich so etwas entwickeln. 🤮


In Navily berichten viele Segler davon, dass die »Offiziellen« in der letzten Zeit versucht haben, zu verhindern, dass in der Anse Chaudière und Anse d’Arlet »frei« geankert wird. Wir vermuten sehr stark, dass weniger die Fahrtensegler der Grund für diesen Versuch waren, als die Party-Truppen. Allerdings scheint man inzwischen die ganze Sache auch wieder aufgegeben zu haben. Schlimm für die Anwohner, denn wenn man hier wohnt oder sein Wochenendhaus hat, kann man sich nicht so einfach verlegen. Und als am Sonntagmittag dasselbe Spielchen wieder von vorn beginnt, verlegen wir uns ins andere Ende der Bucht, in die Anse d’Arlet.

„Wir verlegen uns ...“

„Wir verlegen uns …“

Die Soundanlage steht den Motoren in nichts nach und würde problemlos für eine trendige Großstadtdisco reichen. So können wir der Beschallung trotz unserer Verlegung nicht ganz entkommen. Für die »Musik«, – ich habe tatsächlich etwas gezögert, ob ich das Wort »Musik« schreiben soll -, sind wir allerdings wohl doch zu alt. Uns fehlt tatsächlich der Sinn dafür, uns stundenlang in einem abgehackten Techno-Rap-Sprech anbrüllen zu lassen. Vielleicht verblasst ja auch die Erinnerung, aber zu unseren Disco-Zeiten war selbst die Mucke in den Techno-Schuppen noch etwas abwechslungsreicher als das, was nun zu uns herüber schallt.


Eigentlich ist die Anse Chaudière ein wunderschönes Ankerplätzchen, aber an Wochenenden sollte man sie meiden. Und das Schlimmste an der ganzen Geschichte ist, dass von Samstagmittag bis Montagvormittag keine einzige Schildkröte und auch kein Pelikan mehr zu sehen ist. Auch die haben das Weite gesucht. Manchmal ist der negative Einfluß des Menschen auf die Natur sehr direkt zu beobachten.

„Sonntagabend, der Sundowner hat schon mal wieder die richtige Stimmung.“

„Sonntagabend, der Sundowner hat schon mal wieder die richtige Stimmung.“


Kaum können wir wieder segeln, überschlägt sich die Capitana mit Plänen. Wenn man vier Wochen zu viele Reiseführer liest, dann führt das zu einem gewissen »Umsetzungsstau«. Beim Schiffsjungen ist das eher umgekehrt, seitdem das blöde Unterwant gebrochen war, drehte sich bei ihm im Kopf alles nur um Reparaturen. Nicht dass die Capitana nicht mit repariert, aber wir haben eben unsere Schwerpunkte, auf die sich der jeweils andere auch verlassen kann. Und als es nun dem Schiffsjungen vollkommen ausreichen würde, einfach mal nur zu sitzen und nichts zu tun, bricht der Umsetzungsstau bei der Capitana durch. So erinnert die ein oder andere Szene auf der PINCOYA tatsächlich etwas an Loriots Cartoon.

„vor Les Anses-d’Arlet“

„vor Les Anses-d’Arlet“

Doch dann kramt Astrid ihr Klavier heraus. Ein untrügliches Zeichen, dass nun alles einen Gang heruntergeschaltet wird. Das ist auch gut so, denn auch wenn wir wegen der Reparatur festgenagelt waren und eigentlich nichts als Warten angesagt war, waren wir doch nicht so wirklich entspannt. Verschiedene neue und weitere Probleme haben ja auch zusätzlich alles darangesetzt, uns zu unterhalten. Doch nun kann es vielleicht mit der Entspannung mal wieder etwas werden.

„diesmal der Mond und nicht die Sonne 🙂“

„diesmal der Mond und nicht die Sonne 🙂“

Und die Anse d’Arlet ist wirklich schön. Ein guter Platz, um die Seele einfach mal etwas baumeln zu lassen und runterzukommen.
Am Sonntagabend löst sich dann tatsächlich auch die Krawall-Disco langsam auf und es kehrt Ruhe ein. Vielleicht verlegen wir uns morgen wieder zu den Schildkröten, doch vielleicht kommen sie ja auch zu uns herüber. Morgen ist Montag und die Party-Truppe muss hoffentlich arbeiten und hat keine Zeit mehr, die Idylle der Bucht zu zerstören.


Und tatsächlich kommen die Schildkröten am Montagvormittag zurück. Doch sie mögen nicht photographiert werden. Ihr Kopf kommt nur zum Luftholen zweimal kurz aus dem Wasser, dann sind sie schon wieder weg und tauchen erst nach 10 Minuten irgendwo anders wieder auf.

„Auf Schildkrötensuche ...“

„Auf Schildkrötensuche …“

Ganz leise und ohne jeden Spritzer versucht der Schiffsjunge um die PINCOYA herum zu schnorcheln. Aber ohne Erfolg. Keine Schildkröte lässt sich blicken. Hinterher erzählt die Capitana, dass schon die ein oder andere Schildkrötennase aus dem Wasser geguckt hat, aber in gebührendem Abstand zum schnorchelnden Schiffsjungen. Vielleicht waren seine Schwimmbewegungen mit den Flossen doch nicht so geschmeidig und das etwas ungelenke Geplatsche hat sie eher irritiert.


Mittags fahren wir mit dem Gummiboot nach Les Anses-d’Arlet, dem Dörfchen an der Bucht. Der Dinghy-Steg ist genauso problematisch wie der von Saint Anne. Doch hier ist nur wenig los und so auch Platz genug, um das Dinghy kurzstag zu nehmen und mit dem Bug etwas am Steg hochzuziehen. So kann es nicht wieder unter den Steg geraten und erneut einen Platten bekommen.

„Vom Dinghy-Dock geht's direkt in die Kirche 😂“

„Vom Dinghy-Dock geht's direkt in die Kirche 😂“

„Les Anses-d’Arlet“

„Les Anses-d’Arlet“

Les Anses-d’Arlet ist ein buntes Dörfchen. In den Vorgärten blüht es überbordend und die Häuser stehen der farbigen Blütenpracht in nichts nach. Teilweise scheint es so, dass die Häuser Ton in Ton zur Blütenpracht des Vorgartens gestrichen wurden. So viel Farbe ist toll. In Spanien und auch Portugal werden ja viele Häuser in dem freundlichen Naturgrau des Betons belassen, was für einen tollen Unterschied macht dagegen solch eine karibische Farboffensive!

„Karibisch bunt I...“

„Karibisch bunt I…“

„Karibisch bunt II... das macht doch gleich gute Laune!“

„Karibisch bunt II… das macht doch gleich gute Laune!“

Als das Internet-Café öffnet, versuchen wir auszuchecken. Allerdings bleibt es für uns ein Rätsel, wo nun genau der Unterschied zwischen dem Ein- und dem Auschecken liegt. Wir füllen das identische Formular noch einmal aus und setzen nun aber für unsere Ausreise kein Phantasiedatum ein, sondern den morgigen Tag. Das Ausreisefeld ist nämlich ein Pflichtfeld und ohne dieses Feld zu füllen, kann man erst gar nicht einchecken. Und obwohl das so ist, bekommt man beim Einchecken auch gleich den Hinweis, wo man auf Martinique danach überall auschecken kann. Nun ja, verstehen muss man nicht alles. So checken wir erneut ein oder auch aus oder auch beides noch einmal und doppelt. In jedem Fall findet der Typ vom Internet-Café das alles total toll, druckt unser Formular aus, stempelt es, kassiert 3 € und wünscht uns »Bon voyage«. Es ist gut, wenn alles seine Ordnung hat 😂.
p.s. etwas später: Da soll es eine Checkbox geben, die wir wohl übersehen haben. Das werden wir beim Auschecken auf Guadeloupe gleich mal ausprobieren.

„Überall blüht es“

„Überall blüht es“

„Ton in Ton mit den Blüten“

„Ton in Ton mit den Blüten“


In Les Anses-d’Arlet und am Strand ist es heiß und die Luft scheint zu stehen. Kurz denken wir über einen kleinen Besuch in einer der Strandbars nach. Aber selbst ein kühles Bier würde das kleine Lüftchen, dass draußen auf dem Ankerplatz weht, nicht adäquat ersetzen. Also tuckern wir zurück, lassen uns zwischenzeitlich noch einmal kurz etwas treiben, um zwei Schildkröten zu beobachten, und setzen uns nach einem Schwimmerchen mit zwei Dosen der »Vollendung der deutschen Braukunst« unter unser Bimini in den Schatten. Die »Vollendung der deutschen Braukunst«, das Königsbacher, ist ein Gruß aus der Heimat, und den gibt es bei Leader Price. Es stellt zwar andere Biere geschmacklich nicht in den Schatten, ist aber budget-freundlich 😇.

„Die Anse d’Arlet von oben und wir in der Mitte“

„Die Anse d’Arlet von oben und wir in der Mitte“

Und gleich morgen werden wir nach Dominica, zu unserer zweiten Karibikinsel aufbrechen.


Stationen:

04.03. Le Marin [A] -> Anse Chaudière [A] 16,6 sm:
14° 28′ 46,5″ N, 061° 04′ 51,2″ W

05. -> 06.03 Anse d’Arlet [A]
14° 29′ 10,6″ N, 061° 04′ 53,6″ W