Der Weg
Am Gründonnerstag brechen wir auf, um bei Hyacinth, der Portofficer-in des OCC für Saint Martin und Sint Maarten unser Paket mit dem Iridium GO! exec abzuholen. Es hat von New Zealand nur 4 Tage gebraucht. Die Community des OCC ist schon toll. Als wir uns zu dem Kauf entschlossen hatten, haben wir sie angeschrieben und sofort hat sie uns die Adresse geschickt, an die das Paket gehen kann. Erst etwas später lesen wir in dem OCC Bulletin vom April, dass sie ein brandneuer Portofficer für den OCC ist.
Das Wetter ist karibisch durchwachsen und der Weg bis auf die niederländische Seite der Insel ist weit. Mit dem Gummiboot sind es von unserem Ankerplatz immerhin 2,5 sm bis in die Lagoon Marina der Cole Bay. Eine Alternative wäre der Bus, aber wollen wir das jetzt auch noch? So pumpen wir unser altersschwaches Gummiboot noch einmal auf, ein gewisser Schwund an Luft ist ja nicht zu übersehen, und werfen dem Blasebalg noch schnell einen Kanister Benzin hinterher. 5 sm ohne nachzutanken geht nicht, die Strecke ist eh für unseren kleinen Honda jenseits von Gut und Böse.
Wir fahren durch den Kanal in die Lagune ein. Draußen am Strand in der Marigot Bay liegen ja schon wenigstens vier gestrandete Schiffe. Wann die auf den Strand geworfen wurden, wissen wir nicht, aber einige sehen so aus, als ob sie nicht erst seit gestern dort liegen. Wahrscheinlich tritt man der Lagune auf der französischen Seite nicht zu nahe, wenn man sagt, dass das Ganze hier doch eher an einen Schiffsfriedhof erinnert als an eine Lagune. Viele Boote, die aufgebockt in den Werften stehen oder irgendwie vor Ort liegen, erwecken nicht mehr den Anschein, als ob man sie jemals wieder zu einem maritimen Leben erwecken könnte. In der Lagune schwimmt nur weniges, das nicht einen eher »mitgenommenen Eindruck« macht. Wir sind uns nicht ganz sicher, ob es hier nun mehr Yachten mit oder ohne Mast gibt. Die Hurricanes scheinen wirklich ganze Arbeit zu leisten. Unwillkürlich fragen wir uns, wer irgendwann einmal diesen ganzen Schrott beseitigt. Das ist ja nicht nur Plastikmüll, sondern schon etwas mehr. Das hatten wir uns auch schon auf Martinique gefragt, aber die Lagune von Saint Martin toppt das alles noch einmal. Konsumschrott einer sorglosen Spaßgesellschaft. Ebenso wie viele Schiffe sehen auch sehr viele Gebäude eher schrabbelig aus. Entweder trifft es Saint Martin härter und öfter als andere Inseln oder man hat hier aufgegeben, alles wieder aufzuräumen und aufzubauen.
Betroffen machen die Menschen, die offensichtlich alles verloren haben und am Ufer in aus Trümmern gebauten Unterständen leben. Was für ein Gegensatz zu der Multimillionenflotte, die vor der Tür in der Bucht oder auf der niederländischen Seite liegt. So krass und deutlich wie hier haben wir diesen Gegensatz in der Karibik noch nicht gesehen. Auch einige Fahrtensegler scheint es hart getroffen zu haben. Deren Wette, doch nicht von einem Hurricane erwischt zu werden, ist offensichtlich nicht aufgegangen. Auf dem Weg in den niederländischen Teil der Insel kommen wir an einem großen Katamaran vorbei, den wohl ein Hurricane wirklich übel zugerichtet hat. Der Katamaran ist noch bewohnt und hinten weht eine kleine deutsche Flagge. Man denkt unwillkürlich, – Endstation ohne Alternative. Zur falschen Zeit am falschen Ort und vielleicht wurde doch zu sorglos alles auf eine Karte gesetzt.
Der niederländische Teil steht in einem ziemlich krassen Gegensatz zu dem französischen Teil. Obwohl auch hier vieles eher schrabbelig wirkt, ist es aufgeräumt. Man hat den Schrott beseitigt und ist versucht, auch die Schäden zu beseitigen, zu denen es ja offensichtlich immer wieder durch die Stürme kommt. »Das Geld« liegt ganz klar eher auf der niederländischen Seite vor Anker oder in den Marinas.
Kurz nachdem wir den niederländischen Teil erreicht haben, beginnt es zu schütten. Unser kleiner Honda brummt unermüdlich vor sich hin. Wie tapfer kann so ein Motörchen nur sein? Als wir bei Island Water World am Dinghy Dock festmachen, sind wir schon pitschnass. Diesmal haben wir allerdings gleich Regenjacken angezogen, denn es war klar, dass wir die Strecke niemals ohne Regen hin und zurück schaffen. Dass es uns nun aber schon nach einem Viertel der Strecke so trifft, ist schon etwas gemein. Halbe halbe hätten wir aufgrund unserer karibischen Wettererfahrung ja noch akzeptieren können, aber eins zu drei ist echt zu wenig!
Unter dem Vordach von Island Waterworld legen wir uns erst einmal wieder halbwegs trocken und ziehen unsere trockenen Schuhe an. Ein Handtuch haben wir auch mit. Einen »Ausflug« in der Karibik ohne Handtuch zu machen, ist leichtsinnig. Und schon wieder … ein Hoch auf unsere wasserdichten Rucksäcke! Untenherum möglichst wenig, Schuhe in den Rucksack und oben eine lange Regenjacke, so passt das. Karibische Ausgeh-Garderobe!
Den Laden von Hyacinth finden wir zufällig. Es schüttet so erbärmlich, dass wir einen Unterstand suchen und plötzlich stehen wir schon vor ihrem Laden. Tolles Vordach! Auf die wesentlichen Dinge kommt es eben an. Es ist toll, wie herzlich und problemlos alles geht. Hyacinth hat eine kleine Agentur und nimmt 10 € Bearbeitungsgebühr. Das ist ok, schließlich hat sie ein Business und macht es nicht als Privatmann wie John aus Cascais oder Agustin aus Pasito Blanco. Wir bleiben noch etwas und quatschen, aber der Regen will einfach nicht aufhören.
Dann geht es zurück. Der Iridium GO! exec kommt in den Rucksack, die Schuhe sind inzwischen eh durchgeweicht. Vorsichtig tanken wir unseren Außenborder nach, um nicht mehr Regen als Benzin in den Tank zu bekommen. Dann fahren wir durch den Regen zurück zur PINCOYA. Als wir aus dem Kanal wieder in die Marigot Bay kommen, hört es auf zu regnen. Das hat wieder einmal gut gepasst.
Das Iridium
Den Iridium GO! exec haben wir von Predictwind gekauft. Die promoten das Gerät wohl auch am stärksten und das eben speziell im Zusammenhang mit ihrem GribFile-Viewer, der Offshore-App. Wenn man bei Google »Iridium GO! exec« eingibt, dann springen einem sofort diverse Seiten von Predictwind entgegen. Schon im Herbst letzten Jahres hatten wir eine erste Mail erhalten, dass die nächste Generation des Iridium GO! nun bald zur Auslieferung ansteht. Damals haben wir uns die Preise angesehen und das Ganze für uns ausgeschlossen. Doch so etwas kann sich ja auch ändern, wenn man nach Alternativen sucht, um nicht »wetterblind« über den Atlantik zu fahren, und Kosten und Nutzen vergleicht. Die Sache mit den Kosten ist aber wirklich etwas diffizil. An allen möglichen Ecken und Enden entstehen immer wieder neue Kosten und irgendwie scheint man um das von Predictwind beworbene Gesamtpaket nicht sinnvoll herumzukommen. Die Tücke steckt im Detail, doch man hat ganz gute Chancen, die Kosten klein zu halten, wenn man sich auf die Details einlässt. Um die Anschaffung selbst und einen Dataplan kommt man natürlich nicht herum, doch nach Saint Martin konnten wir uns die Hardware zollfrei schicken lassen und der kleinste Dataplan mit 25 MB und 25 Minuten Sat-Telefonie sollte für unsere Zwecke reichen. Ein Dataplan ohne Telefonie würde für uns auch hinreichen, aber den gibt es leider nicht.
Schon beim Kauf kommt man nicht umhin, sich sehr konkrete Gedanken darüber zu machen, was man wirklich will und auch braucht. Um die Kosten wirkungsvoll zu begrenzen, hilft im Prinzip nur ein einziger Punkt. Man sollte das System nur dann nutzen, wenn man es wirklich braucht. D.h. die Nutzung auf die Zeiten reduzieren, die man wirklich offshore unterwegs ist. Und hier trifft einen schon ein erstes kleines Detail, denn man kann einen Dataplan zwar sehr einfach aktivieren und auch wieder deaktivieren, aber das Deaktivieren geht frühestens erst im ersten Nachfolgemonat des Aktivierungsmonats, der netterweise nur anteilig berechnet wird. Man ist also immer mit einem ganzen Monat und einem Teil des ersten Monats dabei, denn eine Gutschrift für unverbrauchte Zeiten eines Nachfolgemonats gibt es nicht. Dafür ist die Re-Aktivierung dann aber kostenfrei. Da der Abrechnungsmonat immer vom 17ten zum 17ten eines jeden Monats läuft, kann es sich durchaus lohnen, seine Pläne dahingehend etwas anzupassen.
Das Begrenzen der tatsächlichen Nutzungszeiträume und Datavolumina in der Sat-Kommunikation ist aber nur ein Teil. An dem von Predictwind vermarkteten Gesamtpaket hängen auch noch weitere Hard- und Software-Komponenten, die selbstverständlich auch etwas kosten und zugegeben sogar ein schlüssiges Gesamtservicepaket ergeben. Und genau dort steckt schon etwas Marketing und auch Strategie dahinter, denn eigentlich würde man dieses Gesamtpaket dann doch ganz gerne das ganze Jahr über nutzen. Technisch ist alles wirklich einfach gehalten, aber es werden auch gezielt Begehrlichkeiten geweckt.
Im Detail
Alle Details und auch die Feinheiten und leisen Abhängigkeiten würden den Rahmen eines Blogs sprengen und wären hier auch fehl am Platz. Wir schreiben gerade an einer kleinen Summary unserer Erfahrungen, genauso wie für den Einbau des Wassermachers, die aber leider auch noch nicht fertig ist. Beides stellen wir dann zu gegebener Zeit unter »Tipps & Technik« auf unsere WebPage.
Die Infos, die Predictwind zu dem System liefert, sind wirklich umfassend und gut. Und das erste Einrichten und Aktivieren ist wirklich ein Kinderspiel. Aber man trifft auch auf eine wahre Flut von Informationen. Es braucht so seine Zeit, das auszusortieren, was man eigentlich gar nicht will oder braucht, um an das zu kommen, was den eigenen Bedarf trifft. Für uns sind dies nur genau drei Punkte. Wir wollen:
i.) GribFiles abrufen
ii.) unsere Blogs via Satellite als eMails verschicken
aber auch
iii.) Wetterdaten-Requests per eMail verschicken und die entsprechenden Antworten dazu empfangen
Nicht mehr, aber auch nicht weniger. All die vielen anderen Dinge, die mit dem DataHub beworben werden, wollen wir gar nicht, da wir vieles auf der PINCOYA entweder schon haben (Tracking oder zentraler HotSpot usw.) oder aber auch gar nicht wollen (Broadcast von Informationen aus dem NMEA 2000 Netzwerk oder Broadcast von AIS-Daten Dritter usw.).
Der einzige Punkt, der uns anfangs schon etwas Kopfzerbrechen gemacht hat, war der Punkt mit der eMail-Komprimierung. Hierfür bietet Predictwind Predictmail als eMail-Provider an, bei dem man sich einen eMail-Account einrichten kann, damit die Kommunikation via Satellite nur über komprimierte eMails stattfindet. Das funktioniert allerdings nur im Zusammenspiel mit dem DataHub, denn für eine komprimierte Kommunikation braucht es ja immer zwei Seiten.
Als Alternative hierzu bewirbt Iridium selbst sein eigenes IridiumMail-System und das auch ganz ungeniert für Iridium GO! exec-Systeme. Doch leider eilt bei Iridium die Werbung den Möglichkeiten voraus. IridiumMail gibt es bis dato nur für Iridium GO!-Nummern, aber nicht für die Certus-Nummern von Iridium GO! exec. Und ob dieser Iridium-Service nach der Anpassung der App dann immer noch kostenlos ist, bleibt abzuwarten.
An dieser Stelle war uns nicht ganz klar, ob wir nun genau an dem Punkt angekommen waren, an dem kein Weg mehr an dem DataHub und eben Predictmail vorbeiführt. Also haben wir uns mal die Größe von eMails angesehen. 9 kB hat schon eine leere eMail, wenn wir sie aus der normalen Mail-App des macOS verschicken. Aber unser erster Iridium-Blog hatte nur 17 kB. Das war lächerlich, wenn wir alle zwei Tage GribFiles in der Größenordnung von etwa 600 kB einkalkulieren, dann ist so ein Blog immer noch locker drin. Natürlich dürfen die Mails nur reinen Text enthalten und keine Bilder oder irgendwelchen anderen Schnickschnack. Das kann man selbst ja ziemlich einfach sicherstellen, aber was ist mit eingehenden Mails, die ja im online-Fall automatisch abgerufen werden? Das hieß, wir dürfen in keinem Fall mit unseren »normalen« eMail-Accounts via Satellit online gehen, denn dort kommen jede Menge Mails rein, deren Inhalte und Größen wir gar nicht kontrollieren können. Die Lösung ist nun ein neuer, »der Öffentlichkeit unbekannter eMail-Account«, der nur für die Sat-Kommunikation genutzt wird und ansonsten offline geschaltet ist, damit er auch wirklich unbekannt bleibt. Und in dem Iridium GO! exec selbst haben wir die Firewall so konfiguriert, dass ausschließlich nur dieser Account in der Kommunikation durchgelassen wird.
Problem gelöst, wir brauchen keinen DataHub und schon gar nicht einen kostenpflichtigen eMail-Account bei Predictmail. Grundsätzlich hat Predictwind aber natürlich mit seiner Warnung vollkommen recht, dass eine unkomprimierte eMail-Kommunikation, die sich zudem auch nicht um irgendwelche Größen kümmert, einen DataPlan im Handumdrehen leer lutschen kann. Aber es geht eben auch, wenn man ins Detail guckt und selbst Vorsorge trifft.
Damit waren die Punkte ii.) und iii.) erledigt, aber was ist mit den GribFiles, unsere eigentlichen Objekte der Begierde. Um mit der Predictwind Offshore-App direkt über den Iridium GO! exec GribFiles abzurufen, braucht man zwingend wenigstens das »Standard-Abo«, was natürlich auch gleich wieder richtiges Geld kostet. Mit »Basic« kann man die Daten nicht direkt über den Iridium GO! exec abrufen. Und das Standard-Abo kommt auch gleich noch mit Departure-Planning, Weather-Routing und vielen anderen Dingen daher. Das alles braucht man aber ehrlich gesagt nicht wirklich, wenn man schon mal die ein oder andere Meile offshore gesegelt ist. Aber ohne »Standard« gibt es eben keine GribFiles via Satellit von Predictwind. Hmm…, da weitere Ideen eher Mangelware waren, haben wir erst einmal ein 3 Monats-Abo für »Standard« abgeschlossen. Und eins müssen wir zugeben, alles hat danach sofort und wirklich auch vollkommen problemlos Hand in Hand funktioniert.
Doch diese Abhängigkeit und auch der Preis haben uns schon ziemlich geärgert, denn von den Zusatzfunktionen brauchen wir rein gar nichts. Inzwischen haben wir aber auch gelernt, dass es dennoch einen alternativen Weg gibt. Über eine eMail-Schnittstelle lassen sich von SailDocs auch GribFiles abrufen, die dann zwar nicht direkt in der Offshore-App landen, aber als normales grb-Files als eMail-Anhang kommen. Die Größen sind vergleichbar. Diese GribFiles kann man dann in einem extra Viewer laden, aber sogar auch mit der Offshore-App von Predictwind öffnen. So war das Problem i.) auch gelöst, und unser Standard-Abo läuft nun nur noch bis Juli. Danach gehen wir wieder auf »Basic«, besorgen uns im Offshore-Fall die freien GribFiles von SailDocs und laden die in den Viewer, der uns am besten gefällt.
Es geht also, man bekommt seine Sat-Kommunikation natürlich nicht zum Nulltarif, aber wühlt man etwas in den Details, geht es auch deutlich preiswerter, als es zunächst scheint. Und wie gesagt, demnächst kommt noch ein detaillierter Erfahrungsbericht, der auch all die Infos enthält, die hier nur angerissen wurden oder sogar noch ganz im Hintergrund gestanden haben.
04. -> 06.04. Marigot Bay III, Saint Martin
18° 04′ 02,4″ N, 063° 05′ 42,4″ W