Guadeloupe II oder nicht aufRegen


Pointe-à-Pitre -> Anse de Deshaies Distanz: 64,2 sm Gesamtdistanz: 3.130,0 sm

Wenn es mal nicht so richtig läuft, schnappt sich der dazugehörige Frust gerne auch mal etwas mehr Raum, als ihm eigentlich zusteht. Besonders, wenn der Frust-Magnetismus unweigerlich neue Probleme anzieht. Große und kleine, aber auch reale und irrationale. Es ist allerhöchste Zeit, dass wir diesen Kreislauf durchbrechen.

Als erstes reparieren wir ein weiteres Mal unser altes Gummiboot und beschließen, ab sofort einfach alles Weitere dem Zufall zu überlassen. Entweder stolpern wir zufällig über einen Ersatz oder eben nicht. Genauso machen wir es mit dem Radar, denn alle aktive Suche hat ja bisher nicht wirklich zu irgendetwas geführt. Und sollte unser Gummiboot dann trotz aller Klebeaktionen doch seine letzte Luft aushauchen, dann können wir immer noch wieder aktiv werden. Bis dahin müssen Sikaflex & Co ihr Bestes geben.


„Die Îlet à Cochons“

„Die Îlet à Cochons“

Mit unserem frisch reparierten Dinghy setzen wir am Nachmittag zu unserer »Hausinsel«, der Îlet à Cochons über. Neben der liegen wir ja nun auch schon wieder 4 1/2 Tage vor Anker, ohne auch nur einmal dort gewesen zu sein. Viel zu lange haben wir immer wieder zu viele hübsche Tage mit irgendwelchem Mist verplempert. Zudem ist es seit 2 1/2 Wochen sogar recht zuverlässig immer mal wieder sonnig. Doch die Tage mit partiell schönem Wetter sind nun auch schon wieder gezählt, denn von Norden drängelt eine ganze Kette von Monstertiefs nach Europa herüber, was auch die Hochs nördlich der Karibik in Bedrängnis bringt und uns wieder einmal schlechtes Wetter bescheren soll.

„Durch das seichte Wasser“

„Durch das seichte Wasser“

Als wir im flachen Wasser vor unserer Hausinsel aus dem Dinghy springen wollen, ziehen wir fast erschrocken unsere Füße wieder zurück. Im Schutz der Insel und etwas abseits der Strömung hat das Wasser echte Badewannentemperatur erreicht. Normalerweise liegt die Wassertemperatur ja eh schon um die 27°, und selbst die Capitana kühlt sich nur noch aus alter Gewohnheit ab, bevor sie sich an der Badeleiter hinab in die Fluten gleiten lässt. Doch hier vor der Insel hat das Wasser über 30°. Von Abkühlung kann keine Rede mehr sein. Einen richtigen Strand gibt es leider nicht, so stapfen wir am Ufer durch das seichte Wasser.

„Oben die Reste des letztes Hurricans“

„Oben die Reste des letztes Hurricans“

Obwohl es ab Samstag ungemütlich werden soll, werden wir hier morgen abhauen. Pointe-à-Pitre ist ja nun auch nicht wirklich spektakulär. Vielleicht wäre die City noch etwas gewesen, aber dazu haben wir nun auch keine Lust mehr. Da werden wir es lieber mal auf den îles des Saintes, dem kleinen Archipelago unterhalb des westlichen Schmetterlingflügels von Guadeloupe, versuchen. Wir brauchen dringend mal etwas mehr normales Cruising, sonst verlernen wir am Ende das Segeln noch ganz.


Pointe-à-Pitre [A] -> îles des Saintes, Terre-de-Haut

„von Pointe-à-Pitre -> zu den îles des Saintes“

„von Pointe-à-Pitre -> zu den îles des Saintes“

Wenn man ehrlich ist, ist es nicht besonders schlau, mit der bestehenden Wettervorhersage zu den îles des Saintes zu fahren. Segeln wollen wir das Ganze mal lieber gar nicht nennen, auch wenn wir nicht motoren. Ganz sanft schaukeln wir den îles des Saintes entgegen, wobei nicht immer klar ist, ob es nun der Wind oder doch eher die Strömung ist, die uns voranbringt. Und wenn wieder einmal eines dieser riesigen Sargassum-Felder zu durchqueren ist, bleiben wir mehr oder weniger stecken. Zweimal müssen wir den Motor zur Hilfe nehmen, um durch so ein Sargassum-Feld zu kommen. Danach ist es gut, mal einige Meter rückwärts zu fahren, um die Algen, die sich im Propeller verfangen haben, wieder loszuwerden.

„Das schlechte Wetter kündigt sich an.“

„Das schlechte Wetter kündigt sich an.“

Vor der Terre-de-Haut, der östlichen Insel der îles des Saintes, finden wir einen passablen Ankerplatz. Das mit den Ankerplätzen ist nicht so einfach, weil die besseren Bereiche für das Ankern gesperrt sind, um dort mit Moorings Geld zu verdienen. Unsere Hoffnung ist, dass der angekündigte Starkwind nicht allzu blöd in die Bucht kommt.

„vor der Terre-de-Haut“

„vor der Terre-de-Haut“

Schon bald fallen die ersten Tropfen. Das ist auf der einen Seite gut, denn es vertreibt die Partyhungrigen an Land und zur See. Doch auf der anderen Seite kündigt sich der Wetterumschwung an. Ab Mitternacht folgt dann der Schwell und es wird zusehends unruhig. Kurz darauf frischt es kräftig auf und es wird ungemütlich. Wind und Wellen laufen optimal zwischen den Insel hindurch zu unserem Ankerplatz ein. Der Wind körselt um die Inseln und die Wellen reflektieren an ihnen. Mit etwas mehr Ost im Wind wäre es ruhiger. So ist es nicht wirklich gemütlich.

„Ganz verschämt verschwindet die Sonne“

„Ganz verschämt verschwindet die Sonne“


Wir hauen lieber mal ab
Bis zum Morgen werden wir ordentlich durchgeschaukelt, während ein Platzregen nach dem anderen durchzieht. Mit dem ersten Morgenkaffee holen wir Wetter. Es sieht nicht wirklich gut aus. Die nächsten Tage soll es so bleiben, Pessimisten würden gleich die ganze Woche abhaken.

„Am Morgen versucht die Sonne noch mal, es mit einigen Regenbogen wieder gut zu machen. “

„Am Morgen versucht die Sonne noch mal, es mit einigen Regenbogen wieder gut zu machen. “

Insgesamt herrscht um uns herum eine gewisse Aufbruchsstimmung. Der ein oder andere versucht es noch in einer der anderen Buchten, aber die îles des Saintes liegen exponiert in Wind und Wellen und in allen Bereichen, die bei dieser Wind- und Wellenrichtung noch halbwegs Schutz bieten, ist das Ankern wegen des Geschäfts mit den Moorings verboten. Wir beraten uns und beschließen, uns an die Westküste von Guadeloupe zu verdrücken. Dort liegt man zwar auch weitgehend ungeschützt platt vor der Küste, aber immerhin in der Abdeckung von Guadeloupe.

Es sind nur etwa 10 sm von der Terre-de-Haut bis Basse-Terre, aber draußen scheint es inzwischen echt zur Sache zu gehen. So bereiten wir alles gründlich vor. 2tes Reff im Groß, Backstagen nach hinten und Starkwindfock. Während wir den Anker aufnehmen, zerren einige 25er-Drücker an uns herum. Nachdem der Anker oben ist, gehen wir in den Schutz des Mooringfeldes vor Terre-de-Haut, um dort die Segel zu setzen. Dann geht’s los. Das übliche Karibikwetter ist zurück. Sicherlich werden wir später zu hören bekommen, dass dies eine ganz untypische Saison war und eigentlich immer die Sonne scheint, während es leicht und konstant aus Osten weht. Doch was hilft einem dieser Trost, wenn es 2/3 der Zeit mit um die 20 kn bläst und es ständig schüttet?

„Rough I ...“

„Rough I …“

Dann geht es raus und auf Kurs Phare de Vieux-Fort, dem Leuchtturm am südwestlichen Ende von Guadeloupe. Sofort geht es heftig zur Sache. Es schüttet erbärmlich und in den Schauern kommen die Böen locker auf 30 kn. Wir segeln voll und bei, die Entscheidung für das 2te Reff und die Starkwindfock war goldrichtig. Leider brechen sich zwei Wellen so blöd, dass sie es beide bis ins Cockpit schaffen und gurgelnd in den Abläufen verschwinden. Doch das dauert etwas, denn bei der Lage, die wir schieben, läuft es nur durch den leeseitigen Abfluss ab und bei der Menge an Wasser ist auch ein 1 1/2 Zoll Gulli nicht gerade viel.

„Einsteiger ... der Schiffsjunge geht sich mal wieder umziehen 😤“

„Einsteiger … der Schiffsjunge geht sich mal wieder umziehen 😤“

„Rough II ...“

„Rough II …“

Eine dritte Welle legt uns so auf die Seite, dass die Tassen in den geschlossenen Schapps aus ihren Halterungen hüpfen. Das hatten wir auch noch nicht! Gut, dass dieser Ritt schon nach 10 sm zu Ende ist.

Hinter dem Phare de Vieux-Fort ist sofort Ruhe. Als ob jemand einen Schalter umgelegt hat. Wir beobachten einige Yachten, wie sie ungerefft in der Gegenrichtung unterwegs sind, und wie es sie am Kap so richtig erwischt. Was müssen die wohl von uns gedacht haben, als wir ihnen im 2ten Reff und mit der kleinen Starkwindfock entgegen kamen.

„Auch wenn es mit dem Ankern nicht immer klappt, sie segeln wie die Wilden!“

„Auch wenn es mit dem Ankern nicht immer klappt, sie segeln wie die Wilden!“

„Der Phare de Vieux-Fort“

„Der Phare de Vieux-Fort“

Direkt hinter dem Kap liegen schon einige Segler von Anker, aber ihre Masten winken zu uns herüber, dass es wohl auch dort noch nicht wirklich ruhig ist. Also gehen wir noch etwas weiter in die Abdeckung, bis wir knapp südlich von Basse-Terre den Anker werfen.

In uns schlummert ja immer noch die Hoffnung, dass das schlechte Wetter nur ein Zwischenspiel ist und wir die 10 sm noch einmal zurücksegeln können, um doch noch etwas von den îles des Saintes zu haben. Immer wieder schüttet es erbärmlich und vor Anker sind wir nicht nur der Spielball des normalen Windes, der es doch immer wieder irgendwie bis hinter die Insel schafft, sondern auch von Fallböen, die es in sich haben, und einer unberechenbaren Strömung, die ihre Spielchen mit uns treibt. Besonders die Strömung, deren hin und her wir vor der flachen Küste gar nicht so richtig verstehen, wirbelt das kleine Ankerfeld erstaunlich effektiv durcheinander. Mal haben wir zu dem einen oder anderen Nachbarn knapp 100 m Abstand, dann drohen wir fast zusammenzustoßen. So beansprucht jeder der Ankerlieger immer wieder den vollen Schwojkreis als sein Revier. Das ist bei 40 m gesteckter Ankerkette schon ein ordentlicher Bereich, wenn man einen Mindestabstand einhalten und nicht eng umschlungen ein Tänzchen wagen möchte.

„Trübe Aussichten ...“

„Trübe Aussichten …“

In der Nacht nimmt der Regen rekordverdächtige Formen an. Seit Anfang März hatten wir ja tatsächlich mal wenig Regen, die 2 1/2 Wochen Sonnenwetter scheinen nun aber für die Karibik auch wirklich mal zu reichen. Und die Vorhersage verspricht, dass es wenigstens noch die nächste Woche so nass in nass weitergehen soll.
Aber die Capitana wäre nicht die Capitana, wenn sie nicht eine Lösung hätte. So gibt sie die Devise aus, dass es im Norden besser als im Süden ist. Also lassen wir die îles des Saintes im Regen liegen und gehen auf Kurs Nord.


Ab in die Bouillon!

„Schnell noch etwas weiter nach Norden.“

„Schnell noch etwas weiter nach Norden.“

Am Sonntag gehen wir etwas weiter in den Norden in die Anse de Bouillante. Als wir aufbrechen, sehen wir wie ein riesiges Sargassum-Feld auf das Ankerfeld, in dem wir liegen, zutreibt. Wir beeilen uns und fahren in einem großen Bogen außen herum. Aber es ist gar kein Sargassum, der sintflutartige Regen der letzten Nacht hat jede Menge Schlamm und Erde über das Flüsschen südlich von Basse-Terre ins Meer gespült. Um die Mündung herum ist das Wasser in einem Radius von fast einer Seemeile gelblich braun.

„Kein Sargassum, Schlamm und Sand aus den Bergen ...“

„Kein Sargassum, Schlamm und Sand aus den Bergen …“

Die vermeintlich gut abgepasste Regenpause unseres Aufbruchs erweist sich leider als zu kurz. So geht sich der Schiffsjunge erst einmal wieder umziehen. Die Capitana hat irgendwie immer Glück, wenn den Schiffsjungen mal keine Welle erwischt, dann sorgt ein ordentlicher Schüttregen für die Spülung. So stapeln sich inzwischen schon die nassen Klamotten unter der Sprayhood, mal sehen, wann wir das alles mal wieder trocken bekommen.

„Der Schiffsjunge hat die Nase voll, sein letztes T-Shirt soll nicht auch noch nass werden“

„Der Schiffsjunge hat die Nase voll, sein letztes T-Shirt soll nicht auch noch nass werden“

In einem Wechselspiel von Regen, Starkwind, Flaute und zwei Sonnenstrahlen mühen wir uns in Richtung Norden ab. Dann plötzlich ist der Wind ganz weg und wir motoren den Rest. Es ist ja nicht mehr weit.

„Die Anse de Bouillante“

„Die Anse de Bouillante“

Das Ankern in der Bucht von Bouillante ist problemlos, der Anker hält sofort. Diesmal sind wir aber auch schon gewarnt und halten möglichst viel Abstand zu unseren Ankernachbarn. Das ist auch gut so, denn in den nächsten Tagen verschwurbeln uns wieder recht merkwürdige Strömungen und die kräftigen Fallwinde aus den Bergen, die mal von rechts oder links einschlagen, lassen uns immer wieder wild herumschleudern. Da Katamarane anders schleudern als Monos wird dieses Spielchen unserem französischen Katamaran-Nachbarn zu viel und er sucht das Weite. Für französische Verhältnisse hatten wir eigentlich noch mehr als genug Abstand, deswegen fanden wir das alles auch gar nicht so schlimm, aber zum Abschied guckt er uns dann doch recht böse an.

„Das Wetter in der Anse de Bouillante ist schon mal etwas geschmeidiger. Wenigstens jetzt ...“

„Das Wetter in der Anse de Bouillante ist schon mal etwas geschmeidiger. Wenigstens jetzt …“

Für die Anse de Bouillante würde Anse de »Bouillon« als Name viel besser passen, denn hier gibt es eine heiße Quelle, die tatsächlich so heiß ins Meer fließt, dass man sich verbrühen kann. Das Wasser der Bucht riecht schwefelig und ist insgesamt deutlich wärmer, als die karibische See. Wenn die Strömungen mal etwas schwächer durch die Bucht laufen, kann man das beim Schwimmen sehr deutlich merken. Neben der Quelle ist eine kleine Strandbar und an diesem Sonntag stehen davor mehr als 50 »Badende« mit Bier und Cocktail bewaffnet bis zur Brust im Wasser. Wir liegen nicht allzu weit entfernt und probieren mal ein kleines Schwimmerchen. Zum Abkühlen ist diese Bouillon nicht geeignet, aber wir fühlen gleich, dass so ein Bad wie ein Jungbrunnen wirkt 😂. Uns reicht die Wärme rund um die PINCOYA absolut aus, eine höhere Garstufe brauchen wir nicht.

„Hübsch, aber so werden wir niemals den »Green flash« sehen.“

„Hübsch, aber so werden wir niemals den »Green flash« sehen.“

Vor der Strandbar an der heißen Quelle spielt eine Reggae-Band live. Das alles passt super gut zusammen. Ein prima Mix zum Entspannen. Abends hat der Regen ein Einsehen und legt sogar mal eine längere Pause ein. So setzen auch wir uns mit einem fruchtigen Rum auf’s Vorschiff, genießen den Sonnenuntergang, der leider hinter uns stattfindet, und lauschen der Musik.


Die Anse de Bouillante hatten wir auch ausgewählt, weil direkt am Dinghy-Dock eine Tankstelle ist und man sich hier, wenn auch rudimentär, ganz gut versorgen können soll. Die Tankstelle gibt es auch noch, allerdings nur noch als Anschauungsobjekt, ohne einen Tropfen Benzin oder Diesel. Und der Carrefour erwartet wohl dringend eine neue Lieferung, denn in den Regalen klaffen mehr Lücken, als Produkte, die auf ihre Käufer warten. Doch es gibt auch eine kleine Bäckerei, die wirklich richtig leckere Baguettes backt und damit alles rausreißt. Handgemachte Baguettes mit Verkauf vor der offenen Backstube. Toll!

„Die heiße Quelle am Montag. Nicht mehr so viel los wie am Sonntag.“

„Die heiße Quelle am Montag. Nicht mehr so viel los wie am Sonntag.“

Außerdem liegt man in der Anse de Bouillante wirklich gut und etwas abseits von dem Trubel der Anse des Pigeon. Die Anse des Pigeon liegt gleich nördlich der Anse de Bouillante und ist wegen des Tauchspots um die vorgelagerten Îlets de Pigeon wesentlich »berühmter«.

„Bouillante“

„Bouillante“

Das Wetter ist aber unberechenbar. Nicht nur ein Schauer jagt den nächsten, auch kräftige Fallböen bis 30 kn schleudern uns immer wieder hin und her. Wenn so eine Fallbö die PINCOYA erwischt und man gerade ein Schwimmerchen macht, dann ist es unmöglich, ihr hinterher zu schwimmen. Aber unsere dicke Erna hängt ja am Anker und kommt mit der nächsten Bö wieder zurück. Doch man muss schon aufpassen, nicht neben der dicken Erna zu schwimmen, denn im Schleuderfall würde man einfach übergemangelt 🫢. Insgesamt gefällt uns die Anse de Bouillante sehr gut und wir genießen die zeitlose Zeit hier.

„Fallböen“

„Fallböen“


Decksalon in der Karibik?
Eigentlich hatten wir ja erst gedacht, dass so ein Decksalon in der Karibik nun wirklich echt problematisch ist. Nach den ersten zwei Monaten müssen wir allerdings sagen, auch für die Karibik ist ein Decksalon die allerbeste Erfindung, die jemals für Fahrtenyachten gemacht wurde. Die Fenster kann man bei Sonne mit entsprechenden Covern abhängen und für den ständigen Regen ist ein Decksalon goldwert. Man muss nicht ohne jede Sicht unten im Schiff sitzen, sondern kann oben in Ruhe gucken und an den Sturzfluten teilhaben, ohne nass zu werden. Eine Kuchenbude wäre auch gut, wenigstens Seitenteile müssten wir uns für die Karibik noch nähen. So wie alle Katamarane ja auch ständig geschlossen fahren. Das Wetter führt all die Produktvarianten, die stolz ein »Open« in ihrem Namen tragen, ad absurdum. So etwas zieht nur in Düsseldorf auf der boot, wo der normale Katamaran-Käufer noch blauäugig davon ausgeht, in der Karibik auch »open« segeln zu können. Wir haben allerdings noch kaum einen Katamaran gesehen, der nicht ringsherum geschlossen war. Selbst die exponierten Steuerstände sind immer komplett vergekleidet und thronen über dem Mannschaftsdeck wie eine textile Telefonzelle. Doch man darf natürlich auch nicht ungerecht sein. Von unseren 6 Wochen Karibik hatten wir ja nun doch schon mal fast 2 Wochen am Stück, in denen es meist nicht geregnet hat. Allerdings fährt man an diesen Tagen auch geschlossen, um der Sonne zu entkommen. Denn die Sonne brennt wirklich. Für ein europäisches Bleichgesicht ist das durchaus ein Problem, selbst der Schiffsjunge hat sich hier schon eingecremt. Und so freut man sich manchmal sogar auf die nächste Regenwolke. Alles hat sein Gutes.


Näharbeiten
Dennoch geht einem der ständige Regen schon ziemlich auf den Zeiger. Am Dienstagvormittag haben wir gerade so viel Zeit, um die Persenning für das Groß nachzunähen und dann auch das Bimini an die geänderten Backstagen anzupassen. Das UV-Licht der Sonne setzt den Fäden der Nähte wohl am meisten zu. Die lösen sich einfach auf und bröseln davon. Wir schaffen es gerade so, das Bimini wieder aufzubauen, bevor es schon wieder schüttet. In Europa glaubt man noch, dass ein Bimini als Sonnenschutz unentbehrlich ist, aber 50% seines Nutzen erbringt so ein Bimini im Regen.

„Erst die Persenning für's Groß ...“

„Erst die Persenning für's Groß …“

„... dann das Bimini.“

„… dann das Bimini.“

„Fertig!“

„Fertig!“

Wenn das in England oder Irland so wäre, dann könnte man dieses Wetter ja mehr oder weniger klaglos hinnehmen oder in irgendetwas Schottischem ersäufen, das genügend Prozente hat. Aber im Mekka aller Fahrtensegler fällt das schon etwas schwerer. Die Wolken hängen grau und nass an den Bergen über Guadeloupe und der Horizont über dem Meer ist nur dort zu erkennen, wo die Wolken mal eine Nuance hellgrauer sind.

„Und schon regnet es wieder.“

„Und schon regnet es wieder.“

Der ewige Regen nervt nachts noch etwas mehr als tagsüber. Kaum ist man eingeschlafen, tröpfelt es auch schon wieder durch die gerade geöffnete Luke. Kaum ist die Luke geschlossen, kriegt man Hitzewallungen und muss sein T-Shirt wechseln. Dann lauschen … ah, keine Tropfen mehr, also Luke wieder auf. Und schon beginnt das Spielchen wieder von vorn.
Die Wärme und die Luftfeuchtigkeit sind bei geöffneter Luke schon so eine Nummer, doch wenn man wegen des Regens wieder alles verrammeln muss, dann kommt schnell ein echtes Saunagefühl auf. Oder … so muss sich Gemüse im Dampfgarer fühlen!

Vielleicht ist auch gerade wegen des vielen Regens das Tauchen und Schnorcheln in der Karibik so angesagt. Andere Freizeitaktivitäten sind da ja deutlich schlechter dran. Anfangs hatten wir uns noch etwas gewundert, dass wir auf den französischen Insel keinen einzigen Radrennfahrer sehen, wo es doch in Frankreich kaum einen Kilometer Landstraße ohne wenigstens einen gibt. Nun ist uns langsam auch klar warum. Tauchen ist die Lösung, ganz nach dem Motto: »Lets dive and escape the rain.«
Und dass wir am 21. März die Tag-Nacht-Gleiche haben, können wir nur bestätigen. Es regnet in der Tat tagsüber genauso viel wie nachts!

„Regen, kein Sahara-Staub 😂“

„Regen, kein Sahara-Staub 😂“


Am nächsten Tag nähen wir uns noch schnell zwei Reelingsseitenteile, obwohl wir von dem Wetter auf Guadeloupe nun wirklich langsam die Nase voll haben. Doch es ist immer so eine Nummer, die Sailrite aus ihrer Versenkung herauszuholen, da muss sich der Aufwand auch lohnen. Neben den Reelingsseitenteilen haben wir auch schon eine Regenabdeckung für die Bugkojenluke ausgemessen. Aber ein viertes Nähprojekt ist jetzt doch etwas zu viel.

„... äh ja ... Karibik eben!“

„… äh ja … Karibik eben!“

„Die Seitenteile, hoffentlich schützen die uns im Cockpit etwas.“

„Die Seitenteile, hoffentlich schützen die uns im Cockpit etwas.“

Obwohl wir die Abdeckung dringender bräuchten als alles andere. Denn wenn es regnet, müssen wir die Luke schließen. Das geht momentan gar nicht anders. Mit einem großzügigen Zelt über dem Vorschiff könnten wir sie auch bei Regen geöffnet lassen, um so wenigstens etwas Luft ins Schiff zu bekommen. Seit drei Nächten öffnen und schließen wir alle Luken mehr oder weniger im Halbstundentakt. Es regnet ständig und das nur mit kleinen Unterbrechungen. Inzwischen ist alles nass, nicht nur verschwitzt, weil wir bei 80% Luftfeuchtigkeit unter Deck sitzen oder versuchen zu schlafen, sondern eben auch, weil wir immer wieder schlicht in Regen stehen. Das alles wäre eigentlich kein Problem, wenn man irgendwann auch mal etwas trocknen könnte. Doch das funktioniert nicht, denn kaum ist etwas aufgehängt, müsste es auch schon wieder rein. So bleibt vieles einfach hängen, weil man es gar nicht schafft, alle Luken wieder schnell genug zu schließen und dann auch noch die Wäsche reinzunehmen. Zudem dreht die Strömung uns vor Anker auch mal gerne quer zum Wind, sodass kurz darauf auch im Cockpit alles trieft. Eigentlich müssten wir mal Wäsche waschen, aber wie trocknen? Auch wenn es im Waschsalon einen Trockner gibt, wie bekommen wir dann die trockene Wäsche auch trocken auf die PINCOYA?


Versorgungsverlegung
Am Donnerstag verlegen wir uns in die Anse des Pigeon. Dort ist rund um die Îlets de Pigeon ein Nationalpark abgesteckt. Ein Mekka für die Taucher auf Guadeloupe. Und weil dort so viel los ist, gibt es dort auch eine Tanke, die noch in Betrieb ist, und gleich zwei Supermärkte! Einen Leader Price und einen Carrefour, also eine Art Einkaufszentrum, das zudem mit einem Waschsalon garniert wurde. In Bouillante war das Angebot ja doch eher spärlich, wenn man mal von den leckeren Baguettes der kleinen Bäckerei absieht.

„in die Anse des Pigeon“

„in die Anse des Pigeon“

Natürlich schaffen wir die 2 sm von der einen in die andere Bucht nicht ohne Regen. Ab und an kommt mal die Sonne durch, aber fast immer ziehen graue Regenschleier über das Wasser und über den Bergen kündigt sich schon der nächste Platzregen an. Apropos »Bergen«, ich glaube, ich hatte bisher nur in Bergen, also Norwegen, einen Urlaub mit einer größeren Regengarantie. Es wäre wirklich mal eine Statistik wert, ob nicht doch die Karibik, speziell die Kleinen Antillen, schon längst Bergen den Weltmeistertitel als Regenloch abgejagt haben.

„Das »Dinghy-Dock« ist schon etwas problematisch.“

„Das »Dinghy-Dock« ist schon etwas problematisch.“

Unsere erste Versorgungsfahrt beenden wir glücklich in nur leichtem Nieselregen. Die Einkäufe bleiben weitergehend trocken. Bei der zweiten Fahrt, um 40 Liter Diesel an der Tanke zu holen, setzt der Dauerregen zwar erst 500 m hinter der PINCOYA ein, begleitet uns dafür aber zuverlässig auf dem Hin- und Rückweg. Die gute Nachricht dabei ist, dass wir in den 5 Minuten, in denen der Tankwart unsere Kanister befüllt, nicht nass werden, weil wir unter dem Dach der Tanke stehen können. Obwohl wir zwei leistungsfähige Wasserabscheider haben, warten wir mit dem Nachtanken mal auf einen der vielleicht noch kommenden, trockenen Momente, bevor unser Dieseltank ganz leergefahren ist.
Von der dritten Versorgungsfahrt und dem Besuch des Waschsalons sehen wir mal ab, denn wir kriegen ja das andere nasse Zeugs schon gar nicht mehr trocken.

„In der Anse des Pigeon“

„In der Anse des Pigeon“

Bisher hatten wir schon von einigen Fahrtenseglern gehört, dass sie wegen des Wetters aus der Karibik wieder abgehauen sind. So recht glauben, konnten oder wollten wir das bisher nicht, aber inzwischen müssen wir sagen, da könnte was dran sein.
Aber sei’s drum, wir haben nun zwei neue Primärziele, wir müssen unbedingt und unter allen Umständen als nächstes so ein Vorschiffszelt nähen, um darunter die Luke auch bei karibischem Regen geöffnet lassen zu können. Dann Seitenteile mit Fenster für’s Cockpit, eine Kuchenbude light sozusagen, um einen regensicheren Raum zu schaffen, um die nassen Sachen zu trocknen können. Vielleicht sind ja auch deswegen Katamarane hier so beliebt, die haben im Cockpit einfach viel mehr Platz, um Wäsche zu trocknen.
All die anderen Ziele, wie Gummiboot oder Radar, stellen wir mal hinten an. In den letzten zwei Tagen hat unser Gummiboot zuverlässig etwa 200 Liter Regenwasser gesammelt und wir hatten schon arge Befürchtungen, dass die mit Sikaflex neu angeklebten Pads unter dem Gewicht einfach wieder abreißen. Aber … alles bestens, auch als karibischer Regensammler ist unser altes Dinghy noch absolut überzeugend.


… und nun weiter zum Ausklarieren.
Da es Samstag ein halbwegs passables Überfahrtswetterchen geben soll, um mit einem Anlieger nach Antigua zu kommen, segeln wir nach Deshaies zum Ausklarieren. Auf Guadeloupe gibt es nicht so richtig viele Stellen, um ein- oder auszuklarieren, und Deshaies liegt am nordwestlichen Ende von Guadeloupe in einer echt exponierten Lage. Zudem sind wir ganz offensichtlich auch nicht die einzigen, die diesen Plan gefasst haben, denn bisher steckte in dem Ost einfach noch zu viel Nord, um Antigua ohne Kreuzschläge zu erreichen.

„Schnell weg, noch scheint die Sonne...“

„Schnell weg, noch scheint die Sonne…“

Es sind nur 9 sm bis Deshaies, dennoch brechen wir früh auf. Die ganze Nacht hat es nicht mehr geregnet und wir hoffen auch noch auf einen trockenen Vormittag. Doch der Wind macht es uns nicht ganz leicht, den Norden von Guadeloupe zu erreichen. Er kommt immer noch etwas zu nördlich rein und eine Fallbö nach der anderen hämmert aus den Bergen herunter. Das produziert Winddreher von fast 90°, wobei der Wind nicht immer zu unseren Gunsten dreht ☹️. Die Bandbreite der Windgeschwindigkeiten liegt zwischen 4 und 27 kn. Eine passende Segelgröße für diesen Bereich gibt es nicht und da wir gar nicht so schnell ein- oder ausreffen können, wie sich immer wieder alles ändert, versuchen wir es mit dem ersten Reff im Groß und dem zweiten in der Genua. Das ist zwar teilweise noch deutlich zu viel, aber dann eben auch wieder viel zu wenig. So kämpfen wir uns voran.

„Machmal flott, machmal nicht so“

„Machmal flott, machmal nicht so“

Doch wir haben unsere Rechnung ohne die anderen Segler gemacht. Erstens nutzen nicht wenige die Gunst der Stunde, um sich für ihren Schlag nach Norden in Deshaies in eine günstige Ausgangsposition zu bringen, so wie wir eben auch, und zweitens haben wir den Strom der Segler aus der Gegenrichtung gar nicht so recht bedacht. Egal woher oder wohin, für alle ist Deshaies das Ziel. Und die Bucht von Deshaies ist eher klein. Als wir um 12:00 ankommen kann man schon fast von einem Ankerlieger zu nächsten hüpfen. Immer wieder hämmern Fallböen durch die Bucht und eine unberechenbar herumkörselnde Strömung lässt alle ziemlich unvorhersehbar herumschleudern. Wir brauchen drei Ankeranläufe, um dann auf rund 15 m einen halbwegs passablen Platz zu finden. Schön ist das alles nicht, die Bucht ist vollkommen überfüllt. Wir zählen mehr als 60 Yachten und immer neue kommen noch hinzu. Nicht wenige davon drehen nach einigen Versuchen wieder ab. Wer weiß wohin, denn Alternativen gibt es eigentlich keine, zumal wenn man ein- oder auschecken muss.

„Anse de Deshaies I“

„Anse de Deshaies I“

So richtig geheuer ist uns die ganze Sache in den Fallböen und mit der Strömung nicht. Nicht wenige versuchen in ihrer Ankerverzweiflung, noch das eigentlich Unmögliche möglich zu machen. Die Erfolge sind eher spärlich und fast immer führt so ein Manöver bei den neuen Ankernachbarn zu Entsetzen. Insgesamt haben wir noch Glück, denn wir liegen an einer Stelle mit einem lausigen Ankergrund. Erst ist auch unser Anker gerutscht, hat sich dann aber doch irgendwie und irgendwo verhakt. Nun liegen wir fest. Hinter uns kommt nur noch die große karibische See, da kann nichts passieren, selbst wenn sich unser Anker wieder losrackelt. Neben uns ist noch viel Platz. Doch die gut 18 m Wassertiefe schrecken viele ab. Und die, die es versuchen, rutschen sukzessive nach hinten, weil ihr Anker nicht hält. Wie gesagt, der Ankergrund ist wirklich lausig.

Sicherheitshalber fährt Astrid allein zum Auschecken und der Schiffsjunge geht Ankerwache. Ich glaube, das haben wir bisher noch nie so gemacht, aber hier ist es uns doch lieber.

„Anse de Deshaies II“

„Anse de Deshaies II“

In der Nacht werden wir von Geschrei geweckt. Ein deutscher Katamaran versucht sein Glück neben uns. Die Nerven liegen blank und die Stimmung an Bord scheint nicht die Beste zu sein. Immer wieder brüllen nicht nur die beiden Motoren. Am Ende kommen sie hinter uns zum Liegen und nicht nur 20 m neben uns. Manchmal ist es auch gut, wenn Anker rutschen. Wir können wieder beruhigt schlafen gehen, sollten sie es erneut versuchen müssen, werden wir sie schon hören 🫢 und können zum Aufpassen wieder aufspringen.


Stationen:

bis 16.03. vor Pointe-à-Pitre, Guadeloupe
16° 12′ 59,4″ N, 061° 32′ 11,5″ W

17.03. Pointe-à-Pitre [A] -> Les Saintes [A], Guadeloupe
15° 51′ 56,7″ N, 061° 35′ 32,0″ W

18.03. Les Saintes [A] -> südlich Basse-Terre [A], Guadeloupe
15° 58′ 45,7″ N, 061° 42′ 57,9″ W

19.03. südlich Basse-Terre [A] -> Anse de Bouillante [A], Guadeloupe
20. -> 22.03. Anse de Bouillante [A], Guadeloupe
16° 07′ 50,3″ N, 061° 46′ 19,4″ W

23.03. Anse de Bouillante [A] -> Anse des Pigeon [A], Guadeloupe
16° 09′ 26,3″ N, 061° 46′ 42,5″ W

24.03. Anse des Pigeon [A] -> Anse de Deshaies [A], Guadeloupe
16° 18′ 31,0″ N, 061° 48′ 01,3″ W